Vom Erben
eingegangene Verpflichtungen als Nachlaßverbindlichkeiten
(Nachlaßerbenschulden)
RG, Urteil v.
26.3.1917 Rep. IV. 398/16
Fundstelle:
RGZ 90, 91 ff
Amtl. Leitsatz:
Wann ist eine von dem Erben, insbesondere
von dem Vorerben eingegangene Verbindlichkeit als Nachlassverbindlichkeit
anzusehen?
Der am 17. August 1902 verstorbene Kaufmann W. zu Berlin hat
in seinem Testamente vom 13. August 1902 seine Ehefrau zu ¼ und seine beiden
Kinder, die Beklagten zu ¾ als Erben mit der Bestimmung eingesetzt, dass die
Ehefrau an dem Erbteile der Kinder für ihre Lebenszeit bis zu ihrer etwaigen
Wiederverheiratung Nießbrauch und freie Verwaltung haben und hierbei von
allen Einschränkungen, soweit gesetzlich zulässig, befreit sein solle. Aus
den Mitteln des ungeteilten Nachlasses erwarb Frau W. im Jahre 1907 das
Miteigentum zu 3/5 an dem Grundstücken Südendstraße 4 und Albrechtstraße
123. Demnächst ließ sie gemeinschaftlich mit ihrem damaligen Miteigentümer
auf Grund der vollstreckbaren notariellen Urkunde vom 30.September 1907 auf
das erstere Grundstück für den Kläger als ein ihnen von diesem gegebenes
Darlehen 20 000 M hypothekarisch eintragen. Später, bei Erwerb des
restlichen Miteigentums übernahm sie diese Schuld allein. Am 29. März 1912
schloss sie mit ihren Kindern einen Auseinandersetzungsvertrag, durch den
sie diesen außer anderen Werten das Grundstück Albrechtstraße 123 übertrug,
während sie selbst das Grundstück Südendstraße 4 übernahm.
Der Kläger hat jetzt wegen seiner Hypothekenforderung, da er von Frau W.
seine Befriedigung erlangen konnte, die beiden Beklagten auf Duldung der
Zwangsvollstreckung in das in ihrem Namen eingetragenen Grundstücks
Albrechtsraße 123 in Anspruch genommen. Er stützt die Klage unter anderen
darauf, das es sich bei seiner Forderung um eine Nachlassverbindlichkeit
handle. Die Vorinstanzen wiesen die Klage ab. Auch die Revision blieb
erfolglos.
Aus den Gründen:
...“Hauptsächlich richtet sich der Angriff der Revision dagegen, dass die
von der Frau W. eingegangen Darlehensschuld nicht als eine die Beklagten
haftbar machende Nachlassverbindlichkeit beurteilt ist. Über den Begriff der
Nachlassverbindlichkeiten bestimmt §1967 Abs. 2 BGB, dass zu ihnen außer den
vom Erblasser herrührenden Schulden auch die den Erben als solchen
treffenden Verbindlichkeiten, insbesondere die Verbindlichkeiten aus
Pflichtteilsrechten, Vermächtnissen und Auflagen gehören. Nicht mit Klarheit
spricht sich das Gesetz darüber aus, ob und inwieweit zu den den Erben als
solchen treffenden Verbindlichkeiten Schulden aus Rechtshandlungen des Erben
in Verwaltung des Nachlasses gerechnet werden dürfen. Die Frage ist daher in
der Rechtslehre eine sehr bestrittene. Streitig ist auch die weitere Frage,
ob das Vorhandensein einer Nachlassverbindlichkeit durch die Eingehung einer
persönlichen Verpflichtung des Erben ausgeschlossen wird. In letzterer
Beziehung wird verschiedentlich der Standpunkt vertreten, dass grundsätzlich
eine Nachlassverbindlichkeit nicht zugleich eine persönliche Verbindlichkeit
des Erben sein könne. Von diesem Standpunkt aus nimmt Bindar (Rechtsstellung
des Erben Bd. 2 S. 39 ff., Bd. 3 S. 70 ff.) an, dass der Erbe, der in
Verwaltung des Nachlasses, wenn schon im eigenen Namen, Rechtsgeschäfte
abschließt, nicht sich persönlich belaste, sondern immer nur eine
Nachlassverbindlichkeit begründe. Umgekehrt vertritt Eccius (Gruchots Beitr.
