NJW 1996, 1960
LM H. 9/1996 § 313 BGB Nr. 141
MDR 1996, 895
BB 1996, 1528
WM 1996, 1143
Ist der Auftrag zur Ersteigerung eines Grundstücks
unter dem Gesichtspunkt einer Erwerbspflicht des Auftraggebers nach §
313 BGB formbedürftig, so kann die Berufung des Beauftragten auf den
Formmangel wegen dieser Erwerbspflicht des Auftraggebers gegen Treu und
Glauben verstoßen (Bestätigung von BGHZ 85, 245 = NJW 1983,
566 = LM § 313 BGB Nr. 97; BGHZ 127, 168 (175) = NJW 1994, 3346 =
LM H. 3/1995 § 313 BGB Nr. 137). Dies gilt jedoch nicht ausnahmslos;
vielmehr bedarf es jeweils einer wertenden Betrachtung sämtlicher
Umstände des Einzelfalls, bei der nicht nur die berechtigten Interessen
des Auftraggebers, sondern auch diejenigen des Beauftragten zu berücksichtigen
sind.
Die Eltern des Kl. waren Eigentümer eines
mit einer Gaststätte bebauten Grundstücks. Dieses Grundstück
wurde im Jahre 1989 auf Betreiben einer Gläubigerbank zwangsversteigert.
Der Kl., der das Grundstück ersteigern wollte, bat den Bekl., zu diesem
Zwecke im (zweiten) Versteigerungstermin vom 28. 11. 1989 als sein Vertreter
aufzutreten. In diesem Termin, an dem auch der Kl. selbst teilnahm, erschien
der Bekl. mit einem Barbetrag von 25300 DM, von denen 5300 DM vom Kl. und
der Rest vom Bekl. selbst aufgebracht worden waren. Unter den Parteien
ist streitig, ob der Bekl. in dem Termin zunächst allein für
den Kl. geboten hat. Ein (weiteres) Gebot des Bekl. über 60000 DM,
das dieser zu 51 % im eigenen Namen, zu 49 % im Namen des Kl. abgegeben
hatte, wurde durch Beschluß des Vollstreckungsgerichts zurückgewiesen,
nachdem der Bekl. die auf Antrag eines Vertreters der Gläubigerbank
auf die volle Höhe des Gebots angesetzte Sicherheit nicht erbringen
konnte. Anschließend bot der Bekl. für sich allein weiter und
erhielt für 229000 DM den Zuschlag. Die Sicherheit, die nunmehr auf
10 % des Gebots festgesetzt worden war, leistete er aus dem mitgebrachten
Betrag. Anschließende Verhandlungen zwischen den Parteien über
die Aufbringung der noch einzuzahlenden Beträge und eine Übertragung
des Grundstücks auf den Kl. scheiterten. Der Bekl. besorgte daraufhin
selbst die Aufbringung und Finanzierung des noch offenen Restbetrages.
Am 15. 3. 1990 wurde der Bekl. im Grundbuch als Eigentümer des ersteigerten
Grundstücks eingetragen. Er hat die Gaststätte nach Durchführung
eines Zwangsräumungsverfahrens gegen den Kl. und dessen Eltern verpachtet.
Der Kl. verlangt nunmehr die Übereignung des, wie er vorträgt,
in mißbräuchlicher Überschreitung des ursprünglichen
Auftrags ersteigerten Grundstücks, Zug um Zug gegen Erstattung
des Erstehungspreises von 229000 DM. Hilfsweise begehrt er vom Bekl. Schadensersatz
in Höhe von 131000 DM, d. h. der Differenz zwischen dem Erstehungspreis
von 229000 DM und dem seinerzeit vom VollstreckungsGer. festgesetzten Verkehrswert
des Grundstücks von 360000 DM.
Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Die
Revision des Kl. hatte keinen Erfolg.
Aus den Gründen:
1. Zutreffend sind die Vorinstanzen davon ausgegangen,
daß der vom Kl. behauptete Auftrag an den Bekl., das Grundstück
für ihn, den Kl., zu ersteigern, wegen der damit verbundenen Erwerbspflicht
des Kl. der notariellen Beurkundung nach § 313 S. 1 BGB bedurfte.
a) Dieser Auftrag hatte nach dem Vorbringen des
Kl. ursprünglich den Inhalt gehabt, daß der Bekl. den Grundstückserwerb
namens des Kl. in offener Stellvertretung tätigen sollte. Dadurch
wurde nach den rechtsfehlerfreien tatrichterlichen Feststellungen des BerGer.,
die auch von der Revision hingenommen werden, eine Erwerbspflicht des Kl.
begründet, die dem Formzwang des § 313 S. 1 BGB unterfiel.
