Wirksamkeit eines
Kündigungsverzichts in AGB bei Mietvertrag mit einem Studenten am
Studienort; Handeln des Stellvertreters zugleich in eigenem Namen,
Schriftform der Kündigung
BGH, Urteil vom 15. Juli
2009 - VIII ZR 307/08
Fundstelle:
NJW 2009, 3506
Amtl. Leitsatz:
Zur Frage der Wirksamkeit eines
formularmäßig vereinbarten zweijährigen Kündigungsverzichts in einem
Mietvertrag über ein von einem Studenten an seinem Studienort angemietetes
Zimmer.
Zentrale Probleme:
Eine interessante und lehrreiche Entscheidung
zum Mietrecht. Über die schulmäßige AGB-Kontrolle hinaus ist auch die
diskutierte Frage des Stellvertretungsrechts (Handeln zugleich in eigenem
Namen und Formerfordernis der Kündigung) für die Ausbildung relevant. Ein
typischer Klausursachverhalt!
©sl 2009
Tatbestand:
1 Die Beklagten, Vater und Sohn, sind nach einem am 21. September 2006 mit
der Klägerin geschlossenen Mietvertrag Mieter eines in einem Wohnheim der
Klägerin in E. gelegenen möblierten Zimmers, das der Beklagte zu 2
anlässlich der Aufnahme eines Studiums in E. zum Wintersemester 2006 bezog.
Zur Mietzeit enthält der von der Klägerin verwendete Formularvertrag in § 2
folgende Bestimmung, wobei die Datumsangaben in einer dafür vorgesehenen
Textlücke handschriftlich eingetragen sind:
"Das Mietverhältnis beginnt am 1. 10. 2006. Der Vertrag läuft auf
unbestimmte Dauer. Es wird vereinbart, dass das Recht zur ordentlichen
Kündigung für beide Parteien bis zum 15.10.2008 ausgeschlossen ist".
2 Die Miete ist mit 255 € monatlich vereinbart (205 € zuzüglich 50 € für
Wohnungsstrom). Darüber hinaus sieht der Mietvertrag in § 8 die zinsfreie
Entrichtung einer Kaution von 615 € an die Klägerin vor; diese Kaution ist
Anfang Oktober 2006 vom Beklagten zu 2 geleistet worden.
3 Mit Schreiben vom 26. Juni 2007 kündigte der Beklagte zu 1 unter dem
Briefkopf des Beklagten zu 2 und mit dem Unterschriftszusatz "i.A." den
Mietvertrag wegen "der durchweg unzumutbaren gesundheitsgefährdenden
unhygienischen Zustände im (gemeinschaftlichen) sanitären Bereich, als auch
im Eingangsbereich" zum 31. August 2007. Die Zimmerschlüssel wurden Anfang
August 2007 vom Beklagten zu 2 zurückgegeben, die Miete ab August 2007 nicht
mehr bezahlt.
4 Das Amtsgericht hat zwar die außerordentliche Kündigung nicht als wirksam
angesehen. Es ist aber von einer Beendigung des Mietverhältnisses durch
ordentliche Kündigung zum 31. Oktober 2007 ausgegangen und hat der auf
Zahlung der Mieten für die Monate August bis Oktober 2007 gerichteten Klage
mit Ausnahme der Mietforderung für August stattgegeben, die es durch
Aufrechnung der Beklagten mit einem Anspruch auf Kautionsrückzahlung als
erloschen angesehen hat. Zugleich hat das Amtsgericht die Klägerin auf die
Widerklage der Beklagten zur Rückzahlung der überschießenden Kaution
verurteilt. Die von der Klägerin eingelegte Berufung hat das Landgericht -
ebenso wie die Anschlussberufung der Beklagten - zurückgewiesen. Gegen die
Zurückweisung ihrer Berufung wendet sich die Klägerin mit ihrer vom
Landgericht zugelassenen Revision.
Entscheidungsgründe:
5 Die Revision hat keinen Erfolg.
I.