Bd. 51, S.566 ff) die Ansicht, dass der Erbe durch rechtsgeschäftliches
Handeln in Verwaltung des Nachlasses, da er in eigener Angelegenheit, nicht
in Vertretung des sein besonderes Rechtssubjekt bildenden Nachlasses handle,
weder im Innenverhältnis noch nach außen eine Nachlassschuld begründe,
sondern eine persönliche Verbindlichkeit eingehe (ähnlich Borcherdt im Arch.
f. zivil. Prax. Bd. 94, S.197 ff. für den Fall, dass das Rechtsgeschäft von
dem Alleinerben geschlossen wird).
Diese Auffassung, dass immer nur entweder eine Nachlassverbindlichkeit oder
eine persönliche Verbindlichkeit des Erben vorhanden sein könne, kann nicht
als berechtigt anerkannt werden. Nach den gesetzlichen Vorschriften steht
nichts entgegen, dass der Erbe bei Eingehung einer Nachlassverbindlichkeit
sich zugleich persönlich haftbar macht und dass auf diese Weise eine Art
Gesamtschuld begründet wird (Leonhard, Erbrecht Anm. VB 3 zu § 1967 BGB).
Zweifellos ist es dem Erben (vgl. Motive, Bd. 5 S. 603) bei Verwaltung des
Nachlasses gestattet, durch Vereinbarung mit dem Gläubiger, in dem er die
Haftung auf den Nachlass beschränkt, seine persönliche Haftung
auszuschließen, was auch dadurch geschehen kann, dass er erklärt, im Namen
oder in Vertretung des Nachlasses zu handeln. Eine solche Abmachung wir
allerdings nicht häufig vorkommen, weil durch Ablehnung der persönlichen
Haftung seitens des Erben Zweifel an der Zulänglichkeit des Nachlasses in
dem anderen Teile hervorgerufen werden müssen. Deshalb ist die Frage
praktisch von großer Bedeutung, auch für die Entscheidung des gegenwärtigen
Rechtsstreits, ob auch ohne solche Vereinbarungen eine
Nachlassverbindlichkeit schon dann anzunehmen ist, wenn der Erbe tatsächlich
in Verwaltung des Nachlasses gehandelt hat.
Für den Fall des Nachlasskonkurses werden im § 224 Nr. 3 und 4 KO. die
Kosten der Eröffnung einer Verfügung des Erblassers von Todes wegen, der
gerichtlichen Sicherung des Nachlasses, einer Nachlasspflegschaft, des
Aufgebots der Nachlassgläubiger und der Inventarerrichtung, desgleichen die
Kosten der Todeserklärung des Erblassers, sowie sie zur zweckentsprechenden
Durchführung des Verfahrens erforderlich sind (§ 971 ZPO) für Massenschulden
erklärt. Es ist damit zugleich zum Ausdruck gebracht, dass diese
Verbindlichkeiten als Nachlassverbindlichkeiten anzusehen sind. Sie belasten
den Nachlass, auch wenn den Erben, wie z.B. die Beauftragung eines Notars
mit der Inventarerrichtung, außerdem eine persönliche Verpflichtung trifft.
