BGH NJW 1984, 1175 ff = BGHZ 89, 369: Schwarzarbeit als Nichtigkeitsgrund?



Ein Werkvertrag, durch den lediglich der Unternehmer gegen das Gesetz zur Bekämpfung der Schwarzarbeit verstößt, ist jedenfalls dann nicht gem. § 134 BGB ungültig, wenn der Besteller den Gesetzesverstoß des Vertragspartners nicht kennt (im Anschluß an BGHZ 85, 39 = NJW 1983, 109).


Zum Sachverhalt:

Der Kl. beabsichtigte, auf seinem Grundstück ein Mehrfamilienhaus zu errichten. Im Jahre 1978 begann der Bekl. zu 2 mit der Bauausführung. Der Zahlungsverkehr wurde über das Konto seiner Ehefrau, der Bekl. zu 1, abgewickelt. Nachdem der Kl. bereits einen Betrag von mehr als 223000 DM entrichtet hatte, stellte der Bekl. zu 2 Anfang 1979 die Arbeiten ein; er verweigerte auch die Beseitigung aufgetretener Mängel. Der Kl. beauftragte daraufhin andere Unternehmer mit der Nachbesserung und der Fertigstellung des Bauwerks. Vor dem LG hat er einen Teil der dadurch entstandenen Aufwendungen sowie die Kosten eines zur Feststellung der Mängel eingeholten Gutachtens eingeklagt. Er hat vorgetragen, beide Bekl. hätten sich auf der Grundlage der VOB/B verpflichtet, das Haus zu einem Festpreis von 230000 DM schlüsselfertig zu errichten. Später hätten sie jedoch eine erhebliche Erhöhung des Festpreises verlangt, womit er - der Kl. - nicht einverstanden gewesen sei. Nach Einstellung der Bauarbeiten habe er dann zufällig erfahren, daß die Bekl. - unstreitig - weder in der Handwerksrolle eingetragen seien noch eine Gewerbeerlaubnis besäßen. Dagegen haben die Bekl. einen Vertragsabschluß des vom Kl. behaupteten Inhalts geleugnet. Der Bekl. zu 2 habe es lediglich übernommen, im Namen des Kl. weitere Arbeitskräfte zu beschaffen, Drittfirmen zu beauftragen, das Material zu bestellen und die Baugelder zu verwalten. Zu diesem Zweck habe die Bekl. zu 1, die ansonsten nicht an den Vereinbarungen beteiligt gewesen sei, ihr Konto zur Verfügung gestellt.
Das LG hat die Klage dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt. Auf die Berufung der Bekl. hat das OLG die Klage gegen die Bekl. zu 1 abgewiesen und die Zahlungspflicht des Bekl. zu 2 auf den Ersatz des negativen Interesses begrenzt. Der Senat hat die Revision nur insoweit angenommen, als das OLG der Berufung des Bekl. zu 2 stattgegeben hat; hinsichtlich der Klageabweisung gegen die Bekl. zu 1 ist die Revision nicht angenommen worden. Die Revision hatte Erfolg.

Aus den Gründen:

Das BerGer. geht aufgrund nicht zu beanstandender tatrichterlicher Beweiswürdigung davon aus, daß zwischen dem Kl. und dem Bekl. zu 2 ein Werkvertrag über die Errichtung eines Mehrfamilienhauses zum Preis von 230000 DM zustande gekommen sei.
Es ist jedoch der Auffassung, dieser Vertrag verstoße gegen das Gesetz zur Bekämpfung der Schwarzarbeit (SchwArbG) vom 30. 3. 1957 i. d. F. vom 31. 5. 1974 (BGBl I, 1252). Der aus Gewinnsucht handelnde Bekl. zu 2 habe die Tätigkeit eines Bauunternehmers ausgeübt, ohne in die Handwerksrolle eingetragen zu sein (§ 1 I Nr. 3 SchwArbG). Der Vertrag sei deshalb gem. § 134 BGB nichtig; aus ihm könnten weder Erfüllungs- noch Gewährleistungsansprüche hergeleitet werden. Daran ändere sich auch dadurch nichts, daß dem Kl. das verbotswidrige Verhalten des Bekl. zu 2 unbekannt gewesen sei. Für solche Fälle gewähre das Gesetz in §§ 307, 309 BGB nur einen Anspruch auf Ersatz des Vertrauensschadens (sog. negatives Interesse).
