NJW 2000, 1105
Amtl. Leitsatz:
Zu der Verpflichtung des Mieters zur Zahlung des Mietzinses, wenn er sich grundlos geweigert hat, die Mieträume zu übernehmen und den Mietvertrag zu erfüllen, und wenn der Vermieter deshalb ohne Kündigung des Mietvertrags an einen anderen Mieter weitervermietet hat (Fortführung von Senat, BGHZ 122, 163 = NJW 1993, 1645 = LM H. 8/1993 § 552 BGB Nr. 6).
Der Bekl., Mieter eines Ladenlokals, hat dieses
nicht bezogen. der Kl. (Vermieter), erwirkte gegen ihn einen Vollstreckungsbescheid
bzgl. der Mietzahlung. Ab einem bestimmten Zeitpunkt hat er das Ladenlokal
anderweitig vermietet, allerdings für einen geringeren Mietzins. Auch
zahlte der neue Mieter nicht bzw. war die Forderung gegen ihn nicht realisierbar.
Es stellt sich damit die Frage, ob der Bekl. weiter zur Mietzahlung verpflichtet
ist. Selbstverständlich ist es irrelevant, aus welchem Grund er das
Mietobjekt nicht nutzt, solange dies nicht auf einen Mangel der Mietsache
zurückzuführen ist (§ 552 S. 1 BGB). In diesem Fall muß
sich der Vermieter nur ersparte Aufwendungen anrechnen lassen (§ 552
S. 2 BGB). Vermietet er aber das Objekt weiter, ist er ja seinerseits nicht
mehr in der Lage, dem Mieter den Gebrauch zu überlassen. Damit würde
eigentlich dessen Mietzahlungspflicht erlöschen (§ 552 S. 3 BGB).
Der BGH bestätigt hier seine Rechtsprechung (BGHZ 122, 163), wonach
dieser Einwand in einem Fall wie dem vorliegenden gegen § 242 BGB
verstoßen würde: Zwar spricht der Wortlaut des § 552 Satz
3 BGB für den Wegfall der Zahlungspflicht, denn dort heißt es,
daß der Mieter zur Entrichtung des Mietzinses nicht verpflichtet
ist, solange der Vermieter infolge der Gebrauchsüberlassung an einen
Dritten außerstande ist, dem Mieter den Gebrauch zu gewähren.
Nur solange der Vermieter selbst erfüllungsbereit ist, gebührt
ihm an sich nach § 552 Satz 3 BGB der Mietzins (so BGHZ 38,295,300).
Vermietet der Vermieter die Mietsache weiter ohne die Vereinbarung, daß
der neue Mieter sie sofort zurückgeben muß, wenn der alte Mieter
die Gebrauchsüberlassung verlangt, so ist der Vermieter infolge der
Überlassung der Mietsache an einen Dritten nicht in der Lage, den
Vertrag mit dem alten Mieter zu erfüllen.
Das führt aber dann zu grob unbilligen Ergebnissen
führen kann, wenn der Mieter, der ohne Rücksicht auf den bestehenden
Mietvertrag ausgezogen ist und keine Miete mehr gezahlt hat, von seiner
Verpflichtung zur Zahlung der Miete grundsätzlich und ohne Einschränkung
nur deshalb frei würde, weil der Vermieter das Mietobjekt zu einem
niedrigeren Mietzins weitervermietet und auf diese Weise versucht hat,
aus der von dem Mieter vertragswidrig geschaffenen Situation im beiderseitigen
Interesse das Beste zu machen. Eine Korrektur hat dann nach Ansicht des
BGH nach den Grundsätzen über den Einwand der unzulässigen
Rechtsausübung (§ 242 BGB) zu erfolgen. Rechtsmißbräuchlich
ist dabei, daß der Mieter aus einem Verhalten seines Vertragspartners
Rechte herleiten will, das er selbst durch einen groben Vertragsbruch erst
herbeigeführt hat.
