Irrtumsanfechtung nach § 119 II BGB durch den Verkäufer - Konkurrenz zu den §§ 459 ff BGB ("Duveneck/Leibl"-Fall) 

BGH, Urteil v. 08.06.1988  - VIII ZR 135/87


Fundstellen:

NJW 1988, 2597 ff
LM § 119 BGB Nr. 29

MDR 1988, 1050

JZ 1989, 41

BB 1988, 1551

DB 1988, 2399

WM 1988, 1415



Amtl. Leitsätze:

1. Zum Anfechtungsrecht des Verkäufers wegen Irrtums über die Urheberschaft eines verkauften Gemäldes.
2. Zur Beweislastverteilung, wenn sich der auf Rückgabe in Anspruch genommene Bereicherungsschuldner darauf beruft, er habe das Erlangte weiterveräußert, und der Bereicherungsgläubiger geltend macht, dieses Veräußerungsgeschäft sei nicht ernstgemeint gewesen.



Zum Sachverhalt:

Der Kl. verlangt von dem Bekl. mit der im Juli 1985 eingereichten Klage in erster Linie Herausgabe des Ölgemäldes "Bildnis eines jungen Mannes". Am 19. 3. 1984 verkaufte der Kl. das ihm gehörende Bild zum Preis von 6000 DM an den Bekl. Eine Quittung vom selben Tage enthält die Erklärung des Kl., das "Ölbild Männerkopf von Frank Duveneck" sei von Dr. S als eindeutiges Original von Frank Duveneck begutachtet" worden. Das Bild wurde dem Bekl. übergeben, der Kaufpreis gezahlt. Der Bekl. ließ das Gemälde im August 1984 von dem Konservator Dr. R untersuchen, der es dem Maler Wilhelm Leibl zuschrieb. Der Bekl. veräußerte das Bild nach seiner Darstellung am 2. 8. 1984 zusammen mit einer Vielzahl anderer Kunstgegenstände und Antiquitäten an eine Galerie A-GmbH zu einem Gesamtpreis von 6220000 DM; hiervon entfielen 25000 DM auf das streitgegenständliche Gemälde, das in einer "Liste zum Kaufvertrag vom 2. 8. 1984" bezeichnet wurde als "Frank Duveneck (1848-1919) zugeschrieben (Wilhelm Leibl oder Leibl-Umkreis?)". Am 19. 6. 1985 entdeckte der Kl. das Bild in einer Ausstellung der Städtischen Galerie R. über Wilhelm Leibl und dessen Malerkreis. Es war dort als Werk von Wilhelm Leibl ausgestellt. Mit Anwaltsschreiben vom 26. 6. 1985 ließ der Kl. den Kaufvertrag und die Übereignungserklärung vom 19. 3. 1984 wegen Irrtums anfechten und Rückgabe des Bildes Zug um Zug gegen Rückzahlung der bezahlten 6000 DM verlangen. Der Bekl. verweigerte dies.
Die Vorinstanzen haben der Herausgabeklage stattgegeben. Die Revision des Bekl. führte zur Aufhebung und Zurückverweisung.

Aus den Gründen:

