Bereicherungsausgleich in
Mehrpersonenverhältnissen: Unentgeltliche Zuwendung
BGH, Urteil vom 4. Februar 1999 - III ZR 56/98
Fundstelle:
NJW 1999, 1393
LM H. 6/1999 § 812 BGB Nr. 263 m. Anm. S. Lorenz
Besprechungsaufsatz Schnauder NJW 1999, 2841 ff sowie Jakobs JZ 2000, 28 ff.
Amtl. Leitsatz:
Zur Frage der Bereicherungshaftung des
Beschenkten gegenüber dem, dessen Wertpapiere ihm der Schenker unter
Ausnutzung einer Verfügungsvollmacht zugewendet hat.
Zentrale Probleme:
Im Zentrum des Falles steht eine bereicherungsrechtliche
Dreipersonen-Problematik: Der (mittlerweile verstorbene) Vater der Parteien
hatte im Wege der Stellvertretung über Wertpapiere verfügt, die im Eigentum
des Klägers standen. Die als Inhaberpapiere zu qualifizierenden
Investmentanteilscheine übereignete er schenkweise an die Beklagte, wobei
die Schenkungsabrede im eigenen Namen erfolgte. Der Kläger verlangt nunmehr
von der Beklagten die Rückgabe der Wertpapiere.
Zutreffend verneint der BGH einen Herausgabeanspruch aus § 985 BGB. Ein
solcher wäre auch dann zu verneinen, wenn die vom Kläger geltend gemachte
Treuhandabrede bestehen würde, weil dieser lediglich schuldrechtliche
Wirkung zukäme. Da sie überdies nicht nachweisbar war und daher auch
vertragliche Herausgabe- bzw. Rückübereignungsansprüche ausschieden, kamen
nur bereicherungsrechtliche Anspruchsgrundlagen in Betracht. Zutreffend wird
dabei auch ein Anspruch aus § 816 I 2 BGB verneint, weil im Falle der
offenen Stellvertretung "Verfügender" der Vertretene (hier also der Kläger
selbst) und nicht der Stellvertreter ist (ganz h.M., str. nur für den Fall
der verdeckten Stellvertretung, vgl. nur Staudinger-Lorenz, BGB, 13. Bearb.
1994, § 816 Rn. 4 m.w.N.).
Das bereicherungsrechtliche Problem löst der BGH hier mit dem Argument des
sog. "Vorrangs der Leistungsbeziehung" sucht (zu Recht kritisch hierzu
Staudinger-Lorenz aaO § 812 Rn. 64 m.w.N.). Ein Rechtsgrund im Verhältnis
zum Kläger bzw. eine Leistungskondiktion des Klägers scheidet nämlich aus,
weil das schuldrechtliche Grundgeschäft (Schenkung) nicht in dessen Namen
geschlossen wurde. Damit bleibt im Verhältnis unter den Parteien lediglich
eine Kondiktion wegen Bereicherung "in sonstiger Weise". Zwar hat die
Beklagte - verneint man auch dessen nur treuhänderische Stellung in Bezug
zum Vater - die Wertpapiere "auf Kosten" des Klägers erworben, jedoch würde
einer Kondiktion die vorrangige Leistungsbeziehung zwischen dem Vater und
der Beklagten entgegenstehen, sofern es sich bei der Übereignung der
Wertpapiere an sie um eine bereicherungsrechtliche "Leistung" des Vaters
gehandelt hätte. Das verneint der BGH, wobei er maßgebend auf die Kenntnis
der Beklagten von der Tatsache abstellt, daß die Wertpapiere aus dem
Vermögen des Klägers stammten. In diesem Falle könne, so der BGH, trotz der
durch ihn erfolgten "bewußten und zweckgerichteten Vermehrung fremden
Vermögens" keine "Leistung" des Vaters angenommen werden, so daß der Weg für
eine Kondiktion wegen Bereicherung "in sonstiger Weise" frei sei.
