IPR: Erfordernis des Auslandsbezugs bei Anwendung
der Rom I-VO; Anwendung einfach zwingenden Rechts des objektiven
Vertragsstatuts bei Vorliegen eines reinen Binnensachverhalts (Art. 3 Abs. 3
Rom I-VO); gewöhnlicher Aufenthalt einer juristischen Person und
Zweigniederlassung (Art. 19 Rom II-VO): Diplomatische Botschaft als
Zweigniederlassung; Begriiff der Zweigniederlassung
BGH, Urteil vom 29. November 2023 - VIII ZR 7/23 - LG
Berlin
Fundstelle:
noch nicht bekannt
Amtl. Leitsatz:
Zum Vorliegen eines Binnensachverhalts im Sinne
von Art. 3 Abs. 3 Rom I-VO bei einem Mietvertrag über eine im Inland
gelegene Mietwohnung.
Zentrale Probleme:
Ein schöner Beispielsfall zu Art. 3 Abs. 3 Rom I-VO: Eine
ausländische Botschaft vermietet (entweder selbst oder als Vertreterin des
ausländischen Staates als Eigentümer) eine Wohnung. In dem Vertrag wird das
Recht des ausländischen Staates gewählt. Der Mietvertrag wird befristet
abegschlossen, ohne dass die Befristung begründet wird. Nach deutschem
Mietrecht führt das gem. § 575 Abs. 1 S. 2 BGB dazu, dass der Mietvertrag
als auf unbestimmte Zeit abgeschlossen gilt. Der ausländische Staat klagt
auf Räumung. Zunächst stellt sich die Frage, ob dieser Fall überhaupt die
für die Anwendung der Rom I-VO nach deren Art. 1 Abs. 1 erforderliche
"Verbindung zum Recht verschiedener Staaten" vorliegt. Dafür genügt nach hM
bereits die Tatsache einer Rechtswahl. Eine solche Rechtswahl ist auch
bei Wohnungsmietverträgen möglich, die ohne eine solche Rechtswahl gem. Art.
4 Abs. 1 Buchst. c) Rom I-VO dem Belegenheitsrecht, hier also deutschem
Recht unterliegen würden. Liegt allerdings ein sog. "Binnensachverhalt" vor,
berührt nach Art. 3 Abs. 3 Rom I-VO die Rechtswahl nicht die Anwendung von
einfach zwingendem des Rechtsdes Staates, in welchem alle anderen Elemente
mit Ausnahme der Rechtswahl belegen sind. Dieses Recht, zu dem alle anderen
Verbindungen bestehen, nannt man auch das "Einbettungsstatut". Das wird für
den vorliegenden Fall sehr sorgfältig bejaht. Auch die Tatsache, dass der
Vermieter seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland hat, würde für einen
hinreichenden Bezug zu dem Staat des gewählten Rechts zumindest dann nicht
ausreichen, wenn der Vermieter sich für den Abschluss des Mietvertrags von
einer inländischen Zweigniederlassung vertreten lässt.
©sl 2024
Tatbestand:
1 Die Klägerin, ein ausländischer Staat, begehrt von
dem Beklagten zu 1 und dessen Ehefrau, der Beklagten zu 2, die
Räumung und Herausgabe einer Wohnung der Klägerin in Berlin, die die
Beklagten seit dem Jahr 2003, zuletzt auf der Grundlage eines am 9./14.
Oktober 2019 mit dem Beklagten zu 1 in Berlin abgeschlossenen Mietvertrags,
bewohnen. Die Mietwohnung befindet sich in einer neben dem
Botschaftsgebäude der Klägerin gelegenen Immobilie, die für die
Unterbringung von Botschaftsangehörigen genutzt, teilweise - wie hier - aber
auch an botschaftsfremde Personen vermietet wird.
2 Als Vermieter ist
in dem in b. Sprache abgefassten Mietvertrag das b. Ministerium für
auswärtige Angelegenheiten, vertreten durch die Botschafterin der Republik
B., genannt. Nach Art. 24 Abs. 1 des Mietvertrags wurde dieser für einen
Zeitraum von einem Jahr, beginnend ab dem 1. Oktober 2019, geschlossen.
In Art. 31 ist die Geltung b. Rechts für die nicht im Vertrag
geregelten Angelegenheiten bestimmt.
3 Die Botschaft der
Klägerin teilte dem Beklagten zu 1 vor Ablauf der vereinbarten Mietzeit mit,
dass eine Verlängerung des Mietverhältnisses nicht in Betracht komme, und
forderte ihn ohne Erfolg zur Räumung auf.
4 Die auf Räumung und
Herausgabe der streitgegenständlichen Wohnung gerichtete Klage hat in den
Vorinstanzen keinen Erfolg gehabt.
5 Mit der vom Berufungsgericht
zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.
Entscheidungsgründe:
6 Die Revision hat keinen
Erfolg. I. 7 Das Berufungsgericht (LG Berlin, WuM 2023, 104) hat zur
Begründung seiner Entscheidung - soweit für das Revisionsverfahren von
Interesse - im Wesentlichen ausgeführt:
8 Die internationale
Zuständigkeit der deutschen Gerichte folge aus dem gemäß Art. 24 Nr. 1
EuGVVO begründeten vorrangigen Gerichtsstand des Belegenheitsorts.
