Abtretungsausschluß und
Inhaltskontrolle von AGB; analoge Anwendung von § 354a HGB auf
Nichtkaufleute (offen gelassen); keine analoge Anwendung von § 354a HGB auf
nicht beiderseitige Handelsgeschäfte
BGH, Urteil vom 13. Juli
2006 - VII ZR 51/05
Fundstelle:
NJW 2006, 3486
Amtl. Leitsatz:
a) In Allgemeinen Geschäftsbedingungen
ist sowohl die Vereinbarung eines abgeschwächten als auch eines
uneingeschränkten Abtretungsausschlusses grundsätzlich unbedenklich. Eine
derartige Klausel ist nur dann nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam, wenn
ein schützenswertes Interesse des Verwenders an dem Abtretungsverbot nicht
besteht oder die berechtigten Belange des Vertragspartners an der freien
Abtretbarkeit vertraglicher Ansprüche das entgegenstehende Interesse des
Verwenders überwiegen (st. Rspr., zuletzt Senat, Urteil vom 25. November
1999 - VII ZR 22/99, BauR 2000, 569, 570 = ZfBR 2000, 175 = NZBau 2000,
245). Diese Voraussetzungen sind nicht allein deshalb erfüllt, weil das
Abtretungsverbot die Sicherung eines Lieferanten im Rahmen eines
verlängerten Eigentumsvorbehalts vereitelt.
b) Daran ist auch nach Inkrafttreten des § 354a HGB festzuhalten. Dessen
entsprechende Anwendung auf Rechtsgeschäfte, die nicht für beide
Vertragspartner ein Handelsgeschäft darstellen, kommt nicht in Betracht.
Tatbestand:
1
Die Klägerin verlangt von dem beklagten Insolvenzverwalter Auskunft über
eine Werklohnforderung des Insolvenzschuldners gegen die A. GbR, an der sie
ein Absonderungsrecht aus verlängertem Eigentumsvorbehalt geltend macht.
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Die Klägerin belieferte den Insolvenzschuldner mit Baumaterialien zu ihren
Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die einen einfachen, erweiterten und
verlängerten Eigentumsvorbehalt vorsehen. Aus den Lieferungen steht der
Klägerin noch eine Gesamtforderung in Höhe von 9.364,93 € zu. Der
Insolvenzschuldner verwendete einen Teil der gelieferten Baumaterialien für
einen Bau in S. Diesem Bauvorhaben liegt ein Bauvertrag vom 18./23.
September 2002 zwischen dem Insolvenzschuldner und der A. GbR zugrunde. Der
Bauvertrag enthält u. a. die von der A. GbR gestellte Klausel:
"Forderungsabtretungen sind unzulässig".
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Das Amtsgericht hat die auf Auskunft über die Werklohnforderung des
Insolvenzschuldners gegen die A. GbR gerichtete Klage mit der Begründung
abgewiesen, der Klägerin stehe kein Auskunftsrecht zu, weil sie bezüglich
der Forderungen aus den Lieferungen für das Bauprojekt der A. GbR nicht
absonderungsberechtigt i. S. von § 51 InsO sei. Die im Rahmen des
verlängerten Eigentumsvorbehalts vereinbarte Vorausabtretung der
Werklohnforderungen sei aufgrund des Abtretungsverbots in den
Vertragsbedingungen der A. GbR unwirksam. Auf die Berufung der Klägerin hat
das Berufungsgericht das Urteil des Amtsgerichts abgeändert und den
Beklagten antragsgemäß zur Erteilung der begehrten Auskunft verurteilt. Mit
der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision will der Beklagte die
Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils erreichen.
Entscheidungsgründe:
4
Die Revision hat Erfolg.
I. Das Berufungsgericht hält den Beklagten gemäß § 167 Abs. 2 Satz 1 InsO
für verpflichtet, Auskunft über die Werklohnforderung des
Insolvenzschuldners gegen die A. GbR zu erteilen. Der Insolvenzschuldner
habe diese Forderung im Rahmen des verlängerten Eigentumsvorbehalts
teilweise an die Klägerin abgetreten, weshalb diese nach § 51 Nr. 1 InsO
absonderungsberechtigt sei. Die Abtretung sei trotz des Abtretungsverbots in
den Vertragsbedingungen der A. GbR wirksam. Die von der A. GbR
vorformulierte Klausel sei gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam, weil sie
den Insolvenzschuldner unangemessen benachteilige. Ein Bauunternehmer habe
typischerweise ein Interesse daran, die benötigten Baustoffe auf Kredit zu
erwerben und seine Werklohnforderungen in der branchenüblichen Form des
verlängerten Eigentumsvorbehalts zur Sicherung dieses Kredits zu verwenden.
