NJW 1999, 3710
vorgesehen für die amtliche Sammlung
Amtliche Leitsätze:
1. Nach Ablauf der gem. § 634 I BGB vor
Abnahme wirksam gesetzten Frist wird das Vertragsverhältnis in das
Abwicklungsverhältnis umgewandelt, wenn der Unternehmer die gerügten
Mängel nicht bis zum Fristablauf beseitigt hat. Mit der Umwandlung
wird der Werklohn des Unternehmers fällig.
2. Die Aufforderung des Bestellers, der Unternehmer
möge die Mängel beseitigen und innerhalb einer Frist erklären,
ob und in welchem Umfang er zur Mängelbeseitigung bereit sei, genügt
den Voraussetzungen des § 634 I 1 BGB nicht.
3. Ist eine Fristsetzung deshalb entbehrlich,
weil der Unternehmer die Mängelbeseitigung nachhaltig und endgültig
verweigert, treten die Rechtsfolgen des § 634 I 3 BGB erst dann ein,
wenn der Besteller sich für die sekundären Gewährleistungsansprüche
entschieden und dem Unternehmer seine Entscheidung mitgeteilt hat.
Zum Sachverhalt:
Der Kl. verlangt vom Bekl. Vergütung für
ausgeführte Metallbauarbeiten in Höhe von 52581,69 DM nebst Zinsen.
Der Bekl. verteidigt sich vorrangig mit der Einrede der Verjährung.
Im Juni 1992 erteilte der Bekl. dem Kl. den Auftrag, an den 16 Balkonen
der drei Mietshäuser in S. neue Balkongeländer nebst Verkleidung
anzubringen. Nach Abschluß der Arbeiten verlangte der Kl. mit Rechnung
vom 14. 12. 1992 insgesamt 65 166,69 DM. Mit Schreiben vom 16. 12. 1992
beanstandete der Bekl. die Arbeiten des Kl. und verweigerte die Zahlung
sowie die Abnahme der Werkleistung. Durch Schreiben seines Rechtsanwalts
vom 26. 1. 1993 übersandte er dem Kl. das Mängelgutachten des
von ihm beauftragten Architekten. In dem Schreiben wurde der Kl. zur Beseitigung
der Mängel aufgefordert und gebeten, sich bis zum 10. 2. 1993 darüber
zu äußern, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang er bereit
sei, die vorhandenen Mängel zu beseitigen; für den Fall, daß
die Frist erfolglos ablaufen sollte, lehnte er, der Bekl., die Nachbesserung
ab. Der Kl. äußerte sich nicht. Mit der am 10. 2. 1993 eingereichten
Klage verlangte er die Abnahme seiner Werkleistung und Zahlung der Vergütung.
Diese Klage nahm er später zurück. Mit Schreiben seines Rechtsanwalts
vom 12. 9. 1994 forderte der Bekl. den Kl. zur Mängelbeseitigung bis
zum 30. 10. 1994 auf und erklärte, nach erfolglosem Fristablauf werde
er die Leistungen des Kl. ablehnen. Der Kl. führte keine Arbeiten
aus. Er hat am 21. 12. 1996 die Klage auf Zahlung von 52581,69 DM nebst
Zinsen erhoben.
Das LG hat die Klage mit der Begründung abgewiesen,
der Vergütungsanspruch des Kl. sei verjährt. Die Berufung des
Kl. hat keinen Erfolg gehabt. Das BerGer. hat die Revision zur Klärung
der Frage zugelassen, "ob bei Erhebung einer Zahlungsklage als Antwort
auf die Fristsetzung zur Rückäußerung über die Bereitschaft
zur Mängelbeseitigung die Rechtswirkung des § 634 I BGB angenommen
werden könne." Die Revision des Kl. hatte Erfolg, sie führte
zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der
Sache an das BerGer.
