Bürgschaft oder Garantie auf erstes Anfordern: Voraussetzungen der Zahlungspflicht ("formeller Bürgschaftsfall") 

BGH, Urteil v. 23.01.1997 - IX ZR 297/95   

Amtlicher Leitsatz

1. Eine am internationalen Wirtschaftsverkehr beteiligte Aktiengesellschaft kann in einem Individualvertrag wirksam eine Bürgschaft oder Garantie auf erstes Anfordern übernehmen (Klarstellung zu BGH, NJW-RR 1990, 1265 = LM § 765 BGB Nr. 71 = WM 1990, 1410).
2. Verlangt der Gläubiger vom Bürgen oder Garanten eine Zahlung auf erstes Anfordern, so hat er grundsätzlich dasjenige eindeutig erkennbar zu erklären, was als Voraussetzung der vorläufigen Zahlungspflicht in der Urkunde niedergelegt ist; eine wörtliche Übereinstimmung ist nur dann erforderlich, wenn dies ausdrücklich vereinbart ist.  



Fundstellen:

NJW 1997, 1435
WM 1997, 656
ZIP 1997, 582
DB 1997, 1227
MDR 1997, 565



Zum Sachverhalt:

Die kl. deutsche Bank nimmt die Bekl. - eine französische AG (Société anonyme) und den Präsidenten ihres Verwaltungsrats - im Urkundenprozeß aus mehreren Zahlungszusagen in Anspruch. Die Bekl. zu 1, die sich zu 51% an der deutschen L-GmbH (fortan: L) beteiligt hatte, verpflichtete sich gegenüber der Kl. in mehreren von dieser entworfenen Urkunden in französischer Sprache zur Zahlung von 1,5 Mio. DM und weiteren 500000 DM, um Darlehen der Kl. an die L zu sichern. Eine undatierte Urkunde, die die Kl. nach ihrer Behauptung am 14. 5. 1993 erhalten hat, trägt die Überschrift "Garantie de bonne fin de crédit No. ..." und lautet in deutscher Übersetzung auszugsweise wie folgt: "Bürgschaft ohne Vorbehalt mit der Darlehensnummer ... Sie sind bereit, der L ... ein Darlehen mit kurzer Laufzeit (ebenfalls für die Ausstellung von Bürgschaften oder Diskontoperationen verwendbar) über einen Betrag von 3 Mio. DM zu gewähren, dessen Rückzahlung durch eine Bürgschaft zu decken ist. Aufgrund dessen verpflichten wir uns, ... (Bekl. zu 1) ..., hiermit unwiderruflich, Ihnen bis zur Höhe von 1,5 Mio. DM zzgl. Zinsen und möglicher Kosten bei Eingang Ihrer ersten schriftlichen Aufforderung, in der uns mitgeteilt wird, daß ihnen das Darlehen nicht zurückgezahlt worden ist, Zahlung zu leisten. Unsere Bürgschaft endet am Tage der Rückgabe dieses Dokumentes an uns. Diese Bürgschaft unterliegt dem deutschen Gesetz ..." In einer weiteren undatierten, im wesentlichen gleichlautenden Urkunde, die die Kl. ebenfalls am 14. 5. 1993 empfangen haben will, verpflichtete sich die Bekl. zu 1 bis zum 31. 7. 1993 zur Zahlung von 500000 DM zzgl. Zinsen und Kosten, um ein bis zum 30. 6. 1993 zu gewährendes Darlehen der Kl. an die L von 1 Mio. DM zu sichern. Am 25. 6. 1993 gab die Bekl. zu 1 folgende weitere Erklärung - mit derselben Überschrift - gegenüber der Kl. ab: "Bürgschaft ohne Vorbehalt mit der Darlehensnummer ... Sie sind bereit, der L ... weitere Darlehen zu gewähren, deren Rückzahlung durch eine Bürgschaft zu sichern ist. Aufgrund dessen verpflichten wir uns, ... (Bekl. zu 1) ..., hiermit unwiderruflich - zusätzlich zu unserer zu Ihren Gunsten früher ohne Vorbehalt erstellten Darlehensbürgschaft über einen Betrag von 1,5 Mio. DM bis zur Höhe von 500000 DM zzgl. Zinsen und möglicher Kosten bei Eingang Ihrer schriftlichen Aufforderung, in der uns mitgeteilt wird, daß Ihnen die Darlehen nicht ordnungsgemäß zurückerstattet worden sind, Zahlung zu leisten. Unsere Bürgschaft endet am Tage der Rückgabe dieses Dokumentes an uns, jedoch spätestens zum 31. 12. 1993, ... Diese Bürgschaft unterliegt dem deutschen Gesetz, ..."Aufgrund dieser Urkunden verlangte die Kl. von der Bekl. zu 1 Zahlung von 2 Mio. DM. Beide Bekl. gaben der Kl. in französischer Sprache gehaltene Zahlungszusagen im Hinblick auf eine geplante Kapitalerhöhung der L. Eine von der Bekl. zu 1 am 20. 9. 1993 unterzeichnete Urkunde lautet in der Übersetzung auszugsweise wie folgt: "Hiermit verpflichten wir uns gegenüber der ... (Kl.) entsprechend der Entscheidung zur Kapitalerhöhung vom 25. 6. 1993, die Einlage entsprechend unserer Beteiligung in der Gesellschaft L ... in Höhe von: 2091000 DM bis zum 31. 10. 1993 zu zahlen. Des weiteren verpflichten wir uns unwiderruflich, den zuvor genannten Betrag lediglich auf das nachfolgend genannte Geschäftskonto zu zahlen: L ... D-Bank AG in Köln." Außerdem gab die Bekl. zu 1 am 27. 9. 