Wirksamkeit eines Kaufvertrags über eine künftig entstehende Sache - Unmöglichkeit?
BGH, Urt. v. 20. 10. 1999- VIII ZR 335/98 (Hamm)
Fundstelle:

NJW 2000, 504


Amtl. Leitsatz:

Gegenstand eines Kaufvertrags kann auch eine mit rechtlicher Selbständigkeit erst künftig entstehende Sache sein. 


Zum Sachverhalt:

Der Kl., Verwalter in dem am 26. 7. 1996 eröffneten Konkursverfahren über das Vermögen der Firma Auto F-GmbH (Gemeinschuldnerin), die eine F-Vertragswerkstatt betrieb, begehrt von der Bekl., einer F-Haupthändlerin, Zahlung des Kaufpreises für eine Pkw-Ausstellungshalle. Gesellschafter der Gemeinschuldnerin waren bis zum 31. 3. 1992 F und R, die ihre Gesellschaftsanteile aufgrund Vertrags vom 28. 10. 1981 treuhänderisch für Dr. P hielten, der zugleich Hauptgesellschafter der Bekl. war und ist. R verpachtete mit Pachtvertrag vom 28. 10. 1981 das in seinem Eigentum stehende Gelände B.-Straße in 0. an die Gemeinschuldnerin. Diese errichtete später auf dem Betriebsgrundstück eine Pkw-Ausstellungshalle. Anfang 1992 veräußerte sie diese Halle zum Kaufpreis von netto 190 000 DM an die Bekl. R verpachtete das Grundstück sodann durch Pachtvertrag vom 1. 4. 1992 zum monatlichen Pachtzins von netto 4157,09 DM an die Bekl., die es einschließlich Halle durch Unterpachtvertrag vom 18. 9. 1992 rückwirkend ab dem 1. 4. 1992 zum monatlichen Pachtzins von netto 7800 DM weiter an die Gemeinschuldnerin verpachtete. Der Kl. hat Zahlung des Nettokaufpreises für die Ausstellungshalle in Höhe von 190 000 DM begehrt und behauptet, die Halle sei nur für die Dauer des Pachtvertrags auf dem Grundstück errichtet worden. Die Bekl. hat in erster Instanz zunächst die Existenz des Kaufvertrags bestritten und geltend gemacht, im ursprünglichen Pachtvertrag zwischen R und der Gemeinschuldnerin sei dem Verpächter die Möglichkeit eingeräumt worden, die Ausstellungshalle nach Beendigung des Vertrags-verhältnisses zu übernehmen, so dass die Halle kein Scheinbestandteil des Grundstücks sei. Mit Schriftsatz vom 4. 7. 1997 hat die Bekl. dann in erster Instanz vorgetragen: "Die Bekl. hatte bisher bestritten, dass es einen Kaufvertrag über die Halle gibt. Die Bekl. räumt nunmehr, nachdem sie durch ihre ehemaligen Mitarbeiter/Berater diesbezüglich informiert ist, ein, dass ein entsprechender Kaufvertrag zu den von dem Kl. behaupteten Bedingungen existent ist. Der Anspruch in der geltend gemachten Höhe besteht damit dem Grunde nach. ... Da die Bekl. auf der Basis ihrer jetzigen Kenntnis nicht mehr den Abschluss des Kaufvertrags bestreitet, diesen Abschluss des Kaufvertrags vielmehr einräumt, ist die Bekl. bezüglich der Höhe des geltend gemachten Anspruchs auf die Aufrechnung mit diesbezüglichen Gegenforderungen im Rahmen ihrer Verteidigung beschränkt." Die Bekl. hat mit verschiedenen Gegenforderungen in Höhe von zusammen 172 202,09 DM aufgerechnet. Der Kl. ist dem im Einzelnen entgegengetreten und hat seinerseits die Klageforderung hilfsweise mit weiteren Ansprüchen gegen die Bekl. "aufgefüllt".
Das LG bat der Klage in Höhe von 154120 DM nebst Zinsen stattgegeben mit der Begründung, der nunmehr unstreitige Kaufpreiszahlungsanspruch in Höhe von 190 000 DM sei lediglich durch Aufrechnung mit den unstreitigen Pachtzinsansprüchen für die Monate April bis Juli 1996 in Höhe von 35880 DM erloschen. Das BerGer. hat die Klage insgesamt abgewiesen. Die Revision war erfolgreich und führte zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung an das BerGer.