BGHZ 122, 163, 167 f:
"Hat der Mieter eine grobe Vertragsverletzung begangen, indem er ohne Rücksicht auf den weiterbestehenden Mietvertrag endgültig ausgezogen ist und keine Miete mehr gezahlt hat, und hat er auf diese Weise den Vermieter veranlaßt, die Mietsache zu einem niedrigeren Mietzins weiter zu vermieten, so handelt er regelmäßig rechtsmißbräuchlich, wenn er die Zahlung der Differenzmiete verweigern will mit der Begründung, der Vermieter sei wegen der Weitervermietung zur Gebrauchsüberlassung an ihn nicht mehr in der Lage gewesen. Die Annahme eines solchen rechtsmißbräuchlichen Verhaltens führt dazu, daß der Mieter trotz der Weitervermietung entgegen § 552 Satz 3 BGB zur Zahlung des Mietzinses verpflichtet bleibt (...) und der Vermieter sich lediglich den Mietzins anrechnen lassen muß, den er aus der Weitervermietung erzielt (§ 552 Satz 2 BGB).Der Vermieter muß sich allerdings den vom Dritten erhaltenen Mietzins anrechnen lassen. Ist er nicht realisierbar, geht das auf Kosten des Mieters.
d) Allerdings kann man nicht in allen Fällen, in denen der Mieter endgültig ausgezogen ist, obwohl das Mietverhältnis noch nicht beendet war, einen groben Vertragsbruch des Mieters annehmen, der in dem dargestellten Sinne den Einwand rechtsmißbräuchlichen Verhaltens rechtfertigen würde. Es kann im Einzelfall schwierig zu beurteilen sein, ob eine ausgesprochene Kündigung zur Beendigung des Mietvertrages geführt hat oder ob bei Verhandlungen, die die Mietparteien über eine einvernehmliche Beendigung des Mietverhältnisses geführt haben, eine verbindliche Einigung erzielt wurde. Ob der Mietvertrag beendet war oder nicht, steht in solchen Fällen unter Umständen erst nach gerichtlicher Klärung endgültig fest. Ist der Mieter in einem solchen Falle bei seinem Auszug aus nachvollziehbaren Gründen davon ausgegangen, das Mietverhältnis sei beendet, so kann man ihm keinen groben Vertragsbruch anlasten, auch wenn sich später herausstellt, daß er sich geirrt hat. Je weniger Anlaß der Mieter zu der Annahme hatte, das Mietverhältnis sei beendet, um so eher handelt er rechtsmißbräuchlich, wenn er sich wegen der Weitervermietung auf mangelnde Erfüllungsbereitschaft des Vermieters beruft.
Auch wenn dem Mieter ein grober Vertragsbruch vorzuwerfen ist, ist es ihm nur dann verwehrt, sich auf § 552 Satz 3 BGB zu berufen, wenn sich der Vermieter redlich bemüht hat, durch die Weitervermietung aus der von dem Mieter vertragswidrig geschaffenen Situation im beiderseitigen Interesse das Beste zu machen. Das ist z.B. nicht der Fall, wenn der Vermieter im Vertrauen darauf, daß der Mieter die Mietdifferenz zahlen müsse, die Mietsache ohne hinreichenden Grund unter dem erzielbaren Marktpreis weitervermietet hat (vgl. Emmerich/Sonnenschein aaO § 552 Rdn. 13)."