6 Das Berufungsgericht hat - soweit hier von Interesse - ausgeführt:
7 Die ausgesprochene Kündigung sei mangels vorheriger Abmahnung zwar nicht
als außerordentliche Kündigung wirksam geworden. Sie sei jedoch in eine
ordentliche Kündigung umzudeuten und habe das Mietverhältnis zum 31. Oktober
2007 beendet. Bei ihrem Ausspruch habe der Beklagte zu 1 zum einen als
Vertreter des Beklagten zu 2 handeln wollen und dies durch Angabe von dessen
Namen und den Gebrauch des Vertreterzusatzes "i.A." zum Ausdruck gebracht.
Zugleich habe er für sich selbst handeln wollen. Ein juristischer Laie wie
der Beklagte zu 1, der als Vertreter unterschreibe, gehe gewöhnlich davon
aus, dass damit zugleich seine eigene erforderliche Unterschrift geleistet
werde. Nach Lage der Dinge könne deshalb ausgeschlossen werden, dass der
Beklagte zu 1 als Vertreter für den Beklagten zu 2 eine Erklärung abgegeben
habe, die er sachlich nicht habe mittragen wollen. Unstreitig habe allein
der Beklagte zu 2 in dem angemieteten Zimmer aus Anlass seines Studiums
wohnen sollen. Die Aufnahme des Beklagten zu 1 in den Mietvertrag habe
lediglich dazu gedient, der Klägerin einen weiteren solventen Schuldner zu
verschaffen. Er sei deshalb ebenfalls daran interessiert gewesen, das
Mietverhältnis, von dem sein Sohn sich aus sachlichen Gründen habe lösen
wollen, rasch zum Ende zu bringen, um eine eigene Inanspruchnahme zu
vermeiden. Wäre ihm bewusst gewesen, dass er den Mietvertrag ebenfalls
unterschrieben habe und daher auch eine Kündigung von seiner Seite notwendig
gewesen sei, hätte er die Adressenangabe entsprechend anders formuliert.
Auch wenn sich der Kündigungserklärung selbst nur andeutungsweise ein
eigener Kündigungswille des Beklagten zu 1 entnehmen lasse, habe für die
Klägerin bei der ihr bekannten Interessenlage kein Zweifel bestehen können,
dass der Beklagte zu 1 die Kündigung ersichtlich auch als eigene habe
aussprechen wollen.
8 Der Wirksamkeit der ausgesprochenen Kündigung stehe nicht der im
Mietvertrag vereinbarte Kündigungsausschluss entgegen. Hierbei handele es
sich nach dem Ergebnis des erhobenen Zeugenbeweises sowie der Anhörung des
Beklagten zu 2 nicht um eine individualvertraglich getroffene Abrede,
sondern um einen formularmäßigen Kündigungsausschluss. Dieser sei nach § 307
Abs. 1 BGB unwirksam, weil er in seinem Ergebnis einem einfachen
Zeitmietvertrag gleichkomme, wie ihn der Gesetzgeber im Zuge des
Mietrechtsreformgesetzes wegen einer unerwünschten Beeinträchtigung der
Flexibilität und Mobilität des Mieters nicht mehr gewollt habe. Diesen
Interessen komme hier besondere Bedeutung zu, weil gerade Studenten oftmals
nach wenigen Monaten feststellten, dass das begonnene Studium für sie nicht
das Richtige sei, oder weil sie in späteren Phasen ihr Studium im Ausland
fortsetzen wollten oder gar müssten. Dem Interesse des Mieters, sich von
einem Vertrag jederzeit innerhalb eines relativ kurzen Zeitraums lösen zu
können, habe der Gesetzgeber den Vorrang vor der Vertragsfreiheit jedenfalls
dort einräumen wollen, wo aus Gründen der Mietersituation die Flexibilität
den Vorrang besitzen müsse. Zumindest sei nicht zu erkennen, dass der
Gesetzgeber es generell oder für Konstellationen, in denen der Mieter
erkennbar ein gesteigertes Interesse an einer jederzeitigen
Lösungsmöglichkeit habe, erlauben wolle, durch einen Ausschluss des
Kündigungsrechts die Wirkungen herbeizuführen, wie sie sonst durch eine nach
§ 573c BGB gerade nicht zulässige Verlängerung der Kündigungsfrist eintreten
würden. Das gelte hier umso mehr, als allein die klagende Vermieterin durch
den Kündigungsausschluss begünstigt werde. Den Gesetzesmaterialien sei
jedoch zu entnehmen, dass ein Ausschluss des Kündigungsrechts in irgendeiner
Weise auch im Interesse des Mieters liegen müsse. Dass der Verzicht dem
Beklagten zu 2 irgendeinen Vorteil gebracht habe, sei nicht ersichtlich.