1993 gegenüber der Kl. folgende weitere Erklärung mit der Überschrift "Garantie de bonne fin de paiement No. ..." ab: "Zahlungsbürgschaft ohne Vorbehalt Nr... Sie sind bereit, der L ... weitere Darlehen zu gewähren, deren Rückzahlung durch eine Bürgschaft zu decken ist. Aufgrund dessen verpflichten wir uns, ... (Bekl. zu 1) ..., hiermit unwiderruflich - zusätzlich zu unserer zu Ihren Gunsten früher ohne Vorbehalt erstellten Darlehensbürgschaft über einen Betrag von 2,5 Mio. DM bis zur Höhe von 2091000 DM ... zzgl. Zinsen und möglicher Kosten bei Eingang Ihrer ersten schriftlichen Aufforderung, in der uns mitgeteilt wird, daß Ihnen die Darlehen nicht ordnungsgemäß zurückerstattet worden sind, Zahlung zu leisten. Diese Bürgschaft tritt in Kraft am 1. 11. 1993 und kann nicht in Anspruch genommen werden, sofern ... (Bekl. zu 1) ... ihre Verpflichtungen zur Beteiligung an der Kapitalerhöhung der L ... in Höhe von 2091000 DM am 30. 10. 1993 einhält. Diese Bürgschaft endet ... spätestens zum 15. 11. 1993 ... Diese Bürgschaft unterliegt dem deutschen Gesetz ..." An demselben Tag erklärte der Bekl. zu 2 - mit der vorgenannten Überschrift - gegenüber der Kl., daß er von diesen Verpflichtungen der Bekl. zu 1 erfahren habe; in der Urkunde heißt es sodann: "Dies vorausgesetzt, verpflichte ich mich, der Unterzeichnende ... (Bekl. zu 2) hiermit unwiderruflich, Ihnen bis zur Höhe von 2091000 DM zzgl. Zinsen und möglicher Kosten bei Eingang Ihrer ersten schriftlichen Aufforderung, in der mir mitgeteilt wird, daß ... (Bekl. zu 1) ihre zuvor genannten Verpflichtungen nicht eingehalten hat, Zahlung zu leisten. Meine Bürgschaft endet ... spätestens zum 30. 11. 1993 ... Diese Bürgschaft unterliegt dem deutschen Gesetz ..." Die Bekl. zu 1 zahlte die Einlage in Höhe von 2091000 DM Ende Oktober 1993 auf ein Konto der L bei der D-Bank, die den Betrag wegen eigener Ansprüche nicht an die Kl. weiterleitete. Aufgrund dieser Urkunde verlangte die Kl. von den Bekl. Zahlung von 2091000 DM. Die Kl. hat im Urkundenprozeß von der Bekl. zu 1 Zahlung von 2 Mio. DM nebst Zinsen sowie von beiden Bekl. als Gesamtschuldner Zahlung weiterer 2091000 DM nebst Zinsen begehrt. Das LG hat der Klage stattgegeben und den Bekl. die Ausführung ihrer Rechte im Nachverfahren vorbehalten; das OLG hat die Berufung der Bekl. zurückgewiesen (ZIP 1996, 631 m. Anm. Nielsen, EWiR 1996, 1). Die Bekl. hatten mit ihrer Revision zum Teil Erfolg.

Aus den Gründen:

A. Das Rechtsmittel ist unbegründet, soweit der Kl. die Ansprüche gegen die Bekl. zu 1 aus der undatierten Urkunde über 1,5 Mio. DM und aus der Urkunde vom 25. 6. 1993 über 500000 DM nebst Zinsen zuerkannt worden sind. Dazu hat das BerGer. ausgeführt: Es könne offenbleiben, ob es sich um Garantie- oder Bürgschaftserklärungen handele. Selbst wenn zugunsten der Bekl. zu 1 von Bürgschaften ausgegangen werde, so seien diese solche auf erstes Anfordern. Die Bekl. habe die einzelvertragliche Klausel "Zahlung auf erste schriftliche Anforderung" in den von der Kl. entworfenen Urkunden nicht als bloße Fälligkeitsabrede verstehen dürfen, weil jede Verknüpfung mit Fälligkeitsterminen fehle und der Text inhaltlich dem Muster international gebräuchlicher Bankgarantien und Bürgschaften auf erstes Anfordern entspreche. Die Bedeutung derartiger, vor allem im Außenhandel verwendeter Vertragsklauseln habe der Bekl. als AG und als im internationalen Wirtschaftsverkehr erfahrenem Industrieunternehmen, das Teil eines europaweit tätigen Industriekonzerns und Muttergesellschaft verschiedener Auslandsunternehmen sei, geläufig sein müssen. Ihr sei der Unterschied zwischen Bürgschaft und Garantie bekannt gewesen. Die Bekl. habe die Bürgschaften auf erstes Anfordern einzelvertraglich wirksam übernehmen können, obwohl sie nicht im Kreditwesen tätig sei. Sie sei von der Kl. gemäß den Urkunden in Anspruch genommen worden; die Zahlungsanforderungen hätten sich erkennbar auf die undatierte Bürgschaft über 1,5 Mio. DM und - trotz der Verwechslung des Datums - auf die Bürgschaft vom 25. 6. 1993 über 500000 DM bezogen. Der Wortlaut der Urkunden lasse - gemäß dem Klagevortrag - die Deutung zu, daß bereits gewährte Darlehen an die L gesichert worden seien. Die Inanspruchnahme der Bekl. sei nicht rechtsmißbräuchlich. Einer Nachprüfung nach deutschem Recht, das von den Parteien gewählt wurde (Art. 27 I EGBGB), halten diese Ausführungen stand.
