Anrechnung der
Betriebsgefahr (§ 7 StVG) nach § 254 I BGB bei einem Verkehrsunfall;
Schadensminderungsobliegenheiten bei Zessionar einer Schadensersatzforderung
analog § 254 II BGB
BGH, Urteil vom 17.
November 2009 - VI ZR 58/08
Fundstelle:
NZV 2010, 189
Amtl. Leitsatz:
a) Der Fahrer eines Kraftfahrzeugs,
der nicht zugleich Halter desselben ist, muss sich die einfache
Betriebsgefahr des Fahrzeugs nur dann zurechnen lassen, wenn er seinerseits
für Verschulden gemäß § 823 BGB oder für vermutetes Verschulden gemäß § 18
StVG haftet.
b) Im Fall des gesetzlichen Forderungsübergangs kann die Obliegenheit zur
Schadensminderung in entsprechender Anwendung des § 254 Abs. 2 BGB
ausnahmsweise den Zessionar treffen, wenn er den rechtlichen und
tatsächlichen Einfluss auf die Schadensentwicklung in der Weise erlangt hat,
dass die Zuständigkeit für die Schadensminderung weitgehend auf ihn
verlagert ist und die Eigenverantwortung des Geschädigten entsprechend
gemindert erscheint.
c) Der Unfallausgleich nach § 35 BeamtVG bezweckt nicht den Ausgleich
möglicher Erwerbsschäden, sondern dient der Deckung vermehrter Bedürfnisse.
Zentrale Probleme:
Eine lehrreiche Entscheidung zum Deliktsrecht und zum
Schadensersatzrecht: Der Halter eines Kfz haftet nach § 7 StVG bei
Verkehrsunfällen ohne Verschulden (Gefährdungshaftung). Geht der
Verkehrsunfall auf das Verschulden eines anderen zurück, so muß sich der
Halter bei seinem Schadensersatzanspruch gegen den Unfallverursacher diese verschuldensunabhängige Haftung nach § 254 I BGB wie ein
Mitverschulden anrechnen lassen ("Betriebsgefahr"). Für den Fahrer gilt dies
aber nicht, da dieser nach § 18 StVG nur im Falle (vermuteten) Verschuldens
haftet, das hier nicht vorlag. Weiter stellte sich hier die Frage nach einer
Schadensminderungsobliegenheit nach § 254 II BGB. Eigentlich trifft diese
nur den Geschädigten selbst, nicht aber denjenigen, an welchen er seine
Schadensersatzforderung abgetreten hat. Hier bestand aber die Besonderheit,
daß der Zessionar den maßgebenden Einfluß auf die Entwicklung der
Schadenshöhe hatte. Deswegen wendet der Senat § 254 II BGB auch zu seinen
Lasten an.
©sl 2010
Tatbestand:
1 Das klagende Land macht gegen die Beklagten Ersatzansprüche
aus übergegangenem Recht eines Polizeibeamten geltend, der bei einem
Verkehrsunfall erheblich verletzt wurde.
2 Der Beamte S., der im Rahmen der Veranstaltung "Rhein in Flammen" als
Motorradstreife eingesetzt war, befuhr am 16. September 2000 gegen 22.30 Uhr
mit seinem Dienstkraftrad die Bundesstraße 9 außerhalb der Ortschaft St.
Goar in Richtung Koblenz. Auf einem von ihm aus gesehen neben der rechten
Fahrbahn befindlichen Seitenstreifen waren verschiedene Reisebusse geparkt.
Als der Beamte an diesen vorbeifuhr, betraten die Beklagten zwischen zwei
hintereinander geparkten Bussen die Fahrbahn, um die Straße zu überqueren.
Der Beamte wich nach links aus, kam zu Fall und verletzte sich. Die nach dem
Unfall entnommenen Blutproben ergaben bei der Beklagten zu 1 eine
Blutalkoholkonzentration von 1,16 %o, bei der Beklagten zu 2 eine solche von
1,3 %>o. Der Beamte war bis zum 31. Dezember 2001 außer Dienst. Seit 4.
