BGH NJW 1999, 2110
1. Bei einer stillen Sicherungszession macht
der Zedent die abgetretene Forderung grundsätzlich als Berechtigter
geltend und führt damit die Unterbrechung der Verjährung herbei,
auch wenn er die Abtretung nicht aufdeckt.
2. In einer späteren Umstellung des Klagantrags
auf Zahlung an den Zessionar nach Offenlegung der Zession liegt keine Änderung
des Streitgegenstandes.
Im Zentrum des Falles stehen die zentralen materiellrechtlichen und prozessualen Probleme der "stillen" Sicherungszession, insbesondere die (materiellrechtliche) Frage der Einziehungsermächtigung und ihr prozeßrechtliches "Pendant" der gewillkürten Prozeßstandschaft. Die Entscheidung ist ein gutes Beispiel für die getrennte Beurteilung der prozeßrechtlichen und der materiellrechtlichen Fragen. Der BGH legt dar, daß materiellrechtlich weder die Zession noch die Verjährungsunterbrechung durch Klage und prozeßrechtlich auch nicht die Prozeßstandschaft eine Offenlegung erfordern.
H, über dessen Vermögen im Laufe des Rechtsstreits der Konkurs eröffnet wurde, ist Eigentümer eines Rennwagens, den der Bekl. als Fahrer dieses Fahrzeuges am 26. 8. 1994 bei einer sogenannten Einstellfahrt anläßlich eines Pokalrennens beschädigte. Der Kl. als Konkursverwalter hat den vom Gemeinschuldner angestrengten Prozeß aufgenommen, mit dem er den Bekl. auf Schadensersatz in Anspruch nimmt. Schon vor Einreichung der Klage am 26. 9. 1995 hatte der Gemeinschuldner die Forderung gegen den Bekl. wegen der Beschädigung des Rennwagens am 25. 10. 1994 an seine Ehefrau abgetreten. Die Abtretung wurde jedoch gegenüber dem Bekl. erst mit Schreiben vom 3. 3. 1997 offengelegt. In der Berufungsverhandlung am 16. 2. 1998 hat die Ehefrau diese Forderung an den Kl. abgetreten. Das LG hat die Klage abgewiesen und das OLG die Berufung des Kl. zurückgewiesen. Die Revision war erfolgreich und führte zur Aufhebung des Urteils und zur Zurückverweisung an das BerGer.
Aus den Gründen:
I. Nach Auffassung des BerGer. ist die Klage, soweit der geltend gemachte Schadensersatzanspruch auf eigenes Recht des Gemeinschuldners gestützt werde, unbegründet, weil diesem ein etwaiger Anspruch gegen den Bekl. mangels Aktivlegitimation nicht mehr zugestanden habe. Soweit die Klage darauf gestützt werde, daß die Ehefrau des Gemeinschuldners den hier allein in Betracht kommenden deliktischen Anspruch an den Kl. abgetreten oder diesen zur Einziehung ermächtigt habe, sei dieser Anspruch verjährt. Eine Unterbrechung der Verjährungsfrist habe weder durch die ursprüngliche Klageerhebung von Seiten des Gemeinschuldners noch durch die Aufnahme des Verfahrens durch den Kl. stattgefunden, da der an die Ehefrau abgetretene Anspruch erst am 16. 2. 1998 nach Ablauf der dreijährigen Verjährungsfrist gerichtlich geltend gemacht worden sei. Vorher sei dieser Anspruch nicht Gegenstand des Streits gewesen. Es könne auch nicht angenommen werden, daß die an die Ehefrau abgetretene Forderung von dem Gemeinschuldner bei Erhebung der Klage im Wege der Prozeßstandschaft mitverfolgt worden sei. Eine gewillkürte Prozeßstandschaft setze grundsätzlich die Offenlegung der Prozeßführungsermächtigung in den Tatsacheninstanzen voraus. Eine in Prozeßstandschaft erhobene Klage unterbreche die Verjährung daher nur dann, wenn aus ihr deutlich ersichtlich sei, daß der Kl. ein fremdes Recht im eigenen Namen fordere.