I. Das BerGer. hat ausgeführt:

Dem Kl. stehe "an sich" ein Herausgabeanspruch nach § 985 BGB zu, weil er sich über eine verkehrswesentliche Eigenschaft des Bildes geirrt habe und die deshalb wirksame Anfechtung nicht nur den Kaufvertrag, sondern auch das dingliche Übereignungsgeschäft vom 19. 3. 1984 erfasse. Das schließe jedoch nicht aus, daß er sein Herausgabeverlangen auch - wie geschehen - auf einen aus der Nichtigkeit des Kaufvertrages abgeleiteten Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung stützen könne. Die Anfechtung des Kaufvertrages sei wirksam, weil die Urheberschaft eines Gemäldes eine verkehrswesentliche Eigenschaft i. S. des § 119 II BGB darstelle und sich der Kl. im Zeitpunkt des Verkaufs über den Maler des Bildes geirrt habe. Aus der Quittung folge, daß der Kl. sich nach der Begutachtung durch Dr. S die feste Vorstellung gebildet habe, bei dem Gemälde handle es sich um ein Werk von Frank Duveneck. Mit dem LG sei hingegen aufgrund der von diesem durchgeführten Beweisaufnahme anzunehmen, daß das Bild von Wilhelm Leibl stamme. Das somit gegebene Anfechtungsrecht des Kl. werde durch die Gewährleistungsvorschriften der §§ 459 ff. BGB nicht ausgeschlossen. Als Verkäufer stünden dem Kl. Gewährleistungsansprüche nicht zu. Die Rechtsprechung lasse vielmehr eine Anfechtung durch den Verkäufer zu, wenn er eine Sache in Unkenntnis ihres viel höheren Wertes abgegeben habe. Eine Anfechtung durch den Verkäufer komme nur dann nicht in Betracht, wenn er sich auf diese Weise berechtigten Sachmängelansprüchen des Käufers  entziehen könnte; so liege der Fall hier aber nicht. Der Bekl. könne einer Anfechtung des Kl. auch nicht entgegenhalten, dieser habe durch den Irrtum wirtschaftlich keinen Nachteil erlitten, weil Werke des amerikanischen Malers Duveneck in den USA etwa so hoch gehandelt würden wie ein Bild von Leibl in Deutschland. Für den Besitzer eines Gemäldes sei auch der Umstand von Interesse, von wem es stamme. Selbst bei einem rein wirtschaftlichen Wertvergleich komme es auf die tatsächlichen Verhältnisse zum Zeitpunkt und am Ort des Verkaufsgeschäfts an; insofern könne nicht zweifelhaft sein, daß ein Werk von Wilhelm Leibl in München höhere Wertschätzung und größere Verwendbarkeit genieße als ein Bild von Duveneck.
Der Bekl. sei zur Herausgabe zu verurteilen, weil er den ihm obliegenden Beweis, daß ihm die Herausgabe nicht mehr möglich sei, nicht habe führen können. Obwohl die Zeugin K, die Geschäftsfüherin und Alleingesellschafterin der Galerie A-GmbH, den im Vertrag vom 2. 8. 1984 niedergelegten Kauf bestätigt habe, bestünden Zweifel, ob es sich um ein ernstgemeintes Veräußerungsgeschäft gehandelt habe. Diese Zweifel ergäben sich aus den Verbindungen des Bekl. zu der Zeugin und der Galerie und aus den unklaren und teilweise widersprüchlichen Angaben der Zeugin über die Abwicklung des angeblichen Geschäfts, nach denen der Bekl. aus nicht nachvollziehbaren Gründen auf die Zahlung eines Kaufpreises von über 6000000 DM verzichtet haben müsse. Danach sei der Verdacht nicht auszuschließen, daß zwischen dem Bekl. und der Galerie ein Scheingeschäft vorgenommen worden sei. Daß das streitgegenständliche Bild an eine Bank zur Sicherheit übereignet worden sei, habe der Bekl. schon nicht ausreichend dargelegt, jedenfalls sei es nicht nachgewiesen.
II. Diese Ausführungen des BerGer. halten den Angriffen der Revision nicht in allen Punkten stand.
1. Zu Unrecht beanstandet die Revision allerdings die Auffassung des BerGer., der Kl. habe den Kaufvertrag wirksam angefochten.
a) Das Anfechtungsrecht des Kl. ist nicht, wie die Revision meint, durch die Bestimmungen der §§ 459 ff. BGB ausgeschlossen.

