NJW 2000, 1332
Zentrales Problem:
In der sehr lehrreichen Entscheidungen (s. insbes.
die fett wiedergegebenen Passagen) geht es um den (seltenen) Fall
eines Wiederkaufsrechts, dessen Rechtsnatur, die Folgen seiner Ausübung
sowie um den Rücktritt von einem Wiederkauf nach § 326 I BGB:
Der Verkäufer/Wiederkäufer hatte das Wiederkaufsrecht ausgeübt,
dann aber seine Verpflichtungen aus dem Wiederkaufsvertrag nicht erfüllt.
Nach (fruchtloser) Fristsetzung mit Ablehnungandrohung gem. § 326
I BGB trat der Käufer/Wiederverkäufer vom Kaufvertrag zurück
und verlangte nun Erfüllung des Kaufvertrags (Auflassung des Grundstücks).
Dabei stellte sich die (vom BGH zu Recht bejahte) Frage, ob der ursprüngliche
Kaufvertrag nach Rücktritt vom Wiederkauf "aufgelebt" ist.
S. auch BGH v. 29.10.2010 - V
ZR 48/10.
Amtl. Leitsatz:
Wird ein Wiederkaufsverhältnis beendet,
lebt der Kaufvertrag wieder auf (Fortführung von BGHZ 29, 107 [110]
= NJW 1959, 526 = LM § 36 DGO Nr. 8 L).
Zum Sachverhalt:
Mit notariellem Vertrag vom 29. 5. 1996 kaufte
der Kl. von der Bekl. ein Hausgrundstück in V. zum Preis von 770 000
DM. Am gleichen Tag wurde in einer gesonderten Urkunde der Bekl. ein Wiederkaufsrecht
eingeräumt, das innerhalb von drei Jahren nach Vertragsschluss jederzeit
durch schriftliche Erklärung gegenüber dem Kl. ausgeübt
werden konnte. Diesem sollten in diesem Fall die Gebühren und Kosten,
die entrichtete Grunderwerbsteuer und die mit der Finanzierung des Kaufpreises
anfallenden Notar- und Grundbuchkosten ersetzt werden. Nach der Zahlung
des unter Berücksichtigung einer vereinbarten Anrechnung in Höhe
von insgesamt 120 000 DM noch verbleibenden Kaufpreises von 650 000 DM
durch den Kl. machte die Bekl. mit Schreiben vom
14. 7. 1997 von ihrem Wiederkaufsrecht Gebrauch.
Der Kl. hat Klage auf Auflassung und Bewilligung seiner Eintragung in das
Grundbuch erhoben. Während des auf Antrag beider Parteien vom LG angeordneten
Ruhens des Verfahrens hat der Kl. die Bekl. zur Zahlung des Wiederkaufpreises
zuzüglich der entstandenen Kosten bis zum 9. 2. 1998 aufgefordert.
Da die Bekl. keine Zahlung leistete, hat der Kl. schließlich mit
Schreiben vom 10. 2. 1998 eine letzte Frist bis zum 20. 2. 1998 gesetzt
und mitgeteilt, dass er nach Ablauf der Frist die "von ihm" zu erbringende
Leistung ablehnen werde. Da die Bekl. auch auf diese Aufforderung hin nicht
zahlte, hat der Kl. mit Schreiben vom 23. 2. 1998 den Rücktritt vom
Wiederkaufvertrag erklärt. Nach dem Wiedereintritt in das streitige
Verfahren hat der Kl. sein Klageziel weiterverfolgt.
Das LG hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Kl. hat das OLG zurückgewiesen. Die Revision war teilweise erfolgreich und führte insoweit zur Aufhebung und Zurückverweisung.
Aus den Gründen:
I. Das BerGer. ist mit dem LG der Ansicht, durch die Ausübung des der Bekl. vertraglich eingeräumten Wiederkaufsrechts habe sich zugleich der ursprünglich geschlossene Kaufvertrag in seiner Rechtswirkung erledigt.
Auch wenn der Kl. später wirksam vom Wiederkaufvertrag zurückgetreten sei, habe die hierdurch bewirkte Umgestaltung des Wiederkaufvertrags in ein Rückabwicklungsverhältnis nicht zum Wiederaufleben der vertraglichen Verpflichtungen der Parteien aus dem Kaufvertrag geführt. Dies hält revisionsrechtlicher Nachprüfüng nur zum Teil stand.
