Keine
Einreden des Erstehers eines Grundstücks gegen die Inanspruchnahme aus einer
übernommenen Grundschuld aus dem Sicherungsvertrag des Grundschuldgläubigers
mit dem früheren Eigentümer BGH, Urteil vom 21. Mai 2003 - IV ZR 452/02 - OLG Zweibrücken - LG Frankenthal (Pfalz) Fundstelle: NJW 2003, 2673 Amtl. Leitsatz: Der Ersteher eines Grundstücks in der Zwangsversteigerung, der aus einer bestehengebliebenen Grundschuld dinglich in Anspruch genommen wird, kann dem Grundschuldgläubiger grundsätzlich keine Einreden entgegensetzen, die sich aus dem zwischen dem früheren Eigentümer (Sicherungsgeber) und dem Gläubiger (Sicherungsnehmer) abgeschlossenen Sicherungsvertrag ergeben. Zentrales Problem: Die sehr lehrreiche Entscheidung befaßt sich
mit dem Verhältnis des Sicherungsvertrags bzw. der gesicherten Forderung zur
Grundschuld. Dabei werden grundsätzliche Fragen des Grundschuldrechts
erörtert, die über die spezielle Situation des Erwerbs in der
Zwangsversteigerung hinaus von Bedeutung sind (s. insbesondere die fett
markierten Passagen). Der Eigentümer eines Grundstücks, der dem Gl. zur
Sicherung einer Verbindlichkeit eine Grundschuld einräumt, tut dies aufgrund
eines Sicherungsvertrages. Erst aus diesem ergibt sich, welche Forderung
durch die Grundschuld gesichert ist und unter welchen Voraussetzungen der
Gl. aus der Grundschuld vorgehen darf (s. dazu schon die Anm. zu
BGH NJW 2000, 1108; zur Inhaltskontrolle eines
solchen Sicherungsvertrags etwa bei Globalsicherheiten s. etwa
BGH NJW 2002, 2710).
Zahlt der Schuldner an den Gl., so stellt sich die Frage, auf was er
bezahlt. Zahlt der auf die Grundschuld (was möglich ist), so wandelt sich
diese nach h.M. nach dem Gedanken des § 1163 I 2 bzw. der §§ 1142, 1143
(Rangwahrung) in eine Eigentümergrundschuld um. Die gesicherte Forderung
erlischt nach dem Gedanken des § 364 II. Zahlt er nur auf die Forderung, so
erlischt nur diese nach § 362 I. Anders als eine Hypothek erlischt die
Grundschuld dadurch gerade nicht von selbst bzw. geht nicht automatisch auf
den Eigentümer über (s. § 1163 I 2). Der Eigentümer hat vielmehr aus dem
Sicherungsvertrag eine Einrede bzw. bei voller Erfüllung der gesicherten
Forderung einen Anspruch auf Rückübertragung, die er dem Gl. entgegenhalten
kann. Hier geht es darum, daß der Eigentümer des belasteten Grundstücks
gewechselt hat, ohne Partei des Sicherungsvertrages zu sein und ohne daß ihm
Ansprüche daraus abgetreten wurden. Diese Konstellation (die nichts mit §§
1192, 1157 zu tun hat: dort geht es um einen Wechsel des
Grundschuldgläubigers!) kann sich nicht nur - wie hier - im Rahmen einer
Zwangsversteigerung, sondern auch bei einer rechtsgeschäftlichen Veräußerung
eines Grundstücks ergeben, wenn die Grundschuld unter Anrechnung des
Nominalwerts auf den Kaufpreis übernommen wird. Dabei wären freilich die
vertraglichen Abreden genau zu beachten. Tatbestand: Die Klägerin wendet sich gegen die Zwangsvollstreckung aus einer Grundschuld. Ihr wurden im Zuge eines Teilungsversteigerungsverfahrens mit Beschluß des Amtsgerichtes L. vom 28. August 2000 drei zusammenhängende, mit einem Wohnhaus bebaute Grundstücke in M. zugeschlagen. Teil des geringsten Gebots war eine nach § 800 ZPO vollstreckbare Grundschuld über 285.000 DM (145.718,19 EUR) nebst Zinsen und Nebenleistungen, die die früheren Eigentümer mit notarieller Urkunde vom 14. November 1991 zugunsten der Beklagten bewilligt hatten. Die in Abteilung III Nr. 3 eingetragene Grundschuld dient der Sicherung eines ungekündigten Darlehens, das durch regelmäßige Zins- und Tilgungsleistungen auf einen Betrag von rund 100.000 DM (51.130 EUR) zurückgeführt ist. Die Beklagte beabsichtigt, sich durch Zwangsvollstreckung aus dem Grundstück zu befriedigen. Dagegen hat die Klägerin Vollstreckungsabwehrklage mit der Begründung erhoben, es sei weder der Sicherungsfall eingetreten, noch valutiere die Grundschuld in voller Höhe. Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Auf die Berufung der Beklagten ist die Klage abgewiesen worden. Mit ihrer zugelassenen Revision erstrebt die Klägerin eine Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Entscheidungsgründe: Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg. I. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, die Klägerin mache gegen die Vollstreckung aus der Grundschuldurkunde schuldrechtliche Einwendungen geltend, die allein das Verhältnis zwischen den früheren Eigentümern und der Beklagten beträfen. Eine rechtsgeschäftliche Übertragung der Rechte aus der Sicherungsabrede scheide aus, da der Zuschlag im Wege der Teilungsversteigerung erfolgt sei. Ebensowenig habe die Klägerin als Ersteherin die persönliche Schuld nebst den Rechten aus der Sicherungsvereinbarung kraft Gesetzes erworben, da die Schuldner die Voraussetzungen des § 53 Abs. 2 ZVG nicht herbeigeführt hätten. Durch die seitens der Darlehensnehmer geleisteten Zahlungen sei keine Befreiung von der dinglichen Schuld erfolgt. Der Umstand, daß die persönliche Schuld teilweise erfüllt worden sei, gebe der Klägerin keine Einrede aus den §§ 1169, 1192 Abs. 1 BGB. Die Beklagte als Grundschuldgläubigerin könne weiterhin die Zahlung des Grundschuldbetrages aus dem Grundstück verlangen. II. Das hält der rechtlichen Nachprüfung in jeder Hinsicht stand. Der Ersteher eines Grundstücks in der Zwangsversteigerung, der aus einer bestehengebliebenen Grundschuld dinglich in Anspruch genommen wird, kann dem Grundschuldgläubiger grundsätzlich keine Einreden entgegensetzen, die sich aus dem zwischen dem früheren Eigentümer (Sicherungsgeber) und dem Gläubiger (Sicherungsnehmer) abgeschlossenen Sicherungsvertrag ergeben. 1. Bei der Teilungsversteigerung sind die Rechte der Beklagten als Grundschuldgläubigerin dadurch gewahrt worden, daß die Grundschuld bei der Feststellung des geringsten Gebots (§ 44 Abs. 1 ZVG) berücksichtigt und von der Klägerin als neuer Eigentümerin übernommen worden ist (§§ 182, 52 Abs. 1 ZVG). Die Klägerin hat ein belastetes Grundstück erworben, dafür aber ein entsprechend geringeres Bargebot nach § 49 Abs. 1 ZVG entrichtet; ein Teil des nach den Versteigerungsbedingungen zu erbringenden Kaufpreises ist durch den nominalen Grundschuldbetrag ersetzt worden. Da die Grundschuld bestehen geblieben ist, hat die Klägerin aus dem ihr zugeschlagenen Grundstück die Beklagte bei Fälligkeit der Grundschuld zu befriedigen. a) Im Verhältnis der Klägerin zur Beklagten ist allein die dingliche Schuld maßgebend. Wie das Berufungsgericht richtig erkannt hat, sind die Voraussetzungen des § 53 Abs. 2 ZVG nicht gegeben. Die zugleich persönlich haftenden Schuldner haben die gegen sie bestehende Forderung im Versteigerungstermin nicht angemeldet. Nur dann wäre auf die Klägerin auch die Darlehensschuld übergegangen; wegen der Abstraktheit der Grundschuld tritt die Schuldübernahme - anders als bei der forderungsabhängigen Hypothek gemäß § 53 Abs. 1 ZVG - nicht kraft Gesetzes ein. Bei der nicht akzessorischen Grundschuld müssen die Bieter rechtzeitig auf die vorhandenen Verbindlichkeiten hingewiesen werden; nur wenn dies geschieht, vermag sich der persönliche Schuldner, der sein Grundstückseigentum verliert, gegen eine weitere Inanspruchnahme zu schützen (vgl. BGHZ 133, 51, 55; BGHZ 56, 22, 24). b) Wird die Anmeldung unterlassen, kommt es zu einer Trennung zwischen dinglicher und persönlicher Schuld. Dann aber stehen auch die Rechte aus dem Sicherungsvertrag weiterhin dem Sicherungsgeber zu (Stöber, ZVG 17. Aufl. § 53 Rdn. 