Condictio ob rem, (kein) Bereicherungswegfall nach § 818 III BGB bei rechtsgrundloser Schuldentilgung durch einen Dritten
BGH, Urteil v. 08.12.1995  - LwZR 1/95 (Celle) 

Fundstellen:

NJW 1996, 926
LM H. 5/1996 § 818 Abs. 3 BGB Nr. 40
MDR 1996, 568
WM 1996, 932
ZIP 1996, 336
JABl 1996, 825 mit Anm. Baumbach 


Amtl. Leitsatz:

Hat jemand ohne Rechtsgrund die Schulden eines anderen getilgt, so kann der Schuldner gegen den Bereicherungsanspruch grundsätzlich nicht einwenden, er sei nicht mehr bereichert (§ 818 III BGB).



Zum Sachverhalt:

Der Kl. verlangt von seinem Vater, dem Bekl., Ersatz in Höhe von 50000 DM nebst Zinsen. Er hat diesen Anspruch mit Aufwendungen für verschiedene Häuser in M., nämlich in erster Linie mit Ausbaukosten für das Haus S. 15 (1975 bis 1977), hilfsweise mit Erwerbs- und Ausbaukosten für ein Vierfamilienhaus S. 32 (1971 bis 1974) und ganz hilfsweise mit Ausbaukosten für einen Bullenstall 15 (1970) begründet. Er hat behauptet, die Aufwendungen gemacht zu haben, weil er nach einem Versprechen seines Vaters Erbe des Landwirtschaftsbetriebes habe werden sollen.
Das LG hat die Klage abgewiesen. Das OLG - Senat für Landwirtschaftssachen - hat die Berufung des Kl. durch rechtskräftiges Teilurteil vom 14. 7. 1994 insoweit zurückgewiesen, als er Zahlung von 50000 DM für den Ausbau des Hauses S. 15 begehrt hat und schließlich mit dem angefochtenen Schlußurteil die Klageabweisung auch im übrigen bestätigt. Mit der Revision wendet sich der Kl. dagegen nur noch insoweit, als das OLGeinen Anspruch hinsichtlich der für das Haus S. 32 erbrachten Leistungen verneint hat, und verfolgt seinen Zahlungsantrag (50000 DM nebst 4 % Zinsen seit 8. 12. 1992) weiter. Die Revision hatte Erfolg und führte zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das BerGer.

Aus den Gründen:

