CISG: Begriff der "wesentlichen
Vertragsverletzung" (Art. 25 CISG); Voraussetzungen und Rechtsfolgen der
Vertragsbeendigung bei mangelhafter Lieferung und beim Lieferverzug
(Art. 49, 81 CISG); Vorrang der Vertragserhaltung; Verschuldensunabhängige
Haftung für Nacherfüllungsaufwendungen des Käufers im Wege der
Selbstvornahme (Art. 74 CISG); Nacherfüllungsrecht des Verkäufers (Art. 48
CISG); Lückenfüllung bei "internen Lücken" (Art. 7 II CISG): Aufrechnung
von konventionsinternen Forderungen unter dem CISG
BGH, Urteil vom 24. September 2014 -
VIII ZR 394/12 - OLG Zweibrücken
Fundstelle:
NJW 2015, 867
für BGHZ vorgesehen
Amtl. Leitsatz:
a) Für die Beurteilung, ob eine wesentliche
Vertragsverletzung vorliegt, ist, wenn die Vertragswidrigkeit auf einer
Abweichung von der vertraglich vereinbarten Beschaffenheit (Art. 35 Abs. 1
CISG) oder auf einer sonstigen Mangelhaftigkeit (Art. 35 Abs. 2 CISG)
beruht, nicht allein die Schwere der Mängel entscheidend, sondern vielmehr,
ob durch das Gewicht der Vertragsverletzung das Erfüllungsinteresse des
Käufers im Wesentlichen entfallen ist. Kann er die Kaufsache, wenn auch
unter Einschränkungen, dauerhaft nutzen, wird eine wesentliche
Vertragsverletzung vielfach zu verneinen sein (Fortführung von BGH, Urteil
vom 3. April 1996 - VIII ZR 51/95, BGHZ 132, 290, 297 ff.).
b) Bei der Prüfung, ob eine Vertragsverletzung des Verkäufers das
Erfüllungsinteresse des Käufers im Wesentlichen entfallen lässt, ist in
erster Linie auf die getroffenen Parteivereinbarungen abzustellen. Fehlen
ausdrückliche Vereinbarungen, ist vor allem auf die Tendenz des
UN-Kaufrechts Rücksicht zu nehmen, die Vertragsaufhebung zugunsten der
anderen in Betracht kommenden Rechtsbehelfe, insbesondere der Minderung oder
des Schadensersatzes zurückzudrängen. Die Rückabwicklung soll dem Käufer nur
als letzte Möglichkeit (ultima ratio) zur Verfügung stehen, um auf eine
Vertragsverletzung der anderen Partei zu reagieren, die so gewichtig ist,
dass sie sein Erfüllungsinteresse im Wesentlichen entfallen lässt (im
Anschluss an BGH, Urteil vom 3. April 1996 - VIII ZR 51/95, aaO).
c) Die Aufrechnung von gegenseitigen
Geldforderungen, die aus demselben dem UN-Kaufrecht unterliegenden
Vertragsverhältnis entspringen, beurteilt sich nach konventionsinternen
Verrechnungsmaßstäben. Folge der konkludent oder ausdrücklich zu erklärenden
Aufrechnung ist, dass die gegenseitigen Geldforderungen - sofern keine
Aufrechnungsausschlüsse vereinbart worden sind - durch Verrechnung
erlöschen, soweit sie betragsmäßig übereinstimmen (Weiterentwicklung von
BGH, Urteile vom 23. Juni 2010 - VIII ZR 135/08, WM 2010, 1712 Rn. 24; vom
14. Mai 2014 - VIII ZR 266/13, WM 2014, 1509 Rn. 18).
Zentrale Probleme:
Eine unglaublich gehaltvolle und lehrreiche
Entscheidung zum UN-Kaufrecht (CISG), die zu Recht für BGHZ vorgesehen ist:
Zunächst geht es um die Voraussetzungen einer Vertragsbeendigung (=
Rücktritt) nach Art. 49 CISG. Diese setzt, insbesondere wenn es sich um eine
mangelhafte Leistung handelt, eine "wesentliche Vertragsverletzung" voraus.
Systematisch entspricht dieses Erfordernis dem Rücktrittsausschluss des §
323 Abs. 5 S. 2 BGB im deutschen Recht, wenngleich die Ausfüllung dieses
Kriteriums angesichts der Zielsetzung des CISG, das letztlich
Handelsverträge betrifft, nicht nach identischen Kriterien erfolgt (zu § 323
Abs. 5 S. 2 BGB s. zuletzt
BGH v. 28.5.2014 -
VIII ZR 94/13 m.w.N.). Dabei zeigen sich auch die Unterschiede in Bezug
auf das Nacherfüllungsrecht des Verkäufers: Während
nach unvereinheitlichtem deutschen Recht der Käufer
dem Verkäufer eine Frist zur Nacherfüllung setzen muss (§ 437 Nr. 2, § 323
Abs. 1 BGB), muss nach den Regelungen des CISG der Verkäufer dem Käufer die
Nacherfüllung anbieten (Art. 48 CISG). Weiter geht es dann um die Frage, ob
der Käufer die Kosten einer Mängelbeseitigung (Selbstvornahme) im Wege des
Schadensersatzes nach Art. 74 CISG liquidieren kann. Der größte Unterschied
zum unvereinheitlichten deutschen Recht besteht hier darin, dass der
Schadensersatzanspruch des Käufers vom Verschulden unabhängig ist (Art. 74
CISG).
Neu ist die Entscheidung in Bezug auf die Frage der Aufrechnung unter dem
CISG. Da das CISG nach seinem Art. 4 ausschließlich den Abschluss des
Kaufvertrages und die aus ihm erwachsenden Rechte und Pflichten des
Verkäufers und des Käufers regelt, stellt sich die Frage, ob eine
Aufrechnung von Forderungen auch den Regelungen des CISG unterfällt oder ob
die Aufrechnung unter Zwischenschaltung des IPR nach den im übrigen auf den
Vertrag anwendbaren Recht erfolgt (Art. 7 Abs. 2 CISG). Insofern
unterscheidet man im CISG sog. interne Lücken von sog. externen Lücken. Bei
internen Lücken handelt es sich um Fragen, die zwar in den Anwendungsbereich
des CISG fallen, dort aber nicht ausdrücklich geregelt sind. Sie sind nach
Art. 7 Abs. 2 Alt. 1 CISG nach den allgemeinen Grundsätzen des CISG zu
lösen, während für externe Lücken nach Art. 7 Abs. 2 Alt. 2 CISG unter
Zwischenschaltung des IPR das auf die jeweilige Frage anwendbare Recht zu
ermitteln ist. Da die Frage der Aufrechnung im CISG jedenfalls nicht
ausdrücklich geregelt ist, hatte der Senat hier diese Frage zu entscheiden:
Er entscheidet sie dahingehend, dass die Aufrechnung Forderungen, die beide
dem CISG unterliegen (sog. konventionsinterne Forderungen), dann nach den
allgemeinen Regeln des CISG erfolgt, wenn sie aus demselben
Vertragsverhältnis entspringen.
NB: Der Senat spricht hier im Zusammenhang mit einer Rechtswahl der Parteien
von Art. 11 EGBGB (s. Rn. 37 und Rn. 62) . Das ist offensichtlich ein
Irrtum. Gemeint ist wohl Art. 27 EGBGB a.F. (heute wäre Art. 3 Rom I-VO
maßgeblich).
©sl 2014
Tatbestand:
1 Die in P. ansässige Beklagte, ein Zulieferbetrieb für die
Automobilindustrie, stellt in Massenproduktion Autoteile aus Kunststoff her.
Für die jeweils zu liefernden Teile benötigt sie eigens hergestellte
Werkzeuge, zu denen auch Formen gehören, in die flüssiger Kunststoff zwecks
maßgenauer Herstellung der Teile gepresst wird. Derartige nach ihren
Vorgaben zu fertigende Spritzgusswerkzeuge bezog sie seit 1998 von der in
Ungarn ansässigen Herstellerin, der Rechtsvorgängerin der Klägerin.
2 Bei der Durchführung der letzten, in den Jahren 2000 und 2001 von der
Beklagten erteilten Lieferaufträge kam es zu Streitigkeiten. Die Beklagte
rügte bezüglich der unter den Auftragsnummern 40117, 40118, 40686,
40086/40087 bestellten und gelieferten Werkzeuge jeweils das Vorliegen von
Mängeln. Nachdem die Klägerin die gerügten Mängel nicht zur Zufriedenheit
der Beklagten beheben konnte, erklärte diese schließlich am 21.
Januar 2002 bezüglich der Verträge mit den Auftragsnummern 40117 und 40118
den "Rücktritt vom Vertrag" und verlangte zudem Schadensersatz.
3 Bezüglich eines weiteren Vertrags mit der Auftragsnummer 40174 hatte die
Beklagte schon am 31. Oktober 2001 - vor der Auslieferung des Werkzeugs -
den "Rücktritt vom Vertrag" wegen Verzugs erklärt und zudem Schadensersatz
begehrt. Dabei hatte sie der Klägerin zunächst mitgeteilt, diese
müsse nicht mehr liefern. Später nahm sie das am 26. November 2001
angebotene Werkzeug gleichwohl an und rügte im Anschluss hieran das
Vorhandensein von Mängeln.
4 In der Folgezeit behob die Beklagte bei sämtlichen Werkzeugen die von ihr
monierten Mängel selbst und setzte sie danach in ihrer Produktion ein.
5 Aus den streitgegenständlichen fünf Aufträgen hat die Klägerin insgesamt
noch eine Vergütung von 178.472,54 € begehrt, von der sie den überwiegenden
Teil in der Revisionsinstanz weiterverfolgt. Die Beklagte hält dem
entgegen, die Vergütungsforderungen seien entfallen, soweit sie den
"Rücktritt vom Vertrag" erklärt habe. Außerdem hat sie in der
Klageerwiderung die Aufrechnung gegen die Klageforderung mit ihren - dem
Grund und der Höhe nach streitigen - Aufwendungen zur Nachbesserung der
gelieferten Werkzeuge (Auftragsnummern 40117, 40118, 40174, 40686
und 40086/40087) in Höhe von insgesamt 552.226,53 € erklärt.
Bezüglich des Vertrags mit der Auftragsnummer 40686 beruft sie sich außerdem
auf eine vertragliche Vereinbarung, wonach sie die Vergütung wegen
Lieferverzugs um insgesamt 13.392 € herabsetzen dürfe und hat auch insoweit
die Aufrechnung erklärt. Daneben hat sie - gestützt auf ein weiteres
Vertragsverhältnis (Auftragsnummer 40603) - Widerklage auf Zahlung von
154.278,04 € (nebst Zinsen) erhoben.