I. Die Revision wendet sich nicht dagegen, daß das BerGer. zugunsten der Bekl. nicht von einer Garantie (§ 305 BGB) ausgegangen ist, die vom Bestand einer gesicherten Verbindlichkeit unabhängig ist, sondern von einer an die Hauptschuld gebundenen Bürgschaft (§§ 765ff. BGB; vgl. zur Abgrenzung BGHZ 74, 244 (246f.) = NJW 1979, 1500 = LM § 765 BGB Nr. 27; BGH, NJW 1967, 1020f. = LM § 765 BGB Nr. 13 = WM 1975, 348 (349); WM 1982, 632). Erfolglos beanstandet die Revision jedoch die tatrichterliche Auslegung, es handele sich um Zahlungsverpflichtungen auf erstes Anfordern und nicht um einfache Bürgschaften mit Fälligkeitsabreden (vgl. BGHZ 74, 244 (246f.) = NJW 1979, 1500 = LM § 765 BGB Nr. 27; BGH, NJW 1992, 1446f. = LM H. 8/1992 § 765 BGB Nr. 81). Die Verfahrensrügen wurden geprüft, greifen aber nicht durch (§ 565a ZPO).
II. Die Revision macht unter Bezugnahme auf das Senatsurteil vom 5. 7. 1990 (NJW-RR 1990, 1265 = LM § 765 BGB Nr. 71 = WM 1990, 1410) vergeblich geltend, die nicht im Kreditgewerbe tätige Bekl. zu 1 habe eine Bürgschaft auf erstes Anfordern nicht wirksam vereinbaren können. Der jenem Urteil zugrundeliegende Sachverhalt war dadurch gekennzeichnet, daß ein Nichtkaufmann - vor Inkrafttreten des AGB-Gesetzes - in einer AGB einer Bank eine solche Bürgschaft übernommen hatte. Dazu hat der Senat ausgeführt, wegen der Begründung einer unbedingten vorläufigen Zahlungspflicht sei die Bürgschaft auf erstes Anfordern selbst für Kaufleute, die keine Bankgeschäfte betrieben, ein äußerst risikoreiches Rechtsgeschäft, das einer Garantieübernahme für fremde Schuld fast gleichstehe und zum Mißbrauch verleite; deshalb solle eine Verpflichtung, auf erstes Anfordern sofort ohne Rücksicht auf Einwendungen zu zahlen, den Kreditinstituten vorbehalten bleiben. Diese Erwägungen können nicht ohne weiteres auf den vorliegenden Fall übertragen werden, daß in einem Individualvertrag eine Bürgschaft auf erstes Anfordern übernommen wird (vgl. Senat, NJW 1992, 1446 = LM H. 8/1992 § 765 BGB Nr. 81).
1. Ein solches Rechtsgeschäft ist nicht gem. § 134 BGB i.V. mit § 1 I 2 Nr. 8 KWG unwirksam, wie das BerGer. zutreffend ausgeführt hat. Nach dieser Vorschrift sind Bankgeschäfte die Übernahme von Bürgschaften, Garantien und sonstigen Gewährleistungen für andere (Garantiegeschäft). Wer solche Geschäfte als Kreditinstitut i.S. des § 1 I KWG betreiben will, bedarf einer behördlichen Erlaubnis und steht unter staatlicher Aufsicht (§§ 32ff. KWG). Es ist kein Anhaltspunkt dafür vorgetragen und ersichtlich, daß die Bekl. diese Voraussetzung erfüllt. Die genannten Bestimmungen sollen nicht verhindern, daß jemand ein Garantiegeschäft im Einzelfall vornimmt; sie sollen nur gewährleisten, daß derjenige, der Bankgeschäfte gewerbsmäßig betreibt, der staatlichen Kontrolle unterliegt.
2. Von Gesetzes wegen kann grundsätzlich jedermann im Rahmen seiner Vertragsfreiheit eine Bürgschaft auf erstes Anfordern im Einzelfall vornehmen; eine andere Frage ist es, ob und ggf. in welchem Umfang er vor den Folgen seiner Verpflichtung zu schützen ist (vgl. Graf v. Westphalen, in: ders., VertragsR u. AGB-Klauselwerke, Bürgschaft (Stand: November 1995), Rdnrn. 102, 109, 110; Reinicke/Tiedtke, BürgschaftsR, 1995, Rdnrn. 235, 236; Ulmer/Brandner/Hensen, AGBG, 7. Aufl., Anh. §§ 9-11 Rdnrn. 265f; Bydlinski, WM 1991, 257 (259, 262); Heinsius, in: Festschr. f. Merz, 1992, 177 (191); Schäfer, WuB I F 1a - 13.90; Tiedtke, EWiR 1992, 865 (866)).