Die Entscheidung ist im Ergebnis (wegen der Unentgeltlichkeit des Erwerbs)
sicherlich richtig. Die Begründung durch die Verneinung einer "Leistung" im
Verhältnis zwischen dem Vater und der Beklagten ist allerdings kaum
nachvollziehbar. Sie zeigt einmal mehr, daß die Lehre vom "Vorrang der
Leistungsbeziehung" (sog. "Subsidiaritätsdogma") in der Praxis keinen
geeigneten Lösungsansatz für die Mehrpersonenverhältnisse bietet, wenngleich
in der Klausur i.d.R. erfolgreich damit gearbeitet werden kann (vgl. dazu
die "Pragmatischen Ratschläge an den Studenten" bei Larenz/Canaris, SchuldR
BT II/2 § 70 VI 5 [S. 252 f]).
©sl
1999
Tatbestand:
Der Kläger verlangt von der Beklagten, seiner
Schwester, die Rückgabe von Investmentanteilen (5.318 DIT-Spezial
Anteilen und 11.000 FONDAK Anteilen).
Diese Wertpapiere bzw. entsprechende Gegenwerte
hatte der Kläger etwa 1986 vom Vater der Parteien (im folgenden: Vater)
erhalten. Der Vater besaß eine Konto- bzw. Depotvollmacht, die ihn
auch zur Veräußerung von Wertpapieren berechtigte. Am 3. und
24. November 1994 veranlaßte der - im Laufe des vorliegenden Rechtsstreits
verstorbene - Vater im Einvernehmen mit der Beklagten die Übertragung
der D.-Anteile von dem Depot des Klägers bei der D. Bank AG, Filiale
L., auf ein Depot der Beklagten bei der B. V. bzw. der F.-Anteile von einem
Depot des Klägers bei der A. GmbH in M. auf ein - zu diesem Zweck
neu eröffnetes - Depot der Beklagten bei derselben Gesellschaft.
Der Kläger hat geltend gemacht, der Vater
habe, wie die Beklagte erkannt habe, mit diesen Verfügungen seine
Vollmacht für den Kläger mißbraucht. Zudem sei die Übertragung
der Investmentanteile an die Beklagte - zu einer Zeit, als sich der Kläger
vorübergehend in stationäre psychiatrische Behandlung begeben
hatte - nur treuhänderisch erfolgt, um das Vermögen des Klägers
vor Zugriffen der Sozialhilfeträger zu schützen. Jedenfalls sei
die Beklagte aus ungerechtfertigter Bereicherung zur Herausgabe verpflichtet.
Die Beklagte hat in Abrede gestellt, daß die ihr zugewendeten Wertpapiere
aus dem Vermögen des Klägers stammten; die Papiere seien dem
Kläger nämlich vom Vater, der "wirtschaftlicher Eigentümer"
der Depots geblieben sei, nur treuhänderisch übertragen worden.
Zudem habe sie nicht gewußt, daß die Übertragung der Papiere
von Depots des Klägers erfolgte. Aus ihrer Sicht habe es sich um schenkweise
Zuwendungen des Vaters aus seinem eigenen Vermögen gehandelt. Schließlich
habe der Vater zum Ausgleich der Schenkung an die Beklagte im Frühjahr
1995 Zuwendungen in ähnlicher Größenordnung an den Kläger
vorgenommen.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben, das
Oberlandesgericht hat sie abgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger
seinen Anspruch weiter.
Entscheidungsgründe:
Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen
Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I.
1. Das Berufungsgericht verneint einen Herausgabeanspruch
nach § 985 BGB bezüglich der streitgegenständlichen Wertpapiere
mit der Begründung, der Vater habe die Übertragung, die nach
§ 929 Satz 1 BGB erfolgt sei, nach dem Vortrag des Klägers im
Namen desselben, also gedeckt durch die Vollmacht des Klägers, wirksam
vorgenommen. Für einen Vollmachtsmißbrauch, den die Beklagte
hätte erkennen müssen, gebe es keine hinreichenden Anhaltspunkte.