6 Das Landgericht hat - unter Abweisung im Übrigen - der Klage in Höhe von
177.472,47 € nebst Zinsen sowie der Widerklage in Höhe von 46.169,67 € nebst
Zinsen stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das
Oberlandesgericht das Urteil des Landgerichts sowohl hinsichtlich der Klage
als auch bezüglich der Widerklage abgeändert. Dabei hat es der Klage nur in
Bezug auf die restliche Vergütung aus den Verträgen mit den Auftragsnummern
40686 und 40086/40087 in Höhe von insgesamt 97.684,35 € nebst Zinsen
stattgegeben. Hinsichtlich der aus den Verträgen mit den Auftragsnummern
40117, 40118 und 40174 geltend gemachten Kaufpreisforderungen hat es die
Klage abgewiesen. Der Widerklage der Beklagten hat es in Höhe von insgesamt
101.291,47 € stattgegeben.
7 Der Senat hat auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin die Revision
zugelassen, soweit das Oberlandesgericht hinsichtlich der Klageforderung zu
ihrem Nachteil erkannt hat. Dagegen hat der Senat die
Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen, soweit die Klägerin auf die
Widerklage zur Zahlung von 101.291,47 € verurteilt worden ist. Mit ihrer
Revision begehrt die Klägerin im Umfang der Revisionszulassung die
Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils. Die Beklagte hat hiergegen
Anschlussrevision eingelegt, mit der sie unter Berufung auf die von ihr
erklärte Aufrechnung vollumfängliche Klageabweisung erstrebt.
Entscheidungsgründe:
8 Sowohl die Revision der Klägerin - soweit diese eröffnet ist - als auch
die Anschlussrevision der Beklagten haben Erfolg.
I.
9 Das Berufungsgericht hat, soweit für das Revisionsverfahren noch von
Interesse, im Wesentlichen ausgeführt:
10 Die in Rede stehenden Lieferverhältnisse unterfielen dem Übereinkommen
der Vereinten Nationen über Verträge über den internationalen Warenkauf
(CISG). Davon ausgehend seien die Vergütungsansprüche der Klägerin aus den
Auftragsverhältnissen Nr. 40117, 40118 und 40174 entfallen, weil die
Beklagte gemäß Art. 49 Abs. 1 Buchst. a CISG berechtigterweise mit an die
Klägerin gerichteten Schreiben vom 21. Januar 2002 und vom 31. Oktober 2001
(Art. 26 CISG) die Vertragsaufhebung erklärt habe und daher nach Art. 81
CISG von ihren Vertragspflichten befreit sei.
11 Die zu den Auftragsnummern 40117 und 40118 gelieferten Werkzeuge seien
nach dem Ergebnis der in erster Instanz durchgeführten Beweisaufnahme
mangelhaft im Sinne des Art. 35 CISG gewesen. Dabei handele es sich jeweils
um eine wesentliche Vertragsverletzung im Sinne von Art. 25 CISG.
Entscheidend hierfür sei, ob die Erwartungen des Käufers aufgrund einer
schwerwiegenden Verletzung der Verkäuferpflichten derart enttäuscht würden,
dass sein Interesse an der Vertragsdurchführung entfalle. So lägen die Dinge
hinsichtlich der unter den Auftragsnummern 40117 und 40118 gelieferten
Werkzeuge. Diese seien jeweils mit erheblichen Mängeln behaftet und nicht
einsatzfähig gewesen. Der Klägerin sei es trotz mehrerer
Nachbesserungsversuche nicht gelungen, jeweils ein funktions- und
einsatzfähiges Werkzeug herzustellen. Weiter sei zu berücksichtigen, dass
die Beklagte - wie der Klägerin aufgrund der geführten umfangreichen
Korrespondenz bekannt gewesen sei - ihrerseits wegen bestehender
Lieferpflichten gegenüber ihren Abnehmern unter Termindruck gestanden habe.
Da bei dieser Sachlage das Vertrauen der Beklagten in die Kompetenz der
Klägerin zu Recht erschüttert gewesen sei, stehe einer wesentlichen
Vertragsverletzung auch nicht entgegen, dass die aufgetretenen Mängel
behebbar gewesen seien.
12 Hinsichtlich der Lieferung 40117 liege eine ordnungsgemäße Mängelrüge im
Sinne des Art. 39 CISG vor. Im Übrigen könne dahinstehen, ob eine
ordnungsgemäße Rüge erfolgt sei. Denn gemäß Art. 40 CISG sei auch
eine nicht rechtzeitige oder nicht gehörige Mängelanzeige unschädlich, wenn
der Verkäufer die Tatsachen, auf denen die Vertragswidrigkeit beruhe,
gekannt habe oder darüber nicht in Unkenntnis habe sein können und diese dem
Käufer nicht offenbart habe. So verhalte es sich im Streitfall. Der
Klägerin hätten die vorhandenen Mängel "ins Auge springen" müssen, so dass
sie hierüber nicht in Unkenntnis gewesen sein könne.
13 Die Vertragsaufhebung sei - mit Schreiben vom 21. Januar 2002 -
innerhalb noch angemessener Frist im Sinne des Art. 49 Abs. 2 Buchst. b CISG
erklärt worden. Ihr stehe auch das Fehlen einer (weiteren)
Nachfristsetzung nach Art. 47 CISG nicht entgegen, denn eine solche sei bei
einer wesentlichen Vertragsverletzung entbehrlich. Die Vertragsaufhebung
werde schließlich auch nicht dadurch ausgeschlossen, dass die Beklagte die -
von ihr zwischenzeitlich in einen funktionsfähigen Zustand versetzten -
Werkzeuge nicht in unverändertem Zustand zurückgeben könne. Denn schädlich
seien insoweit nur negative Veränderungen; Verbesserungen der Waren führten
dagegen nicht zum Verlust des Aufhebungsrechts. So lägen die Dinge hier. Die
Beklagte habe die Werkzeuge verbessert. Zudem sei im maßgeblichen Zeitpunkt
der Absendung der Aufhebungserklärung die Rückgabe noch möglich gewesen. Ob
sie später unmöglich werde, sei unerheblich.
14 Auch hinsichtlich des zur Auftragsnummer 40174 gelieferten Werkzeugs sei
die Beklagte zur Vertragsaufhebung berechtigt gewesen. Sie habe - noch vor
der Auslieferung der Ware - mit Schreiben vom 31. Oktober 2001 den Rücktritt
wegen Verzugs erklärt und damit deutlich zum Ausdruck gebracht, dass sie
wegen der Verletzung vertraglicher Verpflichtungen der Klägerin nicht mehr
zur Erfüllung bereit sei. Das dennoch am 26. November 2001 gelieferte
Werkzeug habe trotz sechs Reklamationen und sich mehr als ein Jahr
hinziehender Nachbesserungsversuche erhebliche Mängel aufgewiesen;
insbesondere sei die elektrische und hydraulische Ausrüstung für dieses
Werkzeug nicht vollständig erstellt worden. Dass nach der Auslieferung keine
Mängelrüge mehr erfolgt sei, sei gemäß Art. 40 CISG unschädlich, weil es
sich um "ins Auge springende" Mängel gehandelt habe, über die sich die
Klägerin nicht habe in Unkenntnis befinden können. Daher sei die Beklagte
auch hier nach wirksamer Vertragsaufhebung von der Zahlung der restlichen
Vergütung befreit (Art. 81 CISG).
15 Jedoch stünden der Klägerin Ansprüche auf Zahlung restlicher Vergütungen
in Höhe von 97.684,35 € nebst Zinsen gegen die Beklagte aus den
Vertragsverhältnissen mit den Auftragsnummern 40686 und 40086/40087 zu.
Weder habe die Beklagte die beiden Verträge aufgehoben noch seien die
Vergütungsansprüche durch Aufrechnung mit Schadensersatzansprüchen wegen
Mangelbeseitigung/Nachbesserung erloschen. Die Beklagte habe im Rahmen der
in erster Instanz durchgeführten Beweisaufnahme nicht nachgewiesen, dass ihr
durch Nachbesserungs- oder Reparaturarbeiten Kosten in der jeweils geltend
gemachten Höhe entstanden seien. Für die Schätzung eines Mindestschadens (§
287 ZPO) fehle es an einer gesicherten Grundlage.
II.
16 Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung in mehreren Punkten nicht
stand.
17 A. Zur Revision der Klägerin
18 1. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung können weder die von
der Klägerin geltend gemachten Kaufpreisansprüche (Art. 53 CISG) aus den
Verträgen mit den Auftragsnummern 40117 und 40118 noch die
Kaufpreisforderung (Art. 53 CISG) aus dem Vertrag mit der Auftragsnummer
40174 verneint werden. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts
hat die Beklagte keinen der genannten Verträge wirksam aufgehoben. Bei den
Verträgen Nr. 40117 und 40118 sind die Voraussetzungen der allein in
Betracht kommenden Vorschrift des Art. 49 Abs. 1 Buchst. a CISG nicht
erfüllt, weil keine wesentliche Vertragsverletzung (Art. 25 CISG) vorliegt.
Bei der Lieferung mit der Auftragsnummer 40174 ist weder eine wesentliche
Vertragsverletzung noch eine Nichtlieferung trotz Nachfristsetzung gegeben
(Art. 49 Abs. 1 Buchst. a und b CISG) noch liegt ein antizipierter
Vertragsbruch nach Art. 72 Abs. 1 CISG vor.
19 a) Wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat und auch die
Revision nicht in Abrede stellt, unterfallen die streitigen Lieferverträge
dem UN-Übereinkommen über Verträge über den internationalen Warenkauf
(CISG). Die Vertragsparteien haben ihre Niederlassungen in
verschiedenen Staaten, die beide Vertragsstaaten des Übereinkommens sind
(Art. 1 Abs. 1 Buchst. a CISG). Dass die Klägerin die zu liefernden
Waren selbst herzustellen hatte, ändert an der Anwendbarkeit des
UN-Kaufrechts nichts. Denn das vereinheitlichte Kaufrecht ist nicht nur auf
Kaufverträge, sondern gemäß Art. 3 Abs. 1 CISG auch auf Verträge über die
Lieferung herzustellender oder zu erzeugender Waren anzuwenden, es
sei denn, der Besteller hat einen wesentlichen Teil der für die Herstellung
oder Erzeugung notwendigen Stoffe selbst zur Verfügung gestellt. Demgemäß
sind Zulieferverträge auch dann Kaufverträgen gleichzustellen, wenn der
Zulieferer die zu liefernden Waren nach Vorgaben und Anweisungen des
Auftraggebers herstellt (vgl. OLG Oldenburg, IHR 2008, 112, 117; OLG
Frankfurt am Main, NJW 1992, 633; Schlechtriem/Schwenzer/Ferrari, CISG, 6.
Aufl., Art. 3 Rn. 10; MünchKommHGB/Benicke, 3. Aufl., Art. 3 CISG Rn. 2, 4
mwN). Dass die Beklagte die Verpflichtung übernommen hätte, einen
wesentlichen Teil der - für die Produktion der bestellten Werkzeuge
benötigten -Stoffe beizusteuern, ist weder festgestellt noch ersichtlich.