a) Der Bürge, der sich zur Zahlung auf erstes Anfordern verpflichtet, muß in der Regel sofort zahlen und kann Einwendungen oder Einreden aus dem Hauptschuldverhältnis erst in einem Rückforderungsprozeß geltend machen (BGHZ 74, 244 (247f.) = NJW 1979, 1500 = LM § 765 BGB Nr. 27; BGH, NJW 1992, 1446 = LM H. 8/1992 § 765 BGB Nr. 81; NJW 1994, 380 (381) = LM H. 4/1994 § 765 BGB Nr. 88; NJW 1997, 255 = LM H. 2/1997 § 765 BGB Nr. 111 = WM 1996, 2228f.). Der Gläubiger braucht nur die Bürgenleistung vertragsgerecht anzufordern, muß aber nicht die verbürgte Hauptforderung schlüssig darlegen (BGH, NJW 1994, 380 = LM H. 4/1994 § 765 BGB Nr. 88; NJW 1997, 255 = LM H. 2/1997 § 765 BGB Nr. 111 = WM 1996, 2228). Der Bürge darf einwenden, seine Verpflichtung sichere nach der Vertragsurkunde nicht die dem Zahlungsbegehren des Gläubigers zugrundeliegende Hauptforderung (BGH, NJW 1996, 717 = LM H. 5/1996 § 765 BGB Nr. 103 = WM 1996, 193 (194)). Alle anderen Streitfragen tatsächlicher und rechtlicher Art, die den verbürgten Anspruch betreffen, sind regelmäßig erst in einem künftigen Rechtsstreit auf Rückforderung der Bürgenleistung - noch nicht im Nachverfahren eines Urkundenprozesses wegen der Bürgenhaftung - auszutragen, es sei denn, daß ausnahmsweise der Einwand einer mißbräuchlichen, für jedermann klar erkennbaren Ausnutzung einer formalen Rechtsstellung gem. § 242 BGB durchgreift (BGH, NJW 1994, 380 (381f.) = LM H. 4/1994 § 765 BGB Nr. 88; NJW 1997, 255 = LM H. 2/1997 § 765 BGB Nr. 111 = WM 1996, 2228 (2229f.)). Die Darlegungs- und Beweislast im Rückforderungsprozeß unterscheidet sich nicht von derjenigen im gewöhnlichen Bürgschaftsrechtsstreit; nicht der Bürge muß seinen Bereicherungsanspruch (§ 812 BGB) darlegen und beweisen, sondern den Gläubiger trifft diese Last für das Entstehen und die Fälligkeit der verbürgten Hauptforderung (BGH, NJW 1989, 1606 (1607) = LM § 282 ZPO (Beweislast) Nr. 65; NJW-RR 1989, 1324 = LM § 765 BGB Nr. 69 = WM 1989, 1496 (1498)). Garantie und Bürgschaft auf erstes Anfordern sind typische Geschäfte vor allem bei der Konzernfinanzierung und im internationalen Handel (BGH, NJW 1984, 923 = LM § 765 BGB Nr. 34 = WM 1984, 44 (45); NJW 1992, 1446 (1447); NJW 1994, 380 (381) = LM H. 4/1994 § 765 BGB Nr. 88). Der Bürge, der sich zur Zahlung auf erstes Anfordern verpflichtet, setzt sich der Gefahr aus, ungerechtfertigt in Anspruch genommen zu werden und einen Rückzahlungsanspruch wegen Insolvenz des Gläubigers oder im Ausland nicht durchsetzen zu können. Vor diesem Risiko ist nur derjenige zu schützen, der des Schutzes bedarf; dies wird im nichtkaufmännischen Bereich eher der Fall sein als im kaufmännischen Verkehr (vgl. Graf v. Westphalen, Rdnrn. 109, 110; Ulmer/Brandner/Hensen, Anh. §§ 9-11 Rdnr. 265a; Wolf/Horn/Lindacher, AGBG, 3. Aufl., § 9 Rdnr. B 219; Graf Lambsdorff/Skora, Hdb. d. BürgschaftsR, 1994, Rdnr. 27; Michalski, ZBB 1994, 289 (297)).Ob die Übernahme einer solchen Haftung in AGB wirksam ist, braucht hier nicht entschieden zu werden. Für eine entsprechende Verpflichtung in einem Individualvertrag hat der Senat in seinem Urteil vom 12. 3. 1992 (NJW 1992, 1446 (1447) = LM H. 8/1992 § 765 BGB Nr. 81) zum Ausdruck gebracht, daß derjenige Schutz erwarten darf, der ohne besondere Kenntnisse und Erfahrungen außerhalb des Bank- und Außenhandelsverkehrs eine einzelvertragliche, vom Gläubiger formulierte Bürgschaft auf erstes Anfordern übernommen hat.