Diese Ausführungen sind aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
a) Die Revision bezweifelt, ob überhaupt
ein dinglich wirksamer Übertragungsakt hinsichtlich der Wertpapiere
(Investmentanteile) vorliegt. Indessen steht dieser nach dem übereinstimmenden
Parteivortrag, wie er sich aus dem Tatbestand des Berufungsurteils ergibt,
und nach dem Zusammenhang der Feststellungen des Berufungsgerichts außer
Frage. Die Ansprüche des Investmentanteilinhabers gegenüber der
Kapitalanlagegesellschaft werden in den Anteilscheinen verbrieft, die auf
den Inhaber oder auf Namen lauten können (§ 18 Abs. 1 Satz 1,
2 KAGG). In der Praxis ist das Inhaberpapier die Regel (Zöllner, Wertpapierrecht
14. Aufl 5. 189; Staudinger/Marburger, BGB, 13. Bearb. Vorbem. 61 zu §§
793 ff). Daß es sich bei den streitgegenständlichen Wertpapieren
um Namenspapiere gehandelt habe, ist in den Tatsacheninstanzen nicht behauptet
worden; die Revision bringt selbst nichts in dieser Richtung vor. Die Übertragung
von Inhaberanteilscheinen erfolgt nach den §§ 929 ff BGB. Die
insoweit erforderliche dingliche Einigung zwischen dem Vater als Vertreter
des Klägers und der Beklagten durfte das Berufungsgericht zwanglos
darin sehen, daß die Beklagte mit der vom Vater am 3. und 24. November
1994 veranlaßten Transaktion einverstanden war und für den Empfang
eigene Depotkonten bereithielt. Die zur Übertragung des Eigentums
erforderliche Übergabe nach § 929 Satz 1 BGB, den das Berufungsgericht
heranzieht, kann auch durch Übertragung des mittelbaren Besitzes erfolgen
(vgl. nur BGHZ 92, 280, 288). Eine solche ist hier im Zusammenhang damit
erfolgt, daß - entsprechend den Weisungen des Vaters - die Wertpapiere
von den Wertpapierdepots des Klägers auf die Wertpapierdepots der
Beklagten übertragen, das heißt von da ab von den beteiligten
Kreditinstituten anstatt für den Kläger für die Beklagte
verwahrt wurden. Ob die Übertragung der Rechte des Klägers auf
die Beklagte auch nach anderen Rechtsvorschriften hätte vollzogen
werden können, kann danach dahinstehen.
b) Soweit die Revision in diesem Zusammenhang
anführt, bei den Erklärungen des Vaters könne es sich nur
um ein Angebot auf Übertragung von "Treuhandeigentum" an den Anteilscheinen
auf die Beklagte gehandelt haben, vermag dies schon deshalb an dem Vorliegen
eines wirksamen dinglichen Übertragungsakts auf die Beklagte nichts
zu ändern, weil selbst bei einer treuhänderischen Eigentumsübertragung
das dingliche Recht uneingeschränkt übergeht und der neue Eigentümer
sich gegenüber dem Voreigentümer lediglich schuldrechtlich wirkenden
Bindungen unterwirft (vgl. BGH, Urteil vom 4. April 1968 - II Z R26/67
- NJW 1968,1471).
2. Das Berufungsgericht verneint auch eine vertragliche
Verpflichtung der Beklagten zur Rückgabe der Wertpapiere an den Kläger.
Für die Behauptung des Klägers, die Rückübertragung
sei ausdrücklich vereinbart worden, reichten seine Beweisantritte
nicht aus. Auch aus den Umständen des Geschäfts lasse sich nicht
eindeutig auf die Vereinbarung einer Rückgabe, etwa im Sinne einer
bloß treuhänderischen Übertragung der Wertpapiere zum Schutz
des Vermögens des Klägers vor etwaigen Ansprüchen der Sozialhilfeträger,
schließen.
Auf die Rügen, die die Revision hiergegen
erhebt, braucht der Senat nicht einzugehen, weil das Urteil des Berufungsgerichts
schon aus anderen Gründen der Aufhebung unterliegt (unten zu 3 b).
Das Berufungsgericht hat in der erneuten Verhandlung Gelegenheit, sich
mit diesen Rügen auseinanderzusetzen.
