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	Verkehrssicherungspflichten bei einer Theateraufführung (Schuss auf der 
	Bühne): Begründung und Umfang von Verkehrssicherungspflichten 
 BGH, Urteil vom 8. November 
	2005 - VI ZR 332/04  
 Fundstelle:
 NJW 2006, 610
 
 Zentrale Probleme: Die Entscheidung legt in sehr klarer, lehrbuchartiger 
	Weise die Begründung und den Umfang von Verkehrssicherungspflichten dar, s. 
	insbesondere die fett markierten Passagen. 
©sl 2005 
 Amtl. Leitsatz: Zur 
	Verkehrssicherungspflicht eines Theaterbetreibers beim Abfeuern eines 
	Schreckschusses in einer Theateraufführung. 
 Tatbestand:
 Die Parteien streiten um die Verpflichtung des beklagten Landes (künftig: 
	des Beklagten) zum Ersatz des Schadens, den der Kläger durch einen 
	Schreckschuss in der Aufführung des "Faust" von Johann Wolfgang von Goethe 
	im Staatstheater W. am 4. April 1999 erlitten haben will.
 
 Der Kläger litt seit 1. März 1997 an einem chronischen Tinnitus 
	(Ohrgeräusch) infolge eines Knalltraumas durch einen Pistolenschuss. Er war 
	deshalb bis 26. Mai 1997 in ohrenärztlicher Behandlung.
 
 Während der Aufführung am 4. April 1999 - es war die 74. Aufführung dieser 
	Inszenierung - setzte ein Schauspieler kurz vor der Pause einen Gehörschutz 
	auf und feuerte dann einen Schuss aus einer 9 mm-Schreckschusspistole ab, 
	der am Sitzplatz des Klägers zwischen 128 und 129 dB (A) laut war. Der 
	Kläger erkundigte sich, ob mit weiteren Schüssen zu rechnen war, wartete 
	nach der Pause außerhalb des Zuschauerraums einen zweiten Schuss ab und nahm 
	dann den Rest der Aufführung wahr.
 
 Er hat vorgetragen, sein Tinnitus habe sich seit 1997 soweit gebessert 
	gehabt, dass er nahezu beschwerdefrei gewesen sei. Seine Beschwerden hätten 
	sich durch den Schuss in der Aufführung vom 4. April 1999 wesentlich 
	verschlimmert. Er hat deshalb Klage auf Zahlung eines Schmerzensgeldes und 
	Feststellung der Ersatzverpflichtung des Beklagten für sämtliche materiellen 
	und immateriellen Schäden erhoben.
 
 Das Landgericht, dessen Urteil u.a. in NJW-RR 2004, 887 veröffentlicht ist, 
	hat der Klage überwiegend stattgegeben. Auf die Berufung des Beklagten hat 
	das Oberlandesgericht die Klage abgewiesen. Mit seiner vom Berufungsgericht 
	zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Ziel einer Zurückweisung der 
	Berufung des Beklagten weiter.
 