Januar 2002 ist er im Innendienst eingesetzt. Der Kläger zahlte bis Ende
2001 fortlaufend Dienstbezüge in Höhe von insgesamt 49.727 €,
Heilbehand-lungs- einschließlich Fahrtkosten in Höhe von 9.142,84 € und
einen Unfallausgleich gemäß § 35 BeamtVG in Höhe von 5.163,98 €.
3 Der Kläger begehrt Ersatz dieser Zahlungen und die Feststellung der
Ersatzpflicht hinsichtlich sämtlicher weiterer Schäden. Das Landgericht hat
der Klage in vollem Umfang stattgegeben. Auf die Berufungen der Beklagten
hat das Berufungsgericht das erstinstanzliche Urteil teilweise abgeändert,
die Beklagten zum Ersatz eines Erwerbsschadens in Höhe von 29.056,80 € und
von Heilbehandlungskosten in Höhe von 7.284,66 € verurteilt sowie die
Verpflichtung der Beklagten festgestellt, dem Kläger unter Berücksichtigung
eines Mithaftungsanteils des Geschädigten von 20 % alle zukünftigen
materiellen Schäden des Beamten aus dem Unfallereignis zu ersetzen, soweit
diese auf den Kläger übergehen. Die weitergehende Klage hat es abgewiesen.
Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision begehrt der Kläger die
Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.
Entscheidungsgründe:
I.
4 Das Berufungsgericht hat ausgeführt, dem Kläger stünden gegen die
Beklagten aus gemäß § 98 Satz 1 LBG Rheinland-Pfalz (nachfolgend: LBG RP)
übergegangenem Recht des Beamten Ansprüche auf Ersatz von Verdienstausfall
und Heilbehandlungskosten gemäß § 823 Abs. 1 BGB zu. Allerdings hafteten die
Beklagten nur in Höhe einer Quote von 80 %%. 20 % seines Schadens müsse der
Beamte selbst tragen. Er habe den Unfall zwar nicht schuldhaft
herbeigeführt. Dieser sei für ihn aber auch kein unabwendbares Ereignis im
Sinne des § 7 Abs. 2 StVG a.F. gewesen, weshalb im Rahmen der Abwägung der
beiderseitigen Verursachungs- und Verschuldensanteile die Betriebsgefahr des
vom ihm geführten Dienstkraftrads zu seinen Lasten zu berücksichtigen sei.
5 Dem Kläger stehe kein Anspruch auf Erstattung der Dienstbezüge des Beamten
für die Monate September bis Dezember 2001 zu. Zwar habe der Beamte bis Ende
des Jahres 2001 einen Erwerbsschaden erlitten. Der Kläger habe aber eine
eigene Schadensminderungspflicht dadurch verletzt, dass er die Entscheidung,
den Beamten im Innendienst zu beschäftigen, schuldhaft hinausgezögert habe.
Er habe ihn spätestens ab September 2001 im Innendienst einsetzen müssen.
6 Der Kläger könne auch nicht Ersatz der Unfallausgleichszahlungen
verlangen, da diese Leistungen die vermehrten Bedürfnisse des Verletzten
ausgleichen sollten, der Beamte aber keinen unfallbedingten Mehrbedarf
gehabt habe. Es fehle daher an der für einen Anspruchsübergang
erforderlichen Kongruenz zwischen der tatsächlichen Einbuße des geschädigten
Beamten und dem Zweck der Leistung des klagenden Landes.
II.
7 Die Revision ist zulässig. Sie ist insbesondere uneingeschränkt statthaft
(§ 543 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Das Berufungsgericht hat die Revision unbeschränkt
zugelassen. Dies ergibt sich aus dem Tenor des angefochtenen Urteils. Aus
den Entscheidungsgründen lässt sich eine Beschränkung der Revision nicht mit
der gebotenen Eindeutigkeit (dazu: BGH, Urteil vom 12. November 2004 - V ZR
42/04 - NJW 2005, 894, 895; Beschluss vom 14. Mai 2008 - XII ZB 78/07 - NJW
2008, 2351, 2352) entnehmen.
III.
8 Die Revision hat in der Sache zum Teil Erfolg. Das angefochtene Urteil
hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht in vollem Umfang stand.