Der Begriff Nachlassverbindlichkeiten ist aber nicht, wie anscheinend
Dernburg (Bürgerl. Recht Bd. 5 § 125) will, auf derartige Verpflichtungen
aus den die Erbschaft betreffenden allgemeinen Verwaltungshandlungen, die
schon ihrer äußeren Natur nach sich als Nachlassverbindlichkeiten
darstellen, zu beschränken. Eine Erweiterung des Begriffs ergibt sich mit
Notwendigkeit aus den in §§ 1978, 1979 BGB getroffenen Bestimmungen. Ist es
zur Anordnung der Nachlassverwaltung oder zur Eröffnung des
Nachlasskonkurses gekommen, so ist der Erbe von der Zeit der Annahme der
Erbschaf an den Nachlassgläubigern für die Verwaltung des Nachlasses so
verantwortlich, wie wenn er die Verwaltung als Beauftragter zu führen gehabt
hätte. Aufwendungen sind ihm aus dem Nachlasse zu erstatten, soweit er nach
den Vorschriften über den Auftrag Ersatz verlangen könnte. Die
Nachlassgläubiger müssen hierbei, was für den Fall des Nachlasskonkurses von
Wichtigkeit ist, die Berichtigung einer Nachlassverbindlichkeit durch den
Erben als für Rechnung des Nachlasses erfolgt gelten lassen, wenn der Erbe
den Umständen nach annehmen durfte, dass der Nachlass zur Berichtigung aller
Nachlassverbindlichkeiten ausreiche. Das Rechtsverhältnis des Erben zu dem
Nachlasse bestimmt sich somit in dem auf vollständige Sonderung des
Nachlasses von dem sonstigen Vermögen des Erben gerichteten Verfahren der
Nachlassverwaltung und des Nachlasskonkurses nach den Grundsätzen des
Auftrags. Ebenso wie ein Beauftragter hat er, wenn er zur ordnungsgemäßen
Verwendung des Nachlasses Aufwendungen gemacht hat, die er zu diesem Zwecke
für erforderlich halten durfte (§ 670 BGB), Anspruch auf Ersatz, welchem
Anspruch im § 224 Nr. 1 KO sogar der Charakter einer Massenschuld beigelegt
ist. Dieser Ersatzanspruch erstreckt sich auch auf die von dem Erben
innerhalb des Rahmens ordnungsgemäßer Verwaltung des Nachlasses
eingegangenen neuen Verbindlichkeiten, für welche er, wenn eine andere
Vereinbarung nicht getroffen ist, mit seinem persönlichen Vermögen haftet.
Der Erbe soll durch eine derartige auftragsgemäße Verwaltung keinen Schaden
erleiden. Hieraus folgt, dass den aus solcher Verwaltung erwachsenen
Verbindlichkeiten die Eigenschaft von Nachlassverbindlichkeiten nicht
abgesprochen werden darf. Wäre sie dies nicht, wären sie als bloße
Privatschulden des Erben anzusehen, so würde, wie namentlich aus § 1979
hervorgeht, ein Anspruch auf Erlass überhaupt nicht gegeben sein. Der Erbe
würde im Gegenteil das zur Tilgung dieser Verbindlichkeiten aus
Nachlassmitteln Aufgewendete dem Nachlass zu erstatten haben. Soweit aber
der Erbe ersatzberechtigt ist, hat er für den Fall, dass die Verbindlichkeit
von ihm noch nicht berichtigt ist, nach § 257 BGB ein Recht auf Befreiung
von der Verbindlichkeit. Er kann zu diesem Zwecke, wenn nicht die Schuld
nachträglich von ihm getilgt und hierdurch ein Ersatzanspruch von ihm
erworben wird, die Berichtigung der Verbindlichkeit im Verfahren der
Nachlassverwaltung oder des Nachlasskonkurses verlangen und es ist nur
folgerichtig und als im Sinne der gesetzlichen Vorschriften liegend
anzuerkennen, dass in diesem Verfahren auch der Gläubiger selbst ein Recht
auf Berichtigung hat. Das amtliche Verfahren der Nachlassverwaltung und des
Nachlasskonkurses ist dazu bestimmt, eine Berichtigung der sämtlichen
Nachlassverbindlichkeiten und eine Klarstellung, inwieweit es sich um eine
Nachlassschuld oder um eine bloße Privatschuld des Erben handelt, für die
Nachlassmittel nicht aufgewendet werden dürfen, herbeizuführen.
Maßgebend ist danach für die Annahme einer Nachlassverbindlichkeit der
Umstand, ob die Verbindlichkeit vom Standpunkt eines sorgfältigen Verwalters
in ordnungsgemäßer Verwaltung des Nachlasses eingegangen ist, ohne dass es
entscheidend darauf ankommt, ob die Verbindlichkeit ausdrücklich für den
Nachlass übernommen ist oder die Beziehung zum Nachlass dem Geschäftsgegner
erkennbar gemacht ist (vgl. RGZ Bd. 62 S. 36ff., insbesondere S. 42, Urteil
des erkennenden Senats vom 9. November 1916 IV 208/16; Jaeger, Anm. 7 zu §§
226ff. RD; vgl. auch Strohal, Das deutsche Erbrecht § 70 S. 176 ff.: Bland,
Anm. 6a und 6b zu § 1967 BGB; Schene in Gruchots Beitr. Bd. 52 S.806 ff.:
Zahn, Die Haftung aus Rechtsgeschäften des Erben; Leonhard, Erbrecht Anm. V
B 3 zu § 1967, der jedoch hauptsächlich darauf Gewicht legt, auf wessen
Namen das Geschäft abgeschlossen ist). Nur von diesem Standpunkt aus, dass
nicht auf den Willen der Erben, sondern auf die objektive Sachlage Rücksicht
genommen wird, ist zu einer befriedigenden Lösung zu gelangen, die auch den
Interessen der Nachlassgläubiger gerecht wird.