 Entscheidungsgründe:
 I. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner - u.a in 
	VersR 2005, 1406 veröffentlichten - Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt, 
	es komme nicht darauf an, ob sich das vorbestehende Tinnitus-Leiden des 
	Klägers durch den Schuss verschlimmert habe. Die Bediensteten des Beklagten 
	hätten jedenfalls nicht fahrlässig gehandelt. Ein vollkommener Schutz der 
	durch § 823 Abs. 1 BGB geschützten Rechtsgüter sei praktisch nicht zu 
	erreichen. Eine zur Bestimmung der Sorgfaltsanforderungen im Einzelfall 
	erforderliche Interessenabwägung führe zu dem Ergebnis, dass die 
	Fahrlässigkeit eines Verhaltens zu verneinen sei, wenn derjenige 
	Sicherheitsgrad erreicht worden sei, den die in diesem Bereich herrschende 
	Verkehrsauffassung für erforderlich erachte. Ein Hinweis auf Gefahr- und 
	Sicherheitserwartungen des Verkehrs könne sich zwar aus den in den 
	betreffenden Verkehrskreisen üblichen Vorsichtsmaßregeln ergeben. Auch habe 
	für einen besonders empfindlichen Theaterbesucher die Gefahr einer 
	erheblichen und unheilbaren Gehörschädigung durch Minderung des Hörvermögens 
	oder durch ein Ohrgeräusch bestanden. Der Eintritt eines entsprechenden 
	Schadens sei aber außerordentlich unwahrscheinlich ("unterhalb des 
	Promillebereichs") gewesen. Dementsprechend habe nur der Kläger als einziger 
	von mehr als 23.000 Besuchern der Inszenierung über Beschwerden geklagt. 
	Auch deutschlandweit seien von den anderen 150 öffentlich-rechtlichen 
	Theatern mit über 20 Mio. Besuchern jährlich und den privatrechtlich 
	organisierten Bühnen Streitigkeiten über die Haftung für Gehörschäden 
	bislang nicht bekannt geworden, obwohl auch an diesen in ähnlicher Weise wie 
	am Hessischen Staatstheater Schreckschüsse abgefeuert würden. Jeder 
	Theaterbesucher wisse, dass es im Theater nicht immer leise zugehe und dass 
	ein Regisseur nicht wegen besonderer Empfindlichkeiten von vereinzelten 
	Besuchern auf einen "Knalleffekt" verzichte. Die weitgehende Üblichkeit 
	derartiger Geräuschimmissionen und die völlige Unüblichkeit hierauf 
	bezogener Warnhinweise ließen eine Verletzung der den Theaterbesuchern 
	gegenüber erforderlichen Sorgfalt nicht erkennen. Der vorgeschädigte und 
	überempfindliche Kläger sei mit dem Besuch des Theaters ein Risiko 
	eingegangen. Die Folgen einer Verwirklichung dieses Risikos müsse er selbst 
	tragen.
 II. Die Ausführungen des Berufungsgerichts halten einer revisionsrechtlichen 
	Überprüfung im Ergebnis stand.
 
 1. Zutreffend geht das Berufungsgericht von einer zivilrechtlichen 
	Pflicht des Theaterträgers aus, Theaterbesucher vor Körper- und 
	Gesundheitsschäden zu schützen, die aus dem Theaterbetrieb resultieren, mit 
	denen aber bei einem Theaterbesuch nicht gerechnet werden muss. Das gilt in 
	gleicher Weise für Rutschgefahren vor dem wie auch im Theater (vgl. BGH, 
	Urteil vom 11. Juli 1985 - III ZR 137/84 - VersR 1985, 973; OLG München 
	VersR 1988, 740; OLG Karlsruhe VersR 1985, 1196) wie für sonstige 
	Schädigungen durch den Betrieb des Theaters. Für etwaige Pflichtverletzungen 
	hat der Theaterbetreiber entweder unmittelbar aus eigenem Verschulden wegen 
	mangelnder Instruktion seiner Bediensteten oder über §§ 31, 831 BGB 
	einzustehen. Das gilt sowohl wenn ein Besucher etwa durch eine 
	herunterfallende Kulisse geschädigt wird, gilt aber grundsätzlich auch für 
	Lärmschädigungen durch den Betrieb.
 
 Derjenige, der eine Gefahrenlage - gleich welcher Art - schafft, ist 
	grundsätzlich verpflichtet, die notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen zu 
	treffen, um eine Schädigung anderer möglichst zu verhindern. Das entspricht 
	ständiger Rechtsprechung des erkennenden Senats (vgl. Senatsurteile vom 
	19. Dezember 1989 - VI ZR 182/89 - VersR 1990, 498, 499; vom 4. Dezember 
	2001 - VI ZR 447/00 - VersR 2002, 247, 248 und vom 15. Juli 2003 - VI ZR 
	155/02 - VersR 2003, 1319, jeweils m.w.N.; vgl. auch BGHZ 121, 367, 375 und 
	BGH, Urteil vom 13. Juni 1996 - III ZR 40/95 - VersR 1997, 109, 111). Die 
	rechtlich gebotene Verkehrssicherung umfasst diejenigen Maßnahmen, die ein 
	umsichtiger und verständiger, in vernünftigen Grenzen vorsichtiger Mensch 
	für notwendig und ausreichend hält, um andere vor Schäden zu bewahren.
 
 Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass nicht jeder abstrakten Gefahr 
	vorbeugend begegnet werden kann. Ein allgemeines Verbot, andere nicht zu 
	gefährden, wäre utopisch (vgl. Senatsurteil vom 15. April 1975 - VI ZR 
	19/74 -VersR 1975, 812). Eine Verkehrssicherung, die jede Schädigung 
	ausschließt, ist im praktischen Leben nicht erreichbar (vgl. 
	Senatsurteil vom 21. April 1964 - VI ZR 39/63 - VersR 1964, 746). 
	Haftungsbegründend wird eine Gefahr erst dann, wenn sich für ein 
	sachkundiges Urteil die nahe liegende Möglichkeit ergibt, dass Rechtsgüter 
	anderer verletzt werden können (vgl. Senatsurteile vom 15. April 1975 - 
	VI ZR 19/74 - aaO; vom 10. Oktober 1978 - VI ZR 98/77 - und - VI ZR 99/77 - 
	VersR 1978, 1163, 1165; vom 5. Mai 1987 - VI ZR 181/86 -VersR 1987, 1014, 
	1015; vom 4. Dezember 2001 - VI ZR 447/00 - aaO; vom 15. Juli 2003 - VI ZR 
	155/02 - aaO). Deshalb muss nicht für alle denkbaren Möglichkeiten eines 
	Schadenseintritts Vorsorge getroffen werden. Es sind vielmehr nur die 
	Vorkehrungen zu treffen, die geeignet sind, die Schädigung anderer tunlichst 
	abzuwenden (vgl. Senatsurteile vom 10. Oktober 1978 - VI ZR 98/77 - und 
	- VI ZR 99/77 - aaO; vom 15. Juli 2003 - VI ZR 155/02 -aaO; BGHZ 14, 83, 
	85). Der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt (§ 276 Abs. 1 Satz 2 BGB 
	a.F., jetzt § 276 Abs. 2 BGB n.F.) ist genügt, wenn im Ergebnis derjenige 
	Sicherheitsgrad erreicht ist, den die in dem entsprechenden Bereich 
	herrschende Verkehrsauffassung für erforderlich hält (vgl. Senatsurteil 
	vom 16. Februar 1972 - VI ZR 111/70 - VersR 1972, 559, 560; vom 15. Juli 
	2003 - VI ZR 155/02 - aaO). Daher reicht es anerkanntermaßen aus, 
	diejenigen Sicherheitsvorkehrungen zu treffen, die ein verständiger, 
	umsichtiger, vorsichtiger und gewissenhafter Angehöriger dieser Berufsgruppe 
	für ausreichend halten darf, um andere Personen vor Schäden zu bewahren, und 
	die ihm den Umständen nach zuzumuten sind; Voraussetzung für eine 
	Verkehrssicherungspflicht ist, dass sich vorausschauend für ein sachkundiges 
	Urteil die nahe liegende Gefahr ergibt, dass Rechtsgüter anderer verletzt 
	werden können (vgl. Senatsurteile vom 12. Februar 1963 - VI ZR 134/62 - 
	VersR 1963, 532; vom 19. Mai 1967 - VI ZR 162/65 - VersR 1967, 801; vom 4. 
	Dezember 2001 - VI ZR 447/00 - aaO und vom 15. Juli 2003 - VI ZR 155/02 - 
	aaO).
 
 Kommt es in Fällen, in denen hiernach keine Schutzmaßnahmen getroffen 
	werden mussten, weil eine Gefährdung anderer zwar nicht völlig 
	ausgeschlossen, aber nur unter besonders eigenartigen und entfernter 
	liegenden Umständen zu befürchten war, ausnahmsweise doch einmal zu einem 
	Schaden, so muss der Geschädigte - so hart dies im Einzelfall sein mag - den 
	Schaden selbst tragen. Er hat ein "Unglück" erlitten und kann dem Schädiger 
	kein "Unrecht" vorhalten (vgl. Senatsurteile vom 15. April 1975 - VI ZR 
	19/74 - aaO und vom 15. Juli 2003 - VI ZR 155/02 - aaO).
 
