NJW 1999, 940 f
Eine Globalzession künftiger Kundenforderungen an eine Bank ohne dingliche Teilverzichtsklausel ist in der Regel sittenwidrig, soweit sie auch Forderungen umfassen soll, die der Schuldner seinen Lieferanten aufgrund verlängerten Eigentumsvorbehalts künftig abtreten muß und abtritt.
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit kollidierender Sicherungsabtretungen. Die Kl., eine österreichische Bank, gewährte der H-GmbH (im folgenden: H), einer deutschen Teehandelsgesellschaft, Kredit. Als Sicherheit ließ sie sich alle Forderungen der H gegen nicht in Deutschland ansässige Abnehmer abtreten. In Nr. 4 des Globalzessionsvertrags vom 19./23. 7. 1993 heißt es u. a.: ,,Auslandsforderungen, die nicht von der Abtretung erfaßt werden sollen, da sie über andere Banken finanziert sind, müssen bei der Übermittlung der Offenen-Posten-Liste z. B. handschriftlich als nicht von der Abtretung umfaßt" gekennzeichnet werden. ,,Diese Kennzeichnung hat ab dem erstmaligen Aufscheinen der Forderung auf der OP-Liste regelmäßig aufzuscheinen. Sollte eine Forderungauch nurein Mal nicht wie ausgeführt gekennzeichnet worden sein, so ist die Abtretung an Sie unwiderruflich rechtsgültig." Zur Finanzierung ihrer Teeimporte war die H, wie die Kl. wußte, auf weitere, durch Forderungsabtretung zu sichernde Kredite angewiesen. Diese gewährte die Bekl., eine deutsche Bank. Nr. 10 des am 6. 3. 1994 mit ihr geschlossenen Importfinanzierungsvertrags bestimmt, daß die H an die Bekl. sicherungsübereigneten Tee als Kommissionärin im Rahmen ordnungsgemäßen Geschäftsgangs im eigenen Namen verkaufen darf und die Kaufpreisforderungen zur Sicherung aller Ansprüche aus der bankmäßigen Geschäftsverbindung an die Bekl. abtritt. Bereits unter dem 3. 2.1994 harte die Kl. die Globalzession gegenüber der M-GmbH (im folgenden: M), einer in Österreich ansässigen Abnehmerin der H, offengelegt und sie gebeten, Rechnungen der H durch Überweisung auf ein bei ihr geführtes Konto zu bezahlen. Die M kam dem nicht nach, sondern überwies 3 136 250 ÖS auf das Konto der H bei der Bekl. Diese verrechnete die Überweisungsbeträge mit dem Debet der H. Mit der Klage nimmt die Kl. die Bekl. auf Zahlung von 3 136 250 OS nebst Zinsen in Anspruch und verlangt im Wege der Stufenklage außerdem Auskunft darüber, in welcher Höhe und wann nicht in Deutschland ansässige Kunden der H seit dem 6. 3.1994 Forderungen durch Überweisung auf deren bei der Bekl. geführtes Konto bezahlt haben, sowie Auskehr auch dieser Beträge nebst Zinsen. Die Kl. hält die Sicherungsabtretung an die Bekl., da zeitlich nach der Global-zession erfolgt, für unwirksam. Die Bekl. ist vor allem der Ansicht, die deutschem Recht unterliegende Globalzession zugunsten der Kl. sei mangels Bestimmtheit sowie deshalb nichtig, weil sie auch Forderungen umfasse, die die H aufgrund eines branchenüblichen verlängerten Eigentumsvorbehalts an ihre Lieferanten habe abtreten müssen. Das LG hat die Klage abgewiesen. Das OLG hat ihr stattgegeben. Mit der Revision verfolgt die Bekl. ihren Klageabweisungsantrag weiter. Die Revision führte zur Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.