Insbesondere habe er mit Rücksicht auf den vorliegend anwendbaren § 573 BGB
nicht ernstlich eine ordentliche Kündigung befürchten müssen, so dass der
Kündigungsverzicht bei genauer Wertung der beiderseitigen Interessen ein
einseitiger sei, der allein den Interessen der Klägerin diene, die
Fluktuation in ihren Mietobjekten gering zu halten und eine nahtlose
Vermietung sicherzustellen. Für den Beklagten zu 2 und seine Flexibilität
bei der Gestaltung des Studiums sei dagegen der Ausschluss des
Kündigungsrechts erheblich nachteilig, ohne dass die Möglichkeit, bei
vorzeitigem Auszug einen Nachmieter zu stellen, als hinreichender Ausgleich
der Benachteiligung angesehen werden könne. Zudem sei der Kündigungsverzicht
als eine nach § 575 Abs. 4 BGB unzulässige und damit zugleich gemäß § 307
Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksame Umgehung des § 575 BGB zu werten, weil der
Verzicht hier im Ergebnis darauf hinauslaufe, einem vorzeitigem Auszug des
Beklagten zu 2 entgegenzuwirken und ihm eine bestimmte Mietzeit praktisch
vorzugeben.
9 Da die Mietzeit hiernach zum 31. Oktober 2007 geendet habe und kein Grund
für eine weitere Zurückbehaltung der Kaution ersichtlich sei, insbesondere
über die Nebenkosten nicht abgerechnet werden müsse und auch sonst nicht
erkennbar sei, welche weiteren Forderungen die Klägerin noch gegen die
Beklagten aus dem Mietverhältnis haben könnte, sei die Kaution zur
Rückzahlung fällig geworden und auszukehren, so dass sie den Beklagten für
eine Aufrechnung zur Verfügung stehe.
II.
10 Diese Beurteilung hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand.
Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei angenommen, dass der im
Mietvertrag vereinbarte Kündigungsausschluss die Beklagten unangemessen
benachteiligt und deshalb gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam
ist. Das Mietverhältnis der Parteien ist deshalb durch ordentliche
Kündigung zum 31. Oktober 2007 beendet worden. Da die Klägerin ihrer mit
Beendigung des Mietverhältnisses entstandenen Pflicht nicht nachgekommen
ist, die geleistete Kaution binnen einer angemessenen Überlegungs- und
Prüfungsfrist abzurechnen und die danach zur Sicherung ihrer Ansprüche nicht
mehr benötigte Kaution an den Mieter auszukehren (vgl. BGHZ 141, 160, 162),
hat das Berufungsgericht ebenfalls ohne Rechtsfehler angenommen, dass die
geleistete Barkaution zur Rückzahlung fällig geworden ist (§ 812 Abs. 1
BGB). Die Beklagten können deshalb mit ihrem Rückzahlungsanspruch gegen die
Miete für August 2007 aufrechnen (§ 387 BGB) und den überschießenden Betrag
ausgezahlt verlangen.
11 1. Ohne Erfolg beanstandet die Revision, dass das Berufungsgericht die
unter dem 26. Juni 2007 ausgesprochene Kündigung des Mietvertrages nicht nur
als eine Kündigung des Beklagten zu 2, sondern auch als eine Kündigung des
Beklagten zu 1 und deshalb als wirksam angesehen hat.
