NJW 1999, 635
Im Mittelpunkt der Entscheidung stehen grundsätzliche
Fragen des allgemeinen Leistungsstörungsrechts sowie seiner Bezüge
zu den mietrechtlichen Gewährleistungsvorschriften (zu letzterem Problem
vgl. insbesonder auch die hier vom BGH zitierte Entscheidung BGHZ 136,
102: Verhältnis §§ 537 f BGB zur c.i.c.).
Verspricht der Vermieter eine Leistung, die ihm
rechtlich unmöglich ist, stellt sich zunächst die Frage der Abgrenzung
von Unvermögen und Unmöglichkeit. Bei öffentlich-rechtlichen
Leistungshindernissen wird i.d.R. (objektive) Unmöglichkeit angenommen,
weil das Leistungshindernis für niemanden behebbar, die Leistung also
nicht nur dem Schuldner, sondern jedermann unmöglich ist.
Aus §§ 537, 538 BGB folgert der BGH,
daß im Bereich des Mietrechts § 306 BGB nicht anwendbar ist,
wenn das Fehlen des vereinbarten Zustands zugleich einen Sachmangel darstelle:
Es könne nicht sein, daß Gewährleistungsansprüche
erst nach Überlassung entstünden, vorher aber der Vertrag nach
§ 306 BGB nichtig sei.
Damit stellt sich die (seltene) Frage der Haftung
im Falle anfängl. Unmöglichkeit auf das positive Interesse (nicht
zu verwechseln mit der Haftung aus § 307 BGB bei Vertragsnichtigkeit!).
Der BGH nimmt hier eine Haftung analog § 325 BGB an. Das Vertretenmüssen
leitet er dann ähnlich wie im Fall anfängl. Unvermögens
aus der im Leistungsversprechen enthaltenen Garantieübernahme her.
1. Verpflichtet sich in einem Mietvertrag der
Vermieter, die Mietsache in einem Zustand zur Verfügung zu stellen,
der nicht herstellbar ist, und kommt es deshalb nicht zur Überlassung
der Mietsache, so kommt ein Schadensersatzanspruch des Mieters nach §
325 BGB in Betracht (vgl. Senat, BGHZ 136, 102 = NJW 1997, 2813 = LM H.
1/1998, § 306 BGB Nr. 13 = NJWE-MietR 1997, 247 L).
2. Der Schuldner hat die Unmöglichkeit
der Leistung nicht nur zu vertreten, wenn er das zur Unmöglichkeit
führende Ereignis schuldhaft herbeigeführt hat, sondern auch
dann, wenn er sich uneingeschränkt zur Leistung verpflichtet hat,
obwohl er das Leistungshindernis bei Anwendung der erforderlichen Sorgfalt
bei Vertragsschluß hätte erkennen oder voraussehen können.
Der Bekl. hat den Kl. Arztpraxisräume vermietet und sich zum vereinbarungsgemäßen Umbau verpflichtet. Der geplante Umbau konnte aber wegen entgegenstehender öffentlichrechtlicher Vorschriften, insbesondere des Denkmalschutzes, nicht durchgeführt werden. Die Kl. haben Schadensersatz wegen Nichterfüllung begehrt. Der Senat hat die Revision des Bekl. gegen das Urteil des 24. Zivilsenats des OLG Düsseldorf vom 10. 12. 1996 nicht angenommen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung und die Revision im Endergebnis auch keine Aussicht auf Erfolg habe.
Aus den Gründen:
Zwar leitet das BerGer. den den Kl. zustehenden
Schadensersatzanspruch aus § 538 I BGB her. Diese Vorschrift ist nicht
anwendbar, weil die Mietsache dem Mieter nicht übergeben worden ist.
Die - dem BGB an sich fremde - verschuldensunabhängige Garantiehaftung.
des § 538 I BGB tritt nach dem eindeutigen Wortlaut des § 537
I BGB, auf den § 538 BGB verweist, erst mit der Überlassung der
Mietsache an den Mieter ein (Senat, BGHZ 136, 102 [107 ff.] = NJW 1997,
2813 = LM H. 1/1998 § 306 BGB Nr. 13 = NJWEMietR 1997, 247 L). Von
diesem Zeitpunkt an ist der Mieter in besonderer Weise schutzwürdig.
