NJW 1991, 352
LM § 676 BGB Nr. 40
MDR 1991, 338
WM 1990, 1990
Zur Frage des Zustandekommens eines stillschweigenden
Auskunftsvertrages, wenn sich ein Landrat im Rahmen einer gesellschaftlichen
Veranstaltung bei dem Vorstandssprecher einer Bank erkundigt, ob die Finanzierung
eines privaten Bauprojekts gesichert sei.
Die Kl. nimmt die bekl. Bank auf Schadensersatz
wegen falscher Auskunft in Anspruch. Die Kl. lieferte in den Jahren 1983
und 1984 aufgrund eines mit der Grundstücksgesellschaft H-GmbH und
der C-Wohn- und Gewerbebau GmbH abgeschlossenen Werkvertrages Bauteile
für den Umbau eines im Landkreis D. gelegenen ehemaligen Lungensanatoriums
in ein Krankenhaus. Am 3. 10. 1983 wurde der bereits fertiggestellte Teil
des Klinikums im Rahmen eines Erntedankfestes der Öffentlichkeit vorgestellt.
Bei dieser Veranstaltung kam es zwischen dem Vorstandssprecher der Bekl.
F und dem Landrat des Landkreises Dr. K zu einem Gespräch, über
dessen Inhalt die Parteien streiten. Die Kl. hat behauptet, F habe auf
Befragen erklärt, daß die Gesamtfinanzierung des Bauvorhabens
gesichert sei und sich mit der Weitergabe der Auskunft an die beteiligten
Handwerker einverstanden erklärt. Nachdem sie Kenntnis von dieser
Äußerung erhalten habe, habe sie für den Weiterbau Leistungen
erbracht, für die sie 805438,20 DM beanspruchen könne. Sie hat
mit der Klage einen erstrangigen Teilbetrag von 500000 DM geltend gemacht.
Das LG hat die Klage abgewiesen, das OLG hat der
Kl. einen Anspruch auf Schadensersatz in Höhe des negativen Interesses
dem Grunde nach zuerkannt. Die Revision der Bekl. führte zur Wiederherstellung
des landgerichtlichen Urteils.
Aus den Gründen:
I. Das BerGer. hat die Schadensersatzansprüche
auf der Grundlage eines Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter für
begründet erachtet und dazu unter anderem ausgeführt:
Durch die Erklärung des Vorstandssprechers
der Bekl. F gegenüber dem Landrat Dr. K, die Gesamtfinanzierung des
Vorhabens sei sichergestellt, sei ein stillschweigender Auskunftsvertrag
mit Schutzwirkung zugunsten der Kl. zustande gekommen. Für F als Vertreter
der Bekl. sei klar gewesen, daß die Auskunft nicht Dr. K persönlich,
sondern den Vertragspartnern der Bauherren hätte dienen sollen. Damit
seien diese in den Schutzbereich des Vertrages einbezogen worden.
II. Diese Ausführungen greift die Revision
mit Erfolg an. Die Bekl. haftet der Kl. nicht aus einem stillschweigend
abgeschlossenen Auskunftsvertrag auf Schadensersatz.
1. Ein solcher Vertrag kommt nach gefestigter
Rechtsprechung zustande, wenn die Auskunft der Bank für den Anfragenden
erkennbar von erheblicher Bedeutung ist und er sie zur Grundlage wesentlicher
Vermögensverfügungen machen will (BGH, LM § 676 BGB Nr.
15 = WM 1976, 498; NJW 1979, 1595 = LM § 676 BGB Nr. 19 = WM 1979,
548; NJW 1986, 180 = LM § 676 BGB Nr. 31 = WM 1985, 1531 (1532); Senat,
NJW 1989, 1029 = LM § 676 BGB Nr. 36 = WM 1988, 1828 (1829); NJW 1989,
2882 = WM 1989, 1409 (1411)). Anfragender und Empfänger der Auskunft
war hier jedoch nicht die Kl., sondern Dr. K. Daß dieser die Auskunft
zur Grundlage irgendwelcher Vermögensdispositionen machen wollte,
schied nach den Gesamtumständen ersichtlich aus.