Das hält den Angriffen der Revision nicht stand.
I. Wie der Senat erst kürzlich entschieden hat, ist ein Werkvertrag mit einem gewerblichen Bauhandwerker nicht schon deshalb gem. § 134 BGB i. V. mit § 1 HandwO ungültig, weil der Unternehmer - unter Verletzung der Handwerksordnung - nicht in die Handwerksrolle eingetragen ist (NJW 1984, 230 = WM 1983, 1315), zum Abdruck in BGHZ bestimmt). Entgegen der Ansicht des BerGer. folgt die Nichtigkeit des vorliegenden Vertrages aber auch nicht aus einem etwaigen Verstoß des Bekl. zu 2 gegen das Gesetz zur Bekämpfung der Schwarzarbeit (in der hier maßgebenden Fassung vom 31. 5. 1974).
1. Die Frage, ob verbotswidrige Rechtsgeschäfte nach § 134 BGB nichtig sind, ist aus Sinn und Zweck der jeweiligen Verbotsvorschrift zu beantworten. Entscheidend ist, ob das Gesetz sich nicht nur gegen den Abschluß des Rechtsgeschäfts wendet, sondern darüber hinaus gegen seine privatrechtliche Wirksamkeit und damit gegen seinen wirtschaftlichen Erfolg (vgl. BGHZ 53, 152 (156 f.) = NJW 1970, 609; BGHZ 78, 269 (271) = NJW 1981, 387; BGH, NJW 1968, 2286; 1981, 1204  (1205 ); LM § 134 BGB Nr. 34 = WM 1960, 1417 (1418)). Dabei gibt eine für alle Beteiligten geltende Straf- oder Bußgeldandrohung einen gewichtigen Hinweis darauf, daß die Rechtsordnung verbotswidrigen Verträgen die Wirksamkeit versagen will (BGHZ 37, 363 (365) = NJW 1962, 1671; BGHZ 85, 39 (44) = NJW 1983, 109). In seinem grundlegenden Urteil vom 23. 9. 1982 (BGHZ 85, 39 = NJW 1983, 109) hat der Senat  demgemäß ausgeführt, das Gesetz zur Bekämpfung der Schwarzarbeit wolle den Leistungsaustausch zwischen dem Auftraggeber und dem nicht in der Handwerksrolle eingetragenen Gewerbetreibenden allgemein verhindern und die Schwarzarbeit schlechthin verbieten. Aus dieser Zielrichtung und der sowohl für den Auftragnehmer als auch für den Auftraggeber vorgesehenen Geldbuße (§§ 1 und 2 SchwArbG) sei zu entnehmen, daß zumindest Verträge, durch die beide Vertragspartner gegen das Gesetz zur Bekämpfung der Schwarzarbeit verstießen, gem. § 134 BGB nichtig seien (BGHZ 85, 39 (43, 44) = NJW 1983, 109 m. Nachw.).
2. Hier ist jedoch nach den rechtsfehlerfreien Feststellungen des BerGer. davon auszugehen, daß sich der Kl. als Bauherr nicht rechtswidrig verhalten und von dem Gesetzesverstoß des Bekl. zu 2 keine Kenntnis gehabt hat. In einem derartigen Fall ist es nicht gerechtfertigt, dem Werkvertrag die Wirksamkeit zu versagen.
a) Das BerGer. meint, der Gesetzgeber habe durch §§ 307, 309 BGB zu verstehen gegeben, daß auch ein einseitiger Verstoß gegen ein Verbotsgesetz zur Rechtsfolge der Nichtigkeit führen solle und sich der benachteiligte Vertragspartner mit dem Ersatz seines Vertrauensschadens begnügen müsse. Diese Auffassung übersieht, daß §§ 307, 309 BGB lediglich die Folgen der Vertragsnichtigkeit regeln. Deren Voraussetzungen bestimmen sich dagegen allein nach § 134 BGB in Verbindung mit dem jeweiligen Verbotsgesetz (vgl. Ballhaus, in: RGRK, 12. Aufl., § 309 Rdnr. 1).