b) Ob dieser Auftrag dahingehend ausgelegt werden
konnte, daß er den Bekl. berechtigen und verpflichten sollte, bei
Fehlschlagen des geplanten Direkterwerbs des Kl. das Grundstück zunächst
im eigenen Namen zu erwerben und es sodann an den Kl. weiterzuveräußern,
bedarf, wie das BerGer. mit Recht ausgeführt hat, keiner abschließenden
Entscheidung. Eine etwaige vorhergehende Erwerbspflicht des Bekl. hätte
zwar ebenfalls dem Formzwang des § 313 S. 1 BGB unterlegen; jedoch
wäre der Formmangel insoweit durch den Eigentumserwerb des Bekl. geheilt
worden (§ 313 S. 2 BGB; vgl. BGHZ 85, 245 (250f.) = NJW 1983, 566
= LM § 313 BGB Nr. 97).
c) Hingegen begründete die Verpflichtung
des Bekl., dem Kl. das Eigentum an dem Grundstück zu verschaffen,
kein Beurkundungserfordernis, da es sich insoweit lediglich um die Pflicht
zur Herausgabe des aus der Geschäftsbesorgung Erlangten gem. §
667 BGB handelte, die nicht auf dem Vertrag, sondern unmittelbar auf dem
Gesetz beruhte (st. Rspr., vgl. zuletzt BGHZ 127, 168 (170) = NJW 1994,
3346 = LM H. 3/1995 § 313 BGB Nr. 137, m.w. Nachw.). Die Formbedürftigkeit
des Auftrages unter dem Gesichtspunkt einer Erwerbspflicht des Kl. blieb
jedoch auch bei dieser Fallkonstellation unberührt.
2. Da der Auftrag somit in beiden Varianten, also
sowohl insoweit, als er auf einen Direkterwerb des Kl. abzielte, als auch,
soweit er einen treuhänderischen Durchgangserwerb des Bekl. zum Inhalt
haben konnte, formunwirksam war, konnte ein vertraglicher Anspruch des
Kl. gegen den Bekl. auf Herausgabe des treuhänderisch erworbenen Grundstücks
gem. § 667 BGB nicht begründet werden. Im Ergebnis zu Recht haben
die Vorinstanzen entschieden, daß es dem Bekl. im vorliegenden Fall
auch nicht nach Treu und Glauben verwehrt war, sich auf den Formmangel
zu berufen.
a) Allerdings hat der BGH bereits in BGHZ 85,
245 (251, 252) (= NJW 1983, 566 = LM § 313 BGB Nr. 97) entschieden,
daß der Beauftragte sich gegenüber dem Herausgabeverlangen des
Auftraggebers unter bestimmten Umständen nach Treu und Glauben (§
242 BGB) nicht auf den Formmangel berufen kann. Der Formzwang für
die Erwerbsverpflichtung des Auftraggebers dient nicht dem Schutz des Beauftragen.
Es sind daher Fälle denkbar, in denen es mit Treu und Glauben schlechterdings
nicht zu vereinbaren ist, wenn der Beauftragte das in Ausführung des
Auftrags erworbene Eigentum unter Berufung auf eine dem Schutz des Auftraggebers
dienende Formvorschrift nunmehr für sich behalten könnte. Diese
Rechtsprechung hat der BGH in der Folgezeit durchgängig bestätigt
(vgl. z.B. BGHR BGB § 313 Satz 1 Treuhand 2; NJW-RR 1994, 317 = LM
H. 4/1994 § 253 ZPO Nr. 105 = BGHR BGB § 313 Satz 1 Treuhand
3; WM 1990, 1543 (1545); zuletzt BGHZ 127, 168 (175) = NJW 1994, 3346 =
LM H. 3/1995 § 313 BGB Nr. 137).
b) Diese Ausführungen des BGH dürfen
jedoch nicht dahin mißverstanden werden, daß in solchen Fällen
stets ohne Rücksicht auf den Formmangel ein Anspruch des Auftraggebers
gegen den Beauftragten auf Übereignung des treuhänderisch erworbenen
Grundstücks gegeben ist. Vielmehr bedarf es jeweils einer wertenden
Betrachtung sämtlicher Umstände des Einzelfalls, bei der nicht
nur die berechtigten Interessen des Auftraggebers, sondern auch diejenigen
des Beauftragten zu berücksichtigen sind: Im vorliegenden Fall war
- wie bereits das LG eingehend und zutreffend dargelegt hat - der Auftrag
mit seinem vom Kl. behaupteten ursprünglichen Inhalt, nämlich
Ersteigerung des Grundstücks unmittelbar im Namen des Kl., nicht durchführbar
gewesen. Da bereits das teilweise im Namen des Kl. und teilweise im Namen
des Bekl. ausgebrachte Gebot daran gescheitert war, daß das VollstreckungsGer.
