Haftung eines Mieters bei Verlust des
Hausschlüssels; Mieter als Erfüllungsgehilfe des Vermieters gegenüber den
weiteren Mitgliedern einer WEG; Voraussetzung einer Sachbeschädigung i.S.v.
§ 249 Abs. 2 BGB: Keine Sachbeschädigung einer Schließanlage durch Verlust
des Schlüssels
BGH, Urteil vom 5. März 2014 - VIII
ZR 205/13 - LG Heidelberg
Fundstelle:
NJW 2014, 1653
Amtl. Leitsatz:
Zum Umfang des
Schadensersatzanspruchs des Vermieters gegen den Mieter wegen eines
verlorenen Wohnungsschlüssels (hier: Austausch der Schließanlage einer
Wohnungseigentumsanlage).
Zentrale Probleme:
Ein Mieter verliert einen Wohnungsschlüssel,
der zugleich die Schließanlage des gesamten Mehrfamilienhauses schließt. Der
Anspruch des Vermieters auf Schadenersatz wegen des Austauschs der gesamten
Schließanlage kann sich in einem solchen Fall bei Beendigung des
Mietverhältnisses aus § 280 Abs. 1 i.V.m. § 546 BGB ergeben, denn die
Herausgabepflicht des Mieters bei Ende des Mietverhältnisses gilt auch für
die erhaltenen Schlüsseln. Bei bestehendem Mietverhältnis kann sich ein
Schadensersatzanspruch aus § 280 Abs. 1 i.V.m. § 241 Abs. 2 BGB wegen
Verletzung einer Schutzpflicht ergeben. Hier bestand der Schaden darin, dass
der Vermieter u.U. der Wohnungseigentümergemeinschaft gegenüber verpflichtet
war, die Kosten eines Austauschs der Schließanlage zu tragen. Diese
Schadensersatzpflicht des Vermieters wiederum ergibt sich aus § 280 Abs. 1
i.V.m. § 241 Abs. 2 BGB, da die Wohnungseigentümergemeinschaft nach dem WEG
ebenfalls ein Schuldverhältnis im Sinne von § 280 Abs. 1 BGB begründet. In
diesem Schuldverhältnis ist der Mieter Erfüllungsgehilfe des vermietenden
Wohnungseigentümers, so dass er für dessen Handeln nach § 278 Abs. 1 BGB
einzustehen hat.
Der BGH bezweifelt nicht, dass in einem solchen Fall
der Austausch der gesamten Schließanlage
notwendig sein kann und deshalb die Kosten des Austauschs zu ersetzen sind.
Die Besonderheit des Falles bestand allerdings darin, dass die Schließanlage
noch gar nicht ausgetauscht war und bereits jetzt die Kosten für einen
solchen Austausch geltend gemacht wurden. Insofern ist die Entscheidung
schadensersatzrechtlich interessant: Wenn nämlich die Kosten noch gar nicht
angefallen sind, könnte Schadensersatz in Geld vorab nur unter den
Voraussetzungen des §§ 249 Abs. 2 BGB verlangt werden. Das setzt voraus,
dass es sich bei dem Verlust des Haustürschlüssels um eine Sachbeschädigung
der Schließanlage handelt. Wenn das so wäre, könnte die Kosten nach § 249
Abs. 2 BGB verlangt werden (ohne dass der Geschädigte verpflichtet wäre, den
Geldbetrag für den Ersatz der Schließanlage zu verwenden!). Der BGH ist
allerdings der Ansicht, dass eine Sachbeschädigung im Sinne von § 249 Abs. 2
BGB einen Eingriff in die Sachsubstanz voraussetzt. Das verneint er, da
durch den Verlust des Schlüssels nicht in die Substanz der Schließanlage als
solcher eingegriffen wurde.