Allerdings ist darüber hinaus anerkannt,
daß eine Haftung des Auskunftgebers gegenüber dem auf die Auskunft
Vertrauenden ausnahmsweise auch dann begründet sein kann, wenn die
Auskunft einem Dritten erteilt worden ist. Bei dieser Sachlage ist aber
erforderlich, daß die Auskunft für jenen bestimmt und der Auskunftgeber
sich bewußt war, daß sie für diesen in der erwähnten
Weise bedeutsam und als Grundlage entscheidender Vermögensdispositionen
dienen werde (vgl. BGH, LM § 676 BGB Nr. 15 = WM 1976, 498 m. w. Nachw.;
Steffen, in: RGRK, 12. Aufl., § 676 Rdnr. 42). Diese Voraussetzungen
liegen hier nicht vor.
a) Das BerGer. nimmt an, Dr. K habe sich, für
F erkennbar, zugunsten der am Bau tätigen Handwerker einschalten wollen.
Aus der von ihm gewählten Eröffnung des Gesprächs, "er sei
angesprochen worden, man habe Sorgen", und der daran anknüpfenden
Frage, "ob man beruhigt sein könne", ergebe sich, daß ein Vertrag
mit Schutzwirkung auch zugunsten der Kl. gewollt war. Dem kann nicht gefolgt
werden.
b) Ansprüche der Kl. unter dem Gesichtspunkt
des Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter kommen schon deshalb
nicht in Betracht, weil das BerGer. nicht festgestellt hat und auch keinerlei
Anhaltspunkte dafür ersichtlich sind, daß Dr. K im eigenen Namen
mit der Bekl. einen Auskunftsvertrag geschlossen hätte, in dessen
Schutzbereich die Kl. hätte einbezogen werden können.
aa) Dr. K war dem Zeugen F bei einem zufälligen
Zusammentreffen während einer Festveranstaltung als Landrat des Kreises
vorgestellt worden und hatte sich nach dem Inhalt seiner Zeugenaussage
- für den Zeugen F erkennbar - in dieser Eigenschaft nach dem Stand
der Finanzierung erkundigt. Für ihn stand nach seiner Darstellung
im Vordergrund, "Erkenntnisse über das Vorhaben zu sammeln", um informiert
zu sein, "falls politisch jemand in die Verantwortung genommen" würde.
Anders konnte die Motivation für seine allgemein gehaltene Frage von
dem Zeugen F auch kaum verstanden werden. Die Annahme des BerGer., die
Gesprächspartner hätten die Erkundigungen des Landrats Dr. K
als Antrag auf Abschluß eines Auskunftsvertrages aufgefaßt,
der Zeuge F habe eine solche Auskunft im Rahmen dieses privaten Gesprächs
mit einem Politiker geben wollen, findet deshalb im Beweisergebnis keine
Stütze.
bb) Die Frage nach der Schutzwirkung eines solchen
Vertrages stellt sich damit nicht. Die erforderliche vertragliche Grundlage
läßt sich auch nicht aus der von dem Zeugen Dr. K bei seiner
Vernehmung geäußerten Auffassung herleiten, für ihn sei
klar gewesen, daß er den Inhalt des Gesprächs in seiner Funktion
als Landrat verwerten dürfe, da Vertraulichkeit nicht vereinbart worden
sei. War eine Bankauskunft von keinem der Gesprächspartner gewollt,
so entfaltet der Inhalt des Gesprächs auch bei einer Weitergabe an
Dritte keine rechtsgeschäftlichen Wirkungen. Die Annahme eines Auskunftsvertrages
mit dem, den es angeht (vgl. BGH, NJW 1970, 1737; Steffen, in: RGRK, §
676 Rdnr. 41), setzt voraus, daß wenigstens im Verhältnis zu
diesem Dritten die Grundlagen für eine vertragliche oder vertragsähnliche
Bindung gegeben sind, insbesondere also nach dem Willen der Gesprächspartner
der Inhalt der Antwort die Grundlage für wesentliche Vermögensdispositionen
desjenigen bilden soll, für den die Auskunft bestimmt ist. Davon kann
allenfalls dann ausgegangen werden, wenn nicht nur die Absicht der Übermittlung,
sondern auch die von ihr abhängenden Entscheidungen des oder der Empfänger
unmißverständlich zum Ausdruck kommen. Etwas derartiges konnte
den allgemein gehaltenen, nach seiner eigenen Einschätzung vorwiegend
politisch motivierten Fragen des Zeugen Dr. K nicht entnommen werden. Ein
Hinweis darauf, daß Handwerker die Erbringung weiterer Leistungen
für das Bauvorhaben von dem Inhalt der Antwort des Zeugen F abhängig
machen könnten, ist nicht erfolgt. Nach der Schilderung seiner Motivation
erscheint sogar zweifelhaft, daß der Zeuge Dr. K damals an eine derartige
Möglichkeit gedacht hat.
