NJW 2000, 504
Amtl. Leitsatz:
Gegenstand eines Kaufvertrags kann auch eine
mit rechtlicher Selbständigkeit erst künftig entstehende Sache
sein.
Zum Sachverhalt:
Der Kl., Verwalter in dem am 26. 7. 1996 eröffneten
Konkursverfahren über das Vermögen der Firma Auto F-GmbH (Gemeinschuldnerin),
die eine F-Vertragswerkstatt betrieb, begehrt von der Bekl., einer F-Haupthändlerin,
Zahlung des Kaufpreises für eine Pkw-Ausstellungshalle. Gesellschafter
der Gemeinschuldnerin waren bis zum 31. 3. 1992 F und R, die ihre Gesellschaftsanteile
aufgrund Vertrags vom 28. 10. 1981 treuhänderisch für Dr. P hielten,
der zugleich Hauptgesellschafter der Bekl. war und ist. R verpachtete mit
Pachtvertrag vom 28. 10. 1981 das in seinem Eigentum stehende Gelände
B.-Straße in 0. an die Gemeinschuldnerin. Diese errichtete später
auf dem Betriebsgrundstück eine Pkw-Ausstellungshalle. Anfang 1992
veräußerte sie diese Halle zum Kaufpreis von netto 190 000 DM
an die Bekl. R verpachtete das Grundstück sodann durch Pachtvertrag
vom 1. 4. 1992 zum monatlichen Pachtzins von netto 4157,09 DM an die Bekl.,
die es einschließlich Halle durch Unterpachtvertrag vom 18. 9. 1992
rückwirkend ab dem 1. 4. 1992 zum monatlichen Pachtzins von netto
7800 DM weiter an die Gemeinschuldnerin verpachtete. Der Kl. hat Zahlung
des Nettokaufpreises für die Ausstellungshalle in Höhe von 190
000 DM begehrt und behauptet, die Halle sei nur für die Dauer des
Pachtvertrags auf dem Grundstück errichtet worden. Die Bekl. hat in
erster Instanz zunächst die Existenz des Kaufvertrags bestritten und
geltend gemacht, im ursprünglichen Pachtvertrag zwischen R und der
Gemeinschuldnerin sei dem Verpächter die Möglichkeit eingeräumt
worden, die Ausstellungshalle nach Beendigung des Vertrags-verhältnisses
zu übernehmen, so dass die Halle kein Scheinbestandteil des Grundstücks
sei. Mit Schriftsatz vom 4. 7. 1997 hat die Bekl. dann in erster Instanz
vorgetragen: "Die Bekl. hatte bisher bestritten, dass es einen Kaufvertrag
über die Halle gibt. Die Bekl. räumt nunmehr, nachdem sie durch
ihre ehemaligen Mitarbeiter/Berater diesbezüglich informiert ist,
ein, dass ein entsprechender Kaufvertrag zu den von dem Kl. behaupteten
Bedingungen existent ist. Der Anspruch in der geltend gemachten Höhe
besteht damit dem Grunde nach. ... Da die Bekl. auf der Basis ihrer jetzigen
Kenntnis nicht mehr den Abschluss des Kaufvertrags bestreitet, diesen Abschluss
des Kaufvertrags vielmehr einräumt, ist die Bekl. bezüglich der
Höhe des geltend gemachten Anspruchs auf die Aufrechnung mit diesbezüglichen
Gegenforderungen im Rahmen ihrer Verteidigung beschränkt." Die Bekl.
hat mit verschiedenen Gegenforderungen in Höhe von zusammen 172 202,09
DM aufgerechnet. Der Kl. ist dem im Einzelnen entgegengetreten und hat
seinerseits die Klageforderung hilfsweise mit weiteren Ansprüchen
gegen die Bekl. "aufgefüllt".
Das LG bat der Klage in Höhe von 154120 DM
nebst Zinsen stattgegeben mit der Begründung, der nunmehr unstreitige
Kaufpreiszahlungsanspruch in Höhe von 190 000 DM sei lediglich durch
Aufrechnung mit den unstreitigen Pachtzinsansprüchen für die
Monate April bis Juli 1996 in Höhe von 35880 DM erloschen. Das BerGer.
hat die Klage insgesamt abgewiesen. Die Revision war erfolgreich und führte
zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung
an das BerGer.