Der Anwendbarkeit des UN-Kaufrechts auf die vorliegend abgeschlossenen
Verträge steht schließlich auch nicht der Umstand entgegen, dass die
Beklagte nach Auslieferung der Werkzeuge noch einige Komponenten zum Zwecke
der Mängelbehebung beigesteuert hat. Denn hierdurch wird das Vertragsstatut,
das sich grundsätzlich nach dem Zeitpunkt des Vertragsschlusses bestimmt,
nicht berührt (Staudinger/ Magnus, BGB, Neubearb. 2013, Art. 3 CISG Rn. 17).
20 b) Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht zudem festgestellt, dass die
von der Klägerin unter den Auftragsnummern 40117, 40118 und 40174
gelieferten Werkzeuge nicht vertragsgemäß im Sinne des Art. 35 Abs.
1, 2 Buchst. a, b CISG waren, weil die Beklagte nicht - wie
geschuldet - für ihren Herstellungsprozess geeignete funktionsfähige
Werkzeuge erhalten hat. Diese Feststellungen greift die Revision nicht an.
21 c) Von Rechtsfehlern beeinflusst ist hingegen die Annahme des
Berufungsgerichts, die Beklagte sei gemäß Art. 49 Abs. 1 Buchst. a CISG
wegen einer wesentlichen Vertragsverletzung im Sinne von Art. 25 CISG zur
Aufhebung der Verträge mit den Auftragsnummern 40117 und 40118 berechtigt
gewesen und daher gemäß Art. 81 CISG von ihrer Zahlungspflicht befreit.
Eine wesentliche Vertragsverletzung ist trotz der vom Berufungsgericht
festgestellten Mängel der gelieferten Werkzeuge zu verneinen.
22 aa) Art. 49 Abs. 1 Buchst. a CISG berechtigt den Käufer nur dann zur
Aufhebung des Vertrags, wenn die Nichterfüllung einer den Verkäufer
nach dem Vertrag oder den Bestimmungen des UN-Kaufrechts treffenden Pflicht
eine wesentliche Vertragsverletzung im Sinne des Art. 25 CISG darstellt.
Wesentlich ist eine Vertragsverletzung nach der Legaldefinition des Art. 25
CISG dann, wenn sie für die andere Partei einen solchen Nachteil zur Folge
hat, dass ihr im Wesentlichen entgeht, was sie nach dem Vertrag hätte
erwarten dürfen, es sei denn, die vertragsbrüchige Partei hat diese Folge
nicht vorausgesehen und eine vernünftige Person der gleichen Art hätte diese
Folge unter den gleichen Umständen auch nicht vorausgesehen.
23 (1) Das wesentliche Vertragsinteresse kann grundsätzlich durch
Vertragspflichten jeder Art nachteilig in diesem Sinne berührt sein,
gleichgültig, ob sie eine Haupt- oder eine Nebenpflicht darstellen oder
Qualität, Menge, Lieferzeitpunkt oder sonstige Erfüllungsmodalitäten
betreffen (Senatsurteil vom 3. April 1996 - VIII ZR 51/95, BGHZ
132, 290, 297 mwN). Sie kann auch in der Lieferung vertragswidriger
Ware liegen (Senatsurteil vom 8. März 1995 - VIII ZR 159/94, BGHZ
129, 75, 79). Wesentlich ist ein
Pflichtenverstoß dann, wenn er die berechtigten Vertragserwartungen der
anderen Partei so sehr beeinträchtigt, dass deren Interesse an der Erfüllung
des Vertrags im Wesentlichen entfällt (vgl.
Staudinger/Magnus, aaO, Art. 25 CISG Rn. 9, 13; MünchKommBGB/Huber, 6.
Aufl., Art. 25 CISG Rn. 12; Honsell/Gsell, UN-Kaufrecht, 2. Aufl., Art. 25
CISG Rn. 12 - 16; Enderlein/Maskow/Strohbach, Internationales Kaufrecht,
Art. 25 CISG Anm. 3.1.; Ferrari, IHR 2005, 1, 4; jeweils mwN). Dabei
ist in erster Linie auf die getroffenen Parteivereinbarungen abzustellen
(Senatsurteil vom 3. April 1996 - VIII ZR 51/95, aaO;
Staudinger/Magnus, aaO Rn. 13; Schlechtriem/Schwenzer/Schroeter, aaO, Art.
25 Rn. 21).
24 Fehlen ausdrückliche Vereinbarungen zur Wesentlichkeit, ist bei
der gemäß Art. 25 CISG anzustellenden Prüfung, ob eine Vertragsverletzung
des Verkäufers das Erfüllungsinteresse des Käufers im Wesentlichen entfallen
lässt, vor allem auf die Tendenz des UN-Kaufrechts Rücksicht zu nehmen, die
Vertragsaufhebung zugunsten der anderen in Betracht kommenden Rechtsbehelfe,
insbesondere der Minderung oder des Schadensersatzes (Art. 50, 45 Abs. 1
Buchst. b CISG) zurückzudrängen (Senatsurteil vom 3. April 1996 -
VIII ZR 51/95, aaO S. 298). Die Rückabwicklung soll dem Käufer nur
als letzte Möglichkeit (ultima ratio) zur Verfügung stehen, um auf eine
Vertragsverletzung der anderen Partei zu reagieren, die so gewichtig ist,
dass sie sein Erfüllungsinteresse im Wesentlichen entfallen lässt
(Senatsurteil vom 3. April 1996 - VIII ZR 51/95, aaO S. 298 f. mwN;
schweizerisches Bundesgericht, IHR 2010, 27, 28; österreichischer OGH, IHR
2012, 114, 116; OLG Hamburg, IHR 2008, 98, 100).
25 (2) Für die Beurteilung, ob eine Vertragsverletzung den in Art. 25 CISG
vorausgesetzten Schweregrad erreicht, sind letztlich die jeweiligen Umstände
des Einzelfalls entscheidend (Senatsurteil vom 3. April 1996 - VIII ZR
51/95, aaO S. 299; schweizerisches Bundesgericht, aaO S. 28 f.;
österreichischer OGH, aaO S. 117; Soergel/Lüderitz/Fenge/Budzikiewicz, BGB,
13. Aufl., Art. 25 CISG Rn. 2; Staudinger/Magnus, aaO; Enderlein/Maskow/Strohbach,
aaO Anm. 3.2.; Ferrari, aaO). Allerdings lassen sich für bestimmte
Fallgruppen gewisse Leitlinien aufstellen.
26 Beruht die Vertragswidrigkeit - wie hier - auf einer Abweichung von der
vertraglich vereinbarten Beschaffenheit (Art. 35 Abs. 1 CISG) oder auf einer
sonstigen Mangelhaftigkeit (Art. 35 Abs. 2 CISG), ist nicht allein
auf die Schwere der Mängel abzustellen (vgl. Senatsurteil vom 3.
April 1996 - VIII ZR 51/95, aaO; schweizerisches Bundesgericht, SZIER 1999,
179; Ferrari, aaO S. 7; Honsell/Gsell, aaO Rn. 43; jeweils mwN),
entscheidend ist vielmehr, ob durch das Gewicht der Vertragsverletzung das
Erfüllungsinteresse des Käufers im Wesentlichen entfallen ist (OLG
Hamburg, aaO S. 100). Die mangelhafte Ware muss für den Käufer also
weitgehend ohne Nutzen sein; kann er sie, wenn auch unter Einschränkungen,
nutzen, wird eine wesentliche Vertragsverletzung vielfach zu verneinen sein
(OLG Hamburg, aaO).
27 Demgemäß stellt ein Mangel unter anderem grundsätzlich dann keine
wesentliche Vertragsverletzung dar, wenn - trotz ihrer Mangelhaftigkeit -
eine anderweitige Verarbeitung oder ein Absatz der Ware im gewöhnlichen
Geschäftsverkehr, gegebenenfalls mit einem Preisabschlag, ohne
unverhältnismäßigen Aufwand möglich und zumutbar ist (Senatsurteil
vom 3. April 1996 - VIII ZR 51/95, aaO S. 298; vgl. auch schweizerisches
Bundesgericht, SZIER 1999, 179; IHR 2010, 27, 28 f.; MünchKommBGB/Huber, 6.
Aufl., Art. 49 CISG Rn. 39; Herber/Czerwenka, Internationales Kaufrecht,
Art. 25 CISG Rn. 7; Soergel/Lüderitz/Fenge/Budzikiewicz, aaO; Soergel/Lüderitz/Schüßler-Lange-heine,
aaO, Art. 49 Rn. 3; Staudinger/Magnus, aaO, Art. 25 CISG Rn. 12; Ferrari,
aaO S. 7).
28 Entsprechendes gilt, wenn der Mangel - vom Verkäufer, unter
Umständen aber auch vom Käufer selbst (vgl. Schwenzer, CISG-AC
Opinion No. 5, Rn. 4.5) - mit zumutbarem Aufwand innerhalb
angemessener Frist beseitigt werden kann (vgl. schweizerisches
Bundesgericht, IHR 2010, aaO; österreichischer OGH, IHR 2012, 114, 117 f.;
MünchKommBGB/Huber, aaO Rn. 38; Saenger in Ferrari/Kieninger/Mankowski,
Internationales Vertragsrecht, 2. Aufl., Art. 49 CISG Rn. 7; Honsell/Schnyder/Straub,
aaO, Art. 49 Rn. 23a; Staudinger/Magnus, aaO, Art. 49 Rn. 14; Ferrari, aaO;
[Beseitigung durch Käufer]; Botzenhardt, Die Auslegung des Begriffs der
wesentlichen Vertragsverletzung im UN-Kaufrecht, 1998, S. 221; aA Neumayer,
RIW 1994, 99, 106). Gegen das Vorliegen einer wesentlichen
Vertragsverletzung im Sinne von Art. 25 CISG kann schließlich auch der
Umstand sprechen, dass der Käufer die - nicht für den Weiterverkauf
bestimmte - mangelhafte Sache für den vorgesehenen Zweck auf Dauer verwendet
und hierdurch gezeigt hat, dass sie für ihn nicht ohne Interesse war
(OLG Hamburg, aaO).
29 bb) Ob gemessen an diesen Grundsätzen eine wesentliche Vertragsverletzung
im Sinne von Art. 25 CISG vorliegt, hat in erster Linie der Tatrichter zu
beurteilen (Senatsurteil vom 3. April 1996 - VIII ZR 51/95, aaO). Die
Würdigung des Berufungsgerichts kann vom Revisionsgericht nur eingeschränkt
auf Rechts- und Verfahrensfehler überprüft werden, also insbesondere darauf,
ob das Gericht die maßgeblichen rechtlichen Beurteilungsmaßstäbe verkannt,
den ihm unterbreiteten Sachverhalt nicht erschöpfend gewürdigt oder gegen
Denkgesetze und allgemeine Erfahrungssätze verstoßen hat. Derartige
Rechtsfehler liegen hier vor.