©sl 2014
Tatbestand:
1 Der Beklagte mietete ab dem 1. März
2010 eine Eigentumswohnung des Klägers in N. . In dem von den Parteien
unterzeichneten Übergabeprotokoll vom 28. Februar 2010 ist vermerkt, dass
dem Mieter zwei Wohnungsschlüssel übergeben wurden. Das Mietverhältnis
endete einvernehmlich nach drei Monaten zum 31. Mai 2010. Der Beklagte gab
einen Wohnungsschlüssel zurück und bestritt, einen zweiten erhalten zu
haben. Nachdem die Hausverwaltung der Wohnungseigentümergemeinschaft vom
Kläger darüber in Kenntnis gesetzt worden war, dass der Beklagte nicht in
der Lage ist, den Verbleib des (zweiten) Wohnungsschlüssels darzulegen,
verlangte die Hausverwaltung mit Schreiben vom 21. Juli 2010 vom Kläger die
Zahlung von 1.468 € für den aus Sicherheitsgründen für notwendig erachteten
Austausch der Schließanlage und fügte einen Kostenvoranschlag in gleicher
Höhe bei. Sie kündigte in dem Schreiben an, den Austausch der Schließanlage
nach Zahlungseingang in Auftrag zu geben. Der Kläger hat den Betrag bislang
nicht gezahlt; auch wurde die Schließanlage bisher nicht ausgetauscht.
2 Der Kläger hat den Beklagten - unter Abzug von dessen Kautionsguthaben in
Höhe von 500 € - auf Zahlung von Schadensersatz an die
Wohnungseigentümergemeinschaft in Höhe von zuletzt 1.367,32 € nebst Zinsen
in Anspruch genommen. Das Amtsgericht hat der Klage in Höhe von 968 € nebst
Zinsen stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Das Landgericht hat die
Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht
zugelassenen Revision erstrebt der Beklagte die vollständige Abweisung der
Klage.
Entscheidungsgründe:
3 Die Revision hat Erfolg.
I.
4 Das Berufungsgericht hat, soweit für das Revisionsverfahren von Interesse,
im Wesentlichen ausgeführt:
5 Der Kläger habe Anspruch auf Schadensersatz aus § 280 Abs. 1, § 249 Abs.
2, § 257 BGB, weil der Beklagte durch die Nichtrückgabe eines ihm vom Kläger
überlassenen Schlüssels seine Obhuts- und Rückgabepflicht (§ 241 Abs. 2, §
546 Abs. 1 BGB) verletzt habe, die sich auch auf mitvermietetes Zubehör der
Mietsache erstrecke; hierzu gehöre auch der vom Kläger vermisste Schlüssel.
An der Beweiswürdigung des Amtsgerichts, nach der aufgrund des
Übergabeprotokolls sowie der Aussagen der hierzu vernommenen Zeugen
feststehe, dass der Beklagte zwei Wohnungsschlüssel erhalten habe, bestünden
keine Zweifel. Dass der Beklagte dem Kläger nur einen Wohnungsschlüssel
zurückgegeben habe, sei zwischen den Parteien unstreitig. Umstände, welche
die gesetzliche Verschuldensvermutung widerlegten (§ 280 Abs. 1 Satz 2 BGB),
seien weder vorgetragen noch ersichtlich.
6 Dem Kläger sei in Gestalt der Inanspruchnahme durch die
Wohnungseigentümergemeinschaft, der gegenüber der Beklagte Erfüllungsgehilfe
im Rahmen der den Kläger als Miteigentümer treffenden Schutzpflichten
hinsichtlich des Gemeinschaftseigentums sei (§§ 241 Abs. 2, 278 BGB), auch
ein Schaden entstanden. Diese Verbindlichkeit umfasse über die
Wiederherstellung des fehlenden Schlüssels hinaus auch die Kosten der
Erneuerung der Schließanlage in dem von dem gerichtlichen Sachverständigen
für erforderlich gehaltenen Umfang.
7 Sei wegen Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, so könne der
Gläubiger statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen
(§ 249 Abs. 2 Satz 1 BGB). Die der Vorenthaltung des fehlenden Schlüssels
innewohnende Substanzverletzung beschränke sich nicht allein auf diesen
Schlüssel und der geschuldete Schadensersatz damit nicht auf den
verhältnismäßig geringfügigen Betrag für das Nachmachen dieses Schlüssels.
Vielmehr habe der Beklagte auch in die substantielle Funktionalität der
Gesamtheit der Sache "Schließanlage" eingegriffen. Denn diese sei dadurch,
dass der Verbleib des fehlenden Schlüssels ungeklärt bleibe, in ihrer
Funktion beeinträchtigt. Die durch den unbekannt verbliebenen Schlüssel
begründete Missbrauchsgefahr verletze nicht nur das Eigentum an dem
Schlüssel selbst, sondern die Sachgesamtheit Schließanlage für das
Gesamtgebäude.