II. Diese Ausführungen halten den Angriffen
der Revision nicht stand. Die Annahme des BerGer., die Klageforderung sei
verjährt, weil der den Gegenstand des Rechtsstreits bildende Anspruch
nicht schon mit der Erhebung der Klage durch den Gemeinschuldner, sondern
erst am 16. 2. 1998 mit der Abtretung an den Kl. oder mit dessen Ermächtigung
geltend gemacht worden sei, ist von Rechtsirrtum beeinflußt. Die
Revision rügt zu Recht, daß sich das BerGer. nicht mit der Frage
befaßt hat, ob es sich bei der Abtretung vom 25. 10. 1994 an die
Ehefrau des Gemeinschuldners um eine stille Sicherungszession gehandelt
hat, die diesen berechtigte, mit verjährungsunterbrechender Wirkung
Zahlung an sich selbst zu verlangen.
1. Die Verjährung wird gem. § 209 BGB
unterbrochen, wenn der Berechtigte Klage erhebt. Die Klage eines Nichtberechtigten
unterbricht die Verjährung nicht (BGHZ 78, 1 [3 f.] = NJW1980, 2461
= LM § 50 ZPO Nr. 33). Die Entscheidung des Rechtsstreits hängt
daher maßgeblich davon ab, ob der Gemeinschuldner die Klage als Berechtigter
erhoben hat.
a) Wer Berechtigter i. 5. des § 209 BGB ist,
richtet sich nach sachlichem Recht (BGHZ 46, 221 [229] = NJW 1967, 568
= LM § 76 ZVG Nr. 1; BGHZ 78, 1 [5] = NJW 1980, 2461 = LM § 50
ZPO Nr. 33). Danach ist Berechtigter, wem die materiellrechtliche Befugnis
zur Verfügung über den Gegenstand zusteht (BGHZ 46, 221 [229]
= NJW 1967, 568 = LM § 76 ZVG Nr. 1 m. w. Nachw.). Diese Verfügungsbefugnis
besitzt nach ständiger Rechtsprechung auch derjenige, der aufgrund
einer Einziehungsermächtigung berechtigt ist, ein fremdes Recht im
eigenen Namen geltend zu machen, also Zahlung an sich zu verlangen (BGHZ
78, 1 [5] = NJW 1980, 2461 = LM § 50 ZPO Nr. 33; BGH, NJW 1958, 338
= LM § 185 BGB Nr. 8 = JZ 1958, 245 [246] m. w. Nachw.). Bei der
Einziehungsermächtigung handelt es sich um ein abgespaltenes Gläubigerrecht,
das dem Ermächtigten die Sachlegitimation verschafft, Leistung an
sich selbst zu verlangen (BGHZ 125, 196 [205] = NJW 1994,2549 = LM
H. 8/1994 § 237 KO Nrn. 7, 8).
Eine solche Einziehungsermächtigung kann
auch mit einer fiduziarischen Abtretung, um die es sich hier - wie die
Revision zu Recht geltend macht - bei der Zession an die Ehefrau des Gemeinschuldners
gehandelt haben könnte, verbunden sein, denn auch bei der Sicherungsabtretung
wird dem Zedenten trotz Abtretung des Vollrechts regelmäßig
die Befugnis eingeräumt, die Forderung im eigenen Namen einzuziehen
(RGZ 155, 50 [52]; RGZ 166, 218 [238]; BGHZ 120, 387 [395] = NJW 1993,
1396 = LM H. 6/1993 § 387 BGB Nr. 87; BGH, NJW 1989, 1932 = LM §
51 ZPO Nr. 19 = WM 1989, 585 [586]). Insoweit handelt es sich um eine
treuhänderische Abtretung, die mit einer Einziehungsermächtigung
kombiniert ist. Aufgrund einer solchen, mit einer Sicherungsabtretung
verbundenen Einziehungsermächtigung kann der Gemeinschuldner die Zahlungsklage
gegen den Bekl. auch hier erhoben haben. Ausweislich der Abtretungserklärung
vom 25. 10. 1994 erfolgte die Zession, wie die Revision zu Recht geltend
macht, nämlich "zur Deckung der Darlehen von meiner Frau B an mich".
