Verhältnis von Irrtumsanfechtung nach § 119 II BGB zur kaufrechtlichen Gewährleistung (Anfechtung des Kaufvertrages über einen Gebrauchtwagen wegen Irrtums über das Baujahr) 

BGH, 7. Zivilsenat - VII ZR 202/76 - Urteil vom 26.10.78


Fundstellen:

BGHZ 72, 252 ff
NJW 1979, 160 ff
MDR 1979, 222 ff
BB 1979, 292 ff
JuS 1979, 663 ff
JR 1979, 153 ff
DB 1979, 253 ff
LM Nr. 3 zu § 818 Abs 4 BGB
LM Nr. 23 zu § 818 Abs 3 BGB


Leitsatz:

Der Käufer eines Kraftfahrzeugs, der den Kaufvertrag wegen Irrtums erfolgreich angefochten hat, kann grundsätzlich den vollen Kaufpreis vom Verkäufer zurückverlangen, auch wenn er das Kraftfahrzeug nur in entwertetem Zustand herausgeben kann, vorausgesetzt, daß die Entwertung erst nach Rechtshängigkeit des Rückgewähranspruchs eingetreten ist (im Anschluß an BGHZ 57, 137).



Zentralprobleme des Falles:

Eine Irrtumsanfechtung nach § 119 II BGB durch den Käufer ist nach zutreffender h.M. an sich ausgeschlossen, wenn sich der Irrtum auf eine Eigenschaft bezieht, die zugleich einen Sachmangel oder eine zusicherungsfähige Eigenschaft i.S.v. § 459 I, II BGB betrifft. Die §§ 459 ff BGB werden insoweit als abschließende Sonderregelungen aufgefaßt. Der Käufer soll sich durch die Irrtumsanfechtung nicht Normen wie insbesondere § 460 BGB und § 477 BGB, aber auch nicht den Wirkungen eines vereinbarten Gewährtleistungsausschlusses entziehen können. Davon geht auch die vorliegende, in der Lit. zu Recht stark kritisierte Entscheidung aus. Sie "umgeht" das Konkurrenzverhältnis nur dadurch, daß sie dem Alter eines Gebrauchtwagens die Eigenschaft als Sachmangel oder zusicherungsfähige Eigenschaft abspricht, gleichzeitig aber als verkehrswesentliche Eigenschaft i.S.v. § 119 II BGB einstuft (was m.E. höchst widersprüchlich ist!).



Tatbestand

Der Kläger kaufte am 28. November 1972 vom Beklagten zu 1, dem Sohn des Beklagten zu 2, dessen gebrauchten Pkw Mercedes 250 S, Baujahr 1966, zum Preise von 10.000 DM. In dem Kaufvertrag, der Angaben über das Baujahr nicht enthielt, heißt es, der Wagen werde verkauft  "gebraucht, wie besichtigt und unter Ausschluß jeder Gewährleistung, insbesondere bezüglich des Kilometerstandes ... ". Die Fahrzeugpapiere erhielt der Kläger bei Übergabe des Wagens am 1. Dezember 1972. Den Kaufpreis hatte er schon vorher bezahlt.
Durch Schreiben vom 13. Dezember 1972 focht der Kläger den Vertrag wegen arglistiger Täuschung an, weil ihm der Beklagte zu 1 vorgespiegelt habe, daß der Wagen aus dem Baujahr 1970 stamme. Einen älteren Wagen könne er nicht gebrauchen, da er ihn in die Türkei habe einführen wollen. Nach türkischem Recht darf niemand ein Fahrzeug in die Türkei einführen, das im Zeitpunkt des Erwerbs älter als drei Jahre ist.

Der Beklagte zu 1 weigerte sich, den Wagen zurückzunehmen. Der Kläger stellte das Fahrzeug daraufhin im Freien ab und bedeckte es mit einer Plane. Er erhob am 4. April 1973 Klage auf Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Herausgabe des Wagens.