30 (1) Wie die Revision zu Recht rügt, hat das Berufungsgericht bei der
Einstufung der mangelhaften Lieferungen (Auftragsnummern 40117 und 40118)
als wesentliche Vertragsverletzungen im Sinne von Art. 25 CISG nicht
hinreichend beachtet, dass das UN-Kaufrecht vom Vorrang der
Vertragserhaltung ausgeht (vgl. schweizerisches Bundesgericht, aaO
S. 28) und daher dem Käufer die Rückabwicklung des Vertrags - als
schärfste Sanktion - nur dann zur Verfügung stellt, wenn die
Vertragsverletzung dessen Erfüllungsinteresse im Wesentlichen hat entfallen
lassen. Es hat bei seiner Beurteilung maßgebend auf die
Mangelhaftigkeit der gelieferten Waren, auf die fehlgeschlagenen
Nachbesserungsversuche der Klägerin, auf den wegen eigener
Lieferverpflichtungen bestehenden Termindruck der Beklagten und auf deren
erschüttertes Vertrauen in die Kompetenz der Klägerin abgestellt. Damit hat
es nicht - wie geboten - alle Umstände des Falles in den Blick genommen.
Vielmehr hat das Berufungsgericht ein Interesse der Beklagten an einer
"sofortigen Vertragsaufhebung" bejaht, ohne dem Umstand
entscheidendes Gewicht beizumessen, dass die Beklagte schon zum maßgeblichen
Zeitpunkt des Zugangs (Art. 26 CISG) ihrer "Rücktrittserklärung" vom 21.
Januar 2002 nicht vorhatte, die mangelhaften Werkzeuge an die Klägerin
zurückzugeben, sondern die noch vorhandenen Mängel selbst beheben wollte und
die Werkzeuge anschließend auf Dauer in ihrer Produktion einsetzte.
Diesen Gesichtspunkten kommt entgegen der Einschätzung des Berufungsgerichts
entscheidende Bedeutung zu.
31 (2) Da keine weiteren Feststellungen in Betracht kommen, kann der Senat
selbst entscheiden, ob eine wesentliche Vertragsverletzung im Sinne des Art.
25 CISG vorlag, die die Beklagte zur Vertragsaufhebung nach Art. 49 Abs. 1
Buchst. a CISG berechtigte. Dies ist trotz der nicht unerheblichen Mängel,
der erfolglosen Nachbesserungsversuche der Klägerin, des Termindrucks der
Beklagten und der von ihr gewonnenen Überzeugung, die Klägerin werde die
Mängel nicht mehr rechtzeitig beheben, nicht der Fall. Denn das Vorgehen der
Beklagten und die von ihr geschilderte Motivation zur Fertigstellung der
Werkzeuge im eigenen Betrieb belegen, wie die Revision zu Recht geltend
macht, dass das Interesse der Beklagten zu keinem Zeitpunkt auf eine
Rückabwicklung der beiden Verträge (mit den Rechtsfolgen der Artt. 82 ff.
CISG) gerichtet war, sondern im Gegenteil auf den Einsatz der gelieferten,
wenn auch mangelhaften Werkzeuge zu dem vertraglich vorausgesetzten
Verwendungszweck. Dass die geltend gemachten Schadensersatzansprüche - wie
die Revisionserwiderung anführt - die Kaufpreisforderung der Klägerin bei
weitem übersteigen, ist unbeachtlich. Denn die Beklagte erhält durch die von
ihr vorgenommene Mangelbeseitigung und durch die Befriedigung der von ihr
geltend gemachten Schadensersatzansprüche - soweit diese berechtigt sind -
letztlich im Wesentlichen das, was sie von den Verträgen hätte erwarten
dürfen (vgl. zu diesem Gesichtspunkt österreichischer OGH, CISG-online Nr.
2399, insoweit in RdW 2013, 124 nicht abgedruckt; Schlechtriem/Schwenzer/Müller-Chen,
aaO, Art. 49 CISG Rn. 7). Nach alledem ist das Interesse der Beklagten an
der Durchführung der beiden Verträge nicht entfallen. Da sie mangels
Vorliegens einer wesentlichen Vertragsverletzung nicht zur Aufhebung der
Verträge mit den Auftragsnummern 40117 und 40118 berechtigt war, sind die
aus diesen Lieferungen resultierenden Kaufpreisansprüche der Klägerin nicht
gemäß Art. 81 Abs. 1 CISG entfallen.
32 d) Mit Erfolg rügt die Revision weiter, dass das
Berufungsgericht auch im Hinblick auf den Vertrag mit der Auftragsnummer
40174 rechtsfehlerhaft angenommen hat, die Kaufpreiszahlungspflicht der
Beklagten sei infolge einer wirksamen Vertragsaufhebung erloschen. Das
Berufungsgericht hat hierbei - wie auch die Revisionserwiderung geltend
macht - einen Aufhebungsgrund (wohl) nicht allein in dem von der Beklagten
geltend gemachten Lieferverzug, sondern auch in den sich ein Jahr lang
andauernden Nachbesserungsarbeiten vor Auslieferung der Werkzeuge und in der
letztlich auch bei Auslieferung nicht behobenen Mangelhaftigkeit gesehen.
Dabei hat es zum einen nicht hinreichend deutlich gemacht, ob es die von ihm
bejahte Vertragsaufhebung an Art. 49 Abs. 1 Buchst. a CISG (wesentliche
Vertragsverletzung) oder an Art. 49 Abs. 1 Buchst. b CISG (Nichtlieferung
innerhalb einer gesetzten Nachfrist) gemessen hat. Zum anderen hat
es übersehen, dass die Beklagte ihre Vertragsaufhebungserklärung vom 31.
Oktober 2001 zwar sowohl mit einem ihrer Ansicht nach bereits verstrichenen
Liefertermin ("wegen Verzugs") als auch mit zu diesem Zeitpunkt vorhandenen
Mängeln begründet hat, die von ihr gewollte Vertragsaufhebung aber
naturgemäß nicht auf eine bei der späteren Auslieferung am 26. November 2001
noch gegebene Mangelhaftigkeit stützen konnte.
33 aa) Weder ein möglicher Lieferverzug noch die vor Auslieferung der
Werkzeuge unstreitig aufgetretenen Mängel und die zum Zeitpunkt des Zugangs
der Aufhebungserklärung (Art. 26 CISG) vom 31. Oktober 2001 bereits
erfolgten vergeblichen Nachbesserungsversuche der Klägerin erfüllen die
Voraussetzungen des - allein in Betracht kommenden - Art. 49 Abs. 1 CISG.
Eine Vertragsaufhebung wegen antizipierten Vertragsbruchs nach Art.
72 Abs. 1 CISG scheidet von vornherein aus. Diese Vorschrift dient lediglich
dem Schutz gegen einen künftigen Vertragsbruch und greift daher nicht bei
Vertragsverletzungen ein, die - wie hier von der Beklagten geltend gemacht -
bei oder nach Fälligkeit auftreten (Senatsurteil vom 15. Februar
1995 - VIII ZR 18/94, NJW 1995, 2101 unter II 3a; vgl. auch Senatsurteil vom
3. April 1996 - VIII ZR 51/95, aaO S. 296).
34 Zwar ist im Revisionsverfahren zugunsten der Beklagten vom Vorliegen
eines Lieferverzugs der Klägerin auszugehen, weil das Berufungsgericht über
das Bestehen des von der Beklagten behaupteten, von der Klägerin aber unter
Verweis auf eine angeblich von der Beklagten verzögert erbrachte Vorleistung
(Art. 80 CISG) bestrittenen Lieferverzugs keine abschließenden
Feststellungen getroffen hat. Es liegt aber weder eine wesentliche
Vertragsverletzung nach Art. 49 Abs. 1 Buchst. a CISG vor noch hat die
Beklagte vor der Aufhebungserklärung erfolglos eine Nachfrist gemäß Art. 47
Abs. 1 CISG gesetzt, deren erfolgloser Ablauf sie gemäß Art. 49 Abs. 1
Buchst. b CISG zur Aufhebung berechtigt hätte.
35 (1) Wie in Art. 49 Abs. 1 CISG zum Ausdruck kommt, stellt der
bloße Lieferverzug für sich genommen in aller Regel noch keine wesentliche
Vertragsverletzung im Sinne von Art. 49 Abs. 1 Buchst. a, Art. 25 CISG dar
(Schlechtriem/Schwenzer/Müller-Chen, aaO, Art. 49 CISG Rn. 5; MünchKommBGB/Huber,
aaO, Art. 49 Rn. 34; MünchKommHGB/Benicke, aaO, Art. 25 CISG Rn. 20;
Ferrari, aaO S. 7; OLG Düsseldorf, CISG-online Nr. 92 und Nr. 385; jeweils
mwN). Vielmehr ist von einer wesentlichen Vertragsverletzung bei
einem Lieferverzug regelmäßig nur dann auszugehen, wenn die Einhaltung einer
bestimmten Lieferfrist für den Käufer von besonderem Interesse ist
(vgl. Schlechtriem/Schwenzer/Müller-Chen, aaO; Staudinger/Magnus, aaO, Art.
49 Rn. 12; MünchKommBGB/Huber, aaO; Saenger in Ferrari/Kieninger/ Mankowski,
aaO, Art. 49 Rn. 2; Ferrari, aaO S. 7 f.). Beim Hinzutreten weiterer
Umstände kann allerdings auch in sonstigen Fällen die Überschreitung des
Liefertermins im Einzelfall das Gewicht einer wesentlichen
Vertragsverletzung erreichen (Schlechtriem/Schwenzer/Müller-Chen,
aaO mwN). Dies hat das Berufungsgericht zwar im Ansatz erkannt, dabei aber
nicht hinreichend beachtet, dass hierfür allein die Sachlage bei Zugang der
Aufhebungserklärung (Art. 26 CISG) maßgebend ist und spätere Entwicklungen
(hier: Mängel bei der Auslieferung am 26. November 2001) außer Betracht zu
bleiben haben.
36 (2) Eine vom Berufungsgericht nicht ausdrücklich geprüfte
Aufhebung nach Art. 49 Abs. 1 Buchst. b CISG setzte zunächst eine
Nichtlieferung trotz Fälligkeit (vgl. MünchKommBGB/Huber, aaO, Art.
49 CISG Rn. 48) und daneben eine erfolglos verstrichene Nachfrist im
Sinne des Art. 47 Abs. 1 CISG voraus, also eine Aufforderung des
Käufers zur Leistung, die mit der Setzung einer bestimmten Frist verbunden
ist (OLG Düsseldorf, CISG-online Nr. 385; MünchKommBGB/Huber, aaO, Art. 47
CISG Rn. 9; Honsell/Schnyder/Straub, aaO, Art. 47 CISG Rn. 18 ff.;
Schlechtriem/Schwenzer/Müller-Chen, aaO, Art. 47 Rn. 4). Zum Vorliegen
dieser Voraussetzungen hat das Berufungsgericht keine Feststellungen
getroffen; übergangenen Vortrag in den Tatsacheninstanzen zeigt die
Revisionserwiderung hierzu nicht auf.