9
Der Klägerin stehe ein vertraglicher Rückgabeanspruch aus § 546 Abs. 1 BGB
nicht zu, weil - entsprechend den in der Berufung nicht
angegriffenen Feststellungen des Amtsgerichts - Vermieterin der
streitgegenständlichen Wohnung ausweislich des Mietvertrags nicht die
Klägerin, sondern deren Ministerium für auswärtige Angelegenheiten als
selbständige juristische Person sei.
10 Ein Herausgabeanspruch aus §
985 BGB bestehe nicht, weil die Beklagten auf Grund des nicht beendeten
Mietverhältnisses zum Besitz der Wohnung berechtigt seien. Dieses
gelte nach § 575 Abs. 1 Satz 2 BGB trotz der in Art. 24 Abs. 1 des
Mietvertrags vereinbarten Befristung als auf unbestimmte Zeit geschlossen,
weil es an der gemäß § 575 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 BGB für eine wirksame
Befristung erforderlichen schriftlichen Mitteilung des
Befristungsgrunds fehle. Diese Formvorschrift sei
unabhängig von der in Art. 31 des Mietvertrags erfolgten Wahl b. Rechts
anzuwenden, weil es sich hierbei um eine international zwingend geltende
Vorschrift im Sinne von Art. 11 Abs. 5 der Rom I-VO handele. Denn
deren sozialer Zweck als mieterschützende Vorschrift erfordere ihr
Eingreifen unabhängig davon, welches Recht ansonsten auf den Mietvertrag
anzuwenden sei. Das Erfordernis einer schriftlichen Begründung der nur in
engen Grenzen zulässigen Befristung des Mietverhältnisses erlange für
einen Mieter eine fundamental schützende Bedeutung, um ihm nicht nur den
Umstand der Befristung als solchen vor Augen zu führen, sondern auch durch
ein Unterscheiden von anderen Interessen eine spätere Überprüfbarkeit zu
gewährleisten.
II.
11 Diese Beurteilung hält rechtlicher
Nachprüfung im Ergebnis stand, so dass die Revision zurückzuweisen ist.
12 Die Beklagten sind weder nach den mietvertraglichen Regelungen noch
aus § 985 BGB zur Räumung und Herausgabe der Mietwohnung verpflichtet.
Denn das Mietverhältnis für die streitgegenständliche Wohnung, auf
das trotz der in Art. 31 des Mietvertrags erfolgten Wahl b. Rechts die
Vorschrift des § 575 Abs. 1 BGB anzuwenden ist, besteht jedenfalls mangels
der nach § 575 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 BGB erforderlichen Mitteilung des
Grunds der in dem Mietvertrag vorgesehenen Befristung der Mietzeit auf ein
Jahr gemäß § 575 Abs. 1 Satz 2 BGB auf unbestimmte Zeit fort und berechtigt
die Beklagten zum weiteren Besitz der Wohnung.
13 1. Die
Vorschrift des § 575 Abs. 1 BGB gilt für den vorliegenden Mietvertrag auch
dann, wenn - was die Revisionserwiderung in Frage stellt - eine wirksame
Rechtswahlvereinbarung zu Gunsten b. Rechts vorliegt. Dies ergibt sich - was
das Berufungsgericht nicht geprüft hat - bereits aus Art. 3 Abs.
3 Rom I-VO, da hier ein reiner Binnensachverhalt im Sinne dieser Bestimmung
vorliegt.
14 a) Im Ausgangspunkt zutreffend hat das
Berufungsgericht hier die Verordnung (EG) Nr. 593/2008 des Europäischen
Parlaments und des Rates vom 17. Juni 2008 über das auf vertragliche
Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Abl. L 177 S. 6; im Folgenden:
Rom I-VO) zur Ermittlung des anzuwendenden Rechts
herangezogen. Deren Anwendungsbereich ist nach Art. 1 Abs. 1
Rom I-VO eröffnet, da das Mietverhältnis bereits auf Grund der
Rechtswahlvereinbarung eine Verbindung zum Recht verschiedener Staaten im
Sinne von Art. 1 Abs. 1 Rom I-VO aufweist (vgl.
MünchKommBGB/Martiny, 8. Aufl., Art. 1 Rom I-VO Rn. 24 und Art. 3 Rom I-VO
Rn. 86; Rauscher/von Hein, Europäisches Zivilprozess- und Kollisionsrecht,
5. Lieferung, Art. 1 Rom I-VO Rn. 21 und Art. 3 Rom I-VO Rn. 101;
Staudinger/Magnus, BGB, Neubearb. 2021, Art. 1 Rom I-VO Rn. 10 und Art. 3
Rom I-VO Rn. 133; BeckOGK-Rom I-VO/Wendland, Stand: 1. September 2022, Art.
3 Rn. 249; aA BeckOGK-Rom I-VO/Paulus, Stand: 1. März 2023, Art. 1 Rn. 49).
15 b) Nach Art. 3 Abs. 3 Rom I-VO berührt die Rechtswahl der
Parteien dann, wenn alle anderen Elemente des Sachverhalts zum Zeitpunkt der
Rechtswahl in einem anderen Mitgliedsstaat belegen sind, nicht die Anwendung
derjenigen Bestimmungen des Rechts dieses anderen Staats, von denen nicht
durch Vereinbarung abgewichen werden kann. Diese Voraussetzungen
liegen hier vor, so dass § 575 Abs. 1 Satz 1 und 2 BGB auf den vorliegenden
Mietvertrag - unabhängig davon, ob Vermieter die Klägerin selbst oder deren
Ministerium für auswärtige Angelegenheiten ist - auch bei einer -
unterstellt - wirksamen Wahl b. Rechts Anwendung findet.