Die Bekl. schloss am 20/21. 7. 1993 als Mieterin mit dem Rechtsvorganger der Kl. - dem damaligen Grundstückseigentümer - einen Mietvertrag über ein Ladenlokal ab. Das Gebäude sollte erst noch errichtet werden und mehrere Wohneinheiten sowie mehrere gewerbliche Einheiten enthalten. Als voraussichtlicher "Mietbeginn" war das zweite Quartal 1994 vorgesehen. Das Mietverhältnis wurde fest vereinbart bis zum 31. 12. 2004 mit einer Verlängerungsklausel. Als Mietgegenstand ist in dem schriftlichen Mietvertrag außer einem Tiefgarageneinstellplatz angegeben: "EG siehe Zeichnung im Anhang." Außerdem heißt es, die vermietete Fläche betrage "ca. 50 m2". Als "Nettokaltmiete" für die vermietete Ladenfläche wurden 1500 DM p. m. vereinbart (200 DM Nebenkostenvorauszahlung, 80 DM für den Stellplatz und 267 DM [15 %] MwSt.: zusammen 2047 DM p.m.). Im Frühjahr 1995 erwarb die Kl. das Grundstück und trat auf diese Weise auf Vermieterseite in den Mietvertrag mit der Bekl. ein. Eine von der Kl. veranlasste Vermessung des fertiggestellten Ladens ergab eine Fläche von 64,89 m2. Mit einer "Mietdauerrechnung" vom 28. 4. 1995 forderte die Kl. die Bekl. auf, ab 1. 7. 1995 monatlich 2629,71 DM an sie zu zahlen. In diesem Betrag enthalten ist eine Nettomiete für den Laden von 1946,70 DM (30 DM x 64,89 m2) und außerdem eine entsprechend der größeren Fläche höhere Nebenkostenvorauszahlung von 260 DM. Die Bekl. bezog das Mietobjekt nicht. In einem Schreiben der Kl. an die Bekl. vom 1. 9. 1995 heißt es unter anderem: "Gemäß unserem heutigen Telefonat übersenden wir Ihnen anbei in Kopie noch einmal das Schreiben vom 24. 8. 1995. In diesem Schreiben forderten wir Sie auf, die Mietfläche entsprechend den zuvor getroffenen Vereinbarungen bis zum 31. 8. 1995 zu beziehen. Diese Frist wird nun letztmalig verlängert, und zwar auf den 15. 9. 1995. Sollten Sie die Mietfläche bis zu diesem Datum nicht beziehen, behalten wir uns die fristlose Kündigung vor. Der Leerstand der Mietfläche ist für uns - auch gegenüber den anderen Mietern des Objekts - nicht mehr vertretbar und wir werden bei Nichterfüllung Ihrer vertraglich vereinbarten Betriebspflicht unweigerlich die entsprechenden Konsequenzen ziehen." Am 5. 9. 1995 übersandte die Bekl. der Kl. die Schlüssel zu dem Laden mit einem Schreiben, in dem es heißt: "Hiermit möchte ich mitteilen, dass ich mit Ihrer fristlosen Kündigung einverstanden bin. Leider ist es mir nicht möglich gewesen, alles für eine moderne Ladeneinrichtung zu bekommen. Ich werde dann die entstandenen Kosten leider tragen müssen. Bitte schicken Sie mir dann die Rechnung bis 31. 9. 1995."
Die Kl. reagierte auf diese Schreiben nicht. Sie erwirkte über den von ihr begehrten Bruttomietzins für die Zeit bis März 1996 im Mahnverfahren gegen die Bekl. Vollstreckungstitel. Die ihr zugesprochenen Beträge hat sie inzwischen jedenfalls zum Teil im Wege der Zwangsvollstreckung beigetrieben. Mit Schreiben vom 28. 2. 1996 teilte die Kl. der Bekl. mit, sie habe voraussichtlich die Möglichkeit, ab 1. 4. 1996 das Ladenlokal anderweitig zu vermieten, um dadurch die Mietschulden der Bekl. zu vermindern. Die Kl. vermietete das Ladenlokal ab 1. 4. 1996 an einen anderen Mieter. Dieser bezog die Mieträume Ende April 1996, zahlte aber keine Miete. Die Kl. hat gegen ihn einen Vollstreckungstitel erwirkt, konnte daraus aber bisher nicht vollstrecken. Im vorliegenden Verfahren macht die Kl. die von ihr beanspruchte Bruttomiete für die Monate April bis Oktober 1996 geltend. Das LG hat einen zuvor erlassenen, der Klage stattgebenden Vollstreckungsbescheid aufgehoben und die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Kl. hin hat das BerGer. unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils den Vollstreckungsbescheid mit Ausnahme eines Teils der zugesprochenen Zinsen aufrechterhalten. Die - zugelassene - Revision der Bekl. hatte Erfolg und führte zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das BerGer.