9 1. Nicht zu beanstanden und von der Revision als ihr günstig nicht
angegriffen ist allerdings der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts, wonach
dem geschädigten Beamten gegen die Beklagten gemäß §§ 823 Abs. 1, 840 Abs. 1
BGB Ansprüche auf Ersatz des diesem infolge des Unfalls entstandenen
Erwerbsschadens und der Heilbehandlungskosten zustehen und wonach diese
Ansprüche gemäß dem - wörtlich mit § 87a Satz 1 BBG in der bis 11. Februar
2009 geltenden Fassung übereinstimmenden - § 98 Satz 1 LBG RP auf den Kläger
übergegangen sind, soweit er als Dienstherr während der unfallbedingten
Aufhebung der Dienstfähigkeit und infolge der Unfallverletzungen Leistungen
zu erbringen hatte. Das Berufungsgericht ist auch zu Recht davon
ausgegangen, dass Ansprüche des verletzten Beamten nur in dem Umfang auf den
Kläger übergegangen sind, in dem die Beklagten dem Beamten zum Ersatz
verpflichtet sind und die Ansprüche nicht - etwa infolge einer
Mitverursachung bei der Schadensentstehung gemäß § 254 Abs. 1 BGB -
gemindert sind.
10 2. Die Revision wendet sich aber mit Erfolg gegen die Annahme des
Berufungsgerichts, die Ersatzansprüche des Beamten seien um 20 % gemindert,
weil ihm die Betriebsgefahr des von ihm geführten Motorrads gemäß § 254 Abs.
1 BGB zuzurechen sei.
11 a) Zwar ist die Bewertung der verschiedenen Verursachungs- und
Verschuldensanteile im Rahmen des § 254 BGB grundsätzlich Aufgabe des
Tatrichters. Sie ist revisionsrechtlich nur daraufhin überprüfbar, ob der
Tatrichter alle Umstände vollständig und richtig gewürdigt und der Abwägung
rechtlich zulässige Erwägungen zugrunde gelegt hat (vgl. Senatsurteil vom
13. Dezember 2005 - VI ZR 68/04 - VersR 2006, 369, 371 m.w.N.).
12 b) Die Revision beanstandet aber mit Erfolg, dass das Berufungsgericht
der Entscheidung über eine Haftungsverteilung rechtlich unzutreffende
Erwägungen zugrunde gelegt hat. Es ist rechtsfehlerhaft davon ausgegangen,
dass sich auch der Fahrer eines Kraftfahrzeugs, der nicht zugleich Halter
desselben ist, gemäß § 7 Abs. 2 StVG a.F. die einfache Betriebsgefahr des
Fahrzeugs zurechnen lassen müsse. Nach den nicht angegriffenen
Feststellungen des Berufungsgerichts war der Kläger lediglich Fahrer, nicht
hingegen Halter des Motorrads. Er war mit seinem Dienstkraftrad unterwegs,
als er den Unfall erlitt. Halter eines Dienstkraftrads ist aber, worauf die
Revision zutreffend hinweist und was die Revisionserwiderung nicht in Abrede
stellt, der Dienstherr. Die Auffassung, der nicht haltende Fahrer eines
Kraftfahrzeugs müsse sich die einfache Betriebsgefahr gemäß § 7 Abs. 2 StVG
a.F. zurechnen lassen, widerspricht der gefestigten Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofs, von der abzuweichen kein Anlass besteht (vgl. BGH,
Urteil vom 20. Dezember 1962 - III ZR 1/62 -VersR 1963, 380, 382; vgl. auch
Senatsurteil BGHZ 173, 182, 188; Staudin-ger/Schiemann (2005), § 254 BGB Rn.
11 f. m.w.N.). Eine entsprechende Zurechnung kommt nur in Betracht, wenn
der Fahrer seinerseits für Verschulden gemäß § 823 BGB oder für vermutetes
Verschulden gemäß § 18 StVG haftet (vgl. BGH, Urteil vom 20. Dezember
1962 - III ZR 1/62 - aaO; Senatsurteil BGHZ 173, 182, 188). Denn die
Anwendung des § 254 Abs. 1 BGB setzt einen haftungsbegründenden Tatbestand
auf der Seite des Geschädigten voraus (vgl. BGH, Urteil vom 20. Dezember
1962 - III ZR 1/62 - aaO; Staudinger/ Schiemann, aaO).