Der Vermieter kann im Zusammenhang mit der Übergabe klären, ob
die Mietsache den vereinbarten Zustand hat. Der Schadensersatzanspruch
der Kl. ergibt sich aber aus § 325 BGB. Der Bekl. hat den Kl. zum
Betrieb einer Arztpraxis Räume vermietet, die vor der Übergabe
umgebaut werden sollten, um sie in den vereinbarten Zustand zu versetzen.
Nach den Feststellungen des BerGer. war der Umbau in der geplanten Form
wegen entgegenstehender öffentlichrechtlicher Bestimmungen und einem
Eingreifen der Denkmalschutzbehörde nicht möglich. Daraus ergibt
sich nicht, daß der Mietvertrag nach § 306 BGB wegen anfänglicher
objektiver Unmöglichkeit nichtig ist. § 306 BGB ist nämlich
in solchen Fällen nicht anwendbar, der Vertrag bleibt wirksam (Senat,
BGHZ 136, 102 = NJW 1997, 2813 = LM H. 1/1998 § 306 BGB Nr. 13 = NJWE-MietR
1997,247 L m. Nachw.), und der Vermieter bleibt im Grundsatz zur Leistung
verpflichtet. Die gegenseitigen Ansprüche der Vertragsparteien richten
sich nach den allgemeinen Regeln des Schuldrechts über Leistungsstörungen
(Senat, BGHZ 136, 102 = NJW 1997, 2813 = LM H. 1/1998 § 306 BGB Nr.
13 = NJWE-MietR 1997, 247 L). Der Mieter ist nicht etwa gezwungen, zunächst
auf Leistung zu klagen, um anschließend einen Schadensersatzanspruch
nach den §§ 283, 325 II BGB geltend machen zu können. Er
kann vielmehr, auch wenn die Unmöglichkeit nicht erst nachträglich
eingetreten ist, nach dem Grundgedanken der gesetzlichen Regelung sofort
nach § 325 BGB vorgehen und Schadensersatz wegen Nichterfüllung
verlangen (Emmerich, in: MünchKomm, 3. Aufl., Vorb. § 275 Rdnrn.
14, 15; Staudinger/Löwisch, BGB, 13. Bearb. [1995], § 283 Rdnr.
5), wenn der Vermieter die Unmöglichkeit zu vertreten hat. Es kann
offen bleiben, ob der Bekl. in dem Mietvertrag eine besondere Einstandspflicht
dafür übernommen hat, daß die Räume in der vereinbarten
Weise umgebaut werden können. Auch wenn das nicht der Fall ist, hat
er die Unmöglichkeit zu vertreten, weil er sich uneingeschränkt
zur Leistung verpflichtet hat, obwohl er das Leistungshindernis schon bei
Vertragsschluß bei Anwendung der forderlichen Sorgfalt hätte
erkennen können und müssen (BGH, LM BGB § 325 Nr. 8 = MDR
1960, 304 = BB 1960, 303; Emmerich, in: MünchKomm, § 275 Rdnr.
71; Bailhaus, in: RGRK, 12. Aufl., § 325 Rdnr. 5; Palandt/Heinrichs,
BGB, 57. Aufl., § 275 Rdnr. 23 m. w. Nachw.). Das Haus stand unter
Denkmalschutz. In einem Verwaltungsstreitverfahren zwischen der Eigentümergemeinschaft,
zu der der Bekl. gehörte, und dem Oberstadtdirektor von W. war ca.
drei Jahre vor Abschluß des Mietvertrags der Parteien ein Sachverständigengutachten
eingeholt worden, das zur Begründung der Notwendigkeit, das Haus unter
Denkmalschutz zu stellen, ausdrücklich die Dienstbotentreppe erwähnt
hat. Aufgrund dieser Umstände hätte dem Bekl. klar sein müssen,
daß die Dienstbotentreppe nicht ohne weiteres beseitigt werden durfte.