12 Dem steht nicht entgegen, dass er die Kündigungserklärung nach ihrem
Wortlaut im Namen des Beklagten zu 2 abgegeben hat, für den er nach den von
der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts die
erforderliche Vertretungsmacht hatte. Denn ein Handeln zugleich im
fremden und im eigenen Namen ist rechtlich möglich und hat in diesem Fall
zur Folge, dass die abgegebene Erklärung neben dem Vertretenen auch dem
Erklärenden als eigene zugerechnet wird (BGHZ 104, 95, 100; MünchKommBGB/Schramm,
5. Aufl., § 164 Rdnr. 17; Habermeier in: Bamberger/Roth, BGB, 2. Aufl., §
164 Rdnr. 23 m.w.N.). Um dem Beklagten zu 1 die Kündigung auch als eigene
zurechnen zu können, ist es jedoch angesichts des bestehenden
Schriftformerfordernisses notwendig, dass sein dahingehender eigener
Kündigungswille in der Kündigungserklärung selbst - wenn auch nur
unvollkommen - mit hinreichender Deutlichkeit Ausdruck gefunden hat
(vgl. BGHZ 125, 175, 178; 176, 301, Tz. 25). Dass dies der Fall ist, hat das
Berufungsgericht ohne Rechtsfehler angenommen.
13 Die gemäß § 559 Abs. 2 ZPO vom Revisionsgericht nur eingeschränkt
nachprüfbare tatrichterliche Feststellung des Berufungsgerichts, in der
Kündigungserklärung habe ein den Anforderungen des Schriftformerfordernisses
genügender eigener Kündigungswille des Beklagten zu 1 seinen Ausdruck
gefunden, weil die Klägerin nach ihrem Empfängerhorizont aufgrund der allen
Beteiligten bekannten Interessenlage habe erkennen müssen, dass der Beklagte
zu 1 die Kündigungserklärung als eigene habe mittragen wollen, liegt nach
den Umständen nahe und lässt entgegen der Auffassung der Revision keinen
Rechtsfehler erkennen. Die (Hilfs-) Überlegung des Berufungsgerichts, der
Beklagte zu 1 hätte die Adressenangabe entsprechend anders formuliert, wenn
ihm bewusst gewesen wäre, dass er den Mietvertrag ebenfalls unterschrieben
hatte und daher auch eine Kündigung von seiner Seite notwendig war, steht
dem nicht entgegen, weil sie den Inhalt der Kündigungserklärung, für den es
entscheidend auf den Empfängerhorizont der Klägerin ankommt, nicht in Frage
stellt. Sie betrifft vielmehr nur die nicht nach außen in Erscheinung
getretene Willensbildung des Beklagten zu 1 in Bezug auf die Abfassung der
Kündigungserklärung und ist dahin zu verstehen, dass der Beklagte zu 1 die
Kündigungserklärung deutlicher als geschehen, nämlich unter beiderseitiger
Adressenangabe, formuliert hätte, wenn er sich des Erfordernisses bewusst
gewesen wäre, aufgrund seiner Beteiligung am Mietvertrag zum Ausdruck zu
bringen, dass er die Kündigungserklärung als eigene mitträgt.
14 2. Die Revision rügt ebenfalls ohne Erfolg, dass das Berufungsgericht,
das der Kündigungserklärung unangegriffen auch den Erklärungsgehalt
beigemessen hat, das Mietverhältnis jedenfalls zum nächstmöglichen Zeitpunkt
und damit hilfsweise ordentlich zum 31. Oktober 2007 beenden zu wollen, den
im Mietvertrag vereinbarten Ausschluss des Kündigungsrechts als unwirksam
angesehen hat.
15 a) Allerdings weist die Revision zutreffend darauf hin, dass der Senat
in ständiger Rechtsprechung einen beiderseitigen zeitlich begrenzten
Ausschluss des Kündigungsrechts für - wie hier - zwei Jahre grundsätzlich
auch dann als wirksam ansieht, wenn ein solcher Ausschluss - wie das
Berufungsgericht von der Revision unangegriffen festgestellt hat -
formularmäßig vereinbart ist. Insbesondere gebieten es weder § 573c Abs. 4
BGB noch § 575 Abs. 4 BGB, die Vereinbarung eines formularmäßigen
Kündigungsverzichts für sich allein schon als eine unangemessene
Benachteiligung des Mieters im Sinne von § 307 Abs. 2 BGB zu werten
(Senatsurteil vom 6. April 2005 - VIII ZR 27/04, WuM 2005, 346, unter II 1
m.w.N.). Anders als das Berufungsgericht meint, steht namentlich § 573c BGB
einem solchen Verzicht nicht entgegen, weil diese Vorschrift lediglich die
Kündigungsfrist regelt und somit ein Bestehen des Kündigungsrechts, das
vorliegend im Streit ist, gerade voraussetzt (Senatsurteil vom 6. Oktober
2004 - VIII ZR 2/04, WuM 2004, 672, unter II m.w.N.).