3. Die Beurteilung des Berufungsgerichts hält
jedenfalls der rechtlichen Nachprüfung nicht in allen Punkten stand,
soweit es auch einen Rückgabeanspruch des Klägers gegen die Beklagte
aus ungerechtfertigter Bereicherung verneint hat.
a) Zutreffend hat das Berufungsgericht allerdings
einen Anspruch aus § 816 Abs. 1 Satz 2 BGB als nicht gegeben angesehen.
Nach dieser Vorschrift ist dann, wenn ein Nichtberechtigter über einen
Gegenstand eine Verfügung triffi, die dem Berechtigten gegenüber
wirksam ist, und die Verfügung unentgeltlich erfolgt, derjenige, welcher
aufgrund der Verfügung unmittelbar einen rechtlichen Vorteil erlangt,
zur Herausgabe verpflichtet. Vorliegend fehlt es, was die Übertragung
der Wertpapiere angeht, bereits an dem Erfordernis der Verfügung eines
Nichtberechtigten. Das Berufungsgericht stellt insoweit mit Recht darauf
ab, daß nach dem eigenen Vortrag des Klägers die vorliegende
Verfügung - die dingliche Übertragung der Wertpapiere auf die
Beklagte - durch den Vater in Vollmacht des Klägers, also durch den
Kläger selbst, bewirkt worden ist. Bei offener Stellvertretung ist
der Vertretene der - berechtigte - Verfügende (vgl. Senatsurteil vom
3. Dezember 1998 - III ZR 288/96 - zur Veröffentlichung bestimmt).
b) Den Tatbestand des § 812 Abs. 1 Satz 1
BGB sieht das Berufungsgericht mit folgender Begründung als nicht
gegeben an: Die Beklagte berufe sich auf eine - vollzogene - Schenkung
des Vaters. Dieser Rechtsgrund sei nicht deshalb ausgeschlossen, weil es
sich nicht um Wertpapiere des Vaters gehandelt habe; wie sich aus §
523 Abs. 2 BGB ergebe, sei es - ebenso wie bei anderen Verpflichtungsgeschäften
- nicht erforderlich, daß der Schenker Eigentümer des Geschenkes
sei. Das Fehlen dieses Rechtsgrundes - seine Behauptung, daß eine
Schenkung nicht vereinbart gewesen sei - habe der Kläger nicht bewiesen.
Diese Ausführungen tragen die Verneinung des Tatbestands des §
812 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht.
aa) Ausgangspunkt der bereicherungsrechtlichen
Beurteilung ist, daß die Beklagte die bis dahin dem Kläger gehörenden
Wertpapiere (Investmentanteile) auf Kosten des Klägers erlangt hat,
denn das Eigentum an den Papieren ist durch den vom Vater als Vertreter
des Klägers veranlaßten Übertragungsakt auf die Beklagte
übergegangen. Es steht also einem Vermögensvorteil der Beklagten
unmittelbar ein Vermögensnachteil des Klägers gegenüber.
Für diesen Vermögensübergang gibt
es, was das Verhältnis unmittelbar zwischen den Parteien angeht, keinen
rechtlichen Grund. Ein solcher liegt nicht ohne weiteres darin, daß
der Kläger dem Vater Vollmacht zur Verfügung über seine
Wertpapierdepots erteilt hatte. Die Existenz einer Konto- bzw. Depotvollmacht
der Art, wie sie hier in Rede steht - wie sie etwa zu Zwecken der Vermögensverwaltung
erteilt wird , berechtigt normalerweise den Bevollmächtigten nicht
dazu, dessen Vermögen zu verschenken, erst recht nicht, dabei selbst
als Schenker aufzutreten. (Ein - rechtsgrundloses - Leistungsverhältnis
zwischen dem Kläger und der Beklagten, welches ohne weiteres anzunehmen
wäre, wenn der Vater nicht nur den dinglichen Übertragungsakt
auf die Beklagte im Namen des Klägers vollzogen, sondern die Schenkung
insgesamt als eine solche des Klägers dargestellt hätte, scheidet
nach dem im Revisionsverfahren zugrunde zu legenden Sachverhalt aus.) Ein
solches Geschäft des Bevollmächtigten war also, wenn es nicht
durch ein konkretes Einverständnis des Vollmachtgebers abgedeckt war,
pflichtwidrig und für sich nicht geeignet, im bereicherungsrechtlichen
Sinne einen Behaltensgrund für den Empfänger zu schaffen. Im
Hinblick auf die Pflichten, in die der Bevollmächtigte im Innenverhältnis
zum Vollmachtgeber eingebunden ist, kann regelmäßig auch keine
Rede davon sein, daß der Vollmachtgeber allein schon durch die Erteilung
einer solchen Vollmacht den betreffenden Vermögensgegenstand "aus
der Hand gegeben" hat.