Das Landgericht hat der Klage gegen den Beklagten zu 1 stattgegeben und sie abgewiesen, soweit sie gegen den Beklagten zu 2 gerichtet war. Dagegen haben der Kläger und der Beklagte zu 1 Berufung eingelegt. Durch Zwischenvergleich vom 5. Februar 1975 sind die Parteien überein gekommen, den Wagen, den der Kläger inzwischen nicht wieder gefahren hatte, zu verkaufen. Der Kläger veräußerte das Fahrzeug sodann für 1.100 DM. Diesen Betrag will er auf Kreditkosten in Höhe von 1.250 DM verrechnen, die er für ein Darlehen zum Kauf des Wagens aufgewandt hat. Um die restlichen Kreditkosten hat er die Klage erweitert und im zweiten Rechtszug von beiden Beklagten als Gesamtschuldner Zahlung von 10.150 DM nebst Zinsen verlangt.

Das Oberlandesgericht hat den Beklagten zu 1 verurteilt, an den Kläger 9.900 DM nebst Zinsen zu zahlen, und im übrigen die Berufungen zurückgewiesen. Mit der - zugelassenen - Revision, die der Kläger zurückzuweisen bittet, erstrebt der Beklagte zu 1 (künftig: der Beklagte) die volle Abweisung der Klage.

Entscheidungsgründe

I.

Das Berufungsgericht hat sich - wie schon das Landgericht - nicht davon überzeugen können, daß der Kläger arglistig getäuscht worden sei. Zwar sei erwiesen, daß er nach dem Baujahr des Wagens gefragt habe. Es sei aber nicht auszuschließen, daß die Parteien sich mißverstanden hätten. Jedenfalls habe der Kläger irrtümlich angenommen, es handele sich um einen Wagen des Baujahres 1970. Die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung sei deshalb in eine solche wegen Irrtums über eine Eigenschaft des Wagens umzudeuten, die im Verkehr als wesentlich angesehen werde. Mit dieser Begründung sei die Anfechtung wirksam.

Dagegen wendet sich die Revision ohne Erfolg.

1. Das Berufungsgericht war aus Rechtsgründen nicht gehindert, im Schreiben des Klägers vom 13. Dezember 1972 eine Anfechtung wegen Irrtums über eine verkehrswesentliche Eigenschaft (§ 119 Abs 2 BGB) zu sehen, obwohl dort nur von arglistiger Täuschung die Rede war.

Eine auf arglistige Täuschung gestützte Anfechtung enthält zugleich die Behauptung eines Irrtums über diejenige Tatsache, über die der Anfechtende getäuscht worden sein will. Sie kann deshalb die Irrtumsanfechtung in sich schließen (BGHZ 34, 32, 38/40 mit weiteren Nachweisen). Ob eine Anfechtungserklärung wegen arglistiger Täuschung so verstanden werden kann, ist durch Auslegung zu ermitteln (BGHZ 34, 32, 38/39; Krüger-Nieland in BGB-RGRK, 12. Aufl, § 119 Rn 83).

Das Berufungsurteil läßt insoweit keinen Rechtsfehler erkennen. Dabei ist nicht entscheidend, ob und wann sich der Kläger im Prozeß auf den Irrtum berufen hat. Das Oberlandesgericht durfte maßgeblich darauf abheben, daß der Kläger in der Anfechtungserklärung zum Ausdruck brachte, er wolle wegen des Alters des Wagens den Kaufvertrag in jedem Falle rückgängig machen.
2. Der Kläger ist auch nicht anderweitig daran gehindert, den Vertrag wegen Irrtums über das Alter des Wagens anzufechten.

a) So ist allgemein anerkannt, daß die kaufrechtlichen Gewährleistungsvorschriften (§§ 459 ff BGB) die Anfechtung nur wegen eines Irrtums über solche Eigenschaften der Kaufsache ausschließen, welche Gewährleistungsansprüche begründen können (BGHZ 16, 54, 57; 34, 32, 34; 63, 369, 376 jeweils mit weiteren Nachweisen). Das ist beim Alter eines Wagens nicht der Fall, solange dadurch die Eignung des Fahrzeugs zum gewöhnlichen oder vertraglich vorausgesetzten Gebrauch nicht eingeschränkt wird (vgl RG LZ 1929, 547, 548 für ein Schiff; OLG Frankfurt, OLGZ 1970, 409, 413). Darum geht es hier.

b) Auch der von den Parteien vereinbarte formularmäßige Gewährleistungsausschluß steht der Anfechtung wegen Eigenschaftsirrtums nicht entgegen.