Aus den Gründen:
I. Das BerGer. hat ausgeführt:
Der Kl. könne aus einem eventuellen Kaufvertrag
über die Pkw-Ausstellungshalle keinen Kaufpreisanspruch geltend machen.
Der vom Kl. in erster Linie geltend gemachte Kaufpreisanspruch bestehe
nicht, weil die der Bekl. nach seinem Vortrag verkaufte Ausstellungshalle
als wesentlicher Bestandteil des Grundstücks nicht sonderrechtsfähig
sei. Es könne daher dahinstehen, ob die Gemeinschuldnerin mit der
Bekl. den behaupteten Kaufvertrag geschlossen habe, ob insoweit ein erstinstanzliches
Geständnis der Bekl. vorliege und ob die Bekl. die Umsatzsteuer auf
den Kaufpreis an die Gemeinschuldnerin gezahlt habe. Es bedürfe in
rechtlicher Hinsicht auch keiner Entscheidung, ob der möglicherweise
geschlossene Kaufvertrag gem. § 306 BGB unwirksam sei, weil bezüglich
der nicht isoliert zu übereignenden Halle objektive Unmöglichkeit
vorliege, oder ob - wie der Kl. meine - ein Fall des subjektiven Unvermögens
vorliege: Auch im letzten Fall hätte die Gemeinschuldnerin gem. §
323 I BGB infolge des Unvermögens der Bekl., die Halle zu übereignen,
ihren Kaufpreisanspruch verloren. Unerheblich sei auch, dass sich die Bekl.
erstinstanzlich zuletzt nur noch im Wege der Aufrechnung gegen die Klageforderung
verteidigt habe. Soweit hierin ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis
gesehen werden sollte, wäre dies rechtlich ohne Bedeutung, weil aus
rechtlichen Gründen das Nichtbestehen der Kaufpreisforderung feststehe.
Entscheidend sei ausschließlich, dass die Ausstellungshalle nicht
isoliert übereignet werden könne, weil sie wesentlicher Bestandteil
des Grundstücks und nicht als Scheinbestandteil i.S. des § 95
BGB mit diesem verbunden worden sei.
II. Diese Ausführungen halten der rechtlichen
Nachprüfung nicht stand.
1. Das BerGer. geht davon aus, dass die Pkw-Ausstellungshalle
als wesentlicher Bestandteil des Grundstücks nicht sonderrechtsfähig
sei und verneint deshalb einen Kaufpreisanspruch des-Kl. Richtig ist insoweit,
dass die Ausstellungshalle als wesentlicher Bestandteil des Grundstücks
nicht Gegenstand besonderer dinglicher Rechte sein kann (§§ 93,
94 BGB); die Ausstellungshalle stand, wenn sie wesentlicher Bestandteil
des Grundstücks war, im Eigentum des Grundstückseigentümers,
Sondereigentum daran war rechtlich unmöglich. Dies hinderte jedoch
- was das BerGer. verkennt - die Begründung schuldrechtlicher Ansprüche
auf die Ausstellungshalle nicht, insbesondere war der Abschluss eines Kaufvertrags
hierüber, sei es mit dem Eigentümer, sei es mit einem Dritten,
rechtlich durchaus möglich. Insoweit handelt es sich nur um einen
Kaufvertrag über einen Gegenstand, der als Sache erst künftig,
z.B. durch den Abbau der Halle, mit rechtlicher Selbständigkeit entstehen
sollte. Der Begründung von obligatorischen Rechten, welche sich lediglich
auf einen wesentlichen Bestandteil und nicht auf die Gesamtsache beziehen,
steht § 93 BGB nicht entgegen (so schon RG, WarnR 1926 Nr. 150; vgl.
auch Palandt/Heinrichs, BGB, 58. Aufl., § 93 Rdnr. 4; Staudinger/Dilcher,
BGB, 13. Aufl., § 93 Rdnr. 31; Soergel/Mühl, BGB, 12. Aufl.,
§ 93 Rdnr. 19). Die Entscheidung des BerGer., durch welche die Klage
auf Zahlung des Kaufpreises schon deshalb abgewiesen wurde, weil die Ausstellungshalle
nicht sonderrechtsfähig sei, beruht daher auf einem Rechtsirrtum.