Aus den Gründen:

I. Das BerGer. hat ausgeführt:

Der Kl. könne aus einem eventuellen Kaufvertrag über die Pkw-Ausstellungshalle keinen Kaufpreisanspruch geltend machen. Der vom Kl. in erster Linie geltend gemachte Kaufpreisanspruch bestehe nicht, weil die der Bekl. nach seinem Vortrag verkaufte Ausstellungshalle als wesentlicher Bestandteil des Grundstücks nicht sonderrechtsfähig sei. Es könne daher dahinstehen, ob die Gemeinschuldnerin mit der Bekl. den behaupteten Kaufvertrag geschlossen habe, ob insoweit ein erstinstanzliches Geständnis der Bekl. vorliege und ob die Bekl. die Umsatzsteuer auf den Kaufpreis an die Gemeinschuldnerin gezahlt habe. Es bedürfe in rechtlicher Hinsicht auch keiner Entscheidung, ob der möglicherweise geschlossene Kaufvertrag gem. § 306 BGB unwirksam sei, weil bezüglich der nicht isoliert zu übereignenden Halle objektive Unmöglichkeit vorliege, oder ob - wie der Kl. meine - ein Fall des subjektiven Unvermögens vorliege: Auch im letzten Fall hätte die Gemeinschuldnerin gem. § 323 I BGB infolge des Unvermögens der Bekl., die Halle zu übereignen, ihren Kaufpreisanspruch verloren. Unerheblich sei auch, dass sich die Bekl. erstinstanzlich zuletzt nur noch im Wege der Aufrechnung gegen die Klageforderung verteidigt habe. Soweit hierin ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis gesehen werden sollte, wäre dies rechtlich ohne Bedeutung, weil aus rechtlichen Gründen das Nichtbestehen der Kaufpreisforderung feststehe. Entscheidend sei ausschließlich, dass die Ausstellungshalle nicht isoliert übereignet werden könne, weil sie wesentlicher Bestandteil des Grundstücks und nicht als Scheinbestandteil i.S. des § 95 BGB mit diesem verbunden worden sei.
II. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
1. Das BerGer. geht davon aus, dass die Pkw-Ausstellungshalle als wesentlicher Bestandteil des Grundstücks nicht sonderrechtsfähig sei und verneint deshalb einen Kaufpreisanspruch des-Kl. Richtig ist insoweit, dass die Ausstellungshalle als wesentlicher Bestandteil des Grundstücks nicht Gegenstand besonderer dinglicher Rechte sein kann (§§ 93, 94 BGB); die Ausstellungshalle stand, wenn sie wesentlicher Bestandteil des Grundstücks war, im Eigentum des Grundstückseigentümers, Sondereigentum daran war rechtlich unmöglich. Dies hinderte jedoch - was das BerGer. verkennt - die Begründung schuldrechtlicher Ansprüche auf die Ausstellungshalle nicht, insbesondere war der Abschluss eines Kaufvertrags hierüber, sei es mit dem Eigentümer, sei es mit einem Dritten, rechtlich durchaus möglich. Insoweit handelt es sich nur um einen Kaufvertrag über einen Gegenstand, der als Sache erst künftig, z.B. durch den Abbau der Halle, mit rechtlicher Selbständigkeit entstehen sollte. Der Begründung von obligatorischen Rechten, welche sich lediglich auf einen wesentlichen Bestandteil und nicht auf die Gesamtsache beziehen, steht § 93 BGB nicht entgegen (so schon RG, WarnR 1926 Nr. 150; vgl. auch Palandt/Heinrichs, BGB, 58. Aufl., § 93 Rdnr. 4; Staudinger/Dilcher, BGB, 13. Aufl., § 93 Rdnr. 31; Soergel/Mühl, BGB, 12. Aufl., § 93 Rdnr. 19). Die Entscheidung des BerGer., durch welche die Klage auf Zahlung des Kaufpreises schon deshalb abgewiesen wurde, weil die Ausstellungshalle nicht sonderrechtsfähig sei, beruht daher auf einem Rechtsirrtum.