b) Der BGH hat bereits wiederholt hervorgehoben, daß Verträge, durch deren Abschluß nur eine der Vertragsparteien ein gesetzliches Verbot verletzt, in der Regel gültig sind (BGHZ 46, 24 (26) = NJW 1966, 1507; BGHZ 71, 358 (360) = NJW 1978, 1970; BGH, NJW 1968, 2286; 1981, 1204  (1205)). In besonderen Fällen kann sich die Unwirksamkeit allerdings auch aus einer einseitigen Gesetzesübertretung ergeben, falls nämlich der Zweck des Verbotsgesetzes anders nicht zu erreichen ist und die rechtsgeschäftlich getroffene Regelung nicht hingenommen werden darf (BGHZ 37, 258 (262) = NJW 1962, 1671; BGHZ 53, 152 (157) = NJW 1970, 609; BGHZ 65, 368 (370) = NJW 1976, 415; BGHZ 78, 263 (265) = NJW 1981, 399; BGHZ 78, 269 (271) = NJW 1981, 387). Eine solche Ausnahme liegt etwa vor, wenn gerade der angestrebte  Schutz des Vertragsgegners die Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts erfordert (BGH, NJW 1979, 2092 m. Nachw.) oder wenn der Erfüllungsanspruch auf eine unerlaubte Tätigkeit gerichtet ist (BGHZ 37, 258 (262) = NJW 1962, 2010; BGHZ 53, 152 (159) = NJW 1970, 609). Reicht es dagegen aus, dem gesetzlichen Verbot durch verwaltungs- bzw. strafrechtliche Maßnahmen Nachdruck zu verleihen, so hat die zivilrechtliche Sanktion der Nichtigkeit daneben keinen Platz (BGHZ 46, 24 (27) = NJW 1966, 1507; BGHZ 78, 263 (266) = NJW 1981, 399).
c) Unter Fortführung dieser Rechtsprechung sind auch Verträge, durch die der Auftragnehmer ohne Wissen des Auftraggebers einseitig gegen das Gesetz zur Bekämpfung der Schwarzarbeit verstößt, als wirksam anzusehen (a. A. Kupke, Blätter für SteuerR, Sozialversicherung und ArbR 1960, 221; Palandt-Heinrichs, BGB, 43. Aufl., § 134 Anm. 2c; wohl auch OLG Karlsruhe, NJW 1977, 2076 f.; OLG Düsseldorf, BauR 1978, 412 f.; OLG Oldenburg, GewA 1978, 228 f.; Schmidt, MDR 1966, 464). Durch das Verbot der Schwarzarbeit soll die erhöhte Arbeitslosigkeit in vielen Berufszweigen bekämpft, eine Gefährdung gewerblicher, insbesondere handwerklicher Betriebe durch Lohn- und Preisunterbietungen vermieden und der durch minderwertige Leistungen sowie unsachgemäße Verwendung von Rohmaterialien geschädigte Auftraggeber geschützt werden. Daneben will das Gesetz eine Minderung des Steueraufkommens und eine Beeinträchtigung des Beitragsaufkommens der Sozial- und Arbeitslosenversicherung verhindern (BGHZ 85, 39 (43) = NJW 1983, 109, unter Hinweis auf die amtliche Begründung). Keiner dieser Regelungszwecke führt bei einseitigen Zuwiderhandlungen des Auftragnehmers notwendigerweise zur Nichtigkeit des Werkvertrags. Vielmehr gebieten es gerade die Interessen des gesetzestreuen Auftraggebers, ihm seine Erfüllungs- und Gewährleistungsansprüche zu belassen und ihn nicht auf unzureichende  Ersatzansprüche zu verweisen (Benöhr, NJW 1975, 1971; ders., BB 1975, 235; Sonnenschein, JZ 1976, 502 f.; Ingenstau-Korbion, VOB/B, 9. Aufl., § 4 Rdnr. 17; vgl. auch OLG Celle, JZ 1973, 246 (247)).