16 aa)
Der Vorbehalt des Art. 3 Abs. 3 Rom I-VO zugunsten zwingender
Vorschriften einer Rechtsordnung besteht dann, wenn der Vertrag objektiv nur
mit einem anderen Staat als demjenigen, dessen Recht gewählt wurde,
verbunden ist (sog. Einbettungsstatut),
mithin keine objektiv signifikante Verbindung zu einer anderen Rechtsordnung
vorliegt (vgl. Staudinger/Magnus, BGB, Neubearb. 2021, Art. 3 Rom
I-VO Rn. 131; Ferrari in Ferrari/Kieninger/Mankowski, Internationales
Vertragsrecht, 3. Aufl., Art. 3 Rom I-VO Rn. 49). Hierdurch soll
verhindert werden, dass allein durch eine Rechtswahl die Anwendung
zwingender Vorschriften des einzigen Staates, zu dem das Vertragsverhältnis
eine relevante Verbindung aufweist, ausgeschlossen werden kann, etwa um dort
bestehende Schutzvorschriften zu umgehen (vgl. Ferrari in
Ferrari/Kieninger/Mankowski, Internationales Vertragsrecht, aaO).
17
Für einen hinreichenden Auslandsbezug genügt nicht jede Verbindung
des Rechtsgeschäfts zu einem ausländischen Staat. Die Umstände müssen
vielmehr gerade für das konkrete Geschäft von kollisionsrechtlicher
Bedeutung und einigem Gewicht sein (vgl. MünchKommBGB/Martiny, 8.
Aufl., Art. 3 Rom I-VO Rn. 91; BeckOGK-Rom I-VO/Wendland, Stand: 1.
September 2022, Art. 3 Rn. 230; Rauscher/von Hein, Europäisches
Zivilprozess- und Kollisionsrecht, 5. Lieferung, Art. 3 Rom I-VO Rn. 107).
Ein ausreichender Auslandsbezug liegt insbesondere dann vor, wenn
der Sachverhalt nach den zur Bestimmung des objektiven Vertragsstatuts gemäß
Art. 4 Rom I-VO heranzuziehenden Anknüpfungsmerkmalen eine Verbindung zu
einem anderen Staat aufweist (vgl. Ferrari in
Ferrari/Kieninger/Mankowski, Internationales Vertragsrecht, 3. Aufl., Art.
3 Rom I-VO Rn. 51; jurisPK-BGB/Ringe, Stand: 1. Juli 2023, Art. 3 Rom
I-VO Rn. 46; v. Bar/Mankowski, Internationales Privatrecht II, 2. Aufl., § 1
Rn. 206). Rein subjektive, nur auf einer Parteivereinbarung
beruhende Bezüge zum ausländischen Recht genügen dagegen in der Regel nicht
(vgl. BeckOGK-Rom I-VO/Wendland, aaO; v. Bar/Mankowski,
Internationales Privatrecht, Band II, aaO Rn. 205; Staudinger/Magnus, BGB,
Neubearb. 2021, Art. 3 Rom I-VO Rn. 137).
18 Ob nach diesen
Grundsätzen ein reiner Binnensachverhalt im Sinne des Art. 3 Abs. 3 Rom I-VO
vorliegt, ist unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalles zu
entscheiden, wobei zu berücksichtigen ist, dass zwar eine
Umgehung des ius cogens verhindert, zugleich aber die grundsätzlich gegebene
Rechtswahlfreiheit nicht übermäßig eingeschränkt werden soll (vgl.
Hüßtege/Mansel/ Leible, BGB, Rom-Verordnungen, 3. Aufl., Art. 3 Rom I-VO Rn.
80; BeckOGK-Rom I-VO/Wendland, Stand: 1. September 2022, Art. 3 Rn. 231).
19 Diese Würdigung ist in erster Linie dem Tatrichter vorbehalten. Der
Senat kann die vom Berufungsgericht - auf der Grundlage seiner
Rechtsauffassung folgerichtig - unterlassene Beurteilung hier jedoch selbst
vornehmen, weil die notwendigen tatsächlichen Feststellungen getroffen sind
und eine weitere Aufklärung nicht zu erwarten ist (vgl. Senatsurteile vom
18. März 2021 - VIII ZR 305/19, BGHZ 229, 139 Rn. 83; vom 14. Oktober 2020 -
VIII ZR 318/19, NJW 2021, 464 Rn. 32 mwN).
20 bb) Nach den
oben genannten Maßstäben liegt hier ein Binnensachverhalt im Sinne von Art.
3 Abs. 3 Rom I-VO vor. Dabei kommt es nicht darauf an, ob Vermieter
- wie die Revision geltend macht - die Klägerin selbst oder - wie
das Berufungsgericht dies in Übereinstimmung mit dem Vortrag beider Parteien
in der Berufungsinstanz festgestellt hat - das b. Ministerium für auswärtige
Angelegenheiten ist.
21 (1) Bereits der Belegenheitsort der
Wohnung in Deutschland ist ein zentrales, das
Mietverhältnis entscheidend prägendes Merkmal, welches eine
besonders enge Verbindung zum deutschen Recht herstellt und ohne Rechtswahl
gemäß Art. 4 Abs. 1 Buchst. c Rom I-VO zur Geltung deutschen Rechts geführt
hätte. Auch weitere Merkmale von erheblichem Gewicht begründen hier
einen engen Bezug des Vertragsverhältnisses zu Deutschland. So wurde
der Mietvertrag in Deutschland geschlossen. Der Beklagte zu 1 wohnt bereits
seit dem Jahr 2003 mit seiner Ehefrau, der Beklagten zu 2, und dem
gemeinsamen Kind in der streitgegenständlichen Wohnung. Es ist mithin davon
auszugehen, dass er jedenfalls seit dem Jahr 2003 seinen gewöhnlichen
Aufenthalt in Deutschland hat. Auf Vermieterseite handelte die sich
in Deutschland aufhaltende Botschafterin der Republik B. . Die b.