b) Die Bekl. zu 1 benötigt keinen Schutz in dem Sinne, daß die Wirksamkeit ihrer Zahlungsversprechen gegenüber der Kl. einzuschränken ist (vgl. zur Schutzbedürftigkeit Heinsius, in: Festschr. f. Merz, 177 (186, 192); Bydlinski, WM 1991, 257 (259); Schäfer, WuB I F 1a - 13.90; Graf Lambsdorff/Skora, Rdnr. 27; Graf v. Westphalen, Rdnr. 102). Sie ist nach unbeanstandeter tatrichterlicher Feststellung eine französische AG, die als Teil eines europaweit tätigen Konzerns im internationalen Wirtschaftsverkehr erfahren und Muttergesellschaft ausländischer Unternehmen ist; ihre Zahlungszusagen sollten die Kredite der kl. deutschen Bank an eine deutsche GmbH sichern, deren Mehrheitsgesellschafterin die Bekl. ist. Danach fallen diese Verpflichtungen nach ihrem Gegenstand und dem beteiligten Personenkreis in den Bereich, in dem Garantien und Bürgschaften auf erstes Anfordern üblich sind. Mit Rücksicht darauf hat das BerGer. rechtsfehlerfrei festgestellt, daß der Bekl. - ausgehend vom Wortlaut der in französischer Sprache gehaltenen Vertragsurkunden und von der unverkennbaren Interessenlage der Parteien - die Bedeutung ihrer Verpflichtungen klar sein mußte. Das BerGer. verweist zutreffend darauf, daß im Sitzungsprotokoll des Verwaltungsrats der Bekl. zu 1 vom 23. 11. 1992 die französischen Begriffe "cautionner" (bürgen) und "garantir" (garantieren) betreffend "les engagements de la Société L" verwendet wurden. Auch dem französischen Recht sind die Garantie und Bürgschaft auf erstes Anfordern (garantie/cautionnement à première demande) im Rechtsverkehr zwischen Banken, Gesellschaften und Konzernen sowie im internationalen Handel bekannt (Ferid/Sonnenberger, Das Französische ZivilR II, 2. Aufl. (1986), Rdnr. 2 MJ 42; dies., Das Französische ZivilR IV/1, 2. Aufl. (1993), Rdnrn. 2 M 7, 7a; Sonnenberger/Dammann, Französisches Handels- u. WirtschaftsR, 2. Aufl. (1991), Rdnrn. VI 140, 141; Simler, in: Witz/Bopp, Französiches VertragsR für deutsche Exporteure, 1989, S. 32, 36ff.). Die Bekl. zu 1 ist entgegen der Ansicht der Revision nicht erst dann schutzwürdig, wenn festgestellt wird, daß die Bürgin bei Vertragsschluß über Erfahrungen auf dem Gebiet der Kreditsicherung verfügte und die Bedeutung der Zahlungsklausel kannte. Unter den festgestellten Umständen des vorliegenden Falls durfte die Kl. sich darauf verlassen, daß der Bekl. die Tragweite ihrer Verpflichtungen, die der Finanzierung ihres Tochterunternehmens dienten, bewußt war. Deswegen schuldete die Kl. der Bekl. entgegen der Ansicht der Revision keine Aufklärung über ihr Vertragsrisiko (vgl. Graf v. Westphalen, Rdnr. 107).
3. Die Zahlungsverpflichtungen der Bekl. zu 1 in Höhe von 1,5 Mio. DM und 500000 DM waren auch dann wirksam, wenn es sich um Garantien auf erstes Anfordern handelt, die zu einer strengeren Haftung als entsprechende Bürgschaften führen. Eine am internationalen Wirtschaftsverkehr beteiligte AG kann das damit verbundene Risiko übersehen und sich deswegen einzelvertraglich in einer solchen Weise wirksam verpflichten (vgl. Bydlinski, WM 1991, 257 (259); Heinsius, in: Festschr. f. Merz, 177 (184ff., 192ff.); Schäfer, WuB I F 1a - 13.90). Das BerGer. hat daher die Abgrenzung gegenüber der Bürgschaft hier mit Recht unterlassen.
III. 1. Nach rechtsfehlerfreier tatrichterlicher Feststellung ergibt sich der Einwand der Bekl., Sicherungsgegenstand seien nur künftige, von der Kl. aber nicht gewährte Kredite an die L gewesen, nicht hinreichend eindeutig aus den Urkunden selbst (vgl. BGH, NJW 1996, 717 = LM H. 5/1996 § 765 BGB Nr. 103 = WM 1996, 193); diese lassen vielmehr auch - gemäß dem Klagevortrag - die Deutung zu, die Verpflichtungen hätten bereits eingeräumte, fortlaufende Darlehen gesichert.
2. Die Revision rügt erfolglos die weitere Feststellung des BerGer., die Kl. habe die Zahlungen von der Bekl. zu 1 vertragsgerecht angefordert. Mit Schreiben vom 19. und 26. 11. 1993 verlangte die Kl. von der Bekl. zu 1 Zahlung aus der "Garantie vom 14. 5. 1993 über 1,5 Mio. DM" und aus der "Garantie vom 14. 5. 1993 über 500000 DM befristet bis zum 31. 12. 1993". In den gleichlautenden Schreiben heißt es: "Die o.g. Schuldnerin (gemeint ist die L) hat die mit uns getroffenen Vereinbarungen nicht eingehalten. Wir haben uns daher sowie aufgrund unserer Kenntnisnahme von dem gestellten Vergleichsantrag veranlaßt gesehen, unsere Forderungen gegen die L ... zur sofortigen Rückzahlung fälligzustellen. Da die L ... ihrer Zahlungsverpflichtung bislang nicht nachgekommen ist, nehmen wir Sie hiermit aus Ihrer vorgenannten Garantie auf Zahlung in Anspruch. Unsere Forderung übersteigt den von Ihnen garantierten Betrag." Nimmt der Gläubiger einen Bürgen oder Garanten aus seiner Verpflichtung auf erstes Anfordern in Anspruch, so hat er dafür im Rahmen der formellen Dokumentenstrenge grundsätzlich dasjenige eindeutig erkennbar zu erklären, was als Voraussetzung der vorläufigen Zahlungspflicht in den Urkunden niedergelegt ist (vgl. BGH, NJW 1994, 380 = LM H. 4/1994 § 765 BGB Nr. 88; NJW 1997, 255 = LM H. 2/1997 § 765 BGB Nr. 111 = WM 1996, 2228 (2229); NJW 1996, 1052 (1053) = LM H. 5/1996 § 305 BGB Nr. 63; NJW 1996, 1673 = LM H. 7/1996 § 305 BGB Nr. 64); eine wörtliche Übereinstimmung ist entgegen der Ansicht der Revision nur dann erforderlich, wenn dies ausdrücklich vereinbart ist (vgl. Graf v. Westphalen, Die Bankgarantie im internationalen Handelsverkehr, 2. Aufl., S. 151; Nielsen, Bankgarantien bei Außenhandelsgeschäften, 1986, S. 82).