Ob mit der Freizeichnung von jeglicher Gewährleistung auch die Anfechtung wegen Irrtums über verkehrswesentliche Eigenschaften ausgeschlossen wird, ist vom Bundesgerichtshof nicht einheitlich beurteilt worden. So hat der VIII. Zivilsenat einen solchen gleichzeitigen Ausschluß der Irrtumsanfechtung im Falle eines Gebrauchtwagenkaufs angenommen, in dem der Kaufvertrag wegen Irrtums über den wahren Kilometerstand und über einen Unfallschaden des Fahrzeugs angefochten war (BGH Urteil vom 19. Dezember 1966 - VIII ZR 123/64 = BB 1967, 96 mit Nachweisen aus der Rechtsprechung des Reichsgerichts). Demgegenüber hat der V. Zivilsenat das für den Kauf eines Hausgrundstücks verneint, weil derartige Freizeichnungsklauseln eng und nicht über ihren eindeutigen Wortlaut hinaus auszulegen seien (BGH Urteil vom 26. Januar 1962 - V ZR 168/60 = WM 1962, 511, 512).

Die Frage braucht hier nicht abschließend behandelt zu werden. Auch wenn man der Ansicht des VIII. Zivilsenats für den Bereich des Gebrauchtwagenhandels grundsätzlich folgt, gilt für das Baujahr eines Kraftfahrzeugs etwas anderes. Denn beim Baujahr bestehen nicht die typischen Unsicherheiten, die es verständlich erscheinen lassen, daß der Verkäufer eines Gebrauchtwagens bestrebt ist, jegliche Gewährleistung für Sachmängel und dann insoweit auch die Anfechtung wegen Irrtums auszuschließen. Die umfassende Freizeichnung im Gebrauchtwagenhandel findet ihren Sinn darin, daß der Zustand von gebrauchten Kraftfahrzeugen stark von der bisherigen Benutzung, Fahrweise und Pflege abhängt, so daß der Verkäufer Mängel oft nur schwer erkennen kann, zumal er, wenn er Händler ist, insoweit wesentlich auf die Angaben seines Lieferanten angewiesen ist (vgl BGH NJW 1966, 1070; 1970, 29, 31; 1978, 261 mit weiteren Nachweisen). Das alles mag nicht nur für Mängel, sondern auch für gewisse andere Eigenschaften eines Wagens gelten. Für das Baujahr des Fahrzeugs trifft das aber nicht zu. Es ist dem Verkäufer entweder bekannt oder er kann es zumindest leicht und zuverlässig feststellen. Der redliche Verkäufer wird es ohnehin ausweisen. Deshalb braucht er vor den Folgen eines Irrtums allein über das Baujahr nicht geschützt zu werden. Dann aber ist es nicht geboten, den vereinbarten Gewährleistungsausschluß über seinen Wortlaut hinaus dahin auszulegen, daß er auch die Anfechtung wegen Irrtums über das Herstellungsjahr selbst dann ausschließe, wenn sich der Irrtum nicht in einem Sachmangel am Fahrzeug auswirkt. So ist es hier.
 