Botschaft in Berlin war in dem Mietvertrag als Empfängerin der in Euro zu
zahlenden Miete angegeben und für die weitere Vertragsabwicklung zuständig,
wie auch die von den Parteien vorgelegte vorgerichtliche Korrespondenz
zwischen der b. Botschaft und dem Beklagten zu 1 zur Verlängerung des
Mietverhältnisses und der Räumung der Mietwohnung zeigt.
22
(2) Demgegenüber bestehen keine gewichtigen objektiven Umstände, die einen
hinreichenden Auslandsbezug des Mietverhältnisses begründen.
23 (a)
Die Eigentümerstellung der Klägerin als ausländischem Staat
bewirkt einen derartigen Auslandsbezug entgegen der Auffassung der Revision
nicht.
24 Für die Beurteilung, ob ein reiner
Inlandssachverhalt vorliegt, ist nach den oben dargelegten Grundsätzen
auf das konkrete Vertragsverhältnis, hier also
das Mietverhältnis über die streitgegenständliche Wohnung, abzustellen.
Allein das Eigentum einer ausländischen (juristischen) Person an der
vermieteten Immobilie begründet einen Auslandsbezug des Mietverhältnisses
nicht. Denn die Person des Eigentümers ist für sich genommen für das
schuldrechtliche Vertragsverhältnis zwischen den Mietvertragsparteien nicht
maßgeblich, sondern die Person des Vermieters.
25 (b)
Ein hinreichender Auslandsbezug des streitgegenständlichen
Mietverhältnisses ergibt sich hier - entgegen der Auffassung der Revision -
auch nicht auf Grund eines gewöhnlichen Aufenthalts des Vermieters im
Ausland.
26 Ob angesichts der Regelung des Art. 4 Abs. 1
Buchst. c Rom I-VO, wonach bei einem Mietvertrag der Belegenheitsort das
Kernkriterium für die Bestimmung des Vertragsstatuts ist, in
derartigen Fällen überhaupt auf den gewöhnlichen Aufenthalt eines Vermieters
zur Begründung eines hinreichenden Auslandsbezugs abgestellt werden kann,
kann hier offenbleiben. Denn bezogen auf das vorliegende
Mietverhältnis ist gemäß Art. 19 Abs. 2 Rom I-VO von einem gewöhnlichen
Aufenthalt des Vermieters - sei dies die Klägerin oder deren Ministerium für
auswärtige Angelegenheiten - in Deutschland auszugehen.
27 (aa)
Bei einer juristischen Person bestimmt sich der gewöhnliche
Aufenthalt im Sinne der Vorschriften der Rom I-VO zwar gemäß Art. 19 Abs. 1
Rom I-VO grundsätzlich nach dem Ort ihrer Hauptverwaltung, die hier sowohl
für die Klägerin als auch für deren Ministerium für auswärtige
Angelegenheiten in B. liegt. Nach Art. 19 Abs. 2 Rom I-VO steht allerdings
dann, wenn der Vertrag im Rahmen des Betriebs einer Zweigniederlassung,
Agentur oder sonstigen Niederlassung geschlossen oder eine solche für die
Erfüllung des Vertrags verantwortlich ist, der Ort des gewöhnlichen
Aufenthalts dem Ort gleich, an dem sich diese befindet.
28
(bb) Diese Voraussetzungen liegen hier durch das Handeln der in Berlin
ansässigen Botschaft der Klägerin im Rahmen des Vertragsverhältnisses vor.
29 (a) Die Botschaft der Klägerin stellt eine Zweigniederlassung,
Agentur oder sonstige Niederlassung im Sinne von Art. 19 Abs. 2 Rom I-VO
dar.
30 Eine solche liegt vor, wenn es einen Mittelpunkt
geschäftlicher Tätigkeit gibt, der auf Dauer als Außenstelle eines
Stammhauses hervortritt, also eine Geschäftsführung hat und sachlich so
ausgestattet ist, dass er in der Weise Geschäfte mit Dritten betreiben kann,
dass diese sich nicht unmittelbar an das Stammhaus zu wenden brauchen
(vgl. EuGH, C-154/11, RIW 2012, 630 Rn. 48 - Mahamdia [zu Art. 18
Abs. 2 EuGVV]; MünchKommBGB/Martiny, 8. Aufl., Art. 19 Rom I-VO Rn. 14 f.;
jurisPK-BGB/Ringe, Stand: 1. Juli 2023, Art. 19 Rom I-VO Rn. 16;
Hüßtege/Mansel/Doehner, BGB, Rom-Verordnungen, 3. Aufl., Art. 19 Rom I-VO
Rn. 6; BeckOGK-Rom I-VO/Rass-Masson, Stand: 1. September 2021, Art. 19 Rn.
35).