 2. Nach diesen Grundsätzen hat das Berufungsgericht im Ergebnis zu Recht 
	eine Haftung des Beklagten verneint. Das beanstandet die Revision ohne 
	Erfolg.
 
 a) Das Berufungsgericht hat in tatrichterlicher Würdigung des Ergebnisses 
	der Beweisaufnahme angenommen, dass der von einem Schuss verursachte 
	Impulslärm an sich geeignet ist, die Sinneshärchen im Innenohr 
	"umzuknicken", weil der Körper dagegen nicht schnell genug mit einem 
	Selbstschutzmechanismus reagieren könne. Eine derartige "Schädigung" ist 
	nicht mehr rückgängig zu machen, wird allerdings häufig in kaum 
	wahrnehmbarer Weise erfolgen. Feststellungen dazu, dass vorliegend ein 
	solches Umknicken von Sinneshärchen tatsächlich erfolgt ist, hat das 
	Berufungsgericht jedoch nicht treffen können.
 
 b) Selbst wenn eine derartige Schädigung des Klägers zu Gunsten der Revision 
	unterstellt wird, ergab sich jedoch für ein sachkundiges Urteil nicht 
	vorausschauend die nahe liegende Gefahr einer solchen Verletzung von 
	Rechtsgütern. Das Berufungsgericht hat vielmehr festgestellt, der Eintritt 
	eines erheblichen Gesundheitsschadens sei außerordentlich unwahrscheinlich 
	gewesen; das greift die Revision im Ergebnis erfolglos an.
 
 (1) Zwar macht die Revision zu Recht geltend, dass die Feststellung des 
	Berufungsgerichts, der Sachverständige habe den potentiell gefährdeten 
	Personenkreis auf etwa 25 % der Bevölkerung geschätzt, in dessen 
	Ausführungen keine Stütze findet. Dieser hat vielmehr ausgeführt, die 
	Schwelle des Risikos für den Normalhörenden sei überschritten, wenn der 
	Schalldruck 84 dB (A) übersteige. Daraus folgt entgegen der Ansicht des 
	Berufungsgerichts, dass jeder Besucher am Platz des Klägers bei einem 
	Schalldruck von 128 dB (A) potentiell gefährdet war. Nach den Ausführungen 
	des Sachverständigen waren sogar 25 % der Bevölkerung in gesteigertem Maße 
	gefährdet, nämlich 20 % Vorgeschädigte (wie der Kläger) und 5 % 
	Überempfindliche ohne Schwerhörigkeit.
 
 (2) Auf dieser zumindest missverständlichen Wiedergabe der 
	Sachverständigenäußerungen beruht das Berufungsurteil jedoch nicht. Wie das 
	Berufungsgericht - von der Revision unbeanstandet - ausführt, hat der 
	Sachverständige in der Berufungsverhandlung des Weiteren erläutert, die 
	Wahrscheinlichkeit eines tatsächlichen Schadenseintritts hänge von Ausmaß, 
	Zeit und Geschwindigkeit des Anstiegs des Lärmpegels ab. Für den hier zu 
	beurteilenden Sachverhalt hat der Sachverständige die Wahrscheinlichkeit 
	eines Schadenseintritts unterhalb des Promillebereichs angesiedelt; das 
	steht im Einklang mit der Aussage des Zeugen J., von den 23.000 Besuchern 
	dieser Inszenierung habe allein der Kläger Beschwerden wegen einer 
	Gehörschädigung geführt.
 
 (a) Die Revision rügt zwar, das Berufungsgericht habe sich nicht damit 
	auseinandergesetzt, dass der Zeuge J. als verantwortlicher Direktor des 
	Theaters einem Regressanspruch ausgesetzt sei und dass seinerzeit nicht alle 
	Post über seinen Schreibtisch gelaufen sei, sondern auch über den seines 
	Vertreters. Sie lässt dabei jedoch außer Betracht, dass das Berufungsgericht 
	ausdrücklich auch die Aussage des Zeugen berücksichtigt hat, dass er über 
	entsprechende Beschwerden wegen ihrer außerordentlichen Bedeutung in jedem 
	Fall unterrichtet worden wäre. Damit durfte das Berufungsgericht davon 
	ausgehen, dass keine weiteren Beschwerden von Theaterbesuchern über 
	Lärmschädigungen eingegangen waren, die dem Zeugen etwa unbekannt geblieben 
	wären. Auch die Gefahr eines Regresses gegen den Zeugen musste entgegen der 
	Auffassung der Revision keine durchgreifenden Bedenken gegen die 
	Glaubhaftigkeit der Aussage wecken, zumal der Fall vereinzelt geblieben ist.
 