cc) Die Rechtsprechung des BGH zur Haftung für
Gutachten oder Testate von Personen, die über eine besondere, vom
Staat anerkannte Sachkunde verfügen (vgl. Senat, NJW 1989, 1029 =
LM § 676 BGB Nr. 36 = WM 1988, 1828 (1829)), besagt nichts anderes.
Selbst diese Personen haften nicht für den Inhalt von irgendwelchen
privaten Einschätzungen, sondern nur für sachverständige
Äußerungen, denen nach Form und Inhalt besondere Beweiskraft
auch Dritten gegenüber zukommen soll. Im übrigen gehört
der Zeuge F nicht zu diesem Personenkreis.
2. Es kann unter diesen Umständen offen bleiben,
ob die Bedeutung, die das BerGer. dem Inhalt der von dem Zeugen Dr. K im
einzelnen geschilderten Äußerungen des Zeugen F beigelegt hat,
einer rechtlichen Überprüfung standhalten würde.
III. Das BerGer. hat - von seinem Standpunkt aus
zu Recht - ungeprüft gelassen, ob sich eine Schadensersatzpflicht
der Bekl. aus einer von dem Zeugen F dem Geschäftsführer der
Kl. am 3. 10. 1983 erteilten Bankauskunft herleiten ließe. Die Voraussetzungen
dafür liegen nicht vor. Einer weiteren Aufklärung und Beweiserhebung
bedarf es insoweit nicht.
Das LG ist davon ausgegangen, daß der Zeuge
F im weiteren Verlauf der Festveranstaltung gegenüber den Handwerkern
erklärt hat, die Finanzierung sei gesichert, die Handwerker bekämen
ihr Geld. Der beantragten weiteren Beweiserhebung zu der Behauptung der
Kl., der Zeuge F habe das am 25. 1. 1985 selbst eingeräumt, bedurfte
es daher nicht. Die Auffassung des LG, eine Bankauskunft sei nach den Gesamtumständen
in dieser Äußerung nicht zu sehen, ist rechtsfehlerfrei. Das
LG hat darauf abgestellt, daß das Gespräch mit den Handwerkern
in der "euphorischen Stimmung" des Erntedankfestes stattgefunden habe,
die Fragen der Handwerker angesichts des nach den Zeugenaussagen fehlenden
konkreten Anlasses für Bedenken hinsichtlich der Zahlungsfähigkeit
des Bauherrn lediglich auf allgemeinem Interesse der Handwerker beruhten
und deshalb für den Zeugen F nicht deutlich gewesen sei, daß
die Handwerker die weitere Ausführung von Arbeiten von seiner Antwort
abhängig machen würden.
Diese Würdigung ist aus Rechtsgründen
nicht zu beanstanden. Der dagegen von der Kl. in der Berufungsinstanz im
wesentlichen erhobene Einwand, das LG habe übersehen, daß der
Zeuge F jedenfalls von dem Zeugen Dr. K über die unter den Handwerkern
bestehende Unruhe, die sogar die politischen Gremien erreicht habe, informiert
worden sei, ist nicht begründet. Aus dem Gespräch mit dem Zeugen
Dr. K, der nach seiner Bekundung damals keine konkreten Anzeichen für
eine Besorgnis hatte, konnte der Zeuge F - wie dargelegt - gerade nicht
entnehmen, daß die Handwerker eine verbindliche Bankauskunft erwarteten.
IV. Der Schadensersatzanspruch der Kl. erweist
sich damit als unbegründet. Das Berufungsurteil mußte daher
aufgehoben werden. Da die Sache zur Entscheidung reif ist, war gem. §
565 III Nr. 1 ZPO in der Sache selbst zu entscheiden.