a) Die Inanspruchnahme der Bekl. aus ihrer Verpflichtung über 1,5 Mio. DM durch Schreiben der Kl. vom 19. 11. 1993 war nach der rechtsfehlerfreien tatrichterlichen Feststellung ordnungsgemäß. Eine mit der Verpflichtung wörtlich übereinstimmende Anforderung war nicht vereinbart. Diese hat die Voraussetzungen der Zahlungspflicht aus der Urkunde ausreichend zum Ausdruck gebracht. Die Verpflichtung der Bekl. enthält zwar nicht das im Anforderungsschreiben angegebene Datum des 14. 5. 1993. Das BerGer. hat aber ohne Rechtsfehler festgestellt, daß sich die Inanspruchnahme in Höhe von 1,5 Mio. DM aus der maßgeblichen Sicht der Bekl. unmißverständlich auf deren undatierte Verpflichtung über diesen Betrag bezogen hat. Wegen des Begleitschreibens des Bekl. zu 2 vom 10. 5. 1993 ist gemäß tatrichterlicher Feststellung davon auszugehen, daß die Kl. die Urkunde am 14. 5. 1993 erhalten hat. Die Kl. hat mit Schreiben vom 16. 6. 1993, zugestellt am 22. 6. 1993, der Bekl. "den Eingang Ihrer Bürgschaft vom 14. 5. 1993 über 1,5 Mio. DM" bestätigt. Unstreitig hat die Bekl. keine weitere Verpflichtung in dieser Höhe gegenüber der Kl. übernommen. Nach der Urkunde hing die Zahlungspflicht von der Mitteilung ab, daß der Kl. das der L gewährte Darlehen nicht zurückgezahlt worden sei. Das BerGer. hat rechtsfehlerfrei angenommen, daß sich eine solche Mitteilung aus dem Anforderungsschreiben für die Bekl. ergeben hat. Zwar war darin nicht ausdrücklich von einem Darlehen die Rede. Dort heißt es jedoch, daß die L die Vereinbarungen mit der Kl. nicht eingehalten habe, daß daher und wegen des Vergleichsantrags deren Forderung gegen L fälliggestellt worden sei und daß "die L ihrer Zahlungsverpflichtung bislang nicht nachgekommen ist". Da andere Forderungen der Kl. gegen die L nicht in Betracht kamen, mußte die Bekl. das Schreiben dahin verstehen, daß die L ein Darlehen nicht an die Kl. zurückgezahlt hatte.
b) Aus ihrer Verpflichtung vom 25. 6. 1993 über 500000 DM wurde die Bekl. durch Schreiben der Kl. vom 26. 11. 1993 vertragsgerecht in Anspruch genommen. Dieses Schreiben betraf nach seinem Eingang die "Garantie vom 14. 5. 1993 über 500000 DM befristet bis zum 31. 12. 1993 ...". Der erste Teil dieser Mitteilung konnte sich auf die undatierte, bis zum 31. 7. 1993 befristete Verpflichtung der Bekl. beziehen; diese Urkunde hatte die Kl. nach tatrichterlicher Feststellung ebenfalls am 14. 5. 1993 erhalten. Durch die Bezugnahme auf die - in der Urkunde vom 25. 6. 1993 enthaltene - Befristung bis zum 31. 12. 1993 in einem Anforderungsschreiben, das fast vier Monate nach Ende Juli 1993 verfaßt worden war, hat die Kl. jedoch nach einwandfreier tatrichterlicher Feststellung auch aus der Sicht der Bekl. deutlich gemacht, daß diese aufgrund ihrer Verpflichtung vom 25. 6. 1993 über 500000 DM zahlen sollte. Die nach dieser Urkunde erforderliche Mitteilung, daß die L der Kl. Darlehen nicht ordnungsgemäß rückerstattet habe, war im Anforderungsschreiben vom 26. 11. 1993 eindeutig erkennbar enthalten; insoweit gelten die vorstehenden Ausführungen entsprechend.
3. Das BerGer. hat eine mißbräuchliche Ausnutzung einer formalen Rechtsstellung verneint (vgl. zu den Voraussetzungen BGH, NJW 1994, 380 = LM H. 4/1994 § 765 BGB Nr. 88; NJW 1997, 255 = LM H. 2/1997 § 765 BGB Nr. 111 = WM 1996, 2228 (2229f.)). Die weiteren Einwände der Bekl., ihre Verpflichtungen hätten künftige, aber nicht gewährte Darlehen an die L gesichert, die Kl. habe sie wegen sittenwidriger Schädigung und Betrugs von den Zahlungspflichten zu befreien und das bis zum 31. 12. 1993 befristete Zahlungsversprechen über 500000 DM vom 25. 6. 1993 sei durch die undatierte, nur bis zum 31. 12. 1993 befristete Erklärung ersetzt worden, hat das BerGer. als im Urkundenprozeß unstatthaft zurückgewiesen (§§ 595 II, 598 ZPO). Dies ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
B. Die Revision hat Erfolg, soweit beide Bekl. aufgrund der - ebenfalls dem deutschen Recht unterstellten - Verpflichtungen vom 20. 9. 1993 und vom 27. 9. 1993 verurteilt worden sind, als Gesamtschuldner 2091000 DM nebst Zinsen an die Kl. zu zahlen.