16 b) Gleichwohl kann ein formularmäßiger Kündigungsverzicht gemäß § 307
Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam sein, wenn er den Mieter nach den Umständen
entgegen Treu und Glauben unangemessen benachteiligt.
17 aa) Eine solche unangemessene Benachteiligung nimmt der Senat etwa für
einen einseitigen Kündigungsausschluss bei Verträgen an, denen keine
Staffelmietvereinbarung nach § 557a BGB mit den ihr innewohnenden Vorteilen
für den Mieter zugrunde liegt, wenn es an der Gewährung eines sonstigen
ausgleichenden Vorteils für den Mieter fehlt, der den einseitigen
Kündigungsverzicht gleichwohl zu rechtfertigen vermag (Senatsurteil vom 19.
November 2008 - VIII ZR 30/08, WuM 2009, 47, Tz. 11). Ebenso sieht der Senat
einen beiderseitigen Kündigungsausschluss von mehr als vier Jahren Dauer
wegen unangemessener Benachteiligung des Mieters in der Regel als unwirksam
an, weil ungeachtet der damit verbundenen Absicherung des Mieters vor einer
ordentlichen Kündigung des Vermieters über den durch §§ 573, 574 BGB
gewährten Kündigungsschutz hinaus jedenfalls bei Fehlen besonderer
zusätzlicher Vorteile für den Mieter dessen Dispositionsmöglichkeiten in
Bezug auf Mobilität und Flexibilität in einem nicht mehr erträglichen Maße
einengt (Senatsurteil vom 6. April 2005, aaO, unter II 2 d).
18 bb) Auch der hier vereinbarte Ausschluss des Kündigungsrechts
benachteiligt die Beklagten unangemessen. Insoweit hat das Berufungsgericht
in nicht zu beanstandender tatrichterlicher Würdigung dem Beklagten zu 2 ein
schutzwürdiges Bedürfnis nach einem besonderen Maß an Mobilität und
Flexibilität zugebilligt, um auf Unwägbarkeiten des Studienverlaufs und
ausbildungsbedingte Erfordernisse eines Ortswechsels angemessen reagieren zu
können, während es ins Gewicht fallende Interessen der Klägerin, die
Beklagten für längere Zeit als die gesetzliche Kündigungsfrist zu binden,
nicht erkennen konnte. Besondere Bedeutung kommt vor allem dem Umstand zu,
dass das angemietete Zimmer mit dem vom Beklagten zu 2 verfolgten Zweck
verknüpft war, in E. studieren zu können. Diese Zweckbeziehung und ein
daraus resultierendes sachliches Veränderungsbedürfnis des Beklagten zu 1
durfte die Klägerin nicht einfach ignorieren, um einseitig und ausnahmslos
ihr vom Berufungsgericht festgestelltes Interesse durchzusetzen, die
Fluktuation in ihren Mietobjekten gering zu halten und durch Vermeidung
eines innerhalb des Semesters liegenden Mietendes eine nahtlose
Anschlussvermietung sicherzustellen. Es begegnet deshalb keinen rechtlichen
Bedenken, wenn das Berufungsgericht darauf abgestellt hat, dass gerade
Studenten ausbildungsbedingt ein derartigen Kündigungsbeschränkungen
entgegen stehendes gesteigertes Interesse an einer Wahrung ihrer
Flexibilität haben, weil sie oftmals nach wenigen Monaten feststellen, dass
das begonnene Studium nicht das Richtige für sie ist, oder weil in späteren
Ausbildungsphasen ein Auslandsaufenthalt sinnvoll ist oder sogar
erforderlich wird, und mangels entsprechend gewichtiger Interessen der
Klägerin an einer bestimmten Kontinuität der Mietbeziehung den vereinbarten
Kündi-gungsausschluss als unangemessen verworfen hat.