37 bb) Unabhängig davon, wäre der Anspruch der Klägerin auf Kaufpreiszahlung
auch dann nicht gemäß Art. 81 CISG entfallen, wenn der Vertrag durch die
Erklärung vom 31. Oktober 2001 wirksam aufgehoben worden wäre. Denn
selbst wenn dies der Fall gewesen sein sollte, hätten die Parteien infolge
der später (am 26. November 2001) doch noch erfolgten Lieferung der
Werkzeuge durch die Klägerin und der anschließenden Entgegennahme der
Werkzeuge als geschuldete Leistung durch die Beklagte das in das
Rückabwicklungsstadium gelangte Vertragsverhältnis gemäß Art. 29 Abs. 1 CISG
geändert und den ursprünglichen Vertrag konkludent wiederbegründet,
was nach Art. 11 Abs. 1, 2 EGBGB aF möglich ist (vgl. Schlechtriem/Schwenzer/Müller-Chen,
aaO, Art. 49 Rn. 22). Dies kann der Senat, da weitere Feststellungen nicht
in Betracht kommen, selbst beurteilen.
38 cc) Dass das Werkzeug nach Auslieferung noch gravierende Mängel aufwies,
konnte - wie bereits ausgeführt - nicht Gegenstand der Aufhebungserklärung
vom 31. Oktober 2001 sein, sondern hätte die Beklagte allenfalls zu einer
erneuten Vertragsaufhebung (nun wegen nach Auslieferung noch vorhandener
Mängeln) berechtigen können. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts
ist aber nach der Lieferung des Werkzeugs keine erneute Aufhebungserklärung
erfolgt. Zudem läge im Hinblick auf den nach selbst vorgenommenen
Mängelbeseitigungen erfolgten Einsatz des Werkzeugs im Produktionsprozess
der Beklagten auch insoweit eine wesentliche Vertragsverletzung nicht vor.
Diesbezüglich kann auf die Ausführungen zu den Verträgen mit den
Auftragsnummern 40117 und 40118 verwiesen werden.
39 2. Die Entscheidung des Berufungsgerichts stellt sich auch nicht aus
anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO).
40 Die Beklagte hat gegen die von der Klägerin aus den Verträgen mit den
Auftragsnummern 40117, 40118 und 40174 geltend gemachten Kaufpreisansprüche
(Art. 53 CISG) zwar mit - die Kaufpreisansprüche übersteigenden -
Gegenforderungen wegen behaupteter Mängelbeseitigungsaufwendungen für
sämtliche Werkzeuge aufgerechnet und sich bezüglich des Vertrags mit der
Auftragsnummer 40686 zusätzlich auf eine vertragliche Vereinbarung berufen,
wonach sie die Vergütung wegen Lieferverzugs um insgesamt 13.392 €
herabsetzen dürfe, und auch insoweit die Aufrechnung erklärt. Ob diese
Gegenforderungen bestehen, bedarf jedoch weiterer tatrichterlicher
Feststellungen.
41 Das Berufungsgericht hat sich - von seinem Standpunkt aus folgerichtig -
mit den geltend gemachten Gegenansprüchen bei den hier in Frage stehenden
Lieferungen mit den Auftragsnummern 40117, 40118 und 40174 nicht befasst.
Vielmehr hat es das Bestehen solcher Gegenforderungen nur im Zusammenhang
mit den - den Gegenstand der Anschlussrevision bildenden -
Vergütungsansprüchen der Klägerin hinsichtlich der unter den Auftragsnummern
40686 und 40086/40087 gelieferten Werkzeuge geprüft und hierbei - wie später
noch darzustellen sein wird - verfahrensfehlerhaft den Prozessstoff nicht
ausgeschöpft und die erhobenen Beweise unzureichend gewürdigt. Das Bestehen
solcher Gegenansprüche kann nach dem in der Revisionsinstanz zugrunde zu
legenden Vorbringen nicht ausgeschlossen werden.
42 a) Die Beklagte hat nach den rechtsfehlerfreien und insoweit im
Revisionsverfahren nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts
auf eigene Kosten Nachbesserungen an den gelieferten Werkzeugen vorgenommen.
Insoweit steht ihr gemäß Art. 45 Abs. 1 Buchst. b, Abs. 2, Art. 74
CISG dem Grunde nach ein (verschuldensunabhängiger) Anspruch auf Erstattung
der erforderlichen und angemessenen Mangelbeseitigungsaufwendungen für die
von ihr nachgebesserten und einsatzfähig gemachten Werkzeuge zu.
Bei der Nicht- oder Schlechterfüllung des Vertrags ist der Käufer -
sofern dem Verkäufer kein Recht zur Nacherfüllung gemäß Art. 48 CISG zusteht
- berechtigt, selbst durch angemessene Maßnahmen eine der gehörigen
Erfüllung entsprechende Lage herbeizuführen und dem Verkäufer - in den
Grenzen des Art. 77 CISG - die Kosten als Schaden in Rechnung zu stellen
(vgl. Senatsurteil vom 25. Juni 1997 - VIII ZR 300/96, NJW 1997,
3311 unter III 2; österreichischer OGH, IHR 2002, 76, 80; Honsell/Schnyder/Straub,
aaO, Art. 46 CISG Rn. 109 ff.; Staudinger/Magnus, aaO, Art. 77 CISG Rn. 15;
Schlechtriem/Schwenzer/Müller-Chen, aaO, Art. 46 CISG Rn. 46; Schönknecht,
Die Selbstvornahme im Kaufrecht, 2007, S. 123 ff.).
43 aa) Dass sämtliche unter den Auftragsnummern 40117, 40118, 40174, 40686,
40086/40087 gelieferten Werkzeuge auch bei der Auslieferung noch mangelhaft
waren, hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei festgestellt. Dies wird von
Revision und Anschlussrevision nicht angegriffen.
44 bb) Dem Schadensersatzverlangen der Beklagten steht - anders als die
Revision meint - auch nicht entgegen, dass die Beklagte nach
Auslieferung der mangelhaften Werkzeuge die Klägerin nicht erneut zur
Nachbesserung aufgefordert hat. Denn die Beklagte war zu einem
solchen Schritt aus mehreren Gründen nicht verpflichtet.
45 (1) Die Revision verkennt bereits, dass der Käufer nach der - vom
Schuldrecht des Bürgerlichen Gesetzbuchs abweichenden - Konzeption des
UN-Kaufrechts nicht verpflichtet ist, dem Verkäufer von sich aus Gelegenheit
zur Nacherfüllung zu geben. Vielmehr räumt Art. 46 Abs. 2, 3 CISG dem Käufer
nur das Recht ein ("kann"), unter bestimmten Voraussetzungen Ersatzlieferung
oder Nachbesserung zu verlangen. Eine Verpflichtung hierzu wird dem
Käufer dagegen nicht auferlegt. Stattdessen gewährt das UN-Kaufrecht
in Art. 48 Abs. 1 CISG umgekehrt dem Verkäufer ein Recht zur Nacherfüllung
("kann beheben"). Der Verkäufer, der von diesem Recht Gebrauch machen will,
hat den Käufer aber über seine Absicht und Bereitschaft, den Mangel in
angemessener Zeit auf seine Kosten zu beheben, in Kenntnis zu setzen.
Dies ist in Art. 48 Abs. 1 CISG zwar nicht ausdrücklich vorgesehen,
ergibt sich aber als Obliegenheit aus dem in Art. 7 Abs. 1 CISG verankerten
Grundsatz von Treu und Glauben (MünchKommBGB/Huber, aaO, Art. 48 Rn. 8a).
Kommt der Verkäufer dieser Obliegenheit nicht nach, verliert er sein
Nacherfüllungsrecht nach Art. 48 Abs. 1 CISG (MünchKommBGB/Huber, aaO).
46 Dass die Klägerin der Beklagten ihre Bereitschaft zur Mängelbeseitigung
in angemessener Frist angezeigt hat, hat das Berufungsgericht nicht
festgestellt. Vielmehr hat sich die Klägerin mit der bloßen Ankündigung im
Schreiben vom 30. Januar 2002 begnügt, zunächst einen Aktionsplan für
sämtliche gelieferten Werkzeuge zusammenzustellen mit dem Ziel, diese in
Zusammenarbeit mit der Beklagten zur gegenseitigen Befriedigung zu
bearbeiten. Übergangenen Sachvortrag in den Tatsacheninstanzen zeigt die
Revision nicht auf.
47 (2) Unabhängig davon, dass bereits nicht festgestellt ist, dass die
Klägerin ihrer Anzeigeobliegenheit genügt hat, hätte eine (erneute)
Nacherfüllung für die Beklagte zu unzumutbaren Verzögerungen oder
unzumutbaren Unannehmlichkeiten im Sinne von Art. 48 Abs. 1 CISG geführt.
48 (a) Ob die von Art. 48 Abs. 1 CISG aufgestellte Zumutbarkeitsschwelle
überschritten ist, lässt sich nur anhand der jeweiligen Umstände des
Einzelfalls beurteilen (Schlechtriem/Schwenzer/Müller-Chen, aaO, Art. 48
CISG Rn. 9) und ist in erster Linie Sache des Tatrichters. Unzumutbarkeit
tritt nicht erst dann ein, wenn die mit der Nachbesserung verbundenen
Nachteile zu einer wesentlichen Vertragsverletzung im Sinne von Art. 25 CISG
führen würden (Schlechtriem/ Schwenzer/Müller-Chen, aaO; Staudinger/Magnus,
aaO, Art. 48 CISG Rn. 14; Soergel/Lüderitz/Schüßler-Langeheine, aaO, Art. 48
CISG Rn. 7). Vielmehr können unzumutbare Unannehmlichkeiten
insbesondere darin liegen, dass dem Käufer Schadensersatzklagen seiner
Abnehmer drohen oder dass der Verkäufer, der mehrfach vergeblich
nachgebessert hat, offensichtlich unfachmännisch vorgeht
(Schlechtriem/Schwenzer/Müller-Chen, aaO Rn. 11; MünchKomm-HGB/Benicke, aaO,
Art. 48 Rn. 6; Honsell/Schnyder/Straub, aaO, Art. 48 Rn. 25; aA
Schlechtriem/U. Huber, CISG, 3. Aufl., Art. 48 Rn. 14). Die Würdigung des
Tatrichters ist revisionsrechtlich nur eingeschränkt dahin überprüfbar, ob
er die maßgeblichen rechtlichen Beurteilungsmaßstäbe verkannt, den ihm
unterbreiteten Sachverhalt nicht erschöpfend gewürdigt oder gegen
Denkgesetze und allgemeine Erfahrungssätze verstoßen hat.