31 Diese Voraussetzungen erfüllt die Botschaft der Klägerin
hier. Deren Aufgabe besteht - wie aus der auch von der Revision in Bezug
genommenen Regelung des Art. 3 des Wiener Übereinkommens über diplomatische
Beziehungen hervorgeht - im Wesentlichen darin, den Entsendestaat zu
vertreten, dessen Interessen zu schützen und die Beziehungen zum
Empfangsstaat zu fördern, wobei sie bei der Wahrnehmung dieser
Aufgaben privatrechtliche Verträge schließen kann. Hierbei kann
eine Botschaft einem Mittelpunkt geschäftlicher Tätigkeit gleichgestellt
werden, der auf Dauer nach außen hervortritt und zur Identifikation und
Repräsentation des Staates beiträgt, der sie eingerichtet hat, so
dass sie als Zweigniederlassung, Agentur oder sonstige Niederlassung im
Sinne von Art. 19 Abs. 2 Rom I-VO anzusehen sein kann (vgl. EuGH,
C-154/11, RIW 2012, 630 Rn. 50 - Mahamdia [zu Art. 18 Abs. 2 EuGVV];
MünchKommBGB/Martiny, 8. Aufl., Art. 19 Rom I-VO Rn. 14).
32 Entgegen
der Auffassung der Revision steht es der Bejahung einer
Zweigniederlassung nicht entgegen, dass die Botschaft hier nicht
selbständig im eigenen Namen, sondern als Vertreterin tätig geworden ist.
Eine Niederlassung liegt gerade auch dann vor, wenn sie für die
Hauptverwaltung tätig wird und diese rechtlich vertritt.
Entscheidend ist, dass die Niederlassung mit Dritten in der Weise
Geschäfte betreiben kann, dass diese, obgleich sie wissen, dass
möglicherweise ein Rechtsgeschäft mit dem im Ausland ansässigen Stammhaus
begründet wird, sich nicht unmittelbar an dieses zu wenden brauchen, sondern
Geschäfte an dem Mittelpunkt geschäftlicher Tätigkeit abschließen können,
der dessen Außenstelle ist (vgl. EuGH, Urteil vom 22. November 1978
- Rs. 33/78, Slg. 1978, 2183 Rn. 12 [zu Art. 5 Nr. 5 EuGVÜ];
Hüßtege/Mansel/Doehner, BGB, Rom-Verordnungen, 3. Aufl., Art. 19 Rom I-VO
Rn. 7).
33 (ß) Auch die weiteren Voraussetzungen des Art. 19 Abs. 2
Rom I-VO dafür, dass der Ort der Niederlassung kollisionsrechtlich als der
gewöhnliche Aufenthalt der juristischen Person anzusehen ist -
Vertragsschluss im Rahmen des Betriebs der Niederlassung oder
Verantwortlichkeit der Niederlassung für die Erfüllung des Vertrags - liegen
vor.
34 Der Mietvertrag mit dem Beklagten zu 1 wurde durch die
Botschaft der Klägerin in Berlin, handelnd durch die Botschafterin,
geschlossen (Art. 19 Abs. 2 Alt. 1 Rom I-VO). Nicht erheblich ist, dass
diese hierbei nicht im eigenen Namen, sondern in Vertretung des Ministeriums
für auswärtige Angelegenheiten gehandelt hat. Entscheidend ist nur, dass die
Botschaft den Vertrag aus Sicht des Mieters im Rahmen ihres üblichen
Geschäftsbetriebs zustande gebracht hat, also ein Vertragsabschlussbezug
besteht, auch wenn die Hauptniederlassung - hier die Klägerin oder deren
Ministerium für auswärtige Angelegenheiten - Vertragspartner ist (vgl.
Hüßtege/Mansel/Doehner, BGB, Rom-Verordnungen, 3. Aufl., Art. 19 Rom I-VO
Rn. 7; MünchKommBGB/Martiny, 8. Aufl., Art. 19 Rom I-VO Rn. 16; aA
Staudinger/Magnus, BGB, Neubearb. 2021, Art. 19 Rom I-VO Rn. 23).
35
Zudem war die Botschaft - was bereits für sich genommen für die Bejahung
eines gewöhnlichen Aufenthalts am Ort der Botschaft ausreicht - auch von
Anfang an für die Vertragsabwicklung mit dem Beklagten zu 1 zuständig,
mithin zentraler Ansprechpartner des Mieters und somit - wie dies auch das
Amtsgericht zutreffend festgestellt hat - verantwortlich für die Erfüllung
des Vertrags im Sinne von Art. 19 Abs. 2 Alt. 2 Rom I-VO.
36 Die
Zuständigkeit der Botschaft für den Vertragsschluss und deren
Verantwortlichkeit für die Vertragserfüllung wird hier überdies bestätigt
durch die Vorgaben des Art. 20 Abs. 1 der von der Revision vorgelegten
Internen Regeln für die Nutzung und Vermietung von Immobilien im Eigentum
der Republik B. im Ausland [...], bewilligt durch Anordnung Nr. 95-00-333
vom 25. April 2019 des Ministers für auswärtige Angelegenheiten. Hiernach
schließt, ändert, ergänzt und beendet der Leiter der Auslandsvertretungen
der Republik B. im Ausland Mietverträge über Immobilien, wenn diese - wie
hier - im Eigentum der Republik B. stehen und deren Verwaltung dem
Ministerium für auswärtige Angelegenheiten zugewiesen wurde. Die Zuweisung
der Verwaltung für im Staatseigentum der Republik B. befindliche, im Ausland
liegende Immobilien an das Ministerium für auswärtige Angelegenheiten, von
der auch die Revision hier ausgeht, ergibt sich aus Art. 98 Abs. 1 der von
der Revision vorgelegten Durchführungsverordnung zum b.