II. 1. Rechtlich zutreffend ist allerdings die
Annahme des BerGer., die Bekl. habe durch die Ausübung des Wiederkaufsrechts
den Eintritt des Wiederkaufsfalls wirksam herbeigeführt.
a) Die Vereinbarung eines Wiederkaufsrechts
i.S. von § 497 I BGB stellt eine neben den eigentlichen Kaufvertrag
tretende Rückkaufabrede dar, die dem Verkäufer einen aufschiebend
bedingten Anspruch auf (Rück-)Übereignung des Kaufgegenstands
gewährt. Durch die Wiederkaufserklärung wird - unabhängig
von ihrer Rechtsnatur (Staudinger/Mader, BGB, 1995, Vorb. §§
497 ff. Rdnr. 7; Palandt/Putzo, BGB, 59. Aufl., § 497 Rdnr. 3) - der
bereits bedingt abgeschlossene Wiederkaufvertrag mit dem Eintritt der Bedingung
wirksam (BGHZ 29, 107 [110 ff.] = NJW 1959, 526 = LM § 36 DGO
Nr. 8 L; BGHZ 38, 369 [371] = NJW 1963, 709 = LM § 497 BGB Nr. 5 L;
BGHZ 58, 78 [80] = NJW 1972, 488 = LM § 24 BBauG Nr. 4; Mezger, in:
RGRK, 12. Aufl., § 497 Rdnr. 2; Staudinger/Mader, Vorb. §§
497 ff. Rdnr. 7; Westermann, in: MünchKomm., 3. Aufl., Vorb. §
497 Rdnr. 4; Soergel/Huber, BGB, 12. Aufl., Vorb. § 497 Rdnrn. 8,
9; Erman/Grunewald, BGB, 9. Aufl., § 497 Rdnr. 3; vgl. auch - allerdings
ohne ausdrückliche Einordnung der Wiederkaufserklärung als Ausübung
eines Gestaltungsrechts - RGZ 69, 281; RGZ 121, 367 [369 ff.]; RGZ
126, 308 [312]; Palandt/Putzo, § 497 Rdnr. 3). Eine solche vertragliche
Abrede braucht nicht in der Kaufvertragsurkunde selbst enthalten sein,
sondern kann - wie hier - auch Inhalt einer gesonderten, auf den Kaufvertrag
Bezug nehmenden notariellen Urkunde sein (RGZ 126, 309 [311]; BGH, LM BGB
§ 497 Nr. 1; Palandt/Putzo, § 497 Rdnr. 6).
b) Die Bekl. hat durch das Schreiben vom 14. 7.
1997 innerhalb der vereinbarten Drei-Jahres-Frist von ihrem Wiederkaufsrecht
Gebrauch gemacht und hierdurch wirksam den Wiederkaufsfall ausgelöst.
Denn
im Gegensatz zu der Vereinbarung des Wiederkaufsrechts unterliegt die Wiederkaufserklärung
im Hinblick auf den - auch nach der Änderung des § 313 BGB unverändert
gebliebenen - eindeutigen Wortlaut des § 497 I 2 BGB und unter Berücksichtigung
des Umstands, dass die wesentliche Bindung der Parteien schon mit dem der
notariellen Beurkundungspflicht unterworfenen bedingten Abschluss des Wiederkaufvertrags
begründet wird, nicht dem Formerfordernis des § 313 BGB (RGZ
121, 367 [369 ff.]; RGZ 126, 308 [312]; Mezger, in: RGRK, § 497 Rdnr.
6; Westermann, in: MünchKomm., § 497 Rdnr. 10; Soergel/Huber,
§ 497 Rdnr. 14; Palandt/Putzo, § 497 Rdnr. 7; für den Fall
gemeinderechtlicher Vorschriften vgl. BGHZ 29, 107 [111ff.] = NJW 1959,
526 = LM § 36 DGO Nr. 8 L; vgl. hierzu auch für den Fall eines
Wiederverkaufsrechts BGHZ 140, 218 [221] = NJW 1999, 941 = LM H. 8/1999
§ 497 BGB Nr. 9; a.A. Staudinger/Mader, § 497 Rdnr. 18; Staudinger/Wufka,
BGB, 1995, § 313 Rdnr. 78;
Wufka, DNotZ 1990, 339 [350ff.]; Einsele, DNotZ
1996, 835 [859ff.]).
