»Zum Begriff des Spezieskaufs bei zukünftigen
Sachen. Ist § 281 BGB anwendbar, wenn der geschuldete Gegenstand zur
Zeit der die Unmöglichkeit der Leistung herbeiführenden Beschlagnahme
noch nicht existierte?«
Die Klägerin hat von der Beklagten am 19.
Januar 1915 35 Tonnen Wolframerz und zwar die nächsten 35 Tonnen,
die sie in ihrer Grube in T. erzeugen würde, gekauft. Geliefert sind
nur 19173 kg. Die Lieferung des Restes ist der Beklagten unmöglich,
weil bei ihr durch Verfügung des Generalkommandos des XI Armeekorps
in T. vom 15. November 1915 auf Grund der Bundesratsverordnung vom 24.
Juni 1915 sämtliche aus dem Wolframvorkommen in T. vorhandenen und
hinzutretenden Bestände an Wolfram in Erzen, in Milcherzen und auf
Halden sowie in Legierungen und Verkleidungen, ferner Wolfram in Schlacken,
in Neben- und Zwischenerzeugnissen und Rückständen beschlagnahmt
worden sind. Der Abbau, die Förderung sowie die Aufbereitung im eigenen
Betriebe blieb der Beklagten zwar gestattet, sie durfte jedoch die gewonnenen
Wolframerze und sonstigen wolframhaltigen Stoffe nur an die Kriegsmetall-Aktiengesellschaft
in Berlin verkaufen. Sie hat demnach ihre gesamten nach der Beschlagnahme
geförderten Woframerze an die genannte Aktiengesellschaft abgeführt,
wobei unter den Parteien streitig ist, ob sie zugunsten der Gesellschaft
enteignet oder ihr freihändig verkauft worden sind.
Mit der Behauptung, daß die Beklagte hierbei
an den noch rückständigen 25827 kg Wolfram einen Mehrgewinn von
über 6000 M erzielt habe, auf den die Klägerin gemäß
§ 281 BGB Anspruch erhebt, klagte sie gegen die Beklagte auf Zahlung
von 6000 M nebst 5 % Prozeßzinsen. Beide Vorinstanzen entschieden
zu ihren Ungunsten. Auf die Revision der Klägerin ist das Urteil des
Oberlandesgerichts aufgehoben und die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen
worden aus folgenden Gründen:
"Das Berufungsgericht hat den Klageanspruch deshalb
zurückgewiesen, weil von den den Gegenstand des Kaufes der Klägerin
bildenden nächsten zu fördernden 35 Tonnen Wolfram diejenige
Menge, mir deren Lieferung die Beklagte im Rückstande war (25827 kg),
zur Zeit der Beschlagnahme noch nicht in die Erscheinung getreten sei;
sie habe sich nämlich als Teil des Grundstücks noch in der Grube
befunden und hätte erst gebrochen und zutage befördert, möglicherweise
auch noch einer Behandlung im Magnet- und Säureverfahren unterzogen
werden müssen, während der von der Kriegsmetallgesellschaft gewährte
Kauf- oder Enteignungspreis eine Gegenleistung für die fertige Ware,
also einen neuen Gegenstand, der sich zur Zeit der Beschlagnahme noch im
Zustande der Unfertigkeit befunden habe, angesehen werden könne. Diese
Auffassung ist nicht frei von Rechtsirrtum.
Der Verkauf der nächsten aus der Grube in
T. zu fördernden 35 Tonnen Wolframerz stellt sich nicht als
eine Gattungsschuld, auch nicht als sog. "beschränkte" Gattungsschuld,
sondern als Speziesschuld dar. Es handelte sich um den Kauf einer
erst zu erzeugenden, also erst künftig zur Entstehung gelangenden,
einer zukünftigen Sache. Auch an einer solchen ist ein Spezieskauf
sehr wohl denkbar. Er liegt dann vor, wenn die Parteien den Vertragsgegenstand
nicht nur nach Merkmalen bezeichnen wollten, sondern sich beim Vertragsabschlusse
die den Gegenstand des Vertrags bildenden Sachen als konkrete Sachen vorgestellt
haben. Letzteres ist aber hier der Fall. Aus den von den Parteien gewählten
Ausdrucksweise ist zu schließen, daß diese betimmten, zunächst
geförderten 35 Tonnen Erz als ganz konkret vorgestellte Sachindividuen
den Gegenstand des Vertrags bilden sollten. Sobald sie gefördert waren,
traten sie, ohne daß noch wie bei der Gattungsschuld irgendeine besondere
Ausscheidung aus der Gattung zur Konkretisierung des Leitungsgegenstandes
seitens der Schuldnerin in Frage kommen konnte, als der von vorneherein
vorgestellte Vertragsgegenstand von selbst in die Erscheinung. Gingen sie
nach der Förderung unter, so konnte sich die Beklagte auf Unmöglichkeit
der Erfüllung (§ 323 BGB.) berufen, und es griffen nicht etwa
die Grundsätze des § 243 Platz.