Staatseigentumsgesetz, wonach dieses der artige Immobilien verwaltet, sofern
- was hier weder festgestellt noch von der Revision geltend gemacht worden
oder sonst ersichtlich ist - nicht durch einen Rechtsakt des Ministerrats
etwas anderes festgelegt ist.
37 (cc) Im Hinblick auf das Vorliegen
der Voraussetzungen des Art. 19 Abs. 2 Rom I-VO ist für die Bestimmung des
gewöhnlichen Aufenthalts des Vermieters somit allein der Ort der als
Niederlassung handelnden Botschaft, mithin Deutschland, maßgeblich (vgl.
Gebauer/Wiedmann/Nordmeier, Europäisches Zivilrecht, 3. Aufl., Art. 19 Rom
I-VO Rn. 4; Staudinger/Magnus, BGB, Neubearb. 2021, Art. 19 Rom I-VO Rn. 22;
Rauscher/Thorn, Europäisches Zivilprozess- und Kollisionsrecht, 5.
Lieferung, Art. 19 Rom I-VO Rn. 16). Somit liegt der
gewöhnliche Aufenthalt beider Parteien des Mietvertrags in Deutschland, so
dass sich aus diesem ein Auslandsbezug des Vertragsverhältnisses nicht
herleiten lässt.
38 (c) Allein der Umstand, dass
sich die Hauptverwaltung sowie der Sitz des Vermieters - sei es der Klägerin
selbst oder deren Ministerium für auswärtige Angelegenheiten - im Ausland
befinden, vermag jedenfalls hier angesichts dessen, dass für die
Vermieterseite im Rahmen des Vertragsabschlusses und der Vertragsabwicklung
lediglich die in Deutschland ansässige Botschaft der Klägerin von
Deutschland aus tätig wurde, einen Auslandsbezug des Mietverhältnisses nicht
zu begründen (vgl. Rauscher/von Hein, Europäisches Zivilprozess-
und Kollisionsrecht, 5. Lieferung, Art. 3 Rom I-VO Rn. 108; BeckOGK-Rom
I-VO/ Wendland, Stand: 1. September 2022, Art. 3 Rn. 233; differenzierend
Grimm, Der Auslandsbezug im Internationalen Privat- und Verfahrensrecht,
2021, S. 285 ff.).
39 (d) Soweit die Revision darauf verweist, dass
die Vermietung der streitgegenständlichen Immobilie als Staatseigentum nur
gemäß dem Gesetz der Republik B. erfolgen dürfe, insbesondere nach dem b.
Staatseigentumsgesetz in Verbindung mit der entsprechenden
Durchführungsverordnung, und die Entscheidung den Gremien des Ministeriums
für auswärtige Angelegenheiten in S. obliege, begründet auch dies einen
hinreichenden Auslandsbezug des vorliegenden Mietverhältnisses nicht. Für
das Mietverhältnis selbst ist nicht bedeutsam, welche internen Vorschriften
auf Vermieterseite dessen Vermietungstätigkeit regeln, an welche Vorgaben er
sich intern zu halten hat und ob diese inländischem oder ausländischem Recht
zu entnehmen sind. Eine Maßgeblichkeit dieser internen Regelungen für die
Vertragsbeziehung zwischen den Vertragsparteien ist nicht ersichtlich, so
dass diese auch keinen Auslandsbezug des Mietverhältnisses begründen können.
40 (e) Ein hinreichender Auslandsbezug besteht auch nicht deshalb, weil
- wie die Revision geltend macht - die Immobilie, in der sich das
Mietobjekt befindet, der Klägerin zur Erfüllung ihrer diplomatischen
Aufgaben dient, indem sie diese primär zur Unterbringung von
Botschaftsbediensteten und Diplomaten nutzt und nur hierfür nicht benötigte
Räumlichkeiten vorübergehend an nicht botschaftsangehörige Personen
vermietet. Denn für die Frage, ob ein Auslandsbezug vorliegt, kommt es auf
das konkrete Mietverhältnis an. Dieses betrifft gerade nicht eine Nutzung
durch Botschaftsangehörige im Rahmen der diplomatischen Aufgaben. Es handelt
sich vielmehr um eine Vermietung an einen botschaftsfremden Mieter. Für ein
solches Mietverhältnis ergibt sich ein Auslandsbezug nicht daraus, dass
sonstige Wohnungen in dem Wohnhaus oder auch dieselbe Wohnung zu anderen
Zeiten für Botschaftsangehörige genutzt werden. Die grundsätzliche Widmung
der Immobilie als Unterkunft für Botschaftsangehörige vermag zwar nach den
Umständen des Einzelfalls einen Befristungsgrund für die zwischenzeitliche
Vermietung an botschaftsfremde Personen darstellen. Ein Auslandsbezug eines
solchen Mietverhältnisses ergibt sich hieraus jedoch nicht. Im Streitfall
kommt hinzu, dass es sich bei dem Mietverhältnis mit dem Beklagten zu 1
nicht um eine kurzzeitige Vermietung, sondern um eine bereits seit dem
Jahr 2003 andauernde botschaftsfremde Gebrauchsüberlassung handelt.