b) Die mangelnde Offenlegung der Sicherungsabtretung
hinderte entgegen der Auffassung des BerGer. die Verjährungsunterbrechung
durch die vom Gemeinschuldner erhobene Klage nicht. Für die gewillkürte
Prozeßstandschaft wird allerdings in ständiger Rechtsprechung
grundsätzlich verlangt, daß die Prozeßführungsbefugnis
in den Tatsacheninstanzen offengelegt wird, weil im Prozeß klar sein
muß, wessen Recht verfolgt wird (BGHZ 94,117 [122] = NJW 1985, 1826
= LM § 209 BGB Nr. 54; BGHZ 96, 151 [155] = NJW 1986, 850 = LM §
51 ZPO Nr. 14; BGHZ 108,52 [58] = NJW 1989,2750 = LM § 651 a BGB Nr.
5; BGHZ 125, 196 [201] = NJW 1994, 2549 = LM H. 8/1994 § 237 KO Nrn.
7, 8). Zum einen gilt dies jedoch nicht für die Prozeßstandschaft
im Falle einer stillen Sicherungszession (BGH, NJW 1978, 698 = LM §
50 ZPO Nr. 29, und BGH, WM 1978, 1406 [1407]; OLG Düsseldorf, NJW-RR
1993, 1327). Zum anderen dürfen die prozeßrechtlichen Gesichtspunkte
nicht mit dem sachlich-rechtlichen Gehalt einer Sicherungsabtretung und
der mit ihr verbundenen Einziehungsermächtigung vermengt werden (BGHZ
78, 1 [5] = NJW 1980, 2461 = LM § 50 ZPO Nr. 33).
aa) Materiellrechtlich ist für die Wirksamkeit
einer fiduziarischen Abtretung die Offenlegung der Zession - im Gegensatz
zur Verpfändung einer Forderung (§ 1280 BGB) - nicht erforderlich.
Haben die Beteiligten die Nichtaufdeckung der Abtretung vereinbart, handelt
es sich um eine sogenannte stille Zession, die den Zedenten berechtigt,
Leistung an sich selbst zu verlangen. Lediglich im Falle der offenen Sicherungsabtretung
muß er Zahlung an den Abtretungsempfänger verlangen (BGHZ 32,
67 [71] = NJW 1960, 1105 = LM Art. 59 GrundG Nr. 1; BGHZ 96, 151 [155]
= NJW 1986, 850 = LM § 51 ZPO Nr. 14; BGH, NJW 1981, 678 [679] = LM
§ 209 BGB Nr. 41), wobei die spätere Offenlegung im Prozeß
der von vornherein offenen Abtretung gleichsteht (BGH, NJW 1989, 1932 =
LM § 51 ZPO Nr. 19 = WM 1989, 585 [586]).
bb) Aber auch die Unterbrechung der Verjährung
gem. § 209 BGB ist von einer Offenlegung der Zession nicht abhängig,
denn es gehört gerade zum Wesen der stillen Abtretung, daß der
Zedent gegenüber dem Abtretungsempfänger berechtigt ist, die
Forderung im eigenen Namen einzuziehen, ohne die Abtretung offenlegen zu
müssen. Deshalb macht der Zedent die Forderung als Berechtigter geltend
und führt damit - entgegen der Auffassung des BerGer. - die Unterbrechung
der Verjährung herbei, auch wenn er die Abtretung nicht offenlegt
(BGH, NJW 1978, 698 = LM § 50 ZPO Nr. 29, und BGH, WM 1978, 1406 [1407];
vgl. auch BGHZ 78, 1 [7] = NJW 1980, 2461 = LM § 50 ZPO Nr. 33).