I. Das BerGer. führt aus, der Bekl. habe vertragliche Absprachen nicht behauptet und es komme damit als Anspruchsgrundlage allein § 812 I 2 BGB in Betracht. Es geht davon aus, daß der Kl. in erheblichem Maße Leistungen für den Kauf des Hauses S. 32 durch seinen Vater und für die nachfolgende Renovierung aufgewendet habe. Unter anderem habe er ein vom Bekl. aufgenommenes Darlehen durch Zahlung von 38694,13 DM abgelöst. Der Bekl. sei aber hinsichtlich dieser Aufwendungen nicht mehr bereichert (§ 818 III BGB). Er sei nicht mehr Eigentümer des Grundstücks S. 32, nachdem er dieses an seine Tochter U übertragen habe. Insoweit sei ihm nur das eingeräumte Altenteil verblieben, das er aber nicht nutze und aus dem er auch keine geldwerten Vorteile ziehe. Er wohne vielmehr auf der Hofstelle S. 15, wo ihm auch nur ein Wohnrecht zustehe. Der Bekl. handle auch nicht treuwidrig, wenn er seine Tochter nicht in Anspruch nehme.
II. Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung nicht stand. Soweit das BerGer. davon ausgeht, der Kl. habe in erheblichem Maße Leistungen durch Zahlungen zu Lasten des auf seinen Namen lautenden Kontos "für den Kauf des Hauses S. 32 durch den Bekl. und für die nachfolgende Renovierung aufgewandt", ist diese Darlegung ungenau und wird nur hinsichtlich eines Betrages von 38694,13 DM dahin präzisiert, der Kl. habe insoweit ein vom Bekl. aufgenommenes Darlehen abgelöst. Insgesamt lassen sich die Ausführungen des BerGer. nur im Zusammenhang mit Tatbestand und Entscheidungsgründen des erstinstanziellen Urteils verstehen, auf die das BerGer. (über das frühere Teilurteil) Bezug nimmt. Danach handelte es sich bei dem Betrag von 38694,13 DM um ein vom Bekl. zum Ausbau des Hauses S. 32 aufgenommenes Darlehen. Bei den vom BerGer. erwähnten Leistungen zum Kauf des Hauses ist ersichtlich in erster Linie ein Betrag von 30000 DM gemeint, der - wie das LandwirtschaftsGangenommen hat - vom Konto des Kl. an den Verkäufer B auf die Kaufpreisschuld des Bekl. zum Erwerb des Anwesens gezahlt wurde. Der Kl. begründet einerseits mit der Kaufpreiszahlung und andererseits mit der Darlehenszahlung den von ihm geltend gemachten Teilbetrag. Insoweit hat er durch seine Leistungen Schulden des Bekl. getilgt, die damit erloschen sind. Die Bereicherung des Bekl. besteht darin, seiner Schulden ledig zu sein.
Von diesem Ausgangspunkt aus sind die Ausführungen des BerGer. zum Bereicherungswegfall (§ 818 III BGB) schon im Ansatz verfehlt. Ob - wie die Revision geltend macht - der Bekl. einer verschärften Haftung nach §§ 820 I 1, 818 IV, 292 BGB unterliegt, mag zweifelhaft sein. Hierauf kommt es jedoch nicht an. Hat der Kl. durch von ihm erbrachte Zahlungen den Bekl. von seiner Verbindlichkeit befreit (vgl. auch § 267 I BGB), so besteht die dadurch bewirkte Bereicherung (Wegfall der Schuld) unverändert fort; in diesen Fällen kommt deshalb eine Berufung auf den Wegfall der Bereicherung grundsätzlich  nicht in Betracht (vgl. BGHZ56, 317 (322) = NJW 1971, 2023 = LM § 102 UrkG (L) Nr. 1; BGH, LM § 313 BGB Nr. 48 = WM 1971, 1202 (1204); NJW 1985, 2700 = LM § 812 BGB Nr. 178 m.w. Nachw.; BVerwGE28, 68 (75); Joerges, in AK-BGB, § 818 Rdnr. 59; Heiman/Trosien, in: RGRK, 12. Aufl., § 818 Rdnr. 33; Erman/Westermann,BGB, 9. Aufl., § 818 Rdnr. 36 und 38; Lieb, in: MünchKomm, 2. Aufl., § 818 Rdnr. 77 m.w.Nachw.; Palandt/Thomas, BGB, 54. Aufl., § 818 Rdnr. 38; Soergel/Mühl, BGB, 11. Aufl., § 818 Rdnr. 67; Staudinger/Lorenz, BGB, 13. Bearb., § 818 Rdnr. 35). Irrelevant sind damit die Überlegungen des BerGer. zur Übertragung des Grundstücks S. 32 vom Bekl. auf seine Tochter und das ihm verbliebene Altenteilsrecht, das er nicht nutze. Nicht das Grundstück ist Gegenstand der Bereicherung, sondern die Befreiung von der Kaufpreis- und Darlehensschuld.
Der Senat kann in der Sache nicht selbst entscheiden. Es ist schon nicht sicher, ob das BerGer. feststellt, daß der Kl. die erwähnten Zahlungen auf Schulden des Bekl. geleistet hat, oder dies nur unterstellt. Vor allem aber ist zwischen den Parteien streitig, ob der Bekl. hilfsweise erfolgreich mit einem Ersatzanspruch wegen unberechtigter Veräußerung von Inventar aufrechnen konnte, wovon das LandwirtschaftsG ausgegangen ist.


<- Zurück mit dem "Back"-Button Ihres Browsers!