2. Mit dem BerGer. ist ferner davon auszugehen,
dass die Rechte und Pflichten aus dem ursprünglichen Kaufvertrag im
Wiederkaufsfall nicht mehr geltend gemacht werden können. Nicht gefolgt
werden kann jedoch der weiteren Annahme, dass dies auch im Fall eines Rücktritts
vom Wiederkaufvertrag (weiter) gelten soll.
a) Der Senat hat zwar mit Urteil vom 17. 12.
1958 (BGHZ 29, 107 [110] = NJW 1959, 526 = LM § 36 DGO Nr. 8 L) ausgeführt,
dass mit dem Eintritt der der Wiederkaufsabrede anhaftenden aufschiebenden
Bedingung der Wiederkaufvertrag wirksam und damit zugleich der ursprüngliche
Kaufvertrag aufgelöst wird. Dieser rechtlichen Beurteilung hat sich
auch die Literatur - soweit sie zu dieser Frage überhaupt Stellung
bezieht - angeschlossen (Fikentscher, SchuldR, 9. Aufl., § 70
Rdnr. 745 a; Mezger, in: RGRK, § 497 Rdnr. 2; Westermann, in: MünchKomm.,
§ 497 Rdnr. 4, der insoweit von Erledigung spricht). Die genannte
Entscheidung betrifft einen Fall, in dem es darum ging, ob nach wirksamer
Ausübung des Wiederkaufsrechts noch ein Rücktritt vom Kaufvertrag
möglich ist. Dies hat der Senat verneint, weil der Kaufvertrag hierfür
keine Grundlage mehr bietet. Mit der hier maßgeblichen Frage,
ob der Käufer nach einem Rücktritt vom Wiederkaufvertrag wieder
die Rechte aus dem alten Kaufverhältnis beanspruchen kann, hatte sich
der Senat damals nicht zu befassen. Dies ist jetzt zu bejahen.
b) In welchem Umfang sich das Wirksamwerden des
Wiederkaufvertrags auf den Kaufvertrag auswirkt, ergibt sich nicht aus
dem Gesetz. Aus der Entstehungsgeschichte lässt sich nur entnehmen,
dass die Regelungen über den Wiederkauf auf dem Gedanken beruhen,
dass durch den Abschluss des Wiederkaufs der frühere Kauf für
die Vergangenheit nicht außer Kraft tritt (Motive, Bd. 2,S. 342).
Die
Parteien können jedoch die Auswirkungen des Wiederkauffalls auf den
Kaufvertrag regeln. Haben sie dies nicht getan, lässt sich aus dem
auf Eingehung eines neuen Vertragsverhältnisses gerichteten Willen
nur schließen, dass die Rechtsbeziehungen mit Wirksamwerden des Wiederkaufs
nach den Konditionen dieses Schuldverhältnisses zu beurteilen sind.
Dagegen ist nicht anzunehmen, dass die Parteien den Kaufvertrag unabhängig
vom Schicksal des Wiederkaufs für die Zukunft endgültig aufheben
wollten. Denn Kauf und Wiederkauf ermöglichen durch ihre jeweils eigenständige
gesetzliche Ausgestaltung ein Nebeneinander beider Rechtsverhältnisse
unter Vorrang des Wiederkaufsrechts. Solange der Wiederkaufvertrag Geltung
beansprucht, steht einem Rückgriff auf den ursprünglichen Kaufvertrag
der Einwand des Wiederkaufs entgegen
(so wohl auch Westermann, in:
MünchKomm., § 497 Rdnr. 4).
Wird das Wiederkaufsverhältnis
dagegen beendet, steht der Abwicklung des Kaufvertrags nichts mehr im Wege.
Soweit der Entscheidung vom 17. 12. 1958 etwas anderes entnommen werden
könnte, wird daran nicht festgehalten.