2. Die Unterbrechungswirkung der vom Gemeinschuldner
erhobenen Klage erstreckt sich freilich auf den vom Kl. verfolgten, im
Laufe des Rechtsstreits an ihn abgetretenen Anspruch nur dann, wenn es
sich insoweit um denselben Streitgegenstand handelt. Denn die Verjährung
wird nur für Ansprüche in der Gestalt und in dem Umfang unterbrochen,
wie sie mit der Klage geltend gemacht worden sind; sie erstreckt sich nicht
auf solche Ansprüche, die nicht Gegenstand der Klageerhebung waren
(BGHZ 104, 268 [271 ff.] = NJW 1988, 1964 = LM §209 BGB Nr.62; BGHZ
132, 240 [242 f.] = NJW 1996, 1743 = LM H. 8/1996 § 209 BGB Nr. 84;
Senat, NJW 1996, 117 = LM H. 3/1996 § 209 BGB Nr. 83 VersR 1996, 76
[77]; BGH, NJW 1995, 1675 [1676] = LM H. 8/1995 § 11 Ziff. lOa AGBG
Nr.3). In dem Übergang von der anfänglichen Geltendmachung eigener
Ansprüche des Gemeinschuldners zu einer solchen seiner Ehefrau auf
Grund vorprozessualer Abtretung liegt entgegen der Annahme des BerGer.
kein Wechsel des Streitgegenstandes i. S. einer Klageänderung, denn
der an die Ehefrau des Gemeinschuldners abgetretene und von dieser auf
den Kl. weiter übertragene Anspruch war von Anfang an Gegenstand des
Verfahrens. Bei einer stillen Zession macht nämlich der Zedent aufgrund
der ihm eingeräumten Einziehungsermächtigung, auch wenn er Zahlung
an sich verlangt, grundsätzlich die an den Sicherungszessionar abgetretene
Forderung geltend. In einer etwaigen späteren Umstellung des Klagantrags
auf Zahlung an den Zessionar nach Offenlegung der Zession läge daher
keine Änderung des Streitgegenstandes, sondern lediglich eine notwendige
Anpassung an die nach Offenlegung der Abtretung veränderte prozessuale
Lage. Nach Aufdeckung der Sicherungsabtretung kann der Zedent nämlich,
wie bereits ausgeführt, nur noch Zahlung an den Abtretungsempfänger
verlangen.
3. Das angefochtene Urteil kann auch nicht aus
anderen Gründen gehalten werden. Soweit die Revision geltend macht,
die Klageansprüehe unterlägen der kurzen, sechsmonatigen Verjährung
gem. §§ 558 II, 606 BGB, erlauben die Feststellungen des BerGer.
dem Senat keine abschließende Entscheidung. Das BerGer. hat die Gesamtumstände
dahin gewürdigt, daß sich die Parteien nicht "mit rechtlicher
Bindungswirkung zur Teilnahme an dem fraglichen Aurorennen" hätten
verpflichten wollen. Diese Würdigung ist jedoch zu kurz und schöpft
den Gehalt der beiderseitigen Beziehungen nicht aus. Einmal beruft sich
das BerGer. nur auf die Gesamtumstände, ohne diese darzulegen. Zum
anderen erwähnt es ausdrücklich nur einen fehlenden Bindungswillen
in bezug auf die Teilnahme am Autorennen, prüft aber nicht, ob die
Überlassung des Wagens an den Bekl. am Tage zuvor vertragliche Beziehungen
zwischen den Beteiligten in Form einer Leihe oder eines leiheähnlichen
Verhältnisses begründete oder ob zwischen den Parteien gesellschaftsrechtliche
Beziehungen bestanden. Der Senat kann daher nicht endgültig beurteilen,
ob die Verneinung rechtlicher Verpflichtungen auch in dieser Richtung rechtsfehlerfrei
erfolgt ist.