I. Der Kl. steht ein solcher Anspruch gegen die Bekl. zu 1 nicht zu. Das BerGer. hat ausgeführt: Zwar lasse sich eine Zahlungspflicht nicht aus dem Versprechen vom 27. 9. 1993 herleiten, weil die Inanspruchnahme durch Schreiben vom 10. 11. 1993 ungenügend gewesen sei. Die Kl. könne ihren Anspruch aber auf die Erklärung vom 20. 9. 1993 stützen. Diese enthalte nach ihrem Wortlaut und dem Zweck, die Kreditverbindlichkeiten der L zusätzlich zu sichern, ein abstraktes Schuldversprechen gegenüber der Kl.
1. Diese Ausführungen halten der Revisionsrüge nicht stand, soweit die Verpflichtung der Bekl. vom 20. 9. 1993 ein selbständiges Schuldversprechen gem. § 780 BGB sein soll. Eine solche Haftung wird übernommen, wenn das Versprechen die Verpflichtung von ihren wirtschaftlichen und rechtlichen Zusammenhängen löst und allein auf den Leistungswillen des Versprechenden abstellt, so daß der Gläubiger sich zur Begründung seines Anspruchs nur auf das Versprechen zu berufen braucht (BGHZ 114, 9 (12) = NJW 1991, 167 = LM § 1191 BGB Nr. 44; BGH, NJW 1976, 567 = LM § 780 BGB Nr. 6). Ob dies gewollt ist, ist vom Tatrichter durch Auslegung der einzelvertraglichen Erklärung zu ermitteln (§§ 133, 157 BGB). Die Auslegung hat sich danach auszurichten, was als Wille für denjenigen erkennbar geworden ist, für den die Erklärung bestimmt war; dabei sind der Wortlaut der Urkunde sowie die beiderseitige Interessenlage zu berücksichtigen, außerhalb der Erklärung liegende Begleitumstände können einbezogen werden (BGH, NJW 1973, 2019 = LM § 404 BGB Nr. 11 = WM 1973, 840 (841); NJW 1992, 1446f. = LM H. 8/1992 § 765 BGB Nr. 81). Die tatrichterliche Auslegung der Erklärung vom 20. 9. 1993 bindet den Senat nicht, weil das BerGer. Auslegungsgrundsätze und -regeln verletzt und wesentliche Tatsachen außer acht gelassen hat. Da keine weiteren tatsächlichen Feststellungen erforderlich sind, kann der Senat diese Erklärung selbst auslegen.
a) Der Wortlaut dieser Urkunde erlaubt entgegen der Wertung des BerGer. nicht den Schluß, die Bekl. habe der Kl. einen Anspruch auf Zahlung von 2091000 DM eingeräumt. Die Bekl. hat sich gegenüber der Kl. lediglich verpflichtet, im Rahmen einer Kapitalerhöhung eine Einlage in dieser Höhe entsprechend ihrer "Beteiligung in der Gesellschaft L" zu leisten und diesen Betrag auf das Konto der L bei der Kl. einzuzahlen. Danach sollte die Leistung der Bekl. auch aus Sicht der Kl. unmittelbar nicht dieser, sondern der L zufließen.
b) Diese Verpflichtungen der Bekl. waren zwar geeignet, die L finanziell zu stärken und damit die Kreditforderungen der Kl. gegen diese Gesellschaft zu sichern. Dieser Umstand war aber nach dem Willen der Vertragspartner nicht wirtschaftlicher und rechtlicher Zweck der Erklärung in dem Sinne, daß die Bekl. die zugesagte Leistung unmittelbar zur Kreditsicherung einsetzen wollte. Diesen Zweck hatte - dies hat das BerGer. übersehen - erst die Zahlungsverpflichtung der Bekl. auf erstes Anfordern der Kl. vom 27. 9. 1993; diese bezog sich ausdrücklich auf die Pflicht der Bekl. zur Leistung der Einlage an die L und sollte nur dann zu einer Inanspruchnahme der Bekl. führen, wenn sie diese Pflicht nicht rechtzeitig erfüllte. Diese Vereinbarung hätte sich erübrigt, wenn schon die Urkunde vom 20. 9. 1993 eine Verpflichtung zur Zahlung an die Kl. enthalten hätte.
c) Davon ist auch die Kl. selbst zunächst ausgegangen. In ihrer Klageschrift hat sie ihren entsprechenden Zahlungsanspruch auf die Urkunde vom 27. 9. 1993 gestützt, weil diese "zur Schuldverstärkung und weiteren Besicherung der Kreditverbindlichkeiten der L" gedient habe. Später hat die Kl. ausgeführt, für die Inanspruchnahme aus dieser Vereinbarung komme es auf die Urkunde vom 20. 9. 1993 nicht an. Daß diese eine unmittelbare Verpflichtung ihr gegenüber enthalte, hat die Kl. erst im Berufungsverfahren geltend gemacht, ohne auf ein Schuldversprechen gem. § 780 BGB abzustellen.