49 (b) Gemessen an diesen Maßstäben hat das Berufungsgericht bei den unter
den Auftragsnummern 40117, 40118 und 40174 gelieferten mangelhaften
Werkzeugen rechtsfehlerfrei eine (weitere) Nacherfüllung durch die Klägerin
für die Beklagte für unzumutbar gehalten. Bei der - im Zusammenhang mit der
Frage einer Vertragsaufhebung erörterten - Zumutbarkeit weiterer
Nachbesserungen hat es zutreffend maßgeblich auf die mehrfachen erfolglosen
Bemühungen der Klägerin um eine mangelfreie Herstellung, den der Klägerin
bekannten Termindruck, dem die Beklagte ihrerseits gegenüber ihren Abnehmern
ausgesetzt war, und (bezüglich der Auftragsnummern 40117 und 40118) auf die
- diesem Termindruck nicht ausreichend Rechnung tragende - Ankündigung der
Klägerin im Schreiben vom 30. Januar 2002 abgestellt, wonach diese zunächst
einen Aktionsplan für alle ausgelieferten Werkzeuge mit dem Ziel erstellen
wollte, diese in Zusammenarbeit mit der Beklagten zur gegenseitigen
Befriedigung zu bearbeiten, anstatt direkt zur Mängelbeseitigung zu
schreiten. Soweit die Revision diese Umstände unter Berufung auf die
Bewertung des Landgerichts anders als das Berufungsgericht beurteilt, setzt
sie in unzulässiger Weise ihre eigene Einschätzung an die Stelle der
Würdigung des Berufungsgerichts.
50 (c) Hinsichtlich der unter den Auftragsnummern 40686 und 40086/40087
erfolgten Werkzeuglieferungen hat sich das Berufungsgericht mit der Frage
der Zumutbarkeit weiterer Nachbesserungsmaßnahmen nicht befasst, weil es
Schadensersatzansprüche der Beklagten mangels Nachweises eines
erstattungsfähigen Schadens verneint hat. Anders als die Revision in der
Erwiderung auf die Anschlussrevision meint, führt dies aber nicht dazu, dass
das Schadensersatzbegehren der Beklagten schon aus diesem Grund erfolglos
bliebe. Da das Berufungsgericht insoweit weder in die eine noch in die
andere Richtung Feststellungen getroffen hat, ist im Revisionsverfahren
zugunsten der Beklagten zu unterstellen, dass eine solche Maßnahme für sie
unzumutbar gewesen ist.
51 b) Für die Aufrechnung gilt im Streitfall das UN-Kaufrecht, das
die Aufrechnung zwar als solche nicht regelt, dem insoweit aber bestimmte
allgemeine Grundsätze über die wechselseitige Verrechnung
konventionsinterner Forderungen immanent sind (Art. 7 Abs. 2 CISG).
Soweit sich vorliegend Forderungen aus demselben Lieferverhältnis
verrechenbar gegenüberstehen, gelten diese Grundsätze gemäß Art. 4 Satz 1
CISG unmittelbar. Soweit die gegen den einzelnen Kaufpreisanspruch
jeweils zur Aufrechnung gestellten Gegenforderungen auf einem der weiteren
vier Lieferverhältnisse beruhen (gestaffelte Aufrechnung), kommen diese
Grundsätze hier gemäß Art. 32 Abs. 1 Nr. 4, Art. 27 Abs. 1 EGBGB
(vgl. Art. 1 Nr. 4 des Gesetzes zur Anpassung der Vorschriften des
internationalen Privatrechts an die Verordnung [EG] Nr. 593/2008 vom 25.
Juni 2009 [BGBl. I, S. 1574]) zur Anwendung, weil sich die Parteien
insoweit konkludent auf deren Anwendbarkeit geeinigt haben.
52 aa) Die Aufrechnung unterläge zwar nach der - hier noch anwendbaren
-Vorschrift des Art. 32 Abs. 1 Nr. 4 EGBGB grundsätzlich der für die
Hauptforderung maßgeblichen Rechtsordnung, hier also dem unvereinheitlichten
ungarischen Recht (Art. 28 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 EGBGB aF). Dieses
Vertragsstatut der Hauptforderung entschiede deshalb an sich auch über die
Voraussetzungen, das Zustandekommen und die Wirkungen der Aufrechnung (vgl.
Senatsurteil vom 23. Juni 2010 - VIII ZR 135/08, WM 2010, 1712 Rn. 24 mwN).
Etwas anderes gilt jedoch, soweit - wie hier - das UN-Kaufrecht eine
eigenständige und damit gemäß Art. 3 Abs. 2 EGBGB aF vorrangige
Aufrechnungsregelung trifft oder soweit die Parteien wirksam ein
abweichendes Aufrechnungsstatut vereinbart haben (Art. 27 Abs. 1
EGBGB).
53 Zum Verhältnis von Einheitsrecht und unvereinheitlichtem Recht
hat der Senat in diesem Zusammenhang bislang lediglich ausgesprochen, dass
das UN-Kaufrecht jedenfalls nicht die Aufrechenbarkeit solcher Ansprüche
regelt, die sich nicht ausschließlich aus einem ihm unterliegenden
Vertragsverhältnis ergeben (Senatsurteile vom 23. Juni 2010 - VIII
ZR 135/08, aaO; vom 14. Mai 2014 - VIII ZR 266/13, WM 2014, 1509 Rn. 18;
ebenso österreichischer OGH, IHR 2002, 24, 27; schweizerisches
Bundesgericht, IHR 2004, 252, 253; sogenannte Aufrechnung mit
konventionsfremden Forderungen). Hingegen ist die sich hier stellende Frage,
ob die Aufrechnung dann den Regeln des UN-Kaufrechts unterworfen ist, wenn
sich ausschließlich Ansprüche aus Vertragsverhältnissen gegenüberstehen, die
dem Übereinkommen der Vereinten Nationen über Verträge über den
internationalen Warenkauf originär unterliegen (Aufrechnung mit
konventionsinternen Forderungen), höchstrichterlich noch nicht geklärt.
Die
Meinungen in der Instanzrechtsprechung und im Schrifttum sind hierzu
geteilt.
54 (1) Überwiegend wird - mangels ausdrücklicher Regelung im UN-Kaufrecht -
auch in diesem Fall auf das nach dem Internationalen Privatrecht des
Forumstaats anwendbare unvereinheitlichte (nationale) Aufrechnungsstatut
abgestellt (OLG Koblenz, RIW 1993, 934, 937; OLG Düsseldorf, NJW-RR 1997,
822, 823; LG Mönchengladbach, IHR 2003, 229 230; Schlechtriem/
Schwenzer/Ferrari, aaO Art. 4 Rn. 39; Saenger in Ferrari/Kieninger/Mankowski,
aaO, Art. 4 Rn. 20; Soergel/Lüderitz/Fenge, aaO, Art. 4 Rn. 10; Saenger/
Sauthoff, IHR 2005, 189, 191; Piltz, NJW 2000, 553, 556; ähnlich Münch-KommHGB/Benicke,
aaO, Art. 4 CISG Rn. 15). Nach anderer Ansicht soll die Aufrechnung stets
nach in der Konvention angelegten Maßstäben zu beurteilen sein, wenn sich
(Geld-)Forderungen gegenüberstehen, die sämtlich auf dem UN-Kaufrecht
beruhen, und zwar unabhängig davon, ob sie aus demselben oder
unterschiedlichen Vertragsverhältnissen stammen (Staudinger/Magnus, aaO,
Art. 4 Rn. 47; MünchKommBGB/Westermann, aaO, Art. 4 CISG Rn. 12). Andere
Stimmen ziehen das UN-Kaufrecht nur für die Aufrechnung von (Geld-)
Forderungen aus demselben Vertragsverhältnis heran, während sich die
Aufrechnung im Übrigen nach dem jeweils anwendbaren unvereinheitlichten
(nationalen) Recht beurteilen soll (OLG Hamburg, IHR 2001, 19, 22; AG
Duisburg-Hamborn, IHR 2001, 114, 115; Schlechtriem/Schwenzer/Fountoulakis,
aaO, Art. 81 Rn. 21 f. mwN; Djordjevic in Kröll/Mistelis/Viscasillas, UN-Convention
on the International Sales of Goods, 2011, Art. 4 Rn. 40 f. mwN; Honsell/Siehr,
aaO, Art. 4 Rn. 24 f.; ähnlich OLG Karlsruhe, IHR 2004, 246, 251;
schweizerisches Bundesgericht, CISG-online Nr. 1426).
55 (2) Der Senat gibt der zuletzt genannten Auffassung den Vorzug. Das
UN-Kaufrecht trifft zwar keine ausdrückliche Regelung über die Aufrechnung
und ist auch in seinem sachlichen Geltungsbereich eingeschränkt. Es regelt
ausschließlich den Abschluss des Kaufvertrages und die aus ihm erwachsenden
Rechte und Pflichten des Verkäufers und des Käufers (Art. 4 Satz 1 CISG).
Jedoch sieht Art. 7 Abs. 2 CISG vor, dass Fragen, die vom
UN-Kaufrecht erfasste Gegenstände betreffen, aber nicht ausdrücklich im
Übereinkommen geregelt sind, vorrangig nach den dem Übereinkommen zugrunde
liegenden allgemeinen Grundsätzen und erst in zweiter Linie nach dem Recht zu beurteilen
sind, das nach den Regeln des internationalen Rechts anzuwenden ist.
56 (a) Ein solcher dem UN-Kaufrecht immanenter allgemeiner Grundsatz lässt
sich aus einer Zusammenschau des den Regelungen in Art. 88 Abs. 3, Art. 84
Abs. 2 CISG zugrunde liegenden Rechtsgedankens und dem - unter anderem - in
Art. 58 Abs. 1 Satz 2, Art. 81 Abs. 2 CISG verankerten Zug-um-Zug-Grundsatz
ableiten (Schlechtriem/Schwenzer/Fountoulakis, aaO; MünchKommBGB/Westermann,
aaO; Staudinger/Magnus, aaO, Art. 4 Rn. 47; Art. 81 Rn. 15). Darin kommt zum
Ausdruck, dass das UN-Kaufrecht das Schicksal gegenseitiger, aus demselben
Vertragsverhältnis (Art. 4 Satz 1 CISG) stammender Ansprüche eng miteinander
verknüpft und - als Konsequenz dieser Verflechtung - eine Verrechnung
solcher Ansprüche erlaubt, sofern sie ausschließlich dem CISG unterliegen
und auf Geldzahlung gerichtet sind (Schlechtriem/ Schwenzer/Fountoulakis,
aaO; MünchKommBGB/Westermann, aaO; vgl. auch - wenn auch mit weitergehenden
Schlussfolgerungen - Staudinger/Magnus, aaO, Art. 4 Rn. 47).