Aus den Gründen:
I. ...
II. 1. Das BerGer. hat die Verjährung der
Vergütungsforderung des Kl. wie folgt begründet:
a) Die Vergütungsforderung des Kl. sei mit
Ablauf des 10. 2. 1993 fällig geworden, weil das Erfüllungsverhältnis
sich gem. § 634 I 3 i. V. mit II BGB in ein Abwicklungsverhältnis
umgewandelt habe. Die dem Kl. bis zum 10. 2. 1993 gesetzte Frist zur Rückäußerung
erfülle nicht die Voraussetzung des § 634 I 1 BGB, sie sei jedoch
rechtlich nicht wirkungslos. Der Unternehmer sei nach Treu und Glauben
gehalten, auf eine derartige Aufforderung zu reagieren. Die Reaktion des
Kl., die Erhebung der Klage auf Abnahme und Zahlung der Vergütung,
habe der Bekl. nur als endgültige Weigerung, die Mängel zu beseitigen,
verstehen können. Die auf Abnahme und Zahlung gerichtete Klage sei
die nachhaltigste Verweigerung der Nachbesserung.
b) Der Vergütungsanspruch des Kl. sei gem.
§ 196 I Nr. 1 BGB verjährt. Maßgeblich sei die zweijährige
Verjährungsfrist, weil der Kl. seine Leistung nicht für den Gewerbebetrieb
des Bekl. erbracht habe. Das Mietshausgrundstück sei nicht dem Dachdeckergewerbe
des Bekl. zuzurechnen, weil der Bekl. das Mietsgrundstück als Kapitalanlage
für seine Alterssicherung erworben habe. Die Klage habe die Verjährungsfrist
nicht mehr unterbrechen können, weil sie erst nach Ablauf der Verjährungsfrist
eingereicht worden sei.
2. Die Erwägungen des BerGer. zur Fälligkeit
und damit zum Beginn der Verjährungsfrist halten einer revisionsrechtlichen
Überprüfung nicht stand.
a) Die Vergütungsforderung ist nicht verjährt.
Sie ist nicht zum 10. 2. 1993 fällig geworden, weil das Vertragsverhältnis
sich zu diesem Zeitpunkt noch nicht in ein Abwicklungsverhältnis umgewandelt
harte. Die Erklärung des Bekl. war nicht geeignet, die Umwandlung
des Vertragsverhältnisses nach § 634 I 3 BGB herbeizuführen.
(1) Die in § 634 I 3 BGB angeordnete Rechtsfolge
führt dazu, daß das vertragliche Erfüllungsverhältnis
auch vor der Abnahme in das Abrechnungs- und Abwicklungsverhältnis
umgewandelt wird. Die Umwandlung des Vertragsverhältnisses bewirkt,
daß der Erfüllungsanspruch des Bestellers sowie die Vorleistungspflicht
des Unternehmers und dessen Nachbesserungsrecht entfallen (BGH, NJW 1979,
549 = LM VOR Teil B Nr. 102 = BauR 1979, 152; Thode, ZfBR 1999, 116 [119]).
Die Umwandlung des Vertragsverhältnisses hat mittelbar zur Folge,
daß die Werklohnforderung des Unternehmers auch ohne Abnahme fällig
wird (BGH, NJW 1979, 549= LM VOB Teil B Nr. 102 = BauR 1979, 152).
Die Rechtsfolgen des § 634 I 3 BGB sind nicht
eingetreten, weil es an einer nach § 634 I 1 BGB erforderlichen Erklärung
des Bestellers fehlt. Eine Erklärung i. S. des § 634 I 1 BGB
liegt nur vor, wenn der Besteller den Unternehmer auffordert, die Mängel
innerhalb der gesetzten Frist zu beseitigen und ankündigt, daß
er nach fruchtlosem Ablauf der Frist die Nachbesserung ablehne. Diesen
Anforderungen genügt die Erklärung des Bekl. nicht. Er hat die
Frist nur zur Beseitigung der Mängel gesetzt und den Kl. lediglich
dazu aufgefordert, innerhalb der Frist zu erklären, ob und gegebenenfalls
in welchem Umfang er bereit sei, die gerügten Mängel zu beseitigen.
Die Ansicht des BerGer., aus der nachfolgenden Reaktion des Kl. als Unternehmer
sei zu folgern, daß das Vertragsverhältnis in ein Abwicklungsverhälmis
übergegangen sei, ist nicht zutreffend.