3.2). Entgegen der Auffassung der Revision ist weder von einer konkludenten rechtsgeschäftlichen Übertragung der Rechte durch den Sicherungsgeber auf den Ersteher auszugehen, noch der Sicherungsvertrag als Vertrag zugunsten des neuen Eigentümers i.S.d. § 328 Abs. 1 BGB auszulegen. Denn beides liefe ersichtlich den Interessen des persönlich haftenden Schuldners zuwider. Diesem müssen die Rechte aus dem Sicherungsvertrag erhalten bleiben, damit er nach seiner Inanspruchnahme wegen der gesicherten Forderung vom Sicherungsnehmer die Rückgewähr der Sicherheit fordern und im Falle der Abtretung der Grundschuld an ihn seinerseits vom Ersteher Befriedigung aus dem Grundstück verlangen kann. Ebensowenig kommt eine Erfüllungsübernahme durch den Ersteher (vgl. Olshausen, KTS 1993, 511, 533) in Betracht. Außerhalb der in der Bestimmung des § 53 Abs. 2 ZVG genannten Voraussetzungen verbietet es sich, dem Ersteher des Grundstücks - und sei es nur im Verhältnis zum früheren Eigentümer - neben der dinglichen zusätzlich eine persönliche Haftung aufzuerlegen. c) Mithin bleibt das dingliche Verhältnis der Klägerin zur Beklagten von der schuldrechtlichen Beziehung, die zwischen den persönlichen Schuldnern und der Beklagten besteht, unberührt. Die Klägerin kann keine Einreden geltend machen, die sich aus dem Sicherungsvertrag ableiten. Der Revision ist insbesondere nicht darin zu folgen, daß solche Einreden der Beklagten gemäß § 1157 BGB entgegengesetzt werden können. Dabei kann es dahingestellt bleiben, ob die Vorschrift über § 1192 Abs. 1 BGB auf die Grundschuld Anwendung findet (BGHZ 59, 1, 2; Palandt/Bassenge, BGB 62. Aufl. § 1157 Rdn. 4; kritisch Staudinger/Wolfsteiner, BGB 13. Bearb. [2002] § 1157 Rdn. 16 f.). Die Vorschrift regelt zugunsten des Eigentümers das Fortbestehen seiner Einreden gegen die Grundschuld bei einem Wechsel in der Person des Grundschuldgläubigers, während es hier zu einem Wechsel auf der Seite des Eigentümers gekommen ist (Staudinger/Wolfsteiner, aaO Rdn. 3 und Vorbem. zu §§ 1191 ff. Rdn. 196; RGRK-Mattern, BGB 12. Aufl. § 1157 Rdn. 3; grundsätzlich auch MünchKomm/Eickmann, BGB 3. Aufl. § 1157 Rdn. 5). Da schon eine vergleichbare Interessenlage nicht gegeben ist, scheidet auch eine entsprechende Heranziehung der Bestimmung aus. d) Der Klägerin ist es demnach versagt, sich auf den Nichteintritt des Sicherungsfalles zu berufen. Ob die Grundschuld als Sicherheit verwertet werden kann, betrifft ausschließlich das Verhältnis der Sicherungsnehmerin zu ihren Sicherungsgebern. Selbst wenn die Beklagte nach den mit diesen getroffenen Vereinbarungen nicht auf die Sicherheit zurückgreifen dürfte, weil die in der Sicherungsabrede festgelegten Voraussetzungen dafür nicht vorliegen, wäre sie gegenüber der Klägerin nicht gehindert, aufgrund ihrer Stellung als dinglicher Gläubigerin die Zahlung der Grundschuldsumme aus dem Grundstück zu verlangen. Daß die Beklagte das Darlehen nicht gekündigt hat und - da es vertragsgemäß bedient wird - auch nicht ohne weiteres kündigen könnte, ist unerheblich. Entscheidend ist, daß das Kapital der Grundschuld sowie Zinsen und Nebenleistungen ausweislich der Grundschuldbestellungsurkunde vom 14. November 1991 jederzeit fällig sind (§ 1193 Abs. 1, 2 BGB). Das genügt, um der Beklagten eine Inanspruchnahme der Klägerin zu ermöglichen. 