57 (aa) Das Erlöschen gegenseitiger Geldforderungen aus einem einheitlichen
Kaufvertrag infolge einer Verrechnung ist etwa in Art. 88 Abs. 3 CISG
ausdrücklich vorgesehen. Auch im Falle des Art. 84 Abs. 2 CISG wird eine
Verrechnung des zurückzuzahlenden Kaufpreises mit den auszukehrenden
Gebrauchsvorteilen ohne Weiteres zugelassen (Schlechtriem/Schwenzer/
Fountoulakis, aaO, Art. 84 Rn. 9 mwN; Schlechtriem/Schwenzer/Ferrari, aaO,
Art. 4 Rn. 39; Staudinger/Magnus, aaO; MünchKommHGB/Benicke, aaO). In diesen
Vorschriften kommt - wenn auch auf bestimmte Fallgestaltungen zugeschnitten
- zum Ausdruck, dass im UN-Kaufrecht anstelle der Begleichung von
gegenseitigen, aus demselben Vertrag (Art. 4 Satz 1 CISG) entspringenden
Geldforderungen eine geltend zu machende Verrechnung möglich ist.
58 (bb) Einer konventionsinternen Aufrechnung steht in den genannten Fällen
auch nicht entgegen, dass deren Voraussetzungen nicht hinreichend bestimmbar
wären (so aber Schlechtriem/Schwenzer/Ferrari, aaO). Insbesondere kann nicht
zweifelhaft sein, dass die Aufrechnung - ausdrücklich oder konkludent - zu
erklären ist (so auch Staudinger/Magnus, aaO; Schlechtriem/ Schwenzer/Fountoulakis,
aaO). Dies lässt sich daraus ableiten, dass das UNKaufrecht an mehreren
Stellen verallgemeinerungsfähig zum Ausdruck bringt, dass der
Anspruchsgegner seinen Gegenanspruch geltend macht (vgl. Art. 81 Abs. 2,
Art. 84 Abs. 2 CISG; siehe auch Art. 88 Abs. 3 CISG; zum Ganzen
Staudinger/Magnus, aaO; Schlechtriem/Schwenzer/Fountoulakis, aaO). Weiter
lässt sich den die Grundsätze des UN-Kaufrechts prägenden Vorschriften
entnehmen, dass eine Aufrechnung nur bei gegenseitigen (vgl. Art. 4 Abs. 1
CISG) Geldforderungen in Betracht kommt; bei nicht gleichartigen Ansprüchen
sieht auch das UN-Kaufrecht nur ein Zurückbehaltungsrecht vor (vgl. Art. 58
Abs. 2, 3, Art. 71 CISG).
59 Folge der Aufrechnung nach konventionsautonomen Grundsätzen ist, dass die
sich gegenüberstehenden, gegenseitigen Geldforderungen - sofern keine
Aufrechnungsausschlüsse vereinbart worden sind - durch Verrechnung
erlöschen, soweit sie betragsmäßig übereinstimmen und die Aufrechnung
erklärt worden ist (Staudinger/Magnus, aaO; Schlechtriem/Schwenzer/
Fountoulakis, aaO).
60 (b) Die dargestellten Grundsätze gelten allerdings nur für eine
Aufrechnung von Ansprüchen innerhalb eines einheitlichen
Vertragsverhältnisses. Eine Aufrechnung von Ansprüchen aus
unterschiedlichen, sämtlich dem UN-Kaufrecht unterliegenden Verträgen wird
dagegen von den Regelungen des UN-Kaufrechts nicht erfasst. Regelungsmaterie
des UN-Kaufrechts ist der jeweilige Kaufvertrag (Art. 4 Satz 1 CISG); auf
allgemeine Konventionsgrundsätze kann gemäß Art. 7 Abs. 2 CISG nur zurückgegriffen werden, soweit der
Anwendungsbereich des Übereinkommens reicht. Dies ist nicht der Fall, wenn
die zur Aufrechnung gestellte Gegenforderung aus anderen UN-Kaufverträgen
resultiert als die geltend gemachte Hauptforderung. Etwas anderes hat
lediglich dann zu gelten, wenn die Parteien - was nach Art. 27 EGBGB aF
möglich ist - vereinbaren, auch bei einer solchen Fallgestaltung die
Aufrechnung den Grundsätzen des UN-Kaufrechts zu unterstellen (Schlechtriem/ Schwenzer/Fountoulakis, aaO Rn. 22).
61 bb) Gemessen an diesen Grundsätzen ist die von der Beklagten erklärte
Aufrechnung nach den konventionsinternen Maßstäben des UN-Kaufrechts und
nicht nach dem kollisionsrechtlich anwendbaren unvereinheitlichten
nationalen Recht zu beurteilen. Die Klägerin macht eine
Gesamtkaufpreisforderung (Art. 53 CISG) geltend, die sich aus
Kaufpreisansprüchen aus fünf Lieferverhältnissen zusammensetzt. Hiergegen
rechnet die Beklagte mit - ebenfalls diesen einzelnen Lieferverhältnissen
entspringenden - Schadensersatzansprüchen (Art. 45 Abs. 1 Buchst. b, Abs. 2,
Art. 74 CISG) auf. Die jeweilige Kaufpreisforderung und die (primär)
hiergegen jeweils geltend gemachte Gegenforderung resultieren also aus
demselben Vertragsverhältnis.
62 Dies ist allerdings insoweit nicht (mehr) der Fall, als die auf die
einzelnen Lieferverhältnisse gestützten Gegenforderungen der Beklagten die
jeweiligen Kaufpreisanteile übersteigen und die Beklagte - entsprechend der
von ihr aufgestellten Aufrechnungsreihenfolge - mit dem überschießenden Teil
der jeweiligen Gegenforderung gegen Kaufpreisanteile aus den weiteren
Lieferverhältnissen aufrechnet (gestafftelte Aufrechnung). Dennoch ist die
Aufrechnung im Streitfall auch diesbezüglich einheitlich nach den
Verrechnungsmaßstäben der Konvention zu beurteilen und nicht insoweit
teilweise dem unvereinheitlichten ungarischen Aufrechnungsstatut
unterworfen, als nach einer Verrechnung in
den jeweiligen Vertragsverhältnissen noch beiderseitige
Restzahlungsansprüche aus unterschiedlichen Vertragsverhältnissen
verbleiben. Denn die Parteien haben durch ihr Verhalten im Prozess
(konkludent; vgl. Art. 11 Abs. 1, 2 EGBGB aF) zum Ausdruck gebracht, dass
sie die einzelnen Lieferverträge als einheitliches dem UN-Kaufrecht
unterworfenes (Gesamt-)Rechtsverhältnis bewertet wissen wollen. Die Klägerin
hat sämtliche Kaufpreisforderungen aus den einzelnen Lieferungen im
vorliegenden Prozess zu einer einheitlichen Forderung zusammengefasst, und
die Beklagte hat hiergegen mit sämtlichen aus diesen Lieferverträgen geltend
gemachten Schadensersatzforderungen (sowie hinsichtlich des Vertrages mit
der Nr. 40686 wegen angeblich vereinbarter Kaufpreisherabsetzung) die
Aufrechnung erklärt. Infolge dieser nachträglichen (konkludenten)
Vereinbarung stellt sich die Sach- und Rechtslage letztlich nicht anders
dar, als hätten die Parteien von vornherein einen einheitlichen Vertrag über
sämtliche Werkzeuglieferungen abgeschlossen.
63 c) Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht die zur Aufrechnung gestellten Gegenansprüche jedoch (der Höhe nach) als nicht bewiesen erachtet.
Die Revisionserwiderung macht zu Recht im Wege der Gegenrüge geltend, das
Berufungsgericht habe hierbei unter Beweis gestellten Sachvortrag übergangen
und die vom Landgericht erhobenen Beweise unzureichend gewürdigt (§ 286 Abs.
1 ZPO). Die Würdigung der erhobenen Beweise ist zwar grundsätzlich dem
Tatrichter vorbehalten, an dessen Feststellungen das Revisionsgericht gemäß
§ 559 Abs. 2 ZPO gebunden ist. Dieses kann lediglich nachprüfen, ob sich der
Tatrichter entsprechend dem Gebot des § 286 ZPO mit dem Prozessstoff und den
Beweisergebnissen umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, die
Beweiswürdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen
Denkgesetze und Erfahrungssätze verstößt (st. Rspr.; zuletzt etwa BGH,
Urteile vom 16. April 2013 - VI ZR 44/12, VersR 2013, 1045 Rn. 13;
vom 20. Mai 2014 - VI ZR 187/13, juris Rn. 28; jeweils mwN). Einer
Nachprüfung an diesem Maßstab hält das Berufungsurteil nicht stand.
64 aa) Die Beklagte hat bereits in erster Instanz neben den vernommenen
Zeugen Sp. , S. , G. , B. und P. zahlreiche weitere Zeugen zum Umfang der an
den jeweiligen Werkzeugen von ihr durchgeführten Mängelbeseitigungsarbeiten
benannt. Mit der Berufungsbegründung hat die Beklagte auf ihren
erstinstanzlichen Vortrag zum Mängelbeseitigungsaufwand Bezug genommen und
dabei den Beweisantritt bezüglich des Zeugen W. , der in vielen der
vorgelegten Aufstellungen als an den Nachbesserungen beteiligter Mitarbeiter
benannt worden ist, sogar ausdrücklich wiederholt. Diesen Beweisangeboten
ist das Berufungsgericht verfahrensfehlerhaft nicht nachgegangen. Zwar
genügt die pauschale Bezugnahme auf erstinstanzliches Vorbringen und
Beweisantritte in aller Regel nicht für eine ordnungsgemäße
Berufungsbegründung (BGH, Urteil vom 24. Februar 1994 - VII ZR 127/93, NJW
1994, 1481 unter II; Musielak/Ball, ZPO, 11. Aufl., § 520 Rn. 29). Etwas
anderes gilt jedoch dann, wenn das erstinstanzliche Gericht das Vorbringen
nicht für beweisbedürftig gehalten hat; insoweit wirken die Beweisantritte
der Vorinstanz auch ohne ausdrückliche Bezugnahme fort (BGH, Urteil vom 11.
Oktober 1996 - V ZR 159/95, juris Rn. 9; Musielak/Ball, aaO). So liegen die
Dinge hier. Das Landgericht hat zwar einzelne Beweise erhoben, dann aber den
Vortrag der Beklagten zum Umfang der durchgeführten
Mängelbeseitigungsarbeiten aus Rechtsgründen nicht für beweisbedürftig
gehalten und von einer weiteren Beweiserhebung abgesehen.