3. Zu Recht hat das Berufungsgericht angenommen, daß das Alter eines Gebrauchtwagens (sein Baujahr) eine vom Verkehr als wesentlich angesehene Eigenschaft ist (§ 119 Abs 2 BGB).

a) Als verkehrswesentliche Eigenschaft einer Sache im Sinne dieser Vorschrift kommen alle tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse in Betracht, die infolge ihrer Beschaffenheit und Dauer auf die Brauchbarkeit und den Wert der Sache von Einfluß sind (BGHZ 16, 54, 57; 34, 32, 41 mit Nachweisen). Die Wertschätzung eines Kraftfahrzeugs, jedenfalls eines Gebrauchtwagens, hängt wesentlich von seinem Alter ab (vgl dazu OLG Frankfurt OLGZ 1970, 409, 413). Wer einen solchen Wagen kauft, hat in aller Regel eine bestimmte Vorstellung von dessen Alter. Daß sich der Kläger hier über das Baujahr des ihm vom Beklagten verkauften Mercedes geirrt hat, ist vom Berufungsgericht rechtsfehlerfrei festgestellt worden.

b) Mehr war nicht erforderlich. Der Kläger brauchte nicht etwa seine Vorstellung vom Alter des Wagens zum Inhalt seiner Erklärungen zu machen. Inwieweit die Umstände, die verkehrswesentliche Eigenschaften einer Sache begründen können, für den anderen Teil erkennbar dem Vertragsschluß zugrunde gelegt sein müssen (vgl hierzu BGHZ 16, 54, 57; BGH, Urteil vom 11. Juli 1968 - IX ZB 218/66 = RzW 1969, 94, 95; zum Meinungsstand Krüger-Nieland aaO § 119 Rn 32, 33), braucht nicht näher erörtert zu werden. Versteht es sich - wie hier - von selbst, daß das Alter des Wagens von entscheidender Bedeutung für den Kaufentschluß war und daß deshalb der Käufer von einem bestimmten Alter ausging, so braucht der genaue Inhalt dieser Vorstellung nicht zum Ausdruck gebracht zu werden.

c) Die Feststellung des Berufungsgerichts, daß der Kläger die Anfechtung rechtzeitig, nämlich ohne schuldhaftes Zögern nach der Entdeckung des Irrtums, erklärt hat (§ 121 Abs 1 BGB), wird von der Revision nicht angegriffen. Sie ist auch nicht zu beanstanden.

II.

Das Berufungsgericht erkennt dem Kläger den Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises abzüglich des durch den Verkauf des Wagens erzielten Erlöses von 1.100 DM aus ungerechtfertigter Bereicherung (§ 812 Abs 1 BGB) zu. Den Wertverlust des Fahrzeugs bis zur Weiterveräußerung habe der Beklagte zu tragen. Bis zur Erhebung der Klage sei eine rechtserhebliche Verschlechterung des Wagens nicht eingetreten. Auf den Wertverlust nach Rechtshängigkeit könne sich der Beklagte aber nicht berufen (§ 818 Abs 4 BGB).

Auch das hält den Revisionsangriffen stand.

1. Wird ein gegenseitiger Vertrag angefochten, so haben die Vertragspartner die empfangenen Leistungen zurückzugeben, soweit sie dadurch bereichert sind. Ob eine Bereicherung vorhanden ist, muß unter Berücksichtigung der Gegenleistung beurteilt werden. An einer Bereicherung kann es namentlich dann fehlen, wenn eine der Leistungen untergegangen ist oder an Wert verloren hat. Nach der Saldotheorie ist dann nicht nur der Empfänger der untergegangenen oder entwerteten Leistung in dem entsprechenden Umfang nicht mehr bereichert; er kann auch diesen Verlust nicht auf den anderen Teil überwälzen und von diesem die dort noch vorhandene Gegenleistung herausverlangen, obwohl er selbst nichts mehr zu bieten hat (BGHZ 53, 144, 145 mit weiteren Nachweisen; 57, 137, 147/148).