41 Auch der Verweis der Revision darauf, dass nach Art. 21 Abs. 1 des Wiener
Übereinkommens über diplomatische Beziehungen der Empfangsstaat (hier:
Deutschland) dem Entsendestaat (hier: B. ) den Erwerb der für dessen Mission
in seinem Hoheitsgebiet benötigten Räumlichkeiten erleichtern soll,
führt nicht zu einem Auslandsbezug bezüglich der Vermietung einer im
Eigentum des Entsendestaats stehenden Wohnung an einen nicht der Botschaft
zugehörigen Dritten. Denn die Frage, aus welchem Grund und mit wessen Hilfe
der Vermieter oder der von ihm mit der Vermietung Beauftragte die Immobilie
erworben hat, berührt das Mietverhältnis, auf dessen kollisionsrechtliche
Einordnung es indes zur Bestimmung des auf dieses anzuwendenden Rechts
allein ankommt, nicht.
42 (f) Der Umstand, dass der Beklagte zu 1
nach den vom Amtsgericht getroffenen, vom Berufungsgericht in Bezug
genommenen und nicht mit einem Tatbestandsberichtigungsantrag angegriffenen
Feststellungen nicht nur deutscher, sondern auch b. Staatsangehöriger ist,
bewirkt einen hinreichenden Auslandsbezug des Mietverhältnisses ebenfalls
nicht. Die Staatsangehörigkeit einer Vertragspartei spielt für die
Anknüpfung von Verträgen nach der Rom I-VO im Gegensatz zu dem gewöhnlichen
Aufenthalt der Parteien grundsätzlich keine maßgebliche Rolle und kann
deshalb jedenfalls für sich genommen einen hinreichenden Auslandsbezug nicht
begründen (vgl. BGH, Beschluss vom 14. April 2005 - IX ZB 175/03,
NJW-RR 2005, 929 unter [II] 2 c [zu Art. 27 Abs. 3 EGBGB und einem
Anwaltsvertrag]; Staudinger/Magnus, BGB, Neubearb. 2021, Art. 3 Rom I-VO Rn.
140; BeckOGK-Rom I-VO/Wendland, Stand: 1. September 2022, Art. 3 Rn. 237;
Rauscher/von Hein, Europäisches Zivilprozess- und Kollisionsrecht, 5.
Lieferung, Art. 3 Rom I-VO Rn. 109; Ferrari in Ferrari/Kieninger/ Mankowski,
Internationales Vertragsrecht, 3. Aufl., Art. 3 Rom I-VO Rn.
54; Hüßtege/Mansel/Leible, BGB, Rom-Verordnungen, 3. Aufl., Art. 3 Rom
I-VO Rn. 80; offener: MünchKommBGB/Martiny, 8. Aufl., Art. 3 Rom I-VO Rn.
91).
43 Auch der von der Revision vorgebrachte Umstand, dass der
Beklagte zu 1 eine zusätzliche Wohnanschrift in B. hat, die auf der b.
Identitätskarte ausgewiesen und im Mietvertrag genannt ist, vermag einen
hinreichenden Auslandsbezug nicht herzustellen. Denn entsprechend den vom
Berufungsgericht in Bezug genommenen Feststellungen des Amtsgerichts wohnen
die Beklagten bereits seit 2003 in der streitgegenständlichen Wohnung,
weshalb davon auszugehen ist, dass sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt in
Deutschland haben. Die fortbestehende b. Anschrift hat für die Zuordnung des
Mietvertrags über die Wohnung in Deutschland, die die Beklagten bis zum
Abschluss des streitgegenständlichen Mietvertrags bereits seit rund 16
Jahren bewohnten, keine Bedeutung. Gleiches gilt vor diesem Hintergrund auch
für den Umstand, dass in dem Mietvertrag die b. Anschrift des Beklagten zu 1
genannt wird.
44 (g) Letztlich bewirkt auch die Abfassung des
Mietvertrags in b. Sprache einen hinreichenden Auslandsbezug des
Mietverhältnisses nicht (vgl. BeckOGK-Rom I-VO/Wendland, Stand: 1.
September 2022, Art. 3 Rn. 239; Ferrari in Ferrari/Kieninger/Mankowski,
Internationales Vertragsrecht, 3. Aufl., Art. 3 Rom I-VO Rn. 55a; Magnus,
ZEuP 2018, 507, 535). Ebenso wenig wie die Parteien durch die Wahl
des ausländischen Rechts oder eines ausländischen Gerichtsstands eine für
Art. 3 Abs. 3 Rom I-VO genügende Auslandsbeziehung herbeiführen können, ist
ihnen dies durch die Wahl einer Vertragssprache möglich. Denn ein
derartiger rein subjektiv durch die Parteien herbeigeführter Umstand genügt
insoweit nicht. Durch diese Vorschrift soll gerade sichergestellt
werden, dass zwingende nationale Vorschriften bei reinen
Inlandssachverhalten nicht durch Vereinbarung der Parteien abbedungen werden
können. Die Bewertung einer durch die Parteien frei gewählten
ausländischen Vertragssprache als für die Herstellung eines Auslandsbezugs
hinreichendes Kriterium führte jedoch dem widersprechend dazu, dass
mittelbar eine Vereinbarung der Parteien eine Umgehung zwingender nationaler
Vorschriften bei ansonsten rein inlandsbezogenen Vertragsverhältnissen
ermöglichte (vgl. Magnus, ZEuP 2018, 507, 535).
45 (h) Das Vorbringen
der Revision, es sei nicht ersichtlich, dass die Rechtswahl
vorliegend mit dem Ziel der Gesetzesumgehung erfolgt sei, ist für die
Anwendbarkeit des Art. 3 Abs. 3 Rom I-VO unerheblich. Die Rechtswahl ist für
reine Inlandsfälle grundsätzlich und ohne Beschränkung auf Fälle, in denen
sie missbräuchlich zur Umgehung inländischen Rechts erfolgte, insoweit
eingeschränkt, als zwingende nationale Vorschriften zusätzlich zur Geltung
des gewählten Rechts anzuwenden sind.