Aus den Gründen:
I. Das BerGer. führt aus, entgegen der Auffassung
des LG könne in der 1995 zwischen den Parteien geführten Korrespondenz
keine einvernehmliche Aufhebung des Mietverhältnisses gesehen werden.
Die Kl. habe deshalb grundsätzlich einen Anspruch auf Bezahlung des
vereinbarten Mietzinses auch für die Monate April bis Oktober 1996.
Dem stehe nicht entgegen, dass sie ab April 1996 einen Mietvertrag mit
einem anderen Mieter abgeschlossen und diesem das Ladenlokal überlassen
habe. Zwar sei der Mieter nach § 552 S. 3 BGB grundsätzlich nicht
verpflichtet, den Mietzins zu zahlen, solange der Vermieter wegen der Überlassung
des Gebrauchs an einen Dritten außerstande sei, ihm den Gebrauch
zu gewähren.
Nach der Rechtsprechung des BGH handele ein Mieter,
der ohne Rücksicht auf den weiterbestehenden Mietvertrag einfach ausgezogen
sei, keine Miete mehr gezahlt und den Vermieter dadurch veranlasst habe,
die Mietsache zu einem niedrigeren Mietzins weiter zu vermieten, regelmäßig
rechtsmissbräuchlich, wenn er die Zahlung der Differenzmiete verweigern
wolle mit der Begründung, der Vermieter sei wegen der Weitervermietung
zur Gebrauchsüberlassung nicht mehr in der Lage gewesen (Senat, BGHZ
122, 163 NJW 1993, 1645 = LM H. 8/1993 § 552 BGB Nr. 6). Der vorliegende
Fall sei mit dem vom BGH entschiedenen Fall zwar nicht völlig identisch,
die vom BGH entwickelten Grundsätze müssten jedoch auch hier
zur Anwendung kommen. Die Bekl. sei zwar berechtigt, von der Kl. gegen
Erfüllung der Klageforderung die Abtretung der (titulierten) Zahlungsansprüche
der Kl. gegen deren neuen Mieter zu verlangen. Da die Bekl. diesen Anspruch
im Prozess nicht geltend gemacht habe, komme eine entsprechende Zug-um-Zug-Verurteilung
der Kl. nicht in Betracht.
Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung nicht in allen Punkten stand. Die Revision macht zu Recht geltend, dass das BerGer. die Frage, ob der zwischen den Parteien bestehende Mietvertrag beendet worden ist, nicht unter allen in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkten geprüft hat.