8 Hierbei komme es nicht darauf an, ob der Vermieter die Schließanlage
tatsächlich und zeitnah ausgewechselt habe. Denn soweit er dies unterlasse,
handele er auf eigenes Risiko. Aufgrund dieser Risikoverteilung sei die
Entscheidung des Vermieters, Schadensersatz zu verlangen und die
Schließanlage trotzdem (zunächst) nicht zu erneuern, auch nicht treuwidrig.
Der Kammer erscheine es nach alledem angezeigt, den Grundsatz, dass der
Geschädigte in der Verwendung des Geldschadensersatzes frei sei, auch im
vorliegenden Fall Platz greifen zu lassen.
II.
9 Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung in einem entscheidenden
Punkt nicht stand. Der Kläger ist nicht verpflichtet, der
Wohnungseigentümergemeinschaft fiktive Kosten eines noch nicht vorgenommenen
Austauschs der Schließanlage zu erstatten; die auf Freistellung von diesem
Anspruch gerichtete Klage ist daher unbegründet.
10 1. Zu Recht ist das Berufungsgericht allerdings davon
ausgegangen, dass der Beklagte seine mietvertragliche Nebenpflicht zur Obhut
über den nicht mehr auffindbaren Schlüssel verletzt hat (§ 241 Abs.
2 BGB; vgl. KG, NJW-RR 2008, 1245; Flatow, NZM 2011, 660, 661; Sternel,
Mietrecht Aktuell, 4. Aufl., Rn. VI 262a; Schmid, MDR 2010, 1367, 1369) und
daher dem Kläger gegenüber - grundsätzlich - zum Schadensersatz gemäß § 280
Abs. 1, § 535 Abs. 1, § 546 Abs. 1, § 241 Abs. 2 BGB verpflichtet ist. Vom
Verschuldensvorwurf hat sich der Beklagte nach den Feststellungen des
Berufungsgerichts nicht entlastet (§ 280 Abs. 1 Satz 2 BGB). Er hat
zum Verbleib des Schlüssels nichts vorgetragen.
11 2. Das Berufungsgericht hat ferner zutreffend angenommen, dass der Kläger
als Schadensersatz vom Beklagten Freistellung (Zahlung an die
Wohnungseigentümergemeinschaft) verlangen kann, soweit er wegen des abhanden
gekommenen Schlüssels seinerseits Schadensersatzansprüchen der
Wohnungseigentümergemeinschaft ausgesetzt ist. Es hat aber verkannt,
dass der Wohnungseigentümergemeinschaft der geltend gemachte
Schadensersatzanspruch nicht zusteht, weil die Schließanlage nicht
ausgetauscht worden ist.
12 a) Zwar besteht nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zwischen
den Mitgliedern einer Wohnungseigentümergemeinschaft ein gesetzliches
Schuldverhältnis, durch das die Verhaltenspflichten des § 14 WEG begründet
werden, aber auch darüber hinaus gehende Treue- und Rücksichtnahmepflichten
im Sinne von § 241 Abs. 2 BGB folgen können. Der Wohnungseigentümer
hat im Rahmen dieser rechtlichen Sonderverbindung für das Verschulden von
Hilfspersonen nach § 278 BGB einzustehen (BGH, Urteil vom 10.
November 2006 - V ZR 62/06, NJW 2007, 292 Rn. 8; BGH, Beschluss vom 22.
April 1999 - V ZB 28/98, BGHZ 141, 224, 228 f.; Armbrüster, ZMR 1997, 395,
397). Dies gilt auch für Fremdnutzer, denen er die Wohnung
überlassen hat (Bärmann/Klein, WEG, 12. Aufl., § 14 Rn. 45 ff.)
So ist in der Rechtsprechung der Instanzgerichte und in der
Literatur anerkannt, dass ein Wohnungseigentümer den übrigen Miteigentümern
nach § 278 BGB für das Verschulden seiner Mieter und Untermieter haftet
(BayObLG, NJW 1970, 1551; KG, NZM 2002, 869; LG Dortmund, NZM 2000, 1016;
Bärmann/Klein, aaO Rn. 48 mwN; Kirchhoff, ZMR 1989, 323, 324; Schmid, aaO).