aa) Zwar schließen nach der Rechtsprechung des BGH die kaufrechtlichen Gewährleistungsvorschriften die Anfechtung des Käufers wegen eines Irrtums über solche Eigenschaften der Kaufsache aus, die Gewährleistungsansprüche begründen können (NJW 1979, 160 = WM 1979, 54 (unter I 2 a) m. Nachw., insoweit in BGHZ 72, 252 nicht abgedr.; BGHZ 78, 216 (218) = NJW 1981, 224). Dagegen kann von einer "Konkurrenz" zwischen den Sachmängelansprüchen und einem Anfechtungsrecht des Verkäufers gem. § 119 II BGB keine Rede sein, weil dem Verkäufer Gewährleistungsrechte nie zustehen (z. B. Esser-Weyers, SchuldR BT, 6. Aufl., § 6 I 4; Staudinger-Dilcher, BGB, 12. Aufl., § 119 Rdnr.66; anders zu Unrecht Feldmann, Kann der Verkäufer den Kaufvertrag wegen Irrtums anfechten?, Diss., Jena 1937, S. 47 ff., für den Zeitpunkt nach Gefahrübergang). Entgegen einer Mindermeinung (z. B. Enneccerus-Lehmann, Recht der Schuldverhältnisse, 15. Bearb., S. 457; vgl. auch Linke, Die Anfechtung wegen Eigenschaftsirrtums nach § 119 II BGB im Kunst- und Antiquitätenhandel, Diss., Würzburg 1936, S. 28 ff., 30 f.) bedeutet dies aber nicht, daß der Verkäufer stets von einem Anfechtungsrecht nach § 119 II BGB Gebrauch  machen könnte. Wäre dem so, so könnte sich der Verkäufer, der irrig Mangelfreiheit der Sache annimmt, durch Irrtumsanfechtung unter Inkaufnahme der auf das negative Interesse gerichteten Schadensersatzpflicht nach § 122 BGB von seiner Gewährleistungspflicht befreien. Mit der im Schrifttum ganz überwiegend vertretenen Ansicht ist vielmehr davon auszugehen, daß es dem Verkäufer nach dem Gedanken des Rechtsmißbrauchs verwehrt ist, von dem Anfechtungsrecht Gebrauch zu machen, wenn die Folge wäre, daß er sich gesetzlich angeordneten Zurechnungen, nämlich seiner Gewährleistungspflicht, entzöge (z. B. Esser-Weyers, § 6 I 4, und Staudinger-Dilcher, § 119 Rdnr. 66; Staudinger-Honsell, Vorb. § 459 Rdnr. 25; Soergel-Hefermehl, BGB, 12. Aufl., § 119 Rdnr. 80; H. P. Westermann, in: MünchKomm, § 459 Rdnr. 76; Flume,  BGB AT II, 3. Aufl., § 24 4; für den Fall, daß der Verkäufer sich auf die Grundsätze über die fehlende Geschäftsgrundlage berufen will, vgl. auch bereits Senat, WM 1971, 1016 (unter I 2 a)).
bb) Daraus folgt, daß im vorliegenden Fall das Anfechtungsrecht des Kl. nicht ausgeschlossen ist. Denn die Rechtsfolge eines Gewährleistungsanspruchs, dessen Geltendmachung durch eine Anfechtung vereitelt werden könnte, will der Bekl. gerade nicht in Anspruch nehmen.
(i) Das BerGer. hat tatrichterlich festgestellt, daß das Gemälde nicht von Duveneck, sondern von Leibl stammt. Dies greift die Revision nicht an und läßt Rechtsfehler nicht erkennen. Liegt - wie hier - ein Spezieskauf vor, so führt der Umstand, daß das Bild entgegen dem Vertragsinhalt nicht von dem Maler Duveneck herrührt, nicht zur Annahme einer Falschlieferung, sondern stellt einen Fehler i. S. des § 459 I BGB dar (Senat, BGHZ 63, 369 (371) = NJW 1975, 970). Daran ändert nach Auffassung des RG (RGZ 135, 339 (342 f.)) nichts, daß der "Leibl" - wie der Kl. behauptet - wesentlich mehr wert ist, als es ein "Duveneck" gewesen wäre. Stand dem Bekl. mithin ein Wandelungsanspruch zu, so hindert das den Kl. gleichwohl nicht an einer Anfechtung. Denn der Bekl. ist mit der ihm vorprozessual und mit dem Hauptantrag der Klage angebotenen Rückabwicklung des Kaufvertrages, die auch Rechtsfolge einer Wandelung wäre (§§ 467, 346 ff. BGB), nicht einverstanden; was der Käufer nicht will, kann der Verkäufer nicht treuwidrig vereiteln (ebenso Flume, Eigenschaftsirrtum und Kauf, 1948, S. 149, für den Fall, daß der Käufer seinen Wandelungsanspruch fallen läßt).
(ii) Einen Anspruch auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung gem. § 463 BGB, dem eine Anfechtung durch den Kl. den Boden entziehen könnte, macht der Bekl. ebenfalls nicht geltend. Das BerGer. stellt rechtsfehlerfrei fest, daß der Kl. beim Verkauf des Bildes der festen Vorstellung gewesen sei, bei dem Maler handele es sich um Frank Duveneck; ein arglistiges Verhalten des Kl. i. S. des § 463 S. 2 BGB scheidet daher aus. Der Bekl. hat sich auch nicht darauf berufen, daß ihm die Eigenschaft des Bildes als von Duveneck herrührend zugesichert worden (vgl. hierzu Senat, WM 1972, 1058 (unter I 2)) und dementsprechend der Kl. ihm zum Schadensersatz verpflichtet sei.