Wesentlich in gleichem Sinne ist der Begriff der Nachlassverbindlichkeit in
den sonstigen erbrechtlichen Bestimmungen, insbesondere in den von der
Nacherbfolge handelnden Vorschriften der §§ 2115, 2144, 2145 BGB zu
verstehen. Gerade für die Nacherbfolge ist ein diese Auffassung bestärkendes
Moment daraus zu gewinnen, dass in den §§ 2120, 2130 ausdrücklich auf die
ordnungsgemäße Verwaltung hingewiesen wird. Die Befugnis des Vorerben, über
den Nachlass mit Wirkung gegenüber dem Nacherben zu verfügen, ist im §2120
dahin erweitert, dass er, sofern eine Verfügung zur ordnungsgemäßen
Verwaltung erforderlich ist, die Erteilung der Einwilligung von dem
Nacherben verlangen kann. Der gleiche Grundsatz muss entsprechende Anwendung
finden, wenn es sich nicht um eine Verfügung, sondern eine schuldrechtliche
Verpflichtung handelt. Der Nacherbe kann, wenn die Eingehung des
Rechtsgeschäfts zur ordnungsgemäßen Verwaltung erforderlich war, die hieraus
entspringende Verbindlichkeit als den Nachlass belastend ebenso wenig von
sich ablehnen, als er, wenn diese Verbindlichkeit bereits vor Eintritt der
Nacherbfolge aus Nachlassmitteln berichtigt ist, Erstattung des Geleisteten
nach § 2134 vom Vorerben fordern können. Die Verbindlichkeit geht nach §
2144 in derselben Weise wie jede andere Nachlassverbindlichkeit auf ihn
über. Einer Zwangsvollstreckung in den Nachlass, die der Gläubiger wegen
einer solchen Verbindlichkeit vor Eintritt der Nacherbfolge vornehmen lässt,
kann der Nacherbe nach § 2115 BGB, §§ 773, 771 ZPO weil die Verbindlichkeit
eine Nachlassverbindlichkeit ist, nicht widersprechen.
In erster Linie ist allerdings bei der Untersuchung, ob die Verbindlichkeit
als Nachlassverbindlichkeit anzusehen ist, die mit dem Gläubiger getroffene
Vereinbarung in Betracht zu ziehen. Ist der Erbe die Verbindlichkeit auf
seinen persönlichen Kredit eingegangen, so kann hierin unter Umständen der
Wille zu finden sein, dass der Gläubiger unter Ausschließung der Haftung des
Nachlasses lediglich auf die persönliche Haftung des Erben angewiesen sein
soll. Ein solcher Wille kann namentlich dann anzunehmen sein, wenn der
Vorerbe in Verwaltung des Nachlasses eine Verbindlichkeit übernimmt. Im
Unterschiede zu dem durch eine Nacherbfolge nicht beschränkten Erben wird
der Vorerbe, der bei der von ihm geführten Verwaltung die Zeit der
Nacherbfolge im Auge behalten wird, über die Verschiedenheit einer ihm als
bloß persönlich bindenden Verpflichtung und der Nachlasshaftung regelmäßig
nicht im unklaren sein. Ist diese Rechtslage auch von dem Gläubiger erkannt,
so kann nach Lage der Sache der Übernahme einer eigenen Verbindlichkeit
durch den Vorerben die Bedeutung beizumessen sein, dass eine
Nachlassverbindlichkeit nicht begründet werden soll (vgl. die ähnlichen
Ausführungen von Staudinge,r Anm. IVa zu §§ 2112 ff.; Bland, Anm.1 zu §2144,
ferner Strohal, Das deutsche Erbrecht Bd.2 §70 S.185, der immer nur die
Liberierungsverbindlichkeit des Nacherben gegenüber dem Vorerben als
Nachlassverbindlichkeit ansehen will).