13 b) Diese Schutz- und Obhutspflicht erstreckt sich - wie das
Berufungsgericht zutreffend erkannt hat - auch auf Schließanlagen, die im
Gemeinschaftseigentum der Wohnungseigentümer stehen (vgl. OLG Hamm,
NJW-RR 2004, 1310; Schmid, aaO S. 1368). Denn zwischen den
Wohnungseigentümern besteht eine Schutz- und Obhutspflicht hinsichtlich der
im Gemeinschaftseigentum stehenden Gegenstände (§ 14 Nr. 1 WEG, §
241 Abs. 2 BGB). Zu dieser Schließanlage gehören auch die hierfür
gefertigten Schlüssel. Daher ist der Kläger als Miteigentümer
gegenüber der Wohnungseigentümergemeinschaft in gleicher Weise zur Obhut
über die ihm ausgehändigten Schlüssel der Schließanlage verpflichtet wie der
Beklagte im Rahmen des Mietverhältnisses gegenüber dem Kläger. Da dem Kläger
das Verschulden des Beklagten nach § 278 BGB zuzurechnen ist, haftet er
gegenüber der Wohnungseigentümergemeinschaft für den durch den Verlust eines
dem Beklagten ausgehändigten Schlüssels entstandenen Schaden.
14 c) Schließlich ist dem Berufungsgericht auch darin
beizupflichten, dass der Verlust des Wohnungsschlüssels einer Schließanlage
aus Sicherheitsgründen den Austausch der gesamten Schließanlage erforderlich
machen kann, falls eine missbräuchliche Verwendung des nicht auffindbaren
Schlüssels durch Unbefugte zu befürchten ist (Schmidt-Futterer/Streyl,
Mietrecht, 11. Aufl., § 546 BGB Rn. 35 mwN; Flatow, aaO; Ruthe, NZM 2000,
365; Schach in Kinne/Schach/Bieber, Miet- und Mietprozessrecht, 7. Aufl., §
546 Rn. 6; Schmid, aaO; KG, aaO S. 1246; LG Berlin, ZMR 2000, 535, 536; LG
Münster, WuM 1989, 508; LG Mannheim, WuM 1977, 121).
15 d) Jedoch hat die Wohnungseigentümergemeinschaft gegen den Kläger
keinen Anspruch auf Zahlung des für den Austausch der Schließanlage
erforderlichen Geldbetrages. Zwar kann ein Geschädigter den für die
Beseitigung eines Sachschadens erforderlichen Aufwand im Hinblick auf § 249
Abs. 2 Satz 1 BGB grundsätzlich auch fiktiv abrechnen (st. Rspr.;
vgl. BGH, Urteil vom 23. März 1976 - VI ZR 41/74, BGHZ 66, 239, 241 [zur
Beschädigung eines Kfz]). Dies setzt aber voraus, dass ein
erstattungsfähiger Vermögensschaden entstanden ist. Hieran fehlt es
im Streitfall.
16 aa) Nach einer in der Rechtsprechung der Instanzgerichte und in der
mietrechtlichen Literatur teilweise vertretenen Auffassung, der auch das
Berufungsgericht folgt, soll der Verlust eines einzelnen, zu einer
Schließanlage gehörenden Schlüssels allerdings zu einem Sachschaden
an der Schließanlage führen. Denn die Sachgesamtheit
"Schließanlage" sei durch den Verlust des Schlüssels und die damit
verbundene Missbrauchsgefahr in ihrer Funktion beeinträchtigt. Der
Eigentümer könne deshalb seinen Schaden abstrakt berechnen und die
(fiktiven) Kosten eines Austausches der Schließanlage gemäß § 249 Abs. 2
Satz 1 BGB als den zur Wiederherstellung erforderlichen Geldbetrag verlangen
(KG, aaO; LG Münster, aaO; Lützenkirchen/Lützenkirchen, Mietrecht,
§ 546 BGB Rn. 121).
17 bb) Die Gegenmeinung sieht in dem Verlust eines Schlüssels keine
Beschädigung der Schließanlage als Sachgesamtheit (LG Wiesbaden, NZM 1999,
308, AG Ludwigsburg, WuM 2010 355; AG Rheinbach, NZM 2005, 822; Ruthe, aaO
S. 366; Flatow, aaO S. 662; Drasdo, NJW-Spezial 2011, 161, 162; Zich, MietRB
2004, 302, 303; Schmidt/Harz/Harsch, Fachanwaltskommentar Mietrecht, 4.