bb) Eine andere Beurteilung käme in Betracht,
wenn, wie die Beklagte behauptet, der Kläger die Inhaberschaft an
den in Rede stehenden Investmentanteilen nur als Treuhänder für
seinen Vater - als den "wirtschaftlichen Eigentümer" - ausgeübt
hätte. Feststellungen in dieser Richtung hat das Berufungsgericht
jedoch nicht getroffen, und es ist im Revisionsverfahren zugunsten des
Klägers - schon im Hinblick auf die Vermutung des § 1006 Abs.
2 BGB - zu unterstellen, daß er Eigentümer der D. und F. Anteilscheine
ohne derartige treuhänderische Bindungen zu seinem Vater war.
cc) Der nach dem bisherigen Sachstand anzunehmende
Eingriff in die Rechtsposition des Klägers, der zu einer Bereicherung
der Beklagten geführt hat, kann nur dann als von der Rechtsordnung
im Sinne einer endgültigen Güterzuordnung gebilligt angesehen
werden, wenn und soweit sich die Zuwendung der Wertpapiere an die Beklagte
im bereicherungsrechtlichen Sinne als eine Leistung des Vaters an die Beklagte
dargestellt hat. Nur dann wäre für einen etwaigen Bereicherungsausgleich
ausschließlich auf das Verhältnis des Vaters zur Beklagten abzustellen
(vgl. zum Grundsatz des Vorrangs der Leistungskondiktion BGHZ 40, 272,
278; 56, 228, 240; 69, 186, 189).
(1) Unter Leistung i.S. des § 812 Abs. 1
Satz 1 BGB ist die bewußte und zweckgerichtete Vermehrung fremden
Vermögens zu verstehen. Dabei kommt es in erster Linie auf die der
Zuwendung gegebene Zweckbestimmung, also zu- nächst darauf an, welchen
Zweck die Beteiligten nach ihrem zum Ausdruck gekommenen Willen verfolgt
haben. Stimmen die Vorstellungen der Beteiligten nicht überein, ist
eine objektive Betrachtungsweise aus der Sicht des Zuwendungsempfängers
geboten (BGHZ 105, 365, 369; 122, 46, 50 f). Dabei sind auch Gesichtspunkte
des Vertrauensschutzes und der Risikoverteilung zu berücksichtigen
(BGHZ 122, 46, 51). In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist immer
wieder betont worden - und das gilt auch hier -, daß sich bei der
bereicherungsrechtlichen Behandlung von Vorgängen, an denen mehr als
zwei Personen beteiligt sind, jede schematische Lösung verbietet.
Vielmehr sind in erster Linie die Besonderheiten des einzelnen Falles für
die sachgerechte bereicherungsrechtliche Abwicklung zu beachten (vgl. nur
BGHZ 105, 365, 369 m.umfangr.w. N.).
(2) Das Berufungsgericht hat keine hinreichenden
Feststellungen zu diesem Punkt getroffen. Es führt lediglich allgemein
aus, der Vortrag der Beklagten, die sich auf eine vollzogene Schenkung
des Vaters berufen habe, sei nicht widerlegt bzw. - in anderem Zusammenhang
- der Kläger habe nicht bewiesen, "daß der Vater als Vertreter
aufgetreten ist, daß also für die Beklagte erkennbar von einer
Vollmacht Gebrauch gemacht wurde".