cc) Allerdings wird im Schrifttum die Auffassung vertreten, dem Verkäufer stehe ein Anfechtungsrecht gem. § 119 II BGB nur bei Lieferung einer Sache von besserer Beschaffenheit als der geschuldeten (z. B. Soergel-Hefermehl, § 119 Rdnr. 80; Reinicke-Tiedtke, KaufR, 3. Aufl., S. 155; Raape, AcP 150, 504; Staudinger-Honsell, Vorb. zu § 459 Rdnr. 25; so lag der Fall auch in der vom BerGer. herangezogenen Entscheidung RGZ 124, 115) oder bei einem besonderen subjektiven Interesse des Verkäufers an dem Gegenstand zu (Flume, Eigenschaftsirrtum, S. 148).
(i) Nach der unter Beweis gestellten Behauptung des Bekl., die sich auf eine Äußerung des Sachverständigen Dr. L stützen kann, werden die Bilder des Malers Duveneck in den USA etwa so hoch gehandelt wie Werke von Leibl in Deutschland. Das BerGer. hat dies für unerheblich gehalten. Der Revision ist aber einzuräumen, daß die Begründung, es komme auf den Wert "am Ort des Verkaufsgeschäfts" an und jedenfalls in München genieße ein Bild von Leibl höhere Wertschätzung als ein solches von Duveneck, Bedenken begegnen kann; auch die Parteien hätten das Bild, wäre es von Duveneck gewesen, zu dem in den USA erzielbaren Preis verkaufen können.
(ii) Die Frage bedarf jedoch keiner abschließenden Entscheidung. Denn dem Kl. ist die Anfechtung auch dann nicht verwehrt, wenn das vom Bekl. behauptete Wertverhältnis bestünde. Die oben (zu cc) dargestellte Auffassung eignet sich zwar als Faustregel für den Normalfall - weil nämlich dann, wenn die Sache infolge ihres "Andersseins" nicht mehr wert ist als mit der nach dem Vertrag vorausgesetzten Eigenschaft, der Verkäufer mit einer Anfechtung in der Regel nur den Zweck verfolgen wird, sich den Gewährleistungsansprüchen des Käufers zu entziehen -, sie bedarf aber der Einschränkung in Fällen wie dem vorliegenden, wo diese Folge der Anfechtung des Verkäufers ausscheidet (dazu oben II 1 a bb). Dann kann entscheidend letztlich nur sein, ob der Verkäufer eine Sache mit anderen Eigenschaften geliefert hat, als sie nach dem Vertrag vorausgesetzt waren, ohne daß - mit der Grenze des Verbots rechtsmißbräuchlichen Verhaltens - maßgeblich sein kann, ob die erbrachte Leistung gegenüber der vertraglich vorausgesetzten höher- oder gleichwertig ist. Ein Grund, ihm darüber hinaus das ihm gesetzlich zustehende Anfechtungsrecht nach § 119 II BGB zu versagen, ist nicht ersichtlich.
dd) An diesem Ergebnis ändert nichts, daß der Kl. sich (auch) über den in den USA erzielbaren Preis für Bilder von Duveneck geirrt haben mag. Zwar hätte ihn ein Irrtum über den Wert des für 6000 DM verkauften Bildes nach ständiger Rechtsprechung des BGH nicht zur Anfechtung gem. § 119 II BGB berechtigt (BGHZ 16, 54 (57) = NJW 1955, 340; BGH, LM § 779 BGB Nr. 2 (unter II 4)). Da aber das Bild kein "Duveneck" war, hat sich ein derartiger Irrtum des Kl. nicht ausgewirkt, sondern ist von der - weiteren - irrigen Vorstellung über die Urheberrschaft des Bildes "überlagert" worden. Der Irrtum des Kl. über den Wert verschaffte dem Bekl. auch keine Einrede gegenüber dem Anfechtungsrecht des Kl. (anders wohl Flume, Eigenschaftsirrtum, S. 150 f.). Nach der den Irrenden begünstigenden gesetzlichen Wertung muß das Interesse des Käufers, "sich durch Aufrechterhaltung des Vertrages den der Kaufvereinbarung entsprechenden Geschäftsgewinn (zu) sichern" (Flume, S. 151), dem Anfechtungsrecht des Verkäufers weichen. Weder der Anspruch auf das Vertrauensinteresse nach § 122 BGB noch die Käuferrechte gem. den §§ 459 ff. BGB hätten - von dem hier nicht gegebenen Fall des § 463 BGB abgesehen - den Bekl. berechtigt, vom Kl. den Wert eines Bildes von Duveneck zu verlangen.
ee) Schließlich kann dahinstehen, ob der Kl., hätte er die Urheberschaft des Bildes erkannt, dieses ebenfalls - dann lediglich zu dem einem Werk von Leibl entsprechenden höheren Preis - verkauft hätte. Ob dem Käufer dann das Recht zugestanden werden muß, der Anfechtung des Verkäufers gem. § 242 BGB zu widersprechen und die Nachzahlung des erhöhten Preises anzubieten (so Flume, Eigenschaftsirrtum, S. 152 ff.; Soergel-Hefermehl, § 119 Rdnr. 80; ähnlich Raape, AcP  1950, 504), bedarf keiner Entscheidung, weil der Bekl. kein derartiges Recht in Anspruch nimmt und nicht erklärt hat, den wirklichen Wert des Bildes bezahlen zu wollen.
b) Die Voraussetzungen eines Eigenschaftsirrtums nach § 119 II BGB liegen vor.