Diese berechtigten Belange würden das Interesse des Bestellers an einer
möglichst bequemen Zahlungsabwicklung überwiegen, weil der Unternehmer
vorleistungspflichtig und darum regelmäßig auf Lieferantenkredite angewiesen
sei, um den Vertrag überhaupt erfüllen zu können. Zudem zeige die Einführung
des § 354a HGB, dass der Gesetzgeber dem Interesse des Gläubigers, seine
Forderungen zum Zweck der Kreditschöpfung abtreten zu können, insgesamt
einen gesteigerten Wert beimesse. Diese gesetzgeberische Wertung, die in dem
zwingenden Charakter des § 354a HGB zum Ausdruck komme, sei im Rahmen der
Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB zu berücksichtigen.
II.
6 Das hält der rechtlichen Überprüfung nicht stand. Der Klägerin steht gegen
den Beklagten kein Auskunftsrecht hinsichtlich der Werklohnforderung des
Insolvenzschuldners gegen die A. GbR zu. Aufgrund des in den Allgemeinen
Vertragsbedingungen der A. GbR enthaltenen wirksamen Abtretungsverbots ist
diese Forderung nicht (teilweise) an die Klägerin abgetreten worden.
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1. Wie auch das Berufungsgericht zutreffend erkennt, steht der Wirksamkeit
des Abtretungsverbots nicht § 354a HGB entgegen.
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a) Eine unmittelbare Anwendung von § 354a HGB kommt nicht in Betracht.
Jedenfalls für die A. GbR stellte der Werkvertrag mit dem Insolvenzschuldner
kein Handelsgeschäft dar.
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Nach den Feststellungen des Amtsgerichts, auf die das Berufungsgericht Bezug
genommen hat, besteht die Geschäftstätigkeit der A. GbR allein darin, ein
Firmengrundstück an die S. GmbH zu vermieten. Eine solche Tätigkeit
begründet keine Kaufmannseigenschaft nach § 1 Abs. 1 HGB. Nach der
Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs betreibt eine Personengesellschaft,
die sich auf die Verpachtung eines Betriebs oder einzelner
Betriebsgegenstände beschränkt, kein Handelsgewerbe (BGH, Urteil vom 19.
Februar 1990 - II ZR 42/89, NJW- RR 1990, 798, 799). An dieser Beurteilung
ist auch nach dem Inkrafttreten des Handelsrechtsreformgesetzes (HRefG) vom
22. Juni 1998 festzuhalten.
10
b) § 354a HGB kann auch nicht entsprechend angewandt werden.
11
Ein Teil der Literatur befürwortet in unterschiedlichem Umfang eine analoge
Anwendung von § 354a HGB auf Nichtkaufleute (vgl. z.B. Canaris,
Großkommentar HGB, 4. Aufl., § 354a Rdn. 21; Baumbach/Hopt, HGB, 32. Aufl.,
§ 354a Rdn. 1; MünchKommHGB/K. Schmidt, § 354a Rdn. 8). Eine analoge
Anwendung von § 354a HGB auf Rechtsgeschäfte, die nicht für beide
Vertragspartner ein Handelsgeschäft darstellen, ist jedoch mangels einer
planwidrigen Regelungslücke nicht möglich.
12
Nach Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses des Deutschen
Bundestages zum Gesetzentwurf zu § 354a HGB (BT-Drucks. 12/7912, S. 25) soll
die Aufnahme der Vorschrift im HGB sicherstellen, dass hierdurch nur der
kaufmännische Geschäftsverkehr und der Verkehr mit der öffentlichen Hand
erfasst werden. Belange der Verbraucher und der Arbeitnehmer sollen nicht
berührt werden. Mit dieser Begründung hat der Gesetzgeber eindeutig zum
Ausdruck gebracht, dass eine erweiternde Auslegung des personalen
Geltungsbereichs des § 354a HGB über seinen Wortlaut hinaus nicht in
Betracht kommt.
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2. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts verstößt die formularmäßige
Vereinbarung des Abtretungsverbots nicht gegen § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB.