 (b) Der auf die Aussage des Zeugen J. gestützte Schluss des 
	Berufungsgerichts, andere Theaterbesucher hätten keinen Hörschaden durch die 
	Inszenierung davon getragen, beruht nicht auf einer Verletzung des § 286 
	ZPO. Zwar kann der Revision darin gefolgt werden, dass die Durchsetzung 
	eines Anspruchs erhebliche zeitliche und auch finanzielle Mühen mit sich 
	bringt, die manchen Geschädigten von der Durchsetzung seiner Ansprüche 
	abhalten mögen. Dieser Aspekt tritt jedoch mit zunehmender Schwere des 
	Schadens zurück. Der auch von der Revision nicht in Zweifel gezogene 
	Umstand, dass kein anderer Theaterbesucher derartige Ansprüche geltend 
	gemacht hat, ist daher ein Indiz dafür, dass keine erheblichen Schädigungen 
	erfolgt sind.
 
 (c) Der von der Revision geltend gemachte Widerspruch in der Begründung des 
	Berufungsurteils besteht nicht. Wenn das Berufungsgericht im Ergebnis dazu 
	gelangt, die Theaterbesucher hätten den Schreckschuss hinnehmen müssen, dann 
	ersichtlich deshalb, weil es im Anschluss an die Ausführungen des 
	Sachverständigen die Gefahr einer Hörschädigung nicht für nahe liegend hält. 
	Das begründet keinen Widerspruch dazu, dass Beschwerden anderer Besucher 
	nicht feststellbar sind. Die Revision weist selbst auf die weiteren 
	Erläuterungen des Sachverständigen hin, die von ihr in den Vordergrund ihrer 
	Erwägungen gestellte Schädigung der Sinneshärchen durch Umknicken sei für 
	die Geschädigten im allgemeinen wegen der geringen Anzahl solcher 
	Schädigungen "kaum wahrnehmbar", werde also regelmäßig nicht zu Beschwerden 
	führen.
 
 (3) Gegenteiliges ergibt sich entgegen der Auffassung der Revision auch 
	nicht daraus, dass der den Schuss abgebende Schauspieler unmittelbar vor 
	Abfeuern des Schusses einen Gehörschutz aufgesetzt hat. Das Berufungsgericht 
	stellt - unbeanstandet von der Revision - fest, dass der Schalldruck im 
	Bereich des Schützen deutlich höher war als im Bereich des Publikums. Auf 
	die von der Revision als spekulativ bezeichneten Erwägungen des 
	Berufungsgerichts, dass der Gehörschutz aus künstlerischen Gründen verwendet 
	worden sein könne, kommt es deshalb nicht an.
 
 3. Letztlich verhilft es der Revision auch nicht zum Erfolg, dass der 
	Verkehrssicherungspflichtige typischen Gefahren, auch wenn sie selten 
	eintreten, jedenfalls dann begegnen muss, wenn sie zu nicht unerheblichen 
	Schäden führen können (vgl. Senatsurteil vom 17. Oktober 1989 - VI ZR 258/88 
	-VersR 1989, 1307). Zwar hat der Sachverständige die vom Kläger geltend 
	gemachte Schädigung als typisches Risiko bezeichnet, weil bereits ab 84 dB 
	(A) die Schwelle des Risikos für einen Normalhörenden überschritten sei und 
	es zu einem Umknicken der Sinneshärchen kommen könne.
 
 Entgegen der Ansicht der Revision haben die Bediensteten des Beklagten aber 
	keine dem Theaterbetreiber obliegende Verkehrssicherungspflicht verletzt. 
	Jeder Verkehrssicherungspflichtige hat Sicherungsmaßnahmen nämlich nur dann 
	zu treffen, wenn eine nicht nur theoretische Möglichkeit besteht, dass 
	Rechtsgüter anderer verletzt werden, sondern wenn dies nahe liegt. Daran 
	fehlt es im vorliegenden Fall. Der Sachverständige hat lediglich die 
	besondere Eignung des Schusses zur Schädigung von Sinneshärchen im Innenohr 
	eines Theaterbesuchers durch den Schuss mit der Schreckschusspistole bejaht. 
	Zugleich hat er aber die Wahrscheinlichkeit eines Hörschadens durch den 
	Schuss für sehr gering gehalten. Hiernach kann nicht davon ausgegangen 
	werden, dass sich im damaligen Zeitpunkt vorausschauend für ein sachkundiges 
	Urteil die nahe liegende Gefahr einer Schädigung von Rechtsgütern anderer 
	ergeben hat, die in Abwägung von Art. 5 Abs. 3 und 2 Abs. 2 GG einen Schuss 
	als Mittel künstlerischer Gestaltung verboten hätte.
 