2. Das Berufungsurteil ist insoweit nicht aus einem anderen Grunde richtig (§ 563 ZPO). Das BerGer. hat entgegen der Rüge der Revisionserwiderung rechtsfehlerfrei festgestellt, daß die Kl. die Bekl. aus der Verpflichtung vom 27. 9. 1993 nicht vertragsgerecht in Anspruch genommen hat; dies gilt auch dann, wenn es sich um eine Garantie auf erstes Anfordern handelt. Mit Schreiben vom 10. 11. 1993 teilte die Kl. der Bekl. zu 1 folgendes mit: "... Wir beziehen uns auf unser Schreiben vom 3. 11. 1993. Wir müssen nunmehr feststellen, daß Sie auch innerhalb der von uns bis zum 9. 11. 1993 gesetzten Nachfrist, einen Betrag in Höhe von 2091000 DM ausschließlich auf das bei uns geführte Konto der L ... vorbehaltlos einzuzahlen, nicht nachgekommen sind. Wir nehmen Sie deshalb aus Ihrer uns gegenüber am 27. 9. 1993 abgegebenen Zahlungsgarantie über 2091000 DM in Anspruch. ..." Die Kl. hätte der Bekl. mitteilen müssen, daß ihr seitens der L "die Darlehen nicht ordnungsgemäß zurückerstattet worden sind". Diese begründete die Inanspruchnahme allein damit, die Bekl. habe nicht 2091000 DM auf das Konto der L bei der Kl. eingezahlt. Diese Mitteilung enthielt auch nicht sinngemäß die notwendige Erklärung, die L habe Darlehen nicht zurückgezahlt. Die Bekl. darf sich entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung darauf berufen, daß ihre Zahlungsverpflichtung vom 27. 9. 1993 mit Fristablauf am 15. 11. 1993 verfallen ist (vgl. BGH, NJW-RR 1989, 1324 = LM § 765 BGB Nr. 69 = WM 1989, 1496 (1499); NJW 1996, 1052 = LM H. 5/1996 § 305 BGB Nr. 63; NJW 1996, 1673 = LM H. 7/1996 § 305 BGB Nr. 64). Die Kl. kann nicht einen Arglisteinwand (§ 242 BGB) darauf stützen, daß die Bekl. mit Schreiben vom 15. 11. 1993 eine Zahlung verweigert hat. Es stand der Bekl. frei geltend zu machen, sie habe ihre Verpflichtungen gegenüber der Kl. erfüllt. Diese allein trug das Risiko dafür, daß die Inanspruchnahme der Bekl. aus der Urkunde vom 27. 9. 1993 vertragsgerecht und rechtzeitig war (vgl. BGH, NJW 1996, 1052 = LM H. 5/1996 § 305 BGB Nr. 63).
II. Auch der zuerkannte Anspruch gegen den Bekl. zu 2 besteht nicht. Das BerGer. hat ausgeführt: Die Kl. habe den Bekl. aus seiner wirksam eingegangenen Bürgschaft auf erstes Anfordern vom 27. 9. 1993 ordnungsgemäß in Anspruch genommen. Dafür habe es ausgereicht, daß die Kl. mitgeteilt habe, die Bekl. zu 1 habe ihre Verpflichtungen aus der Erklärung vom 20. 9. 1993 nicht erfüllt. Diese Erwägungen rügt die Revision mit Erfolg als rechtsfehlerhaft. Die Kl. schrieb dem Bekl. am 10. 11. 1993 folgendes: "... Wir beziehen uns auf unser Schreiben vom 3. 11. 1993. Wir teilen Ihnen hiermit mit, daß ... (die Bekl. zu 1) ihrer unwiderruflichen Verpflichtung, einen Betrag in Höhe von 2091000 DM ausschließlich auf das Konto der L ... vorbehaltlos einzuzahlen, auch während der von uns gesetzten Nachfrist bis zum 9. 11. 1993 nicht nachgekommen ist. Wir nehmen Sie deshalb aus Ihrer uns gegenüber am 27. 9. 1993 abgegebenen Zahlungsgarantie über 2091000 DM in Anspruch. ..." Zugunsten der Kl. kann - gemäß der Ansicht der Revisionserwiderung - unterstellt werden, daß der Bekl. ein wirksames Zahlungsversprechen auf erstes Anfordern abgegeben hat. Offenbleiben kann, ob dieses als Bürgschaft oder, wie die Revisionserwiderung meint, als Garantie zu werten ist. Jedenfalls hat die Kl. die Zahlung aus der Urkunde vom 27. 9. 1993 vom Bekl. nicht vertragsgerecht angefordert. Nach dem eindeutigen Wortlaut der Urkunde setzte die Zahlungspflicht des Bekl. voraus, daß die Bekl. zu 1 "ihre zuvor genannten Verpflichtungen nicht eingehalten hat"; diese betrafen die Leistung der Einlage von 2091000 DM auf das Konto der L bei der Kl. und "eine Zahlungsbürgschaft ohne Vorbehalt über 2091000 DM bis zum 15. 11. 1993" zugunsten der Kl. Danach wollte der Bekl. nur subsidiär - bis zum 30. 11. 1993 - haften. Nur die Verletzung der ersten Verpflichtung hat die Kl. geltend gemacht. Das genügte nicht; erforderlich wäre nach dem Grundsatz der Dokumentenstrenge gewesen, einen Verstoß gegen beide "genannten Verpflichtungen" zu erklären. Dies ist bis zum Fristablauf nicht geschehen.
III. Soweit danach die Klage unbegründet ist, sind weitere Feststellungen nicht erforderlich, so daß insoweit das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen ist (§§ 564 I, 565 III Nr. 1 ZPO).  



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