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a) Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass
sowohl die Vereinbarung eines abgeschwächten wie auch, wie hier, eines
uneingeschränkten Abtretungsausschlusses in Allgemeinen Geschäftsbedingungen
grundsätzlich unbedenklich ist (vgl. BGH, Urteile vom 15. Juni 1989 - VII ZR
205/88, BGHZ 108, 52, 54 f., vom 29. Juni 1989 - VII ZR 211/88, BGHZ 108,
172, 174 f., vom 30. Oktober 1990 - IX ZR 239/89, NJW-RR 1991, 763 und vom
25. November 1999 - VII ZR 22/99, BauR 2000, 569, 570 = ZfBR 2000, 175 =
NZBau 2000, 245). Eine solche Klausel ist nur dann nach § 307 Abs. 1 Satz 1
BGB unwirksam, wenn ein schützenswertes Interesse des Verwenders an dem
Abtretungsverbot nicht besteht oder die berechtigten Belange des
Vertragspartners an der freien Abtretbarkeit vertraglicher Ansprüche das
entgegenstehende Interesse des Verwenders überwiegen (BGH, Urteile vom 15.
Juni 1989 - VII ZR 205/88, BGHZ 108, 52, 54 f., vom 30. Oktober 1990 - IX ZR
239/89, NJW-RR 1991, 763 und vom 11. März 1997 - X ZR 146/94, NJW 1997,
3434, 3436).
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b) Dass derartige Umstände vorliegen, ist den Feststellungen des
Berufungsgerichts nicht zu entnehmen. Sie ergeben sich insbesondere nicht
bereits daraus, dass das Abtretungsverbot die Sicherung der Klägerin als
Lieferantin im Rahmen eines verlängerten Eigentumsvorbehalts vereitelt.
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aa) Ein das schützenswerte Interesse der A. GbR überwiegender Belang des
Insolvenzschuldners kann nicht allein darin gesehen werden, dass dieser als
Werkunternehmer vorleistungspflichtig und darum regelmäßig auf
Lieferantenkredite angewiesen ist, um den Vertrag überhaupt erfüllen zu
können. Dies ist die typische Interessen- und Sachlage beim Werkvertrag.
Dass die formularmäßige Vereinbarung eines Abtretungsverbots grundsätzlich
auch dann unbedenklich ist, wenn die Klausel in einem Werkvertrag enthalten
ist, hat der Senat bereits entschieden (Senat, Urteile vom 28. November 1968
- VII ZR 157/66, BGHZ 51, 113, 116 f. (zur Rechtslage vor Inkrafttreten des
AGB-Gesetzes), vom 29. Juni 1989 - VII ZR 211/88, BGHZ 108, 172, 174 f. und
vom 25. November 1999 - VII ZR 22/99, BauR 2000, 569, 570 = ZfBR 2000, 175 =
NZBau 2000, 245).
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bb) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts besteht auch nicht deshalb
Anlass, von dieser Beurteilung abzuweichen, weil mit Wirkung zum 30. Juli
1994 die Vorschrift des § 354a HGB in Kraft getreten ist. Dieser Vorschrift
ist nichts dafür zu entnehmen, dass die Wirksamkeit von Abtretungsverboten,
die nicht in dem persönlichen Anwendungsbereich des § 354a HGB unterfallen,
nach Ansicht des Gesetzgebers einer Einschränkung unterliegen sollten,
soweit sie in Allgemeinen Geschäftsbedingungen vereinbart sind.
III.
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Das Berufungsurteil kann daher keinen Bestand haben. Da weitere tatsächliche
Feststellungen nicht zu erwarten sind, kann der Senat die Überprüfung der
das Abtretungsverbot enthaltenden Klausel selbst vornehmen und abschließend
entscheiden.
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Das Abtretungsverbot ist wirksam. Es ist weder ersichtlich, dass ein
schützenswertes Interesse der A. GbR an dem Abtretungsverbot nicht besteht,
noch dass die berechtigten Belange des Insolvenzschuldners an der freien
Ab-tretbarkeit vertraglicher Ansprüche das entgegenstehende Interesse der A.
GbR überwiegen. Da mithin der Insolvenzschuldner die Werklohnforderungen
gegen die A. GbR nicht wirksam an die Klägerin abgetreten hat, steht dieser
gegen den Beklagten kein Anspruch auf Auskunft über die Werklohnforderung
zu. |