2. Nicht zu beanstanden ist die Annahme des BerGer., die zwischen den Parteien geführte Korrespondenz habe nicht zu einer einvernehmlichen Beendigung des Mietverhältnisses geführt. Die Revision macht jedoch zu Recht geltend, dass eine Beendigung des Mietverhältnisses durch eine durch die Bekl. ausgesprochene ordentliche Kündigung in Betracht kommt. Das Schreiben der Bekl. vom 5. 9. 1995 ist als Erklärung der ordentlichen Kündigung zu werten. Da das BerGer. eine Auslegung dieses Schreibens unter diesem Gesichtspunkt von vornherein nicht in Betracht gezogen hat und in diesem Zusammenhang weitere Feststellungen nicht zu erwarten sind, kann der Senat das Schreiben selbst auslegen. Das BerGer. führt in anderem Zusammenhang zutreffend aus, die Bekl. habe in diesem Schreiben zum Ausdruck gebracht, sie wolle unabhängig von der Wirksamkeit der von ihr angenommenen fristlosen Kündigung des Mietvertrags durch die Kl. das Mietverhältnis auf jeden Fall beenden. Dass sie das weitere Verhalten der Kl. nicht abwarten, sondern von sich aus das Mietverhältnis endgültig beenden wollte, hat sie weiter dadurch unterstrichen, dass sie zusammen mit dem Schreiben der Kl. die Schlüssel zu dem Mietobjekt zurückgeschickt hat. Dieses Verhalten der Bekl. genügt den Anforderungen an den Inhalt einer Kündigungserklärung. Schon schlüssiges Verhalten kann ausreichen, wenn sich aus ihm - wie im vorliegenden Fall - zweifelsfrei ergibt, dass eine Partei das Mietverhältnis beenden möchte (WolfiEckert, Hdb. d. gewerbl. Miet-, Pacht- u. LeasingR, 7. Aufl., Rdnr. 864; Emmerich/ Sonnenschein, Miete, 7. Aufl., § 564 Rdnr. 29).
3. Die tatsächlichen Feststellungen des BerGer. reichen nicht aus, um abschließend beurteilen zu können, ob die von der Bekl. erklärte ordentliche Kündigung wirksam war und zu einer Beendigung des Mietverhältnisses geführt hat. Zwar haben die Parteien (auf Vermieterseite der Rechtsvorgänger der Kl.) in dem schriftlichen Mietvertrag eine feste Laufzeit des Mietverhältnisses bis zum 31. 12. 2004 vereinbart. Sollte diese Vereinbarung wirksam sein, wäre damit eine ordentliche Kündigung für die Zeit vor dem 31. 12. 2004 in zulässiger Weise ausgeschlossen. Nach § 566 S. 2 BGB gilt ein Mietvertrag jedoch - ohne Rücksicht auf die vereinbarte Vertragsdauer - als für unbestimmte Zeit geschlossen, wenn die Schriftform des § 566 S. 1 BGB nicht eingehalten worden ist. Eine ordentliche Kündigung ist dann zum Schluss des ersten Jahres zulässig. Zwar haben die Parteien einen schriftlichen Mietvertrag abgeschlossen. Dieser Umstand allein reicht jedoch nicht aus, das Schriftformerfordernis des § 566 S. 1 BGB zu erfüllen. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats ist die Schriftform vielmehr nur gewahrt, wenn sich die wesentlichen Vertragsbedingungen - insbesondere der Mietgegenstand, der Mietzins sowie die Dauer und die Parteien des Mietverhältnisses - aus der Vertragsurkunde ergeben (Senat, NZM 1999, 962 = NJW 1999, 3257 [3258] = LM H. 3/2000 § 566 BGB Nr. 37 m. w. Nachw.). Weitere Vertragsbestimmungen müssen jedenfalls dann in die Urkunde aufgenommen werden, wenn sie nach dem Willen der Parteien ein wichtiger Vertrags-bestandteil sein sollen (Senat, NJW 1999, 3257 [3258] = LM H. 3/2000 § 566 BGB Nr. 37 m.w. Nachw.). Die Feststellungen des BerGer. und auch der Vortrag der Parteien lassen keine abschließende Beurteilung zu, ob diese Schriftformerfordernisse im vorliegenden Fall eingehalten worden sind.