Aufl., § 535 Rn. 284d). Der Verlust eines nachlieferbaren Schlüssels sei
kein Eingriff in die Sachsubstanz der Schließanlage (LG Wiesbaden, aaO; AG
Ludwigsburg, aaO; AG Rheinbach, aaO; Ruthe, aaO; Flatow, aaO). Die Mietsache
erleide durch den Verlust des Schlüssels auch keine Wertminderung (AG
Ludwigsburg, aaO; AG Rheinbach, aaO; Kossmann/Meyer-Abich, Handbuch der
Wohnraummiete, 7. Aufl., § 94 Rn. 22). Solange die Schließanlage
nicht erneuert worden sei, bestehe kein Schaden (Ruthe, aaO; Drasdo,
aaO; Schmidt/Harz/Harsch, aaO), denn allein die Sorge, es könne mit dem
verlorenen Schlüssel Missbrauch getrieben werden, sei nicht
kommerzialisierbar (LG Wiesbaden, aaO). Der Austausch der Schließanlage sei
eine Maßnahme der Schadensverhütung, für die Schadensersatz erst nach
Durchführung verlangt werden könne, da sich der Geschädigte andernfalls die
bloße Besorgnis weiterer Schäden in Geld bezahlen ließe (Flatow, aaO).
18 cc) Der letztgenannten Auffassung gebührt der Vorzug. Eine Sache
oder Sachgesamtheit ist nur dann beschädigt, wenn ihre Sachsubstanz verletzt
ist (Staudinger/Schiemann, BGB, Neubearb. 2005, § 249 Rn. 218;
Münch-KommBGB/Oetker, 6. Aufl., § 249 Rn. 424, jeweils mwN). Der Verlust
eines Schlüssels führt aber bei der gebotenen wertenden Betrachtung nicht zu
einer - über die hier nicht streitgegenständliche Einbuße des verlorenen
Schlüssels hinausgehende - Beeinträchtigung der Sachsubstanz der
Schließanlage.
19 Dass die Schließanlage in ihrer Sicherungsfunktion beeinträchtigt ist,
wenn sich Unbefugte mit dem verloren gegangenen Schlüssel Zutritt
verschaffen könnten, ist keine unmittelbare Folge eines
Substanzeingriffs. Dies zeigt sich schon daran, dass diese
Funktionsbeeinträchtigung durch einen neu angefertigten Schlüssel und die
damit verbundene Kompensation der eingebüßten Sachsubstanz nicht beseitigt
werden könnte. Soweit das Berufungsgericht die durch den Verlust des
Schlüssels bedingte Funktionsbeeinträchtigung als Eingriff in die
"substantielle Funktionalität" der Sachgesamtheit "Schließanlage" wertet,
vermengt es die Verletzung der Sachsubstanz und die Beeinträchtigung der
Sicherungsfunktion der Schließanlage. Während im ersten Fall schon aufgrund
der schadensrechtlichen Differenzhypothese vom Vorliegen eines Sachschadens
auszugehen ist, bedarf es bei der beschriebenen Beeinträchtigung der
Sicherungsfunktion einer wertenden Betrachtung unter Einbeziehung der
Verkehrsauffassung, ob sich das wegen einer Missbrauchsgefahr bestehende
Sicherheitsrisiko zu einem Vermögensschaden verfestigt hat. Dies ist nicht
der Fall. Das rein abstrakte Gefährdungspotential stellt regelmäßig keinen
erstattungsfähigen Vermögensschaden dar. Ein ersatzfähiger Schaden entsteht
vielmehr erst dann, wenn sich der Geschädigte aus objektiver Sicht unter den
konkret gegebenen Einzelfallumständen zur Beseitigung einer fortbestehenden
Missbrauchsgefahr veranlasst sehen darf, die Schließanlage zu ersetzen, und
diesen Austausch auch tatsächlich vornimmt. In einem solchen Fall hat sich
das Gefährdungspotential in einer Vermögenseinbuße realisiert. An diesen
Voraussetzungen fehlt es hier.
III.
20 Da die Revision begründet ist, ist das angefochtene Urteil aufzuheben (§
562 Abs. 1 ZPO). Der Senat entscheidet in der Sache selbst, weil keine
weiteren Feststellungen zu treffen sind (§ 563 Abs. 1 und 3 ZPO). Die Klage
ist abzuweisen, weil dem Kläger der geltend gemachte Anspruch, wie
ausgeführt, nicht zusteht.
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