13 Eine Haftung des geschädigten Beamten für Verschulden oder vermutetes
Verschulden scheidet im Streitfall aber aus. Das Berufungsgericht hat
rechtsfehlerfrei angenommen, dass den Kläger an der Schadensentstehung kein
Verschulden trifft. Nach den nicht angegriffenen Feststellungen des
Berufungsgerichts fuhr der Beamte außerorts auf gerader Strecke mit einer
Geschwindigkeit von lediglich ca. 30 km/h auf der Mitte seiner Fahrspur an
den rechts neben der Fahrbahn geparkten Bussen vorbei. Bei dieser Sachlage
ist es revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht in
tatrichterlicher Würdigung des konkreten Unfallgeschehens unter
Berücksichtigung der örtlichen Gegebenheiten angenommen hat, der Beamte habe
durch vorsichtige Fahrweise und Einhalten eines entsprechenden
Sicherheitsabstandes der dort stattfindenden Veranstaltung und der Parkweise
der Busse ausreichend Rechnung getragen. Zu einer noch vorsichtigeren
Fahrweise war der Beamte auch nicht aufgrund des von den Beklagen mit der
Gegenrüge geltend gemachten Umstands gehalten, dass er ausweislich seiner
Aussage im staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren vor dem Unfall
Fußgänger aus seiner Sicht rechts neben den Bussen wahrgenommen hatte.
Aufgrund dieses Umstands musste der Beamte nicht damit rechnen, dass sich
die in einigem Abstand zur Fahrbahn aufhaltenden Fußgänger von den Bussen
entfernen und unvermittelt versuchen würden, die Fahrbahn zu überqueren mit
der Folge, dass er eine Kollision trotz seiner vorsichtigen Fahrweise und
trotz der Einhaltung eines Sicherheitsabstands nicht würde verhindern
können.
14 c) Der Kläger muss eine Kürzung der geltend gemachten Ersatzansprüche
um einen auf die Betriebsgefahr entfallenden Anteil auch nicht deshalb
hinnehmen, weil er als Halter des Dienstkraftrads grundsätzlich für die
Betriebsgefahr desselben gemäß § 7 Abs. 1 StVG a.F. einzustehen hat. Der
Kläger macht keine Ansprüche aus eigenem Recht, sondern solche aus
übergegangenem Recht des geschädigten Beamten geltend. Diese Ansprüche sind
aber, wie unter b) ausgeführt, nicht um einen auf die Betriebsgefahr
entfallenden Anteil gemindert. Hieran ändert auch der Anspruchsübergang auf
den Kläger nichts.
Denn anspruchsmindernd im Sinne des § 254 Abs. 1 BGB wirken sich
grundsätzlich nur solche bei der Schadensentstehung mitwirkenden Umstände
aus, für die der Geschädigte, d.h. hier der Beamte, einzustehen hat
(vgl. Senat, Urteile vom 4. Mai 1962 - VI ZR 136/61 - NJW 1962, 1394; vom
16. Dezember 1980 - VI ZR 92/79 - VersR 1981, 347, 348). Auf in der
Person des Zessionars gegebene Umstände kommt es dagegen jedenfalls dann
nicht an, wenn der Zessionar, wie im Streitfall, kein Verschulden bei der
Schadensentstehung zu vertreten hat (vgl. Senat, Urteil vom 4. Mai 1962
- VI ZR 136/61 - aaO).
15 3. Ohne Erfolg wendet sich die Revision aber gegen die Annahme des
Berufungsgerichts, dem Kläger stehe kein Anspruch auf Ersatz des dem
geschädigten Beamten in der Zeit vom 1. September 2001 bis 31. Dezember 2001
entstandenen Verdienstausfalls zu, weil er die Entscheidung, den Beamten im
Innendienst zu beschäftigen, in vorwerfbarer Weise hinausgezögert und
dadurch seine Obliegenheit zur Geringhaltung des Schadens verletzt habe.