a) Der Revision ist einzuräumen, dass es zumindest unklar ist, ob der vereinbarte Mietzins ordnungsgemäß beurkundet worden ist. Nach § 4 des schriftlichen Mietvertrags sollte die ,,Nettokaltmiete" 1500 DM pro Monat betragen. In § 1.1 Mietvertrag wird die vermietete Ladenfläche mit ,,ca. 50m2" angegeben. Die Kl. hat statt 1500 DM p. m. 1946,70 DM p. m. (30 DM/m2; 64,89m2 Ladenfläche) eingeklagt und diesen Betrag hat das BerGer. auch zugesprochen. Dem Berufungsurteil ist nicht zu entnehmen, aus welchen Gründen das BerGer. angenommen hat, die Kl. könne nach dem endgültigen Aufmaß 30 DM/m2 verlangen. Denkbar ist, dass das BerGer. den schriftlichen Mietvertrag in diesem Sinne ausgelegt hat. Denkbar ist aber auch, dass das BerGer. angenommen hat, die Vertragschließenden hätten abweichend von dem schriftlichen Mietvertrag mündlich vereinbart, der endgültige Mietzins solle pro‘ Quadratmeter abgerechnet werden. Die Kl. hat nämlich vorgetragen, mit der Bekl. sei diese Art der Abrechnung abgesprochen worden. Einziger Anhaltspunkt für eine entsprechende Auslegung schon des schriftlichen Mietvertrags könnte sein, dass die Ladenfläche mit ,,ca. 50 m2" angegeben ist. Sinn dieser cirka-Angabe kann aber auch sein, dass der Vermietet für die genaue Quadratmeterzahl nach Fertigstellung keine Gewähr übernehmen wollte, ohne dass eine Abweichung Auswirkungen haben sollte auf die Höhe des Mietzinses. Sollten die Parteien abweichend von dem schriftlichen Mietvertrag mündlich einen Mietzins von 30 DM/m2 vereinbart haben, wäre diese Vereinbarung nicht beurkundet und damit die Schriftform des § 566S. 1 BGB nicht gewahrt.
b) Zutreffend weist die Revision auch darauf hin, dass die Kl. vorgetragen hat, sie habe die Bekl. mit Schreiben vom 24. 8. 1995 vergeblich aufgefordert, der "mietvertraglich vereinbarten Betriebs-pflicht" nachzukommen. Das BerGer. hat - von seinem Rechtsstandpunkt aus zu Recht - keine Feststellungen dazu getroffen, ob die Parteien eine Betriebspflicht vereinbart haben. Der schriftliche Mietvertrag enthält eine solche Vereinbarung nicht. Sollten die Parteien mündlich eine Betriebspflicht vereinbart haben, wäre die Beurkundungsbedürftigkeit dieser Vereinbarung davon abhängig, welche Bedeutung die Vertragsschließenden dieser Vereinbarung beigemessen haben. Auch hierzu fehlen tatsächliche Feststellungen.
c) Schließlich ist den Feststellungen des BerGer. und auch dem Vortrag der Parteien nicht zu entnehmen, ob das Mietobjekt in dem schriftlichen Mietvertrag hinreichend genau bezeichnet. ist. Es heißt dort lediglich, dass das vermietete Ladenlokal im Erdgeschoss des zu errichtenden Gebäudes liegen solle, im Übrigen wird auf eine ,,Zeichnung im Anhang" verwiesen. Diese Zeichnung befindet sich nicht bei den Akten. Weder aus den Feststellungen des BerGer. noch aus dem Vortrag der Parteien ergibt sich, ob die Zeichnung dem schriftlichen Mietvertrag tatsächlich beigefügt war und wenn ja, auf welche Weise. Deshalb kann der Senat nicht abschließend beurteilen, ob die erforderliche Urkundeneinheit zwischen Vertragsurkunde und in Bezug genommener Anlage gewahrt ist (vgl. hierzu Senat, NZM 1999, 761 = NJW 1999, 2591 LM H. 3/2000 § 566 BGB Nr. 36 m. Nachw.).
Außerdem hat das BerGer. - von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig - keine Feststellungen dazu getroffen, ob sich aus der in Bezug genommenen Zeichnung hinreichend deutlich ergab, welche Fläche in dem zu errichtenden Gebäude an die Bekl. vermietet werden sollte. Unstreitig handelte es sich um ein größeres Objekt mit mehreren getrennt zu vermietenden gewerblichen Flächen.