Eine Ausnahme von diesem Grundsatz hat der Senat in Fällen anerkannt, in denen der Wagen beim arglistig getäuschten Käufer vor der Anfechtung durch einen Unfall entwertet worden ist. Dabei hat er maßgeblich auf die Regelung der §§ 819 Abs 1, 818 Abs 4 BGB abgestellt, wonach der Bereicherungsschuldner sich auf einen Wegfall der Bereicherung nach Kenntnis vom Fehlen des Rechtsgrunds oder nach Rechtshängigkeit nicht mehr berufen kann (BGHZ 57, 137, 150). Nach Eintritt der verschärften Haftung ist auch sonst grundsätzlich der Wegfall oder die Minderung der Bereicherung gemäß § 818 Abs 3 BGB nicht mehr möglich (BGHZ 55, 128, 132 mit weiteren Nachweisen; vgl auch Heimann-Trosien in BGB-RGRK 12. Aufl § 812 Rn 65, § 818 Rn 23, 46).

2. Hier ist es ebenso. Der Kläger hatte noch bei Eintritt der Rechtshängigkeit Anspruch auf Rückzahlung des vollen Kaufpreises Zug um Zug gegen Rückgabe des Wagens. Nach den rechtsfehlerfreien Feststellungen des Berufungsgerichts war bis zur Klageerhebung der Wert des Fahrzeugs nur unerheblich gesunken. Der Wagen verschlechterte sich erst nach Rechtshängigkeit. Das geht zu Lasten des Beklagten. Daß sein Verlust nicht auf dem Wegfall der von ihm empfangenen Leistung, sondern auf der Verschlechterung der von ihm erbrachten Gegenleistung beruht, ist dabei ohne Bedeutung.

a) Nach der Rechtsprechung des Reichsgerichts handelt es sich allerdings bei der Frage der Anrechnung der Gegenleistung nicht um den Wegfall der Bereicherung, sondern darum, ob überhaupt und in welchem Umfang eine Bereicherung eingetreten sei (RGZ 139, 208, 213). Dem ist ein Teil des Schrifttums gefolgt (vgl etwa Erman/Westermann, 6. Aufl, § 818 BGB Rn 50; Esser, Schuldrecht Besonderer Teil, 4. Aufl, § 105 III 2a; Larenz, Schuldrecht Besonderer Teil, 11. Aufl, § 70 III S 518; Kühne JR 1972, 112, 113; Honsell NJW 1973, 350, 351).

Demgegenüber hat der Senat die Auffassung vertreten, der Verkäufer sei nicht mehr als bereichert anzusehen, soweit ihm der Käufer bei der Rückabwicklung die Sache nicht in ihrem ursprünglichen Zustand bieten könne (BGHZ 57, 137, 150; so auch Heimann-Trosien aaO; Huber JuS 1972, 439, 443). Im Falle des § 819 Abs 1 BGB könne sich der Schuldner auf diesen Wegfall der Bereicherung aber nicht berufen.

b) Daran ist festzuhalten. Es gilt erst recht für Verschlechterungen und den Untergang der Gegenleistung nach Rechtshängigkeit (§ 818 Abs 4 BGB).
Nach den §§ 812, 818 Abs 2 BGB hat der Bereicherungsschuldner das Erlangte oder seinen Wert herauszugeben. Erst § 818 Abs 3 BGB beschränkt diese Verpflichtung auf den Umfang der Bereicherung. Bei gegenseitigen Verträgen heißt das, daß der Schuldner die erlangte Leistung nur Zug um Zug gegen seine volle Gegenleistung herauszugeben braucht. Dabei handelt es sich um einen einheitlichen Bereicherungsanspruch (BGH NJW 1963, 1870; 1973, 613, 615). Leistung und Gegenleistung bleiben durch das von den Parteien ursprünglich gewollte Austauschverhältnis (Synallagma) auch bei der
bereicherungsrechtlichen Abwicklung miteinander verknüpft (BGHZ 57, 137, 150).
Es ist deshalb nur folgerichtig, daß sich der Eintritt der verschärften Haftung des § 818 Abs 4 BGB nicht nur auf die empfangene Leistung, sondern in gleichem Maße auf die darauf anzurechnende Gegenleistung auswirkt. Das bedeutet, daß es einen Wegfall der Bereicherung oder ihre Verminderung nun grundsätzlich nicht mehr gibt, gleichviel ob die vom Bereicherungsschuldner empfangene Leistung oder die von ihm erbrachte Gegenleistung an Wert verliert. Denn der Bereicherungsschuldner haftet jetzt nach allgemeinen Vorschriften, also ohne die Vergünstigung des § 818 Abs 3 BGB. Der aus Leistung und Gegenleistung abgeleitete einheitliche Bereicherungsanspruch behält den Umfang, den er bei Eintritt der Rechtshängigkeit hatte. War zu diesem Zeitpunkt - wie im vorliegenden Fall - die Leistung bzw ihr Wert noch voll im Vermögen des Schuldners und war auch die Gegenleistung in ihrem Wert unangetastet, dann liegt damit der Bereicherungsanspruch seinem Umfang nach fest. Ein Wertverlust, wo immer er eintritt, kann die Bereicherung nicht mehr schmälern.