16 a) Allerdings obliegt die Schadensminderung gemäß § 254 Abs. 2 Satz 1
BGB grundsätzlich nur dem Geschädigten selbst und - auch im Falle eines
gesetzlichen Forderungsübergangs - nicht dem Zessionar (Senat, Urteil
vom 16. Dezember 1980 - VI ZR 92/79 - VersR 1981, 347, 348). Das
Berufungsgericht ist aber zu Recht davon ausgegangen, dass die Obliegenheit
zur Schadensminderung in entsprechender Anwendung des § 254 Abs. 2 BGB
ausnahmsweise den Zessionar treffen kann, wenn er den rechtlichen und
tatsächlichen Einfluss auf die Schadensentwicklung in der Weise erlangt hat,
dass die Zuständigkeit für die Schadensminderung weitgehend auf ihn
verlagert ist und die Eigenverantwortung des Geschädigten entsprechend
gemindert erscheint (vgl. Senatsurteile vom 16. Dezember 1980 - VI ZR
92/79 - aaO; vom 24. Februar 1983 - VI ZR 59/81 - VersR 1983, 488, 489). §
254 BGB ist eine konkrete gesetzliche Ausprägung des in § 242 BGB
enthaltenen allgemeinen Grundsatzes von Treu und Glauben (vgl.
Senatsurteile BGHZ 56, 163, 169; 76, 216 f.; 143, 189, 194). Er verbietet
es als widersprüchliches Verhalten, Schadensersatz auch insoweit zu fordern,
als eine zusätzliche, für den Erfolgseintritt wesentliche Schadensursache
aus dem eigenen Verantwortungsbereich hervorgegangen ist (vgl. BGH,
Urteil vom 14. Mai 1998 - I ZR 95/96 - VersR 1998, 1443, 1445). In einen
solchen Selbstwiderspruch kann aber nicht nur der Geschädigte, sondern unter
den zuvor genannten Voraussetzungen auch der Zessionar geraten, wenn er
Ersatz eines Schadens begehrt, der darauf beruht, dass er eine mögliche, in
seine Zuständigkeit fallende und zumutbare Maßnahme zur Schadensminderung
versäumt hat (Senatsurteil vom 16. Dezember 1980 - VI ZR 92/79 - VersR
1981, 347, 349).
17 b) Es ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, dass das
Berufungsgericht die Voraussetzungen für eine entsprechende Anwendung des §
254 Abs. 2 BGB im Streitfall als gegeben erachtet hat.
18 Nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des
Berufungsgerichts war die Zuständigkeit für die Minderung jedenfalls des
Erwerbsschadens weitgehend auf den Kläger verlagert. Das Berufungsgericht
hat - von der Revision unbeanstandet - festgestellt, dass der geschädigte
Beamte infolge der beim Unfall davon getragenen Verletzungen mangels
Außendiensttauglichkeit zwar den besonderen gesundheitlichen Anforderungen
für den Polizeidienst nicht genügte, aber jedenfalls vom 1. September 2001
an uneingeschränkt innendienstfähig war. Die Entscheidung über die
Weiterverwendung des Beamten im Innendienst fiel aber allein in die
Zuständigkeit des Klägers. Ohne die Zuweisung eines Innendienstpostens war
es dem Geschädigten nicht möglich, seiner Obliegenheit zu genügen, die ihm
verbliebene Arbeitskraft einzusetzen.
19 Die Polizeidienstfähigkeit weist die Besonderheit auf, dass sie sich an
den besonderen gesundheitlichen Anforderungen für sämtliche Ämter der
Laufbahn "Polizeidienst" orientiert und voraussetzt, dass der Polizeibeamte
zu jeder Zeit, an jedem Ort und in jeder seinem statusrechtlichen Amt
entsprechenden Stellung einsetzbar ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 3. März 2005
- 2 C 4/04 - DÖV 2005, 784). Der Beamte ist grundsätzlich schon dann
polizeidienstunfähig, wenn er gesundheitsbedingt nicht im Außendienst
eingesetzt werden kann (vgl. ebenda). Allerdings geht bereits das Gesetz
davon aus, dass der Dienstherr im Blick zu behalten hat, ob er den
besonderen gesundheitlichen Anforderungen für den Polizeidienst nicht
genügende Beamte in Funktionen - z.B. auf (Innen-) Dienstposten - im
Polizeidienst einsetzen kann, die die uneingeschränkte
Polizeidiensttauglichkeit auf Dauer nicht mehr erfordern (vgl. § 210 Abs. 1
letzter Hbs. LBG RP in der seit 1. August 1998 geltenden Fassung; § 101 BRRG
in der bis 31. März 2009 geltenden Fassung; BVerfG, NVwZ 2009, 389; BVerwG,
Urteil vom 3. März 2005 - 2 C 4/04 - aaO).