19 Die Erwägungen des Berufungsgerichts stehen zudem im Einklang mit den
Maßstäben, die der Senat bei Schul- und Ausbildungsverträgen an die
Beurteilung von formularmäßigen Beschränkungen eines ordentlichen
Kündigungsrechts angelegt hat. Auch hierbei hat der Senat den hohen
Stellenwert hervorgehoben, der dem Einzelnen an der Wahl des für ihn
richtigen Berufs und der dafür geeigneten Ausbildungsstätte sowie daran
zuzubilligen ist, etwaige Fehlentscheidungen ohne gravierende, insbesondere
ohne wirtschaftlich vielfach nicht mehr tragbare Belastungen korrigieren zu
können. Formularmäßig fest vorgegebene Vertragslaufzeiten benachteiligen die
andere Seite deshalb angesichts der besonderen Schutzwürdigkeit dieser
Interessen und dem solchen Verträgen vertragstypisch anhaftenden Risiko
einer geänderten beruflichen Orientierung unangemessen, wenn der Verwender
seine eigenen Interessen an einer langfristigen Vertragsdauer einseitig
durchsetzt und dem für ihn erkennbaren Interesse des Ausbildungswilligen,
ohne gravierende Nachteile sein Berufsziel oder seine Ausbildungsstätte
aufgeben zu können, nicht durch angemessene Vertragsgestaltung Rechnung
trägt (BGHZ 120, 108, 120 f.; vgl. ferner BGH, Urteil vom 28. Februar 1985 -
IX ZR 92/84, WM 1985, 780, unter III 4 c cc, d).
20 cc) Da die Klägerin bei der von ihr vorgegebenen Vertragsgestaltung dem
Umstand keine Rechnung getragen hat, dass der Beklagte zu 1, ohne in E.
seinen Lebensmittelpunkt begründen zu wollen, das Zimmer lediglich
vorübergehend nach Maßgabe seiner in Ablauf und Erfolg in aller Regel nicht
genau überschaubaren Ausbildungsbedürfnisse benötigte, sondern einseitig ihr
Interesse an einer gewissen Kontinuität des Mietverhältnisses und einer
Weitervermietbarkeit des Zimmers zu einem ihr günstigen Nachfragezeitpunkt
durchgesetzt hat, ist der vereinbarte Ausschluss des Kündigungsrechts gemäß
§ 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam. Zu Recht weist das Berufungsgericht
darauf hin, dass auch die Möglichkeit der Beklagten, bei einem berechtigten
Interesse an einer vorzeitigen Vertragsbeendigung einen Nachmieter zu
stellen, kein anderes Ergebnis zu rechtfertigen vermag. Diese Möglichkeit
beseitigt die nachteiligen Folgen der unangemessenen Benachteiligung schon
deshalb nicht, weil es im Einzelfall durchaus fraglich ist, ob es den
Beklagten gelingen würde, einen Nachmieter zeitgerecht zu finden. Durch die
(unwirksame) Regelung im Mietvertrag der Parteien würde jedoch das
grundsätzlich dem Vermieter obliegende Risiko, einen Nachmieter zu finden,
unzulässig auf den Mieter verlagert (Senatsurteil vom 19. November 2008, aaO,
Tz. 13).
21 An die Stelle des unwirksamen Kündigungsausschlusses in § 2 des
Mietvertrages der Parteien ist gemäß § 306 Abs. 2 BGB das Recht zur
ordentlichen Kündigung (§ 542 Abs. 1, § 573c Abs. 1 BGB) getreten. Dieses
haben die Beklagten wirksam zum 31. Oktober 2007 ausgeübt (dazu vorstehend
unter II 1). Dagegen kommt eine Aufrechterhaltung des Kündigungsausschlusses
mit einer über den 31. Oktober 2007 hinausreichenden verkürzten Dauer wegen
des für Allgemeine Geschäftsbedingungen generell zu beachtenden Verbots
einer geltungserhaltenden Reduktion nicht in Betracht (vgl. Senatsurteile
vom 3. Mai 2006 - VIII ZR 243/05, WuM 2006, 385, Tz. 20; vom 25. Januar 2006
- VIII ZR 3/05, WuM 2006, 152, Tz. 20 ff.; vom 6. April 2005, aaO, unter II
3). |