c) Dieses Ergebnis ist auch allein interessengerecht. Mit der Rechtshängigkeit wird die endgültige Rückabwicklung des nichtigen Vertrags eingeleitet. Dem Bereicherungsschuldner wird klar vor Augen geführt, was von ihm verlangt wird. Widersetzt er sich dem zu Unrecht, so muß er das mit seiner ablehnenden Haltung verbundene Risiko tragen. Dieses Risiko bezieht sich auch auf den Umfang der bei Rechtshängigkeit vorhandenen Bereicherung und umfaßt damit die Gefahr etwaiger künftiger Wertminderung von Leistung und Gegenleistung. Denn der Bereicherungsschuldner hat es selbst in der Hand, den Wert der von ihm erbrachten Gegenleistung zu erhalten, indem er den auf Zug um Zug gegen Rückgabe der Gegenleistung gerichteten Bereicherungsanspruch auf Herausgabe der selbst empfangenen Leistung sofort erfüllt. Tut er das nicht, sondern läßt er es auf eine Verurteilung ankommen, dann ist es billig, wenn er die nach Eintritt der Rechtshängigkeit entstehenden Wertverluste trägt. Vom Empfänger der Gegenleistung kann billigerweise nicht mehr erwartet werden, als daß er sie ihm anbietet.
 

d) Eine anderweitige Verteilung der entstandenen Einbußen käme nur in Betracht, soweit die Grundsätze von Treu und Glauben nach § 242 BGB das erfordern (vgl BGHZ 57, 137, 152). Diese Grundsätze sind auch hier anwendbar. Sie führen im vorliegenden Falle aber nicht zu einer Mitverantwortlichkeit des Klägers. Er verstößt mit der Rückforderung des vollen Kaufpreises nicht gegen Treu und Glauben, wie das Berufungsgericht rechtsirrtumsfrei annimmt. Der Kläger hat die Verschlechterung des Fahrzeugs nicht zu vertreten. Ihm fällt allenfalls leichte Fahrlässigkeit wegen unsachgemäßer Wartung zur Last. Dafür hat er nicht einzustehen, da der Beklagte sich wegen seiner Weigerung, den Wagen zurückzunehmen, in Annahmeverzug befand (§ 300 Abs 1 BGB).
3. Auf den Kaufpreis von 10.000 DM braucht sich der Kläger lediglich den bei der Veräußerung des Wagens erzielten Erlös von 1.100 DM anrechnen zu lassen. Allerdings war der Kläger nach dem Zwischenvergleich vom 5. Februar 1975 nicht berechtigt, den Wagen ohne Zustimmung des Beklagten zu veräußern. Der Beklagte hat behauptet, er habe den Verkauf zum Preise von 1.100 DM nicht gebilligt.
Daraus kann die Revision aber nichts herleiten. Denn daß der Kläger den Wagen unter Wert veräußert hätte, hat der Beklagte nie behauptet. Nur dann könnte ihm ein Nachteil daraus entstanden sein, daß ihn der Kläger von dem beabsichtigten Verkauf nicht in Kenntnis gesetzt hat.