20 Dem Kläger war es auch möglich und zumutbar, die Entstehung eines
Erwerbsschadens des geschädigten Beamten vom 1. September 2001 an zu
verhindern. Denn nach den von der Revision nicht angegriffenen
Feststellungen des Berufungsgerichts verfügte der Kläger über die
Möglichkeit, den geschädigten Beamten bereits ab 1. September 2001 in den
Innendienst umzusetzen. Wie das Berufungsgericht weiter festgestellt hat,
hätte der Kläger von dieser Möglichkeit auch Gebrauch gemacht, hätte er
nicht die Innendienstfähigkeit des Beamten verkannt.
21 Die Revision wendet sich auch ohne Erfolg gegen die Annahme des
Berufungsgerichts, der Kläger habe die Entscheidung über die
Weiterverwendung des Beamten in vorwerfbarer Weise verzögert. Nach den von
der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts stand
der Kläger mit dem geschädigten Beamten nach dem Unfall in ständigem
Kontakt. Dieser übersandte dem Kläger u.a. zeitnah das Schreiben der M.
Klinik vom 26. April 2001, aus dem sich die Innendiensttauglichkeit des
Beamten zweifelsfrei ergab. Die Revision macht in diesem Zusammenhang ohne
Erfolg geltend, auf diese Einschätzung komme es nicht an, weil über den
Einsatz in einem anderen Amt gemäß § 210 Abs. 2 LBG RP a.F., § 56 Abs. 3 LBG
RP nur auf der Grundlage einer amtsärztlichen Beurteilung habe entschieden
werden dürfen. Die genannten Vorschriften regeln die Übertragung eines
anderen Amtes im abstraktfunktionellen Sinn (BVerwGE 122, 53, 55; Urteil vom
3. März 2005 - 2 C 4/04 -aaO). Dies steht vorliegend jedoch nicht in Rede.
Im Streitfall geht es allein darum, ob der Geschädigte gemäß § 210 Abs. 1
letzter Hbs. LBG RP in der seit 1. August 1998 geltenden Fassung auf einem
Dienstposten verwendet werden konnte, auf dem die besondere gesundheitliche
Belastbarkeit entbehrlich ist (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 3. März 2005 - 2
C 4/04 - aaO).
22 Bei dieser Sachlage ist es nicht von entscheidender Bedeutung, ob dem
Kläger auch der Abschlussbericht der M. Klinik vom 8. August 2001 zeitnah
zugegangen ist. Denn dieser enthielt in Bezug auf die
Innendiensttauglichkeit des geschädigten Beamten keine Informationen, die
der Kläger nicht bereits zuvor erlangt hatte. Er bestätigte insoweit
lediglich das Schreiben der M. -Klinik vom 26. April 2001 und wies noch
einmal auf die Innendienstfähigkeit hin, von der der Kläger zu diesem
Zeitpunkt bereits Kenntnis haben musste.
23 4. Das Berufungsgericht hat auch zu Recht angenommen, dass dem Kläger
kein Anspruch auf Erstattung der von ihm gemäß §§ 35 BeamtVG, 94 LBG RP
erbrachten Unfallausgleichszahlungen zusteht. Es fehlt an der für einen
Anspruchsübergang erforderlichen sachlichen Kongruenz dieser Leistungen mit
Schadensersatzansprüchen des Geschädigten.