2. Da das Berufungsurteil somit keinen Bestand
haben kann (§ 564 1 ZPO), eine abschließende Entscheidung dem
Senat jedoch verwehrt ist, weil das BerGer. - aus seiner Sicht folgerichtig
- bisher keine Feststellungen dazu getroffen hat, ob anderweitige Gründe
dem ursprünglichen Klageantrag entgegenstehen, war die Sache zur anderweiten
Verhandlung und Entscheidung an das BerGer. zurückzuverweisen (§
565 1 1 ZPO).
Für das weitere Verfahren wird auf Folgendes
hingewiesen:
a) Wie die Revision zu Recht geltend macht, hat
die Bekl. - was das BerGer. offen gelassen hat - in erster Instanz sämtliche
den Klageanspruch verneinenden Behauptungen fallen gelassen und die den
Klageanspruch begründenden Behauptungen des Kl. zugestanden.
aa) Ob die Prozesshandlung einer Partei die vom
Gesetz aufgestellten Voraussetzungen für ein Geständnis erfüllt,
kann vom RevGer. selbst und auch erstmalig geprüft werden (BGH, NJW-RR
1996, 699 = LM H. 7/1996 § 288 ZPO Nr. 12 [unter 2 b]).
bb) Die Bekl. hatte in der Klageerwiderung mit
Schriftsatz vom 21. 3. 1997 zunächst den vom Kl. behaupteten Kauf
der Halle bestritten. Nachdem der Kl. mit Schriftsatz vom 22. 5. 1997 darauf
hingewiesen harte, dass der beherrschende Gesellschafter und alleinvertretungsberechtigte
Geschäftsführer der Bekl. auch die beherrschende Person der Gemeinschuldnerin
auf der Grundlage eines Treuhandvertrags mit den damaligen Gesellschaftern
der Gemeinschuldnerin war, hat die Bekl. mit Schriftsatz vom 4. 7. 1997
dann den Abschluss des behaupteten Kaufvertrags unstreitig gestellt und
nunmehr gegen die Klageforderung ausschließlich mit Gegenforderungen
aufgerechnet. Damit hat die Bekl. mit hinreichender Deutlichkeit zum Ausdruck
gebracht, sie wolle der Behauptung des Kl., die Gemeinschuldnerin habe
die Halle an die Bekl. verkauft, nicht länger entgegentreten. Darin
liegt zugleich die Erklärung des Einverständnisses, die vom Kl.
insoweit behaupteten Tatsachen zur Grundlage des Urteils zu machen. Dies
erfüllt die Voraussetzungen für ein Geständnis i.S. von
§ 288 ZPO. Der Umfang dieses Geständnisses betrifft allerdings
nur den Abschluss des Kaufvertrags, nicht aber die tatsächlichen Voraussetzungen
der Sonderrechtsfähigkeit der Pkw-Ausstellungshalle. Das auch in der
Berufungsinstanz fortwirkende gerichtliche Geständnis (§ 532
ZPO) ist nicht wirksam widerrufen worden. Es war Aufgabe der Bekl., darzulegen
und zu beweisen, dass ihr Geständnis in erster Instanz durch einen
Irrtum veranlasst und dass in Wahrheit kein Kaufvertrag geschlossen worden
ist (§ 290 ZPO). Dies hat die Bekl. nicht getan.
b) Weiter wird das BerGer., wie die Revision zu
Recht rügt, erneut zu prüfen haben, ob die Erklärung der
Bekl. im Schriftsatz vom 4. 7. 1997 materiell-rechtlich als Anerkenntnis
zu werten ist. Es liegt nahe, worauf die Revision zutreffend hinweist,
die Erklärung der Bekl. im Schriftsatz vom 4. 7. 1997, der mit der
Klage verfolgte Anspruch bestehe "in der geltend gemachten Höhe ...
dem Grunde nach", als Angebot eines deklaratorischen Schuldanerkenntnisses
zu würdigen (vgl. BGHZ 104, 18 [24] = NJW 1988, 1781 = LM § 305
BGB Nr. 45).
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