auf Betreiben der Gläubigerbank die Sicherheitsleistung gem. §
68 III ZVG auf einen Betrag festgesetzt hatte, den der Bekl. nicht aufbringen
konnte, wäre eine derartige Festsetzung erst recht bei einem ausschließlich
im Namen des Kl. abgegebenen Gebot erfolgt. Der Bekl. war auch - ganz unabhängig
von der Formunwirksamkeit des Auftrags - nicht etwa gehalten, gegen diese
Festsetzung Rechtsbehelfe einzulegen; dies wäre vielmehr eine Überspannung
der an den mit den Einzelheiten des Zwangsversteigerungsrechts nicht vertrauten
Bekl. zu stellenden Sorgfaltsanforderungen gewesen. Der daraufhin vom Bekl.
beschrittene Weg, das Grundstück im eigenen Namen zu ersteigern, setzte
den Bekl. zunächst dem vollen Risiko aus, bis zum Verteilungstermin
den Ersteigerungspreis aufbringen zu müssen. Daß etwa der Kl.
als Auftraggeber bereit und in der Lage gewesen wäre, die dafür
erforderlichen Aufwendungen bereitzustellen und möglicherweise
sogar vorzuschießen (§§ 670, 669 BGB), ist trotz der unsubstantiierten
Angabe, die Finanzierung sei "gesichert" gewesen, nirgends konkret dargetan
und belegt; insbesondere ist nicht ersichtlich, daß der Kl. hinsichtlich
der Finanzierung bereits eigene Verpflichtungen eingegangen war. In diesem
wesentlichen Punkte liegt der hier zu beurteilende Sachverhalt - worauf
das BerGer. zutreffend hingewiesen hat - also grundlegend anders als in
den Fällen, die den Entscheidungen des BGH in BGHZ 85, 245 (251, 252)
(= NJW 1983, 566 = LM § 313 BGB Nr. 97) und BGHZ 127, 168 (175) (=
NJW 1994, 3346 = LM H. 3/1995 § 313 BGB Nr. 137) zugrundegelegen hatten.
Dort war nämlich jeweils der Erwerb des Grundstücks durch den
Beauftragten mit Mitteln des Auftraggebers getätigt worden. Hier hatte
der Kl. lediglich den geringen Betrag von 5300 DM beigetragen, den er unstreitig
zurückerhalten hat.
c) Unter diesen Umständen - insbesondere
unter Berücksichtigung der beiderseitigen Risikoverteilung - begegnet
die Würdigung der Vorinstanzen, daß der Bekl. das ersteigerte
Grundstück unter Berufung auf den Formmangel des vom Kl. erteilten
Auftrages behalten darf und daß dieses Ergebnis nicht schlechterdings
untragbar und mit den Grundsätzen von Treu und Glauben unvereinbar
ist, keinen revisionsrechtlichen Bedenken.
3. Das BerGer. hat ferner geprüft, ob sich
der Anspruch des Kl. auf Übereignung des Grundstücks aus den
Grundsätzen der Geschäftsführung ohne Auftrag (§§
677, 681 S. 2, 667 BGB) begründen läßt. Es hat sich dabei
an der Rechtsprechung des BGH orientiert, wonach auf die Vorschriften über
die Geschäftsführung ohne Auftrag zurückgegriffen werden
kann, wenn das Geschäft aufgrund eines sich später als nichtig
erweisenden Auftrags geführt worden ist (vgl. dazu BGH, NJW-RR 1993,
200 = LM H. 5/1993 § 677 BGB Nr. 31 = BGHR BGB § 677 Nichtigkeit
1 mit zahlr. w. Nachw.). Diesen Anspruch hat das BerGer. indessen in rechtsfehlerfreier
tatrichterlicher Würdigung des beiderseitigen Parteivorbringens daran
scheitern lassen, daß sich bei der vom Bekl. im eigenen Namen getätigten
Ersteigerung des Grundstücks ein objektiv in Erscheinung tretender
Fremdgeschäftsführungswille nicht feststellen läßt.
Der Sachverhalt läßt nämlich, wie das BerGer. zu Recht
ausführt, auch die Deutung zu, daß der Bekl. in dem damaligen
Versteigerungsterin bereits nachdem die zugunsten (auch) des Kl. ausgebrachten
Gebote gescheitert waren, den Willen gefaßt hatte, ohne weitergehende
rechtliche Bindung gegenüber dem Kl. nunmehr allein im eigenen Namen
weiter zu steigern und das Grundstück selber zu erstehen, um erst
dann aus freien Stücken und abhängig von den finanziellen Möglichkeiten
des Kl. darüber zu entscheiden, ob eine Weiterveräußerung
an diesen stattfinden sollte.