2. Die Beklagte ist schließlich berechtigt, Befriedigung in Höhe der vollen Grundschuldsumme zu verlangen. Das Berufungsgericht brauchte keine abschließenden Feststellungen zu treffen, bis zu welchem Betrag die persönlichen Schuldner das Darlehen zurückgeführt haben. Denn die Zahlungen, die vor und nach Erteilung des Zuschlags im Teilungsversteigerungsverfahren an die Beklagte erbracht worden sind, haben sich auf den Bestand der dinglichen Schuld nicht ausgewirkt. a) Vollstreckt ein Gläubiger aus einer Grundschuld, die nicht mehr in vollem Umfang valutiert, ist er aus der Sicherungsabrede verpflichtet, den nach Deckung der gesicherten restlichen Forderung verbleibenden Übererlös, den er aus der Ablösung des Grundpfandrechts oder der zwangsweisen Verwertung des Grundstücks erzielt hat, an den Sicherungsgeber auszukehren (BGH, Urteil vom 11. Oktober 1995 - XII ZR 62/94 - NJW-RR 1996, 234 unter 1). Schon zuvor ist er gehalten, auf Verlangen des Sicherungsgebers die Grundschuld als Sicherheit zurückzugeben, soweit sie den noch valutierenden Teil übersteigt (BGHZ 108, 237, 244; BGHZ 106, 375, 378; BGH, Urteil vom 20. Dezember 2001 - IX ZR 419/98 - ZIP 2002, 407 unter B II 2 b aa). Dieser Rückgewähranspruch steht aber wiederum nicht der Klägerin zu. Es bleibt dabei, daß sie für den Zuschlag des Grundstücks neben der Entrichtung des Bargebots einen Gegenwert zu erbringen hat, der dem Nominalbetrag der Grundschuld entspricht, ohne ihrer dinglichen Inanspruchnahme eine Einwendung gemäß §§ 1169, 1192 Abs. 1 BGB entgegensetzen zu können. b) Entgegen dem Standpunkt der Revision ist die Klägerin aufgrund der durch die persönlichen Schuldner erbrachten Zahlungen nicht von ihrer dinglichen Haftung befreit worden. Soweit Zahlungen vor Erteilung des Zuschlages geleistet worden sind, waren persönliche und dingliche Schuldner identisch. Wird in diesen Fällen keine - hier nicht vorgetragene - abweichende Bestimmung getroffen, erfolgen die Zahlungen auf die persönliche Schuld, zumal die Beklagte zum damaligen Zeitpunkt aus der Fälligkeit der Grundschuld noch keine Rechte hergeleitet hatte (MünchKomm/Eickmann, aaO § 1191 BGB Rdn. 73; Soergel/Konzen, BGB 13. Aufl. § 1191 Rdn. 41; Staudinger/Wolfsteiner, aaO Vorbem. zu §§ 1191 ff. BGB Rdn. 107). Auf die Grundschuld selbst und ihren Bestand hatten die Zahlungen somit keinen Einfluß. Es ist lediglich der erwähnte schuldrechtliche Rückgewähranspruch entstanden, der ausschließlich in das zwischen Sicherungsgeber und Sicherungsnehmer bestehende Innenverhältnis gehört. Wie das Berufungsgericht richtig ausgeführt hat, ist die dingliche Haftung der Klägerin unbeschadet der auf die persönliche Schuld erfolgten Zahlungen unverändert gegeben. c) Soweit früheren Entscheidungen des - damals für das Grundpfandrecht zuständigen - V. Zivilsenats des Bundesgerichtshofes zu entnehmen ist, daß der persönliche Schuldner, der die Schuld ganz oder teilweise tilgt, gegen den Ersteher aus ungerechtfertigter Bereicherung vorgehen kann, weil dieser durch die Bezahlung der persönlichen Verbindlichkeit von seiner übernommenen dinglichen Haftung ohne Gegenleistung befreit werde und damit auf Kosten des Schuldners bereichert sei (BGHZ 56, 22, 24 f.; BGHZ 64, 170, 172; dagegen Staudinger/Wolfsteiner, aaO Rn. 196), hält der Senat daran nicht fest. Eine Befreiung des Erstehers von der dinglichen Haftung tritt nicht ein. Der IX. Zivilsenat, der sich der Meinung des V. Zivilsenats angeschlossen hatte (BGHZ 133, aaO; BGHZ 106, aaO; Urteil vom 17. Mai 1988 - IX ZR 5/87 - NJW-RR 1988, 1146 unter II 1; BGHZ 106, 375, 378), hat auf Anfrage mitgeteilt, gegen die geänderte Auffassung keine Bedenken zu haben. d) Die Zahlungen, die nach Erteilung des Zuschlages an die Beklagte geflossen sind, stammen zwar aus Mitteln der Klägerin, sind aber zur Entlastung der Schuldner auf dem bei der Beklagten geführten Darlehenskonto eingegangen und waren damit gleichfalls zur Rückführung der persönlichen Schuld bestimmt. Einer Anrechnung auf die - insgesamt und nicht nur in Teilleistungen - fällige Grundschuld hat die Beklagte ausdrücklich widersprochen; dazu war sie nach dem Gedanken des § 266 BGB berechtigt. |