 4. Allein der Umstand, dass die geringe Gefahr einer Schädigung mit 
	minimalem Aufwand durch den Einsatz einer leiseren Waffe hätte vermieden 
	werden können, verhilft der Revision nicht zum Erfolg. Zum einen ergeht sich 
	die Revision hierzu in Spekulationen und vermag nicht auf konkreten Vortrag 
	des Klägers in den Tatsacheninstanzen zu verweisen. Zum anderen ist der 
	Aufwand kein geeigneter Maßstab, den Umfang der Verkehrssicherungspflicht zu 
	bestimmen. Dabei kann es im vorliegenden Fall dahinstehen, ob der Aufwand im 
	Rahmen der Abwägung zu Art. 5 Abs. 3 und 2 Abs. 2 GG eine entscheidende 
	Rolle spielen könnte.
 
 5. Schließlich verweist die Revision ohne Erfolg auf Regelwerke wie die 
	Vorschriften des deutschen Instituts für Normung (DIN) oder 
	Unfallversicherungsverordnungen der gesetzlichen Unfallversicherungsträger (UVV). 
	Eine einschlägige Vorschrift für Theateraufführungen vermag sie nicht 
	darzulegen. Dass das Berufungsgericht die Überlegungen des Sachverständigen 
	zu einer entsprechenden Anwendung von Arbeitsplatzschutzvorschriften und von 
	Vorschriften für Großveranstaltungen (vgl. Senatsurteil vom 13. März 2001 - 
	VI ZR 142/00 - VersR 2001, 1040, 1041; BGH, Urteil vom 26. September 2003 - 
	V ZR 41 /03 - VersR 2004, 1141, 1142), die - teilweise - von 70 bis 98 dB 
	(A) und damit von deutlich unterhalb des hier erzeugten Schallpegels von 128 
	dB (A) liegenden Werten ausgehen, nicht zur Grundlage seiner Entscheidung 
	gemacht hat, begegnet aus revisionsrechtlicher Sicht keinen Bedenken. Nach 
	seinen - insoweit nicht angegriffenen Feststellungen - fehlen Vorschriften 
	für den hier streitgegenständlichen Bereich. Es ist aus Rechtsgründen nicht 
	zu beanstanden, wenn das Berufungsgericht - auch unter Hinweis auf die 
	üblichen Lärmemissionen von Kinderspielzeug - zu der Auffassung gelangt ist, 
	dass die Übung, auch in klassischen Theaterstücken ohne vorherige Warnung 
	mit "Knalleffekten" zu arbeiten, nach der Verkehrserwartung im Jahre 1999 
	noch keine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht darstellte.
 
 6. Nach allem ist jedenfalls für das Jahr 1999 keine objektive Pflicht der 
	Theaterbetreiber festzustellen, beim Einsatz von Schusswaffen darauf zu 
	achten, dass allenfalls ein Lärm erzeugt wird, der im Zuschauerraum einen 
	Schallpegel von 128 dB (A) erheblich unterschreitet.
 
 7. Einer abschließenden Klärung, ob den Bediensteten des Beklagten bei 
	diesem ersten Fall ein rechtswidriges Verhalten (§ 831 Abs. 1 Satz 1 BGB) 
	oder gar ein Verschulden (für das der Beklagte im Rahmen positiver 
	Vertragsverletzung einzustehen hätte, § 278 BGB) zur Last fiele (zu einem 
	Fall erstmaliger Schädigung vgl. Senatsurteil vom 14. März1995 - VI ZR 34/94 
	- VersR 1995, 672, 674), bedarf es nach allem nicht.
 
 8. Die Revision des Klägers ist daher mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 
	ZPO zurückzuweisen.
 
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