46 cc) Das
Vorliegen eines rein deutschen Binnensachverhalts führt gemäß Art. 3 Abs. 3
Rom I-VO dazu, dass die Rechtswahl der Parteien die Anwendung derjenigen
Bestimmungen des deutschen Rechts nicht berührt, von denen nicht durch
Vereinbarung abgewichen werden kann. Hierzu zählt auch die Vorschrift des §
575 Abs. 1 BGB, da eine zum Nachteil des Mieters hiervon
abweichende Vereinbarung nach § 575 Abs. 4 BGB unwirksam ist.
47 Jedenfalls an einer schriftlichen Mitteilung des
Befristungsgrunds bei Vertragsschluss im Sinne von § 575 Abs. 1 Satz 1
Halbs. 2 BGB fehlt es hier, so dass das streitgegenständliche Mietverhältnis
gemäß § 575 Abs. 1 Satz 2 BGB als auf unbestimmte Zeit geschlossen gilt.
48 c) Der vom Berufungsgericht vorgenommenen Prüfung der
gegenüber Art. 3 Abs. 3 Rom I-VO nachrangigen Bestimmung des Art. 11 Abs. 5
Rom I-VO bedarf es vor diesem Hintergrund nicht.
49 2. Der
mithin fortbestehende Mietvertrag berechtigt den Beklagten zu 1 als Mieter
und die Beklagte zu 2 als dessen Ehefrau zum Besitz der
streitgegenständlichen Wohnung und steht somit dem seitens der Klägerin
geltend gemachten Anspruch auf deren Räumung und Herausgabe entgegen.
50 Dies gilt sowohl dann, wenn die Klägerin - wie die Revision meint -
Vermieterin der streitgegenständlichen Wohnung sein sollte und einen nach
Beendigung des Mietverhältnisses etwa bestehenden Herausgabeanspruch somit
auch auf vertragliche Ansprüche stützen könnte, als auch dann, wenn
das Ministerium für auswärtige Angelegenheiten Vermieter sein sollte und die
Klägerin deshalb nur etwaige Ansprüche als Eigentümerin der vermieteten
Immobilie geltend machen könnte. Denn der fortbestehende Mietvertrag steht
sowohl einem aus dem Vertragsverhältnis als auch einem aus dem Eigentum
hergeleiteten Herausgabeanspruch entgegen.
51 Für einen
vertraglichen Anspruch auf Räumung und Herausgabe ergibt sich dies aus dem
in Art. 14 des Mietvertrags vereinbarten Recht des Mieters, während der
Dauer des Mietverhältnisses das Eigentum zu nutzen. Auch einem auf
das Eigentum an der streitgegenständlichen Wohnung gestützten
Herausgabeanspruch kann nach dem gemäß Art. 43 EGBGB für den
Herausgabeanspruch des Eigentümers anzuwendenden deutschen Recht
(vgl. Senatsurteil vom 10. Juni 2009 - VIII ZR 108/07, NJW 2009, 2824 Rn. 7;
Staudinger/Mansel, BGB, Stand: 17. Dezember 2020, Art. 43 EGBGB Rn. 882 ff.;
BeckOGK-EGBGB/ Prütting/A. Zimmermann, Stand: 1. Oktober 2023, Art. 43 Rn.
128 f.) gemäß § 986 BGB das auf den Mietvertrag gestützte Recht zum
Besitz der streitgegenständlichen Wohnung entgegengehalten werden.
52 Dies gilt auch dann, wenn die Klägerin entsprechend den
Feststellungen des Berufungsgerichts nicht Vermieterin der
streitgegenständlichen Wohnung sein sollte. Denn auch ein durch
einen Dritten mit dem Mieter abgeschlossener Mietvertrag gewährt dem Mieter
ein Besitzrecht gegenüber dem Eigentümer, wenn dieser der Besitzüberlassung
zugestimmt hat (vgl. MünchKommBGB/ Baldus, 9. Aufl., § 986 Rn. 64;
BeckOGK-BGB/Spohnheimer, Stand: 1. August 2023, § 986 Rn. 21). Dies ist hier
der Fall. Nach den im Revisionsverfahren nicht angegriffenen Feststellungen
des Berufungsgerichts war das Ministerium für auswärtige Angelegenheiten zur
Überlassung der Wohnung im Wege der Miete an die Beklagten berechtigt. Dies
stimmt überein damit, dass das Ministerium für auswärtige Angelegenheiten
nach Art. 98 Abs. 1 der von der Revision vorgelegten Durchführungsverordnung
zum Staatseigentumsgesetz die im Ausland befindlichen Immobilien der
Klägerin verwaltet und nach Art. 100 Abs. 2 dieser Durchführungsverordnung
diesbezügliche Mietverträge mit einer Laufzeit von bis zu fünf Jahren von
dem Leiter der Behörde, die das Eigentum verwaltet - mithin dem Ministerium
für auswärtige Angelegenheiten - oder von einem von ihm bevollmächtigten
Beamten abgeschlossen werden. Aus dieser Ermächtigung ergibt sich die
Zustimmung der Klägerin zur Besitzüberlassung an den jeweiligen Mieter,
woraus dieser somit während der Dauer des Mietverhältnisses ein Recht zum
Besitz auch gegenüber der Klägerin als Eigentümerin herleiten kann.
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