aa) In der Urheberschaft des Gemäldes ist eine verkehrswesentliche Eigenschaft zu sehen (Senat, BGHZ 63, 369 (371) = NJW 1975, 970 m. Nachw.). Auch hier ändert daran nichts, daß ein Bild von Duveneck nach dem Vortrag des Bekl. ebensoviel wert sein kann wie ein solches von Leibl. Dies trifft sich mit der zitierten Auffassung des RG (RGZ 135, 339 (342 f.)), daß ein Fehler des Bildes im Sinne des Gesetzes selbst dann gegeben sein kann, wenn der wahre Schöpfer des Bildes noch höher geschätzt wird als der Künstler, dem es die Vertragsparteien zugeschrieben haben.
bb) Zu Unrecht meint die Revision, das Anfechtungsrecht des Kl. sei deshalb ausgeschlossen, weil er durch die angefochtene Erklärung wirtschaftlich keinen Nachteil erlitten habe (dazu z. B. RGZ 128, 116 (121); Palandt-Heinrichs, BGB, 47. Aufl., § 119 Anm. 8). Dies gilt zwar für den Regelfall (Soergel-Hefermehl, § 119 Rdnr. 67) und dient als Anhaltspunkt (Staudinger-Dilcher, § 119 Rdnr. 74) für die Abgrenzung zwischen einem beachtlichen Irrtum und bloßem "Eigensinn, subjektiven Launen und törichten Anschauungen" (RGZ 62, 201 (206)), bei denen "bei verständiger Würdigung des Falles" (§ 119 I BGB) ein Einfluß des Irrtums auf die Abgabe der Erklärung zu verneinen ist. Bei Verkauf von Kunstgegenständen ist hingegen der wirtschaftliche Wert nicht allein ausschlaggebend. Wenn das BerGer. in diesem Zusammenhang ausgeführt hat, in München - und gemeint ist offenbar: auch für den Kl., wie dessen Vorgehen und auch die Zeugenaussage seiner Ehefrau zeigen - komme einem Bild von Leibl auch unabhängig von dem reinen Geldeswert höhere Wertschätzung als einem Gemälde Duvenecks zu, so kann dies nicht als rechtsfehlerhaft beanstandet werden.
2. Nach allem war der Bekl. nach wirksamer Anfechtung des Kaufvertrages durch den Kl. grundsätzlich verpflichtet, das von diesem erlangte Bild zurückzugeben (§ 812 I BGB). Mit Erfolg rügt die Revision indessen, das Berufungsurteil beruhe auf einer Verkennung der Beweislastverteilung. Es geht davon aus, daß der Bekl. für seine Behauptung, ihm sei die Herausgabe des Bildes nicht mehr möglich, beweispflichtig sei und daß ihm dieser Beweis nicht gelungen sei. Das stimmt zwar mit der einhellig vertretenen Auffassung überein, daß der Bereicherungsschuldner für die Unmöglichkeit der Herausgabe des Erlangten die Beweislast trägt (z. B. Staudinger-Lorenz, § 818 Rdnr. 32; Soergel-Mühl, BGB, 11. Aufl., § 818 Rdnr. 99; Baumgärtel-Strieder, Hdb. der Beweislast im PrivatR I, § 818 Rdnr. 7; Planck-Landois, BGB, 4. Aufl., § 818 Anm. 4i). Das BerGer. hatte aber offenbar keinen Zweifel daran, daß der Bekl. und die Zeugin K die sich aus dem vorgelegten Kaufvertrag vom 2. 8. 1984 ergebenden Erklärungen tatsächlich abgegeben haben; es konnte sich nur nicht davon überzeugen, daß dieses Veräußerungsgeschäft ernst gemeint gewesen sei. Da grundsätzlich von der Ernstlichkeit rechtsgeschäftlicher Willenserklärungen auszugehen ist, trägt für das Vorliegen eines Scheingeschäfts i. S. des § 117 BGB derjenige die Beweislast, der sich darauf  beruft (BGH, WM 1977, 922 (unter II 3); NJW 1980, 1572 = WM 1980, 372 (unter II 2); Baumgärtel-Laumen, § 117 Rdnr. 1 m. w. Nachw. Fußn. 1). Gelingt es also dem Bereicherungsschuldner, die Abgabe der tatsächlichen Erklärungen, die sich auf eine Weiterübereignung richten und damit die Unmöglichkeit der Herausgabe zur Folge haben, zu beweisen, so hat er seiner Beweislast genügt. Die Ernstlichkeit dieses Geschäfts braucht er nicht nachzuweisen, wie auch sonst derjenige, der sich auf rechtsgeschäftliche Erklärungen beruft, nicht auch noch deren Wirksamkeit darlegen und nachweisen muß. Das Gegenteil zu beweisen, war vielmehr Sache des Kl.
Die Verkennung der Beweisverteilung machte die Aufhebung des angefochtenen Urteils und die Zurückverweisung der Sache an das BerGer. erforderlich. Das BerGer., das bisher lediglich "zumindest eine Vermutung" für das Vorliegen eines Scheingeschäfts angenommen hat, wird prüfen müssen, ob der Kl. aufgrund der Beweisaufnahme den Nachweis erbracht hat, daß der Bekl. und die Zeugin K das Veräußerungsgeschäft nur zum Schein vorgenommen haben.
3. Das Berufungsurteil konnte auch nicht mit anderer Begründung aufrechterhalten bleiben (§ 563 ZPO).