d) Dem kann nicht entgegengehalten werden, der Auftraggeber werde hierdurch in die Lage versetzt, den "Schwarzarbeiter" gerichtlich zur Aufnahme oder Fortsetzung eines ordnungswidrigen Verhaltens zu zwingen (Wittmann, BB 1964, 905; Schmidt, MDR 1966, 464; ebenso OLG Celle, JZ 1973, 246 (247)). Richtig ist zwar, daß niemand zur Erbringung einer gesetzwidrigen Leistung verurteilt werden darf. Werkverträge brauchen vom Auftragnehmer jedoch regelmäßig nicht in Person erfüllt zu werden (Senat, NJW 1984, 230 = WM 1983, 1315 (1317); Glanzmann, in: RGRK, § 631 Rdnr. 10). Der "Schwarzarbeiter" kann und muß seinen Pflichten daher in der Weise nachkommen, daß er die Ausführung der Arbeiten auf einen eingetragenen Handwerksbetrieb überträgt (Benöhr, NJW 1975, 1971; ders., BB 1975, 235; vgl. auch Honig, GewA 1976, 24). Damit wird zugleich den übrigen Zielen zur Bekämpfung der Schwarzarbeit gedient, nämlich die Belange des Arbeitsmarktes und der Handwerkerschaft zu wahren sowie einer Minderung des Steuer- und Sozialversicherungsaufkommens vorzubeugen. Außerdem bleibt die generalpräventive Funktion des Gesetzes erhalten, da verbotswidrig handelnde Auftragnehmer erhebliche Kostennachteile befürchten müssen und somit eher auf den Abschluß von Schwarzarbeitsverträgen verzichten werden. Andererseits wird der gesetzestreue  Auftraggeber der Notwendigkeit enthoben, unzumutbare Nachforschungen über den handwerksrechtlichen Status seines Vertragspartners anstellen zu müssen, was letztlich den Interessen des Handwerkerstandes nur zuwiderlaufen würde. Ist er ohne sein Wissen an einen "Schwarzarbeiter" geraten, so hat er die Wahl, ob er den Vertrag durchführen, aus wichtigem Grunde kündigen oder wegen des arglistigen Verhaltens seines Vertragspartners gar anfechten will. In diesen Fällen tritt also der gesetzlich ebenfalls angestrebte Schutz des Bestellers in den Vordergrund und verhindert die Nichtigkeit des Vertrages nach § 134 BGB. Ohne die anderen Zwecke des Gesetzes zur Bekämpfung der Schwarzarbeit zu beeinträchtigen, genügt es, den Auftragnehmer ordnungsrechtlich zur Verantwortung zu ziehen. Anders kann es dagegen sein, wenn der Auftraggeber zwar nicht selbst verbotswidrig handelt, aber den Gesetzesverstoß des Vertragspartners kennt und diesen bewußt zum eigenen Vorteil ausnutzt (vgl. etwa Sonnenschein, JZ 1976, 502 f.; Ingenstau-Korbion, B § 4 Rdnr. 17). Das ist hier aber nicht der Fall.
II. Ist demnach von der Gültigkeit des umstrittenen Werkvertrags auszugehen, so steht dem Kl. gegen den Bekl. zu 2 nicht nur ein Anspruch auf Ersatz des negativen Interesses zu. Vielmehr ist sein Klagebegehren dem Grunde nach uneingeschränkt gerechtfertigt.
1. Da sich der Bekl. zu 2 durch sein Verhalten in hohem Maße als unzuverlässig erwiesen und darüber hinaus die vertragsgemäße Fertigstellung des Bauwerkes endgültig verweigert hat, durfte der Kl. die noch ausstehenden Arbeiten an Drittunternehmer vergeben. Die angefallenen (unvermeidlichen) Mehraufwendungen hat der Bekl. zu 2 aus dem Gesichtspunkt der positiven Vertragsverletzung zu übernehmen (BGH, NJW 1983, 2439 (2440); vgl. auch Senat, BauR 1980, 465 (466)).
2. Ebenso hat er dem Kl. die Kosten des über die Mängel eingeholten Gutachtens (vgl. BGHZ 54, 352 (358) = NJW 1971, 99) sowie die notwendigen Kosten für die Nachbesserung der bereits hergestellten Bauteile zu erstatten (BGH, NJW 1983, 2439 (2440)). Eine vorherige Fristsetzung zur Mängelbeseitigung (§§ 4 Nr. 7, 13 Nr. 5 II VOB/B) war hier entbehrlich, weil der Bekl. zu 2 jede weitere Tätigkeit ernstlich und endgültig abgelehnt hat (BGHZ 50, 160 (166) = NJW 1968, 1524).