Aus den Gründen:
Das BerGer. hat einen Anspruch der Kl. aus §
816 II BGB für gegeben erachtet und dazu im wesentlichen ausgeführt:
Die Frage, ob die Bekl. durch Zahlungen der M ungerechtfertigt bereichert
sei, sei nach deutschem Recht zu entscheiden, da die Vermögensverschiebung
nach deutschem Recht eingetreten sei. Auch die Wirksamkeit der Globalzession
sei gem. Art. 33 II EGBGB nach deutschem Recht zu beurteilen, da die abgetretenen
Kaufpreisforderungen der H deutschem Recht unterlägen. Die Globalzession
sei nicht mangels hinreichender Bestimmbarkeit der im voraus abgetretenen
Forderungen unwirksam. Erfaßt würden von ihr alle Forderungen
der H gegen ausländische Kunden unter der auflösenden Bedingung,
daß die H in der Offenen-Posten-Liste eine gegenteilige Kennzeichnung
vornehme. Dies sei bei den Forderungen gegen die M nicht geschehen. Die
Globalzession sei auch nicht sittenwidrig und nichtig, weil sie sich auf
Forderungen erstrecke, die die H aufgrund des vereinbarten verlängerten
Eigentumsvorbehalts an ihre Lieferanten habe abtreten müssen. Es fehle
an den subjektiven Voraussetzungen des § 138 I BGB, da aus dem Globalzessionsvertrag
unter Berücksichtigung der vorausgegangenen Korrespondenz die Bereitschaft
der Kl. zu entnehmen sei, von anderen Banken vorfinanzierte Forderungen
freizugeben. Der H sei deshalb die Möglichkeit eingeräumt worden,
in den Offenen-Posten-Listen fremdfinanzierte Forderungen als von der Abtretung
nicht umfaßt zu kennzeichnen. Die zeitlich nach der Globalzession
erfolgte Sicherungsabtretung von Forderungen an die Bekl. sei ins Leere
gegangen. Aus der Korn- missionsklausel im Importfinanzierungsvertrag folge
nichts anderes, da sie unwirksam sei. Die Bekl. könne auch nicht mit
Erfolg geltend machen, daß die Zahlungen der M an ,sie nur als Zahlstelle
der H erfolgt seien.
II. Diese Beurteilung hält der rechtlichen
Nachprüfung zumindest in einem wesentlichen Punkt nicht stand.
1. Zutreffend ist allerdings die Anwendung deutschen
Rechts durch das BerGer.
a) Die Kl. macht gegen die Bekl. Ansprüche
aus ungerechtfertigter Bereicherung geltend, weil die M an die Bekl. als
Nichtberechtigte Leistungen erbracht habe, die ihr, der Kl., gegenüber
wirksam seien. Maßgebend ist in solchen Fällen das Statut der
getilgten Forderungen (Soergel/Lüderitz, BGB, 12. Aufl., Art. 38 EGBGB
Anh. 1 Rdnr. 18; Palandt/Heldrich, BGB, 57. Aufl., Art. 33 EGBGB Vorb.
Rdnr. 3). Diese unterlagen nach Nr. 8 der Verkaufsbedingungen der H deutschem
Recht.
b) Auch die Wirksamkeit der Globalabtretung ist
nach deutschem Recht zu beurteilen. Nach Art. 33 II EGBGB bestimmt das
Recht, dem die abgetretene Forderung unterliegt, sowohl ihre Übertragbarkeit
als auch das Rangverhältnis konkurrierender Abtretungen (BGHZ 111,
376 [380 ] = NJW 1991, 637 = LM Art. 33 EGBGB 1996 Nr. 1). Der gesetzlichen
Anknüpfung liegt die Erwägung zugrunde, daß die Rechtsstellung
des Schuldners und das Schuldverhältnis nicht zur Disposition des
Zedenten und des Zessionars stehen (BGHZ 125, 196 [205] = NJW 1994, 2549
= LM H. 8/1994 § 237 KO Nr. 7/8). Es ist deshalb ohne Bedeutung, daß
die Kl. mit der Zedentin, der H, die Geltung österreichischen Rechts
vereinbart hat.
2. Die Globalabtretung an die Kl. verstößt
nach deutschem Recht gegen die guten Sitten und ist deshalb nichtig (§
138 I BGB).
a) Nach ständiger Rechtsprechung des BGH
ist eine zur Sicherung eines Kredits vereinbarte Globalzession künftiger
Kundenforderungen an eine Bank in der Regel sittenwidrig, soweit sie nach
dem Willen der Vertragspartner auch Forderungen umfassen soll, die der
Schuldner seinen 1 ieferanten aufgrund verlängerten Eigentumsvorbehalts
künftig abtreten muß und abtritt. Zur Sicherung der schutzwürdigen
Belange des Kreditnehmers und seiner Lieferanten müssen Ansprüche
aus einem verlängerten Eigentumsvorbehalt der Globalabtretung in jedem
Fall und mit dinglicher, nicht lediglich mit schuldrechtlicher Wirkung
vorgehen. Eine Klausel, die dem Zedenten nur die Verpflichtung zur Befriedigung
des Vorbehaltsverkäufers auferlegt, genügt nicht. Nicht sittenwidrig
ist eine Globalzession ohne eine dingliche Teilverzichtsklausel nur, wenn
es aufgrund besonderer Umstände in Ausnahmefällen an einer verwerflichen
Gesinnung der beteiligten Bank fehlt. Ein solcher Fall kann gegeben sein,
wenn sie nach den Umständen des Einzelfalls - insbesondere wegen der
Unüblichkeit des verlängerten Eigentumsvorbehalts in der betreffenden
Wirtschaftsbranche - eine Kollision der Sicherungsrechte für
ausgeschlossen halten durfte (BGHZ. 30, 149 [151ff.] = NJW 1959, 1S33 LM
§ 398 BGB Nr.9; BGHZ 32, 361 [36Sf.] = NJW 1960, 1716 = LM §
398 BGB Nr. 12; BGHZ 55, 34 [3Sf.]; = NJW 1971, 372 LM § 398 BGB Nr.
23; BGHZ 72, 308 [310ff.] = NJW 1979, 36S = LM § 398 BGB Nr. 37; BGH,
NJW 1991, 2144 = LM § 31 KO Nr. 12 = WM 1991, 1273 [1277]; NJW 1995,
1668 = LM H. 8/1995 § 138 [Gb] BGB Nr. 32 = WM 1995, 995 [997]).