4. Es ist somit nicht auszuschließen, dass die Schriftform des § 566 S. 1 BGB nicht gewahrt ist und dass die Bekl. deshalb den Mietvertrag unter Wahrung der Fristen des § 566 BGB frühestens zum Schluss des ersten Jahres kündigen konnte (§ 566 S. 2 BGB). Die Jahresfrist läuft bei noch nicht vollzogenen Mietverträgen von dem Tag des Vertragsschlusses an (BGHZ 99, 54 = NJW 1987, 948 = LM § 566 BGB Nr. 27). Der Mietvertrag wurde im Juli 1993 geschlossen. Nach § 565 1 a BGB ist die ordentliche Kündigung bei einem Mietverhältnis über Geschäftsräume spätestens am dritten Werktag eines Kalendervierteljahrs für den Ablauf des nächsten Kalendervierteljahrs zulässig. Die von der Bekl. im September 1995 erklärte Kündigung wäre somit zum 31. 3. 1996 wirksam geworden. Die Kl. macht Mietzinsansprüche für die Zeit ab 1. 4. 1996 geltend.
5. Die Sache muss an das BerGer. zurückverwiesen werden, damit es - eventuell nach ergänzendem Vortrag der Parteien - die notwendigen Feststellungen zur Einhaltung der Schriftform nachholen kann.
6. Für das weitere Verfahren und für den Fall, dass die Vertragsparteien eine ordentliche Kündigung bis zum Jahre 2004 wirksam ausgeschlossen haben sollten, weist der Senat auf Folgendes hin: Der Senat hat bereits entschieden, dass sich der Mieter gegenüber dem Mietzinsanspruch des sonst vertragstreuen Vermieters regelmäßig nicht darauf berufen kann, der Vermieter sei wegen einer Weitervermietung zur Gebrauchsüberlassung nicht in der Lage gewesen (§ 552 S. 3 BGB), wenn der Mieter ohne Rücksicht auf den weiterbestehenden Mietvertrag einfach ausgezogen ist und keine Miete mehr bezahlt hat; in einem solchen Einwand läge dann eine gegen Treu und Glauben verstoßende unzulässige Rechtsausübung (BGHZ 122, 163 NJW 1993, 1645 = LM H. 8/ 1993 § 552 BGB Nr. 6). Der Vermieter muss sich in einem solchen Falle nur die Vorteile anrechnen lassen, die er durch die Weitervermietung erlangt hat (§ 552 S. 2: vgl. BGHZ 122, 163 [169] = NJW 1993, 1645 = LM H. 8/1993 § 552 BGB Nr. 6).
Das BerGer. geht zu Recht davon aus, dass diese Grundsätze auch dann anzuwenden sind, wenn ein Mieter, der die Mieträume noch nicht bezogen hat, sich trotz des fortbestehenden Mietvertrags grundlos weigert, diesen Mietvertrag zu erfüllen, und wenn der Vermieter nur wegen dieser vertragswidrigen Weigerung des Mieters eine sonst nicht zu beanstandende Weitervermietung vorgenommen hat. Entscheidend ist, dass der Mieter nicht aus einem Verhalten seines sonst vertragstreuen Vertragspartners Rechte herleiten darf, das er selbst durch einen groben Vertragsbruch erst herbeigeführt hat (BGHZ 122, 163 [168] = NJW 1993, 1645 = LM H. 8/ 1993 § 552 BGB Nr. 6 m. w. Nachw.). Hat der Vermieter aus der Weitervermietung noch kein Geld erlangt, sondern lediglich einen - eventuell titulierten - Mietzinsanspruch gegen den neuen Mieter, so muss er sich den Wert dieses Anspruchs anrechnen lassen. Stehen der Durchsetzung dieses Anspruchs im Einzelfall wegen der Bonität des neuen Mieters oder aus anderen Gründen Hindernisse entgegen, so ist dies zu berücksichtigen. Ist der Anspruch wirtschaftlich wertlos, kommt eine Anrechnung nicht in Betracht.