3. Ohne Rechtsfehler nimmt das BerGer. an, der
Kl. sei wegen Zahlungsverzugs der Bekl. mit dem von ihr geschuldeten Wiederkaufpreis
wirksam nach § 326 BGB vom Wiederkaufvertrag zurückgetreten.
a) Es ist allgemein anerkannt, dass der Wiederverkäufer
nach § 326 BGB vorgehen kann, wenn der Wiederkäufer den ihm aus
dem Wiederkaufvertrag obliegenden Pflichten nicht nachkommt (BGH, WM 1958,
1366; Westermann, in: MünchKomm., § 498 Rdnr. 3).
b) Der Kl. hat mit Schreiben vom 23. 2. 1998 den
Rücktritt vom Wiederkaufvertrag erklärt. Hierzu war er berechtigt,
weil die Bekl. trotz Fälligkeit des Wiederkaufpreises sowohl die ihr
im Schreiben vom 28. 1. 1998 gesetzte Zahlungsfrist als auch die ihr mit
Schreiben vom 10. 2. 1998 bis 20. 2. gesetzte Nachfrist mit Ablehnungsandrohung
hat verstreichen lassen, ohne Zahlung zu leisten. Auch wenn im letztgenannten
Schreiben sowie im Rücktrittsschreiben davon die Rede ist, dass der
Kl. die "von ihm" zu erbringende Leistung im Falle der Nichtzahlung ablehnen
werde, war für die Bekl. bei der nach den §§ 133, 157, 242
BGB gebotenen Würdigung des Inhalts des Schreibens vom 10. 2. 1998
zweifelsfrei ersichtlich, dass der Kl. bei frucht-losem Fristablauf am
Wiederkaufvertrag nicht mehr festhalten und dessen Erfüllung insgesamt
ablehnen wird. Dies genügt für eine wirksame Ablehnungsandrohung
nach § 326 I BGB (vgl. Emmerich, in: MünchKomm., § 326 Rdnr.
89; Erman/Battes, § 326 Rdnrn. 24, 25).
c) Ob die Bekl. in Höhe eines Betrags von 153 684,18 DM zur Aufrechnung befugt war und sich damit hinsichtlich dieses Teilbetrags möglicherweise nicht in Verzug befand, kann hier dahin stehen. Da die vom Kl. zu erbringende Gegenleistung (Zustimmung zur Löschung der eingetragenen Auflassungsvormerkung) nicht teilbar ist und der Kl. dementsprechend an einer Teilzahlung der Bekl. kein Interesse besitzt, erstrecken sich seine Rechte nach den §§ 326 I 3, 325 I 2 BGB auf das, gesamte Schuldverhältnis. Der Kl. war also berechtigt, vom Wiederkaufvertrag insgesamt zurückzutreten (vgl. RGZ 50, 138 [143]; Palandt/Heinrichs, § 326 Rdnr. 29; Erman/Battes, § 326 Rdnr. 44; vgl. auch für den Fall, dass die zu erbringende Leistung unteilbar ist, BGH, NJW-RR 1990, 1462 [1464] = LM § 326 [A] BGB Nr. 29 m. w. Nachw.).
II. Der Senat ist zu einer abschließenden Entscheidung selbst nicht in der Lage, weil es weiterer Feststellungen durch das BerGer. bedarf. Dieses hat sich, von seinem Standpunkt aus folgerichtig, nicht mit der Frage befasst, ob die Bekl. dem Auflassungsbegehren des Kl. ein Zurückbehaltungsrecht nach § 273 BGB im Hinblick auf die durch den Vollstreckungsbescheid vom 17. 6. 1998 titulierte Forderung über 153 684,18 DM entgegen setzen kann. Die Bekl. hat zwar mit dieser Forderung die Aufrechnung gegen den Wiederkaufpreisanspruch erklärt. Mit dem Rücktritt vom Wiederkauf hat sie insoweit einen Anspruch auf Rückgewähr (§ 346 S. 1 BGB). Deswegen kommt es darauf an, ob er besteht (rechtskräftig tituliert oder materiell-rechtlich begründet ist) und die nach § 273 BGB erforderliche Konnexität zum Auflassungsanspruch vorliegt. Daneben wird das BerGer. zu klären haben, ob sich die Bekl. trotz des Wortlauts der in § 5 des Kaufvertrags vom 29. 5. 1996 enthaltenen Klausel mit Erfolg gem. § 320 BGB auf eine noch ausstehende Kaufpreisforderung in Höhe von 40000 DM (angerechnete Kaution) berufen kann.