b) Diesen Grundsätzen trägt die Globalzession
nicht Rechnung.
aa) Sie umfaßt alle Forderungen der H gegen
ausländische Kunden, also auch solche Ansprüche, die die Zedentin
aufgrund eines verlängerten Eigentumsvorbehalts an ihre Lieferanten
abtreten mußte. Eine dinglich wirkende Teilverzichtsklausel, die
Vorbehaltslieferanten von Anfang an den Vorrang vor der Globalzession sichert,
enthält der Globalabtretungsvertrag nicht. Nr. 4 des Globalzessionsvertrags
ist mit einem dinglich wirkenden Teilverzicht auch nicht vergleichbar.
Die Herausnahme einer Forderung aus der Globalzession erfolgt danach nicht
automatisch, sondern ist von ihrer Kennzeichnung in jeder Offenen-Posten-Liste
durch die H abhängig. Ihre Vorbehaltslieferanten waren also entgegen
der Intention der genannten Rechtsprechung über die vorrangige Sicherung
von Warenkreditgebern auf die Kennzeichnung der an sie abgetretenen Forderungen
durch die Zedentin angewiesen.
bb) Anders als das BerGer. gemeint hat, läßt
sich auch der subjektive Tatbestand des § 138 I BGB nicht mit der
Begründung verneinen, nach dem Willen der Parteien hätten Rechte
aus verlängerten Eigentumsvorbehalten Vorrang vor der Globalabtretung
haben sollen. Abgesehen davon, daß ein schuldrechtlich wirkender
Teilverzicht zugunsten von Vorbehaltslieferanten nicht ausreicht, kann
keine Rede davon sein, daß die Parteien eine schuldrechtliche Freigabepflicht
der Kl. zugunsten von Vorbehaltslieferanten vereinbart hätten. Die
Korrespondenz vor Abschluß der Globalzession, auf die sich das BerGer.
beruft, bezieht sich, wie die Revision zu Recht rügt, nicht auf verlängerte
Eigentumsvorbehalte von Warenlieferanten, sondern nur auf konkurrierende
Abtretungen von Forderungen der H gegen ausländische Kunden, die über
andere Banken finanziert wurden. Überdies sollten Auslandsforderungen
nur dann von der Globalabtretung nicht erfaßt werden, wenn sie von
der H entsprechend gekennzeichnet wurden. Die Beschränkung der Globalabtretung
ist danach von Handlungen der H abhängig, auf die Vorbehaltslieferanten
und finanzierende Banken keinen Einfluß hatten, und damit weniger
als ein schuldrechtlich wirkender Teilverzicht. Auch mit anderer Begründung
läßt sich der subjektive Tatbestand des § 138 I BGB nicht
verneinen. Ein verlängerter Eigentumsvorbehalt war nicht branchenunüblich.
Nach den nicht angegriffenen Feststellungen des BerGer. lieferte zumindest
ein Teil der Exporteure Tee nur unter Eigentumsvorbehalt. Eine dinglich
wirkende Teilverzichtsklausel war deshalb erforderlich. Gleichwohl war
die Kl., obwohl sie von der Notwendigkeit der Abtretung von Forderungen
aus dem Weiterverkauf von Tee an Dritte wußte, damit nicht einverstanden.
Dies sowie die Vereinbarung einer Klausel, bei der sie von jeder vorsätzlichen
oder versehentlichen Nichtkennzeichnung von Forderungen zu Lasten von Vorbehaltslieferanten
und importfinanzierenden Banken profitierte, weil die Abtretung an die
Kl. damit unwiderruflich rechtswirksam sein sollte (Nr. 4 Globalzessionsvertrag),
steht dem Ausschluß einer verwerflichen Gesinnung im Sinne der genannten
Rechtsprechung entgegen.
c) Der Globalzessionsvertrag ist danach sittenwidrig
und nichtig (§ 138 I BGB) mit der Folge, daß die Kl. die von
der Bekl. eingezogenen Forderungen nicht erworben hat. Daß die Bekl.
keine Vorbehaltslieferantin ist, ist ohne Belang. Die aus der Sittenwidrigkeit
folgende Nichtigkeit der Globalzession wirkt für und gegen jedermann.