(2) Fehlt es an einer eindeutigen Erklärung
des Bestellers i. S. des § 634 I 1 BGB, können die Rechtsfolgen
des § 634 I 3 BGB nicht eintreten. Die Fristsetzung unter Ablehnungsandrohung
soll den Unternehmer zur ordnungsgemäßen Vertragserfüllung
anhalten und ihm das Risiko vor Augen führen, daß er nach fruchtlosem
Ablauf der Frist sein Recht verliert, das Werk nachzubessern. Die Erklärung
des Bestellers muß dem Unternehmer unmißverständlich verdeutlichen,
daß er entscheiden muß, ob er die Folgen einer Verweigerung
der Nachbesserung auf sich nehmen oder ob er sie durch eine fristgerechte
Nachbesserung abwenden will (BGH, NJW 1983, 1731 = BauR 1983, 258 = ZfBR
1983, 123; BGH, NJW-RR 1995, 939). Das Erfordernis einer eindeutigen Aufforderung
zur fristgerechten Beseitigung der gerügten Mängel und einer
Ablehnungsandrohung dient zugleich dem Interesse des Bestellers. Ihm soll
bewußt werden, daß er aufgrund einer derartigen Erklärung
das verschuldensunabhängige Nachbesserungsrecht verlieren kann (§
634 I 3 BGB).
(3) Dem Erfordernis einer klaren und unmißverständlichen
Aufforderung zur Mängelbeseitigung innerhalb der gesetzten Frist mit
einer Ablehnungsandrohung genügt die Aufforderung des Bekl. nicht,
der Kl. möge sich zu seiner Erfüllungsbereitschaft äußern.
Die Reaktion des Unternehmers auf ein derartiges Aufforderungsschreiben
ist im Rahmen des § 634 I BGB unerheblich, sie ist lediglich von Bedeutung
für die Frage, ob der Unternehmer die Nachbesserung i. S. des §
634 II BGB nachhaltig verweigert hat (Staudinger/Peters, BGB, 1994, §
634 Rdnr. 17 II).
b) Der Vergütungsanspruch des Kl. ist auch
nicht aus anderen Gründen bereits im Februar 1993 fällig geworden.
Nach § 634 II BGB ist eine Fristsetzung für die Mängelbeseitigung
unter anderem dann nicht erforderlich, wenn der Unternehmer die Mängelbeseitigung
ernsthaft verweigert. Hat der Unternehmer die Nachbesserung nachhaltig
verweigert, dann wird der Werkvertrag nicht ohne weiteres vom Erfüllungsstadium
in das Stadium der Abrechnung und der sekundären Gewährleistungsrechte
des Bestellers übergeleitet (Staudinger/Peters, § 634 Rdnr. 24).
Der Unternehmer verliert nicht sein Nachbesserungsrecht, die Vergütung
wird nicht fällig. Die Umwandlung des Vertragsverhältnisses mit
ihren Rechtsfolgen in das Stadium der sekundären Gewährleistungsansprüche
tritt nicht durch das Verhalten des Unternehmers ein, sondern erst durch
das Verhalten des Bestellers. Er muß, wenn der Unternehmer die Nachbesserung
nachhaltig verweigert hat, sein Wahlrecht ausüben, ob er Nachbesserung
oder sekundäre Gewährleistungsansprüche geltend machen will,
und seine Entscheidung dem Unternehmer mitteilen (BGH, NJW-RR 1990, 1300
= LM § 635 BGB Nr. 93 = ZfBR 1990 275 - BauR 1990, 725; Staudinger/Peters,
§ 634 Rdnr. 24).
c) Das Vertragsverhältnis wurde erst in das
Stadium der sekundären Gewährleistungsansprüche umgewandelt,
als die Frist abgelaufen war, die der Bekl. in seinem Schreiben vom 21.
9. 1994 zur Beseitigung der Mängel und der damit verbundenen Ablehnungsandrohung
gesetzt hatte. Da die Vergütungsforderung des Kl. erst am 31. 10.
1994 fällig geworden ist, war die Verjährungsfrist im Zeitpunkt
der Erhebung der Klage nicht abgelaufen.
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