a) Ein Eigentumsherausgabeanspruch nach § 985 BGB, den das BerGer. zwar grundsätzlich bejaht, auf den es die Verurteilung aber nicht gestützt hat, scheidet aus, wenn der Bekl. - wie er geltend macht - den Besitz an dem Bild schon vor Rechtshängigkeit der Klage verloren hat. Der Kl. muß beweisen, daß der Bekl. im Zeitpunkt der Erhebung der Klage Besitzer der herausverlangten Sache war (Senat, WM 1982, 749 (unter II 1 b)) m. Nachw.). Insoweit gilt hier nichts anderes als zum Bereicherungsanspruch des Kl. (oben II 2).
b) Das BerGer. hat nicht erörtert, ob nicht auch der Bekl. sich über die Urheberschaft des Bildes geirrt hat und wie sich der dann vorliegende beiderseitige Irrtum auswirken würde. Zu dieser Prüfung hatte das BerGer. aber auch keine Veranlassung, weil keine der Parteien etwas über die Vorstellung des Bekl. bei Vertragsschluß vorgetragen hat und der Umstand, daß dieser wenige Monate nach dem 19. 3. 1984 das Bild einem Sachverständigen zur Begutachtung vorgeführt und - angeblich - an die Galerie A mit dem Vermerk "Wilhelm Leibl oder Leibl-Umkreis?" weiterveräußert hat, es nicht ausgeschlossen erscheinen läßt, daß der Bekl. sich schon bei Vertragsschluß nicht in einem Irrtum über die Urheberschaft des Gemäldes befand.