(a) Nicht festgestellt ist danach eine positive
Willensübereinstimmung zwischen dem Vater und der Beklagten etwa in
dem Sinne, daß es sich bei der Zuwendung der Wertpapiere an die Beklagte
- unbeschadet dessen, daß die Wertpapiere nicht Eigentum des Vaters
waren und dieser nur Konto- bzw. Depotvollmacht besaß - um eine Leistung
des Vaters handele. Derartiges wird von der Beklagten auch nicht behauptet;
sie hat lediglich vorgetragen, der Vater habe ihr während ihres Aufenthalts
in L. im November 1994 erklärt, er werde ihr aus seinem Vermögen
vorab Wertpapiere schenkweise übertragen, und er habe diese Absicht
anschließend vollzogen, indem die streitgegenständlichen Wertpapiere
zugunsten der Beklagten übertragen worden seien. Eine Vereinbarung,
wonach die der Beklagten konkret zugewendeten Wertpapiere ein Geschenk
des Vaters sein sollten, hätte die Beklagte bereicherungsrechtlich
im Verhältnis zum Kläger im übrigen allenfalls dann entlastet,
wenn der Vater im Zusammenhang mit seinen Dispositionen vom 3. und 24.
November 1994 gegenüber der Beklagten den Widerstreit seiner Interessen
mit denjenigen des Klägers bezogen auf die in Rede stehenden Wertpapierdepots
offengelegt und der Beklagten eine nachvollziehbare und nachprüfbare
Begründung dafür gegeben hätte, warum er gleichwohl berechtigt
sei, die Wertpapiere des Klägers zu verschenken, die Schenkung also
der Sache nach doch aus seinem Vermögen erfolge.
(b) Für die Zurechnung der Zuwendung als
Leistung im bereicherungsrechtlichen Sinne nach einer objektiven Betrachtungsweise
aus der Sicht der Beklagten als der Empfängerin der Wertpapiere kann
nicht allein auf die - nach dem Vortrag der Beklagten - allgemeine Erklärung
des Vaters der Beklagten, er wolle ihr aus seinem Vermögen Wertpapiere
schenken, abgestellt werden. Von maßgeblicher Bedeutung sind insoweit
vielmehr auch die einzelnen Vorgänge, die zum Vollzug der am 3. und
24. November 1994 veranlaßten Übertragung der Wertpapiere auf
die Beklagte führten. Selbst wenn man insoweit - entgegen dem Vortrag
des Klägers - auf der Grundlage der Behauptung der Beklagten, nicht
bemerkt zu haben, daß der Vater über Wertpapiere des Klägers
verfügte, die die Erklärungen des Vaters betreffenden Unterlagen
einmal außer Betracht läßt, ist in die erforderliche Gesamtwürdigung
jedenfalls mit einzubeziehen, daß nach dem im Revisionsverfahren
als zutreffend zu unterstellenden Vortrag des Klägers - für dessen
Richtigkeit die übliche Bankpraxis spricht - der Beklagten im Zusammenhang
mit der Gutschrift der Wertpapiere bei ihren Depotbanken entsprechende
Mitteilungen zugegangen sind, aus denen zu entnehmen gewesen sein müßte,
daß die Gutschriften auf ihren Konten zu Lasten von Wertpapierkonten
des Klägers erfolgt waren. Die Ansicht der Beklagten, auf letztere
Unterlagen komme es nicht an, weil sie nur eine Kenntnis der Beklagten
von der Herkunft der Papiere zu einem Zeitpunkt belegten, als die Schenkung
bereits vollzogen gewesen sei, trifft nicht zu. Selbst wenn die betreffenden
Mitteilungen der Depotbanken der Beklagten an diese nicht mehr zum eigentlichen
dinglichen Akt der Übertragung der Wertpapiere an die Beklagte gehört
haben mögen, waren sie für den bereicherungsrechtlich relevanten
"Empfängerhorizont" der Beklagten, also was die bereicherungsrechtliche
Zurechnung der getätigten Überweisungen als Leistung des Vaters
anging, von wesentlicher - eine bereicherungsrechtliche Leistungsbeziehung
zwischen dem Vater und der Beklagten u.U. ausschließender - Bedeutung.