2. Da das Berufungsurteil somit keinen Bestand haben kann (§ 564 1 ZPO), eine abschließende Entscheidung dem Senat jedoch verwehrt ist, weil das BerGer. - aus seiner Sicht folgerichtig - bisher keine Feststellungen dazu getroffen hat, ob anderweitige Gründe dem ursprünglichen Klageantrag entgegenstehen, war die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das BerGer. zurückzuverweisen (§ 565 1 1 ZPO).
Für das weitere Verfahren wird auf Folgendes hingewiesen:
a) Wie die Revision zu Recht geltend macht, hat die Bekl. - was das BerGer. offen gelassen hat - in erster Instanz sämtliche den Klageanspruch verneinenden Behauptungen fallen gelassen und die den Klageanspruch begründenden Behauptungen des Kl. zugestanden.
aa) Ob die Prozesshandlung einer Partei die vom Gesetz aufgestellten Voraussetzungen für ein Geständnis erfüllt, kann vom RevGer. selbst und auch erstmalig geprüft werden (BGH, NJW-RR 1996, 699 = LM H. 7/1996 § 288 ZPO Nr. 12 [unter 2 b]).
bb) Die Bekl. hatte in der Klageerwiderung mit Schriftsatz vom 21. 3. 1997 zunächst den vom Kl. behaupteten Kauf der Halle bestritten. Nachdem der Kl. mit Schriftsatz vom 22. 5. 1997 darauf hingewiesen harte, dass der beherrschende Gesellschafter und alleinvertretungsberechtigte Geschäftsführer der Bekl. auch die beherrschende Person der Gemeinschuldnerin auf der Grundlage eines Treuhandvertrags mit den damaligen Gesellschaftern der Gemeinschuldnerin war, hat die Bekl. mit Schriftsatz vom 4. 7. 1997 dann den Abschluss des behaupteten Kaufvertrags unstreitig gestellt und nunmehr gegen die Klageforderung ausschließlich mit Gegenforderungen aufgerechnet. Damit hat die Bekl. mit hinreichender Deutlichkeit zum Ausdruck gebracht, sie wolle der Behauptung des Kl., die Gemeinschuldnerin habe die Halle an die Bekl. verkauft, nicht länger entgegentreten. Darin liegt zugleich die Erklärung des Einverständnisses, die vom Kl. insoweit behaupteten Tatsachen zur Grundlage des Urteils zu machen. Dies erfüllt die Voraussetzungen für ein Geständnis i.S. von § 288 ZPO. Der Umfang dieses Geständnisses betrifft allerdings nur den Abschluss des Kaufvertrags, nicht aber die tatsächlichen Voraussetzungen der Sonderrechtsfähigkeit der Pkw-Ausstellungshalle. Das auch in der Berufungsinstanz fortwirkende gerichtliche Geständnis (§ 532 ZPO) ist nicht wirksam widerrufen worden. Es war Aufgabe der Bekl., darzulegen und zu beweisen, dass ihr Geständnis in erster Instanz durch einen Irrtum veranlasst und dass in Wahrheit kein Kaufvertrag geschlossen worden ist (§ 290 ZPO). Dies hat die Bekl. nicht getan.
b) Weiter wird das BerGer., wie die Revision zu Recht rügt, erneut zu prüfen haben, ob die Erklärung der Bekl. im Schriftsatz vom 4. 7. 1997 materiell-rechtlich als Anerkenntnis zu werten ist. Es liegt nahe, worauf die Revision zutreffend hinweist, die Erklärung der Bekl. im Schriftsatz vom 4. 7. 1997, der mit der Klage verfolgte Anspruch bestehe "in der geltend gemachten Höhe ... dem Grunde nach", als Angebot eines deklaratorischen Schuldanerkenntnisses zu würdigen (vgl. BGHZ 104, 18 [24] = NJW 1988, 1781 = LM § 305 BGB Nr. 45). 


<- Zurück mit dem Back-Button Ihres Browsers!