Ob für den vorliegenden Fall, wo die Vorerbin Witwe W. zusammen mit dem
Miteigentümer in der vollstreckbaren Urkunde vom 30. August 1907 anerkannt
hat, ein bares Darlehen von 20 000 M von dem Kläger empfangen zu haben, und
dem Kläger mit dem Grundstücke Südendstraße 4 eine Hypothek bestellt hat,
schon aus diesem Grunde das Vorhandensein einer Nachlassverbindlichkeit zu
verneinen ist, weil der Kläger mit der Haftung des Grundstücks und der
persönlichen Haftung der Darlehensempfänger sich begnügt habe, kann
dahingestellt bleiben. Zur Abweisung des Klägers muss schon der Umstand
führen, dass die aus diesem Rechtsgeschäfte sich ergebende Verbindlichkeit
keineswegs als eine solche zu erachten ist, die in ordnungsgemäßer
Verwaltung des Nachlasses eingegangen ist. Nach der das Revisionsgericht
bindenden Feststellung des Berufungsrichters hat die Witwe W. das Grundstück
Südendstraße 4 nur zu Spekualtionszwecken erworben, um aus der Vermietung
und späteren Weiterveräußerung für sich selbst einen höheren Nutzen zu
erzielen. Sie hat bei diesem Grundstückserwerb und bei der Aufnahme des
Darlehens, das zur Verwendung für dieses Grundstück, zur Ablösung kleinerer
Hypotheken des Grundstücks bestimmt war und hierfür verwendet ist, lediglich
im eigenen Interesse, nicht zur Erhaltung oder Verbesserung des Nachlasses
gehandelt, und es konnte deshalb dies Spekulationsunternehmen, das über die
ordnungsgemäße Verwaltung weit hinausgeht, nicht die Grundlage für die
Entstehung einer Nachlassverbindlichkeit bilden. Ohne Einfluss ist hierauf,
dass das Grundstück Südendstraße 4, weil aus Mitteln der Erbschaft erworben,
gemäß § 2111 BGB zu dem entsprechenden Teile (vgl. Beschl. des RGs vom 28.
Oktober 1916 V.B 2/16, RGZ Bd.89, S.53) trotz Eintragung des Eigentums auf
den Namen der Frau W. Bestandteil des der Nacherbfolge unterliegenden
Nachlassvermögens geworden ist. Damit sind die schuldrechtlichen
Verbindlichkeiten aus dem an das Nachlassgrundstück sich anknüpfenden
Spekulationsunternehmen noch nicht zu Nachlassverbindlichkeiten geworden.
Der Entscheidung des Kammergerichts war daher in dieser Frage im Ergebnis
beizutreten, wennschon der im Berufungsurteil ausgestellte allgemeine Satz,
zur Begründung einer Nachlassverbindlichkeit müsse der Erbe deutlich
erkennbar machen, dass er das Geschäft nicht für sich, sondern in seiner
Eigenschaft als Verwalter des Nachlasses abschließe, nach den vorhergehenden
Ausführungen keine Billigung verdient.
Für den gegenwärtigen Rechtsstreit kommt noch in Betracht, dass die Witwe W.
in dem notariellen Vertrage vom 29. März 1912 die ihr als Vorerbin auf ihre
Lebenszeit bis zu ihrer etwaigen Wiederverheiratung zugewandte Erbschaft
vorzeitig vor Eintritt des Falles der Nacherbfolge an die Beklagten unter
gleichzeitiger Auseinandersetzung mit ihnen, indem sie zu ¼ Miterbin war,
herausgegeben hat. Es kann deshalb die Frage entstehen, ob und inwieweit in
einem solchen Falle, was die Rechtsstellung gegenüber den Nachlassgläubigern,
den Übergang der Erbschaft und das Rechtsverhältnis zwischen Veräußerer und
Erwerber betrifft, die Grundsätze der Nacherbfolge oder der Erbschaftslaufs
Platz greifen. Auf diese Frage braucht indes nicht näher eingegangen zu
werden, weil, auch wenn mit dem Berufungsgerichte bei Anwendbarkeit der
Vorschriften über den Erbschaftslauf anzunehmen wäre, dies in dem hier
entscheidenden Punkte, der Haftung für die Nachlassverbindlichkeiten keinen
Unterschied macht. Der Begriff der Nachlassverbindlichkeit, für welche der
Erbschaftsläufer nach § 2383 BGB haftet, ist ganz der gleiche wie der in §
2144 hinsichtlich der Haftung des Nacherben bestimmte.“...
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