Sollte für die Beklagte nach den gesamten
Zusammenhängen ohne weiteres erkennbar gewesen sein, daß es
sich um die Zuwendung von Wertpapieren handelte, die im Eigentum des Klägers
standen, so war für die Beklagte zugleich zumindest als Risiko erkennbar,
daß die Wertpapiere nicht der beliebigen Disposition des Vaters unterlagen,
mithin auf den ersten Blick nicht zu seinem Vermögen gehörten,
mit der Folge, daß die unentgeltliche Zuwendung der Wertpapiere durch
den Vater auch aus der Sicht der Beklagten nicht als aus dem Vermögen
des Vaters erbracht war und damit auch keine "Leistung" desselben an die
Beklagte darstellte.
(3) Gesichtspunkte des Vertrauensschutzes stehen
bei einer Sachlage in dem zuletzt dargestellten Sinne der Würdigung,
daß sich die Wertpapierübertragung auf die Beklagte nicht als
Leistung des Vaters darstellt, nicht entgegen. Es kann insoweit im Ergebnis
nichts anderes gelten als für den Fall einer Leistung auf An- weisung,
bei der es im Deckungsverhältnis an einem Rechtsgrund fehlt und im
Valutaverhältnis die Leistung unentgeltlich bewirkt worden ist. Der
Bundesgerichtshof hat sich in BGHZ 88, 232, 236 der Auffassung angeschlossen,
daß bei einem mangelhaften Deckungsverhältnis der Angewiesene
in entsprechender Anwendung des § 822 BGB dann gegen den Leistungsempfänger
vorgehen kann, wenn der Anweisende im Valutaverhältnis die Leistung
dem Empfänger unentgeltlich zuwendet. Zur Begründung wird angeführt,
der Empfänger einer unentgeltlichen Leistung nehme nach der in §§
816, 822 BGB enthaltenen Regelung auch dann eine schwächere Position
ein, wenn ein Rechtsgrund für seinen Erwerb bestanden habe; die typische
Schwäche des unentgeltlichen Erwerbs rechtfertige die Herausgabeverpflichtung
des Dritten. Demzufolge hat der Bundesgerichtshof (aaO) bei fehlerhaftem
Deckungsverhältnis zwischen Angewiesenem und Anweisendem einen unmittelbaren
Bereicherungsanspruch des Angewiesenen gegen den Leistungsempfänger
jedenfalls dann bejaht, wenn der Empfänger nach der mit dem Anweisenden
im Valutaverhältnis getroffenen Regelung die Leistung unentgeltlich
erhalten hat und in der Person des Anweisenden die Voraussetzungen der
§§ 818 Abs. 4, 819 BGB nicht vorliegen. In ähnlicher Weise
steht die Schwäche des unentgeltlichen Erwerbs regelmäßig
auch einer Wertung einer Zuwendung als Leistung des Schenkers im bereicherungsrechtlichen
Sinne entgegen, wenn - wie hier in Betracht zu ziehen ist - die Schenkung
für den Empfänger erkennbar nicht aus dem Vermögen des Schenkers,
sondern aus dem Vermögen eines Dritten erfolgt, über das der
Schenker lediglich Verfügungsvollmacht besitzt.
II.
Mithin kann das angefochtene Urteil nicht aufrechterhalten
bleiben. Entscheidungsreife im Revisionsverfahren ist nicht gegeben. Die
Sache ist zur Nachholung der bereicherungsrechtlichen Gesamtwürdigung
der Zuwendung der streitgegenständlichen Wertpapiere an die Beklagte
- soweit es darauf in der erneuten Verhandlung noch ankommt - an das Berufungsgericht
zurückzuverweisen (§ 565 Abs. 1 ZPO).
Sollte das Berufungsgericht zu der Auffassung
gelangen, daß ein Rückgabeanspruch des Klägers gegen die
Beklagte entstanden ist, so kann sich die weitere Frage stellen, ob dieser
Anspruch durch die Zuwendungen des Vaters an den Kläger im Frühjahr
1995 einvernehmlich ausgeglichen worden ist.
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