Der Annahme, daß es sich im vorliegenden
Falle um einen Spezieskauf handelt, stehen auch die Zwecke, die von den
Parteien mit einer solchen Vereinbarung erstrebt wurden, und namentlich
auch der Umstand nicht entgegen, daß es möglicherweise der Klägerin
darauf angekommen ist, tunlichst schnell in den Besitz des gekauften Erzes
zu gelangen und gegenüber der Konkurrenz einen Vorsprung zu gewinnen.
Denn dieses Ziel ließ sich eben am leichtesten und sichersten gerade
dadurch erreichen, daß man die Beklagte verhinderte, über ihre
künftige Produktion zum Nachteile der Klägerin zu verfügen,
indem diese ganz bestimmten, künftig zunächst zur Entstehung
gelangenden 35 Tonnen als der Klägerin zu verkauft zu gelten hatten.
Durch die Beschlagnahme verlor die Beklagte nicht
die Möglichkeit, diese 35 Tonnen Wolfram herzustellen, d.h. das Erz
zu brechen und bergmännisch aufzubereiten, denn die Beschlagnahmeverordnung
des Generalkommandos beließ der Beklagten den weiteren Abbau, die
Förderung und die Aufbereitung. Es stand also nichts im Wege, daß
die 35 Tonnen in die Erscheinung treten konnten. Nur die Möglichkeit,
die der Klägerin zu liefern, fiel fort; denn in dem Augenblicke, wo
sie zur Entstehung gelangten, wurden sie von der Beschlagnahme ergriffen
und durften nur noch an die Kriegsmetall-Aktiengesellschaft abgeliefert
werden. Der von der letztgenannten Gesellschaft gezahlte Kauf- oder Enteignungspreis
ist also gerade für denjenigen Gegenstand bezahlt, welcher zugleich
den Gegenstand des zwischen den Parteien abgeschlossenen Vertrags bildete;
denn mochten die 35 Tonnen beim Vertragsabschlusse selbst noch im Zustande
der Unfertigkeit sein, so war es doch die Absicht der Parteien, daß
sie im aufbereiteten Zustande der Klägerin geliefert werden sollten.
Es war also von vorneherein mit ihrer künftigen Entstehung gerechnet.
Die vom Berufungsgerichte gebilligte Rechtsansicht
führt auch zu ganz offenbarer Unbilligkeit. Es ist nicht verständlich,
aus welchen Gründen es für die Stellung eines Käufers eines
Kalbes, das von einer bestimmten, derzeit trächtigen Kuh demnächst
geworfen wird, in Bezug auf § 281 BGB. von Bedeutung sein könnte,
ob die Beschlagnahme vor oder nach der Geburt des Kalbes angeordnet wird.
Das vom Berufungsgerichte herangezogene Schrifttum
behandelt ganz andere Fälle und steht mit der Auffassung des Revisionsgerichts
keineswegs in Widerspruch. Werden dem Schuldner die Rohstoffe, aus denen
er erst den geschuldeten Gegenstand herstellen will, beschlagnahmt und
enteignet oder durch Zwangskauf entzogen, so kann allerdings der §
281 BGB keine Anwendung finden, weil es an dem Erfordernis der Identität
fehlt. Denn der Rohstoff, für den das Entgelt gewährt wird, ist
etwas ganz anderes, als die aus ihm erst herzustellende Sache, und insofern
kann man in solchem Falle allerdings sagen, der Leistungsgegenstand sei
überhaupt noch nicht in die Erscheinung getreten, d.h. für den
Leistungsgegenstand sei das Entgelt nicht bezahlt. Im einzelnen für
Lehmann, Kriegsbeschlagnahme S. 44 und Anm. 4 auf S. 110, ferner Starke
in Jur. Wochenschr. 1915 S. 564. Der andere Vom Berufungsrichter angeführte
Fall betrifft die Nichtanwendbarkeit des § 281 BGB., wenn im Falle
der Unmöglichkeit der Erfüllung einer Gattungsschuld wegen Beschlagnahme
sämtlicher zur Gattung gehörigen Sachen der Schuldner aus den
von der Beschlagnahme betroffenen Sachen andere Gegenstände herstellt,
für welche das vom Gläubiger auf Grund des § 281 beanspruchte
Entgelt erzielt wird; auch hier fehlt es an der nach § 281 BGB. erforderlichen
Identität ( im einzelnen s. Löwenwarter in Jur. Wochenschr. 1915
S. 111).
Hiernach unterlag das angefochtene Urteil der
Aufhebung. In der Sache selbst konnte nicht erkannt werden, da noch eine
Reihe von Fragen, die auch zum Teil bereits von den Vorinstanzen angedeutet
worden sind, der Erörterung bedürfen."