65 bb) Ferner macht die Revisionserwiderung mit ihrer Gegenrüge zu Recht
geltend, dass das Berufungsgericht bei seiner Würdigung, ob die Aussagen der
vom Landgericht gehörten Zeugen hinsichtlich des Umfangs der Mängelbeseitigungsaufwendungen für die einzelnen Werkzeuge ergiebig waren,
die Aussage
der Zeugin G. nicht in den Blick genommen hat. Diese Zeugin hat jedoch
bestätigt, dass sie die von der Beklagten im Prozess zum Beleg des für die
einzelnen Werkzeuge getätigten Kosten- und Zeitaufwands vorgelegten Tabellen
auf der Grundlage von - konkret auf bestimmte Werkzeuge bezogenen -
handschriftlichen Aufzeichnungen der für die Mängelbeseitigung eingesetzten
Mitarbeiter gefertigt hat. Mit dieser Aussage hat sich das Berufungsgericht
nicht auseinandergesetzt und daher die erhobenen Beweise unvollständig
gewürdigt. Bei seiner erneuten Würdigung wird das Berufungsgericht auch zu
prüfen haben, ob - wie die Klägerin im Revisionsverfahren geltend macht -
die Zeugin G. nur zu den Lieferungen mit den Auftragsnummern 40118 und 40174
gehört worden ist, und gegebenenfalls zu entscheiden haben, ob eine
umfassendere Vernehmung dieser Zeugin (§ 398 ZPO) - und auch der weiteren
vom Landgericht gehörten Zeugen - geboten ist.
66 Das Berufungsurteil beruht auch auf den aufgezeigten Rechtsfehlern
(§ 545 Abs. 1 ZPO). Bei der Verletzung verfahrensrechtlicher Bestimmungen
genügt bereits die Möglichkeit, dass das Berufungsgericht ohne den
Verfahrensfehler zu einem anderen Ergebnis gelangt wäre (Senatsurteil vom
17. Februar 2010 - VIII ZR 70/07, NJW-RR 2010, 1289 Rn. 30 f. mwN). Im
Streitfall ist nicht auszuschließen, dass das Berufungsgericht nach
Vernehmung der weiteren von der Beklagten zum Mangelbeseitigungsaufwand
benannten Zeugen, insbesondere des Zeugen W. , und unter Berücksichtigung
der Aussage der Zeugin G. zu einem anderen Ergebnis gelangt wäre. Soweit die
Revision dies anders sehen will, missachtet sie das Verbot vorweggenommener
Beweiswürdigung.
67 B. Zur Anschlussrevision der Beklagten
68 1. Die Anschlussrevision der Beklagten, mit der sie sich gegen ihre
Verurteilung zur Begleichung der Kaufpreisforderungen aus den Verträgen mit
den Auftragsnummern 40686 und 40086/40087 wendet und auch insoweit geltend
macht, das Berufungsgericht habe die Aufrechnung mit Gegenansprüchen zu
Unrecht nicht für begründet erachtet, ist zulässig.
69 Da § 554 Abs. 2 Satz 1 ZPO für die Statthaftigkeit der Anschließung nicht
voraussetzt, dass auch für den Anschlussrevisionskläger die Revision
zugelassen worden ist, kann eine Anschlussrevision bei beschränkter
Zulassung der Revision auch dann eingelegt werden, wenn die
Anschlussrevision nicht den Streitstoff betrifft, auf den sich die Zulassung
bezieht (BGH, Urteile vom 24. Juni 2003 - KZR 32/02, NJW 2003, 2525 unter I;
vom 26. Juli 2004 - VIII ZR 281/03, NJW 2004, 3174 unter II B 1; vom 22.
November 2007 - I ZR 74/05, BGHZ 174, 244 Rn. 39; vom 11. Februar 2009 -
VIII ZR 328/07, juris Rn. 31). Die Neuregelung der Anschlussrevision in §
554 ZPO ändert aber nichts daran, dass sie als unselbständiges Rechtsmittel
akzessorischer Natur ist (BGH, Urteil vom 22. November 2007 - I ZR 74/05,
aaO Rn. 40). Dieser Abhängigkeit der Anschlussrevision würde es
widersprechen, wenn mit ihr Streitstoff eingeführt werden könnte, der mit
dem Gegenstand der Hauptrevision weder in einem rechtlichen noch in einem
wirtschaftlichen Zusammenhang steht (BGH, Urteile vom 22. November 2007 - I
ZR 74/05, aaO Rn. 40 f., 38 mwN; vom 11. Februar 2009 - VIII ZR 328/07, aaO;
vom 18. September 2009 - V ZR 75/08, NJW 2009,
3787 Rn. 27).
70 Ein solcher Zusammenhang ist vorliegend infolge der von der Beklagten
erklärten Aufrechnung gegeben. Zwar greift die Klägerin mit ihrer Revision
die Abweisung ihrer Vergütungsansprüche aus den Verträgen mit den Auftragsnummern 40117, 40118 und 40174 an, während sich die Beklagte mit der
Anschlussrevision gegen ihre teilweise Verurteilung aus den Verträgen mit
den Auftragsnummern 40686 und 40086/40087 wendet. Die Beklagte hat jedoch
gegen sämtliche der von der Klägerin mit ihrer Klage verfolgten
Kaufpreisansprüche mit Gegenforderungen wegen eigener Aufwendungen für die
Mängelbeseitigung an allen gelieferten Werkzeugen aufgerechnet. Wie oben
unter II A 2 ausgeführt, wird das Berufungsgericht daher auch hinsichtlich
der den Gegenstand der Revision bildenden Kaufpreisforderungen der Klägerin
(erstmals) über die von der Beklagten zur Aufrechnung gestellten Forderungen
zu entscheiden haben. Der erforderliche rechtliche oder wirtschaftliche
Zusammenhang zwischen Revision und Anschlussrevision ist damit gegeben.
71 2. Die Anschlussrevision ist begründet. Denn der Beklagten stehen - wie
oben unter II A 2 ausgeführt - dem Grunde nach Schadensersatzansprüche wegen
erforderlicher und angemessener Mangelbeseitigungsaufwendungen gemäß Art. 45
Abs. 1 Buchst. b, Abs. 2, Art. 74 CISG für die unter den Auftragsnummern
40117, 40118, 40174, 40686 und 40086/40087 gelieferten Werkzeuge zu, mit
denen sie die Aufrechnung auch gegen die Kaufpreisforderungen aus den
Verträgen mit den Auftragsnummern 40686 und 40086/40087 erklärt hat.
Insoweit rügt die Beklagte ebenfalls zu Recht, dass das Berufungsgericht
verfahrensfehlerhaft (§ 286 Abs. 1 ZPO) ihren Beweisantritten zum Umfang der
Mangelbeseitigungsarbeiten nicht vollständig nachgegangen ist und die
Aussagen der vom Landgericht vernommenen Zeugen unzureichend gewürdigt hat.
Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die Ausführungen unter II A 2 c
verwiesen, die hier entsprechend gelten.
III.
72 Nach alledem hat das angefochtene Urteil keinen Bestand; es ist
hinsichtlich der Klageforderung insgesamt aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Der
Rechtsstreit ist nicht zur Endentscheidung reif, weil im Hinblick auf die
zur Aufrechnung gestellten Forderungen weitere Feststellungen, insbesondere
zur Höhe, Erforderlichkeit und Angemessenheit der
Mängelbeseitigungsaufwendungen zu treffen sind. Der Rechtsstreit ist daher
im Umfang der Aufhebung zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das
Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
73 Für das weitere Verfahren weist der Senat darauf hin, dass - wie die
Beklagte mit ihrer Revisionserwiderung (im Wege der Gegenrüge) und mit ihrer
Anschlussrevision zu Recht geltend macht - entgegen der Auffassung des
Berufungsgerichts auch eine Schätzung der Mängelbeseitigungsaufwendungen
nach § 287 Abs. 1 ZPO nicht von vornherein ausgeschlossen ist. Soweit - wie
hier - Haftungsgrund und Schadenseintritt feststehen und eine Haftung der
Beklagten für die Aufwendungen dem Grunde nach zu bejahen ist und es
lediglich der Ausfüllung der Höhe des erstattungsfähigen Schadens bedarf,
darf von der Zubilligung eines Ersatzanspruchs grundsätzlich nicht schon
deshalb abgesehen werden, weil seine Höhe nicht sicher zu ermitteln ist, es
insbesondere an ausreichenden Anhaltspunkten für eine Schätzung des gesamten
Schadens nach § 287 ZPO fehlt (st. Rspr.; vgl. etwa Senatsurteile vom 5.
Juli 1967 - VIII ZR 64/65, juris Rn. 14; vom 12. Januar 2000 - VIII ZR
19/99, NJW 2000, 1413 unter III; jeweils mwN). Vielmehr ist in diesen Fällen
zu prüfen, in welchem Umfang der dem Gericht unterbreitete Sachverhalt eine
hinreichende Grundlage für die Schätzung zumindest eines in jedem Fall
eingetretenen Mindestschadens bietet (vgl. nur BGH, Urteile vom 12. Januar
2000 - VIII ZR 19/99, aaO; vom 6. Juni 1989 - VI ZR 66/88, NJW 1989, 2539
unter II 1; jeweils mwN).
Im Rahmen des § 287 ZPO kann vom Anspruchsberechtigten eine Substantiierung
der anspruchsbegründenden Tatsachen nicht in gleicher Weise gefordert werden
wie hinsichtlich anderer tatsächlicher Fragen (Senatsurteil vom 12. Januar
2000 - VIII ZR 19/99, aaO mwN). Eine Schätzung nach § 287 ZPO darf mithin
nur dann abgelehnt werden, wenn keinerlei brauchbare Anhaltspunkte auch nur
für eine Mindestschätzung dargetan sind (vgl. BGH, Urteile vom 6. Juni 1989
- VI ZR 66/88, aaO; vom 12. Januar 2000 - VIII ZR 19/99, aaO mwN; vom 29.
Mai 2013 - VIII ZR 174/12, NJW 2013, 2584 Rn. 20 mwN).
74 Anhaltspunkte für eine Schätzung - gegebenenfalls unter Einholung eines Sachverständigengutachtens (§ 287 Abs. 1 Satz 2 ZPO) - ergeben sich im
Streitfall jedenfalls aus den von der Beklagten vorgelegten tabellarischen
Auflistungen und ihrer sonstigen Beschreibung der zur Mangelbeseitigung
getätigten Aufwendungen. Die unterbliebene Schätzung nachzuholen, ist dem
Senat im gegenwärtigen Verfahrensstadium schon deshalb verwehrt, weil der
Prozessstoff vom Berufungsgericht bislang nicht ausgeschöpft und
unzureichend gewürdigt worden ist. Darüber hinaus kann sie als dem
Tatrichter übertragene Aufgabe vom Revisionsgericht allenfalls dann
vorgenommen werden, wenn zu den Schätzgrundlagen abschließende
tatrichterliche Feststellungen getroffen
sind (zum Prüfungsmaßstab vgl. BGH, Urteil vom 19. April 2005 - VI ZR
175/04,
NJW-RR 2005, 897 unter II 2 a).
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