4. Weitere Abstriche, etwa solche, die sich aufgrund einer Schadensersatzpflicht des Klägers aus § 122 Abs 1 BGB ergeben könnten, hat das Berufungsgericht zu Recht nicht vorgenommen. Die Revision kann nicht nachweisen, daß der Beklagte in den Vorinstanzen einen Anspruch auf Ersatz seines Vertrauensschadens zur Aufrechnung gestellt hätte. Er hat insoweit überhaupt keinen Schadensersatz verlangt. Im übrigen hat er, da die Anfechtung des Klägers wegen arglistiger Täuschung die Anfechtung wegen Irrtums über eine verkehrswesentliche Eigenschaft mitumfaßte, seit Zugang des Anfechtungsschreibens nicht mehr auf die Gültigkeit des Kaufvertrags vertrauen dürfen.

III.

Das Berufungsgericht hat dem Kläger ferner Ersatz der Zinsen in Höhe von 1.000 DM zugebilligt, die er für das zum Erwerb des Wagens aufgenommene Darlehen zahlen mußte, nachdem der Beklagte dem Rückzahlungsverlangen im Anfechtungsschreiben vom 13. Dezember 1972 nicht nachgekommen war. Durch dieses Schreiben sei der Beklagte in Verzug geraten. Deshalb müsse er dem Kläger die Zinsen ersetzen mit Ausnahme von 50 DM für den ersten Monat der Laufzeit des Darlehens, die unabhängig vom Verzug angefallen seien.
Der dagegen gerichtete Angriff der Revision hat teilweise Erfolg.
1. Allerdings ist der Beklagte durch die Mahnung vom 13. Dezember 1972 mit Ablauf der bis zum 20. Dezember 1972 gesetzten Frist in Verzug geraten. Nach der verfahrensfehlerfrei getroffenen Feststellung des Berufungsgerichts hat der Beklagte nicht bewiesen, daß die von ihm geforderte Leistung infolge eines Umstands unterblieben ist, den er nicht zu vertreten hat.

2. Auch im Falle des Verzugs ist der Bereicherungsschuldner für Verzögerungsschäden aber nur ersatzpflichtig, soweit sie nach Eintritt der Rechtshängigkeit entstehen. Das folgt aus § 818 Abs 4 BGB, wonach der redliche Schuldner erst ab Rechtshängigkeit nach den allgemeinen Vorschriften - und damit auch nach § 286 BGB - haftet (RGZ 93, 271, 272; 110, 430, 435; allgemeine Meinung vgl zB Heimann-Trosien aaO § 818 Rn 49).
Die Ersatzpflicht des Beklagten für Kreditkosten kam also erst seit dem 4. April 1973 und nicht, wie das Berufungsgericht annimmt, schon ab Januar 1973 in Betracht.

3. Für die verbleibende Laufzeit von 16 Monaten hätte der Kläger bei Rückzahlung des restlichen Darlehens im Zeitpunkt der Rechtshängigkeit eine Zinsrückvergütung erhalten. Sie ist ihm durch den Verzug des Beklagten entgangen.

Die Höhe dieser Zinsersparnis läßt sich entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nun aber nicht dadurch ermitteln, daß der gesamte Zinsbetrag durch die Anzahl der Laufzeitmonate geteilt und für jeden Monat ein entsprechender Anteil angerechnet wird. Denn während der ersten Monate der Laufzeit fallen höhere Zinsen an als zum Schluß, da das zu verzinsende Kapital am Anfang höher ist. Daß die insgesamt entstehenden Zinsen bei der Rückzahlung des Darlehens auf die einzelnen Raten gleichmäßig verteilt werden, spielt dabei keine Rolle.

IV.

Soweit die Revision Erfolg hat, ist das angefochtene Urteil aufzuheben; der Senat kann in der Sache selbst entscheiden, da weitere Feststellungen nicht zu treffen sind (§ 565 Abs 3 Nr 1 ZPO).



<- Zurück mit dem "Back"-Button Ihres Browsers!