24 a) Gemäß § 98 Satz 1 LBG RP, der wörtlich mit § 87a Satz 1 BBG in der bis
11. Februar 2009 geltenden Fassung übereinstimmt, gehen
Schadensersatzansprüche eines Beamten, die diesem wegen einer
Körperverletzung gegen einen Dritten zustehen, nur insoweit auf den
Dienstherrn über, als dieser ihm infolge der Körperverletzung zur Gewährung
von Leistungen verpflichtet ist. Der Anspruchsübergang ist damit davon
abhängig, dass sich die Ersatzpflicht des Schädigers und die
Leistungsverpflichtung des Dienstherrn ihrer Bestimmung nach decken. Hiervon
ist dann auszugehen, wenn die Leistung des Dienstherrn und der vom Schädiger
zu leistende Schadensersatz dem Ausgleich derselben Einbuße des Geschädigten
dienen (vgl. Senat, Urteile vom 18. Januar 1977 - VI ZR 250/74 - VersR 1977,
427; vom 15. März 1983 - VI ZR 156/80 - VersR 1983, 686, 687; vgl. zu § 81a
BVG: BGHZ 151, 210, 214, 217; Senatsurteil vom 12. April 2005 - VI ZR 50/04
- VersR 2005, 1004).
25 b) Diese Voraussetzung ist im Streitfall nicht erfüllt. Nach der
gefestigten Rechtsprechung des erkennenden Senats und des
Bundesverwaltungsgerichts bezweckt der pauschal gewährte Unfallausgleich
nicht den Ausgleich möglicher Erwerbsschäden, sondern dient der Deckung
vermehrter Bedürfnisse. Er stellt sich als pauschalierter Ersatz echter
Mehraufwendungen dar, die durch die wesentliche Minderung der
Erwerbsfähigkeit des unfallgeschädigten Beamten erfahrungsgemäß eintreten
(vgl. Senatsurteile vom 23. Februar 1965 - VI ZR 30/64 - VersR 1965, 563,
564 unter ausdrücklicher Aufgabe seiner früheren Rechtsprechung; vom 13.
Januar 1970 - VI ZR 124/68 - VersR 1970, 1034; vom 19. Mai 1981 - VI ZR
108/79 - VersR 1982, 238; ebenso KG Urteil vom 21. November 1991 - 12 U
5939/90 - NVZ 1992, 236, 237; BVerwGE 15, 51, 53; 25, 46, 49; so auch
Wussow/Dressler, Unfallhaftpflichtrecht, 15. Aufl., Kapitel 31 Rn. 3,
Kapitel 82 Rn. 19; Küppersbusch, Ersatzansprüche bei Personenschäden, 9.
Aufl., Rn. 734 Fn. 52; Greger, Haftungsrecht im Straßenverkehr, 4. Aufl., §
34 Rn. 30; Geigel/Plagemann, Der Haftpflichtprozess, 25. Aufl., Kapitel 30
Rn. 162; Battis, Bundesbeamtengesetz, 3. Aufl., § 87a Rn. 8; a.A. Kümmel,
Kommentar zum Beamtenversorgungsgesetz, Stand August 2008, § 35 Rn. 10).
Soweit § 35 BeamtVG auf eine Minderung der Erwerbsfähigkeit abstellt,
handelt es sich nur um die Voraussetzung, an die das Gesetz die Gewährung
des Unfallausgleichs und seine Bemessung anknüpft, nicht hingegen um eine
Zweckbestimmung der Versorgungsleistung (vgl. Senatsurteile vom 23. Februar
1965 - VI ZR 30/64 - aaO). An dieser Rechtsprechung hält der Senat fest.
26 Im Streitfall ist eine verletzungsbedingte Vermehrung der Bedürfnisse des
geschädigten Beamten nach den von der Revision nicht angegriffenen
Feststellungen des Berufungsgerichts aber nicht eingetreten, so dass in
seiner Person auch kein entsprechender Schadensersatzanspruch entstanden
ist, der auf den Kläger hätte übergehen können.
IV.
27 Der erkennende Senat kann gemäß § 563 Abs. 3 ZPO selbst abschließend
entscheiden, weil weitere Feststellungen nicht erforderlich sind. Dem Kläger
steht ein Anspruch auf Ersatz des dem geschädigten Beamten entstandenen und
vom Kläger durch Fortzahlung der Dienstbezüge ausgeglichenen Erwerbsschadens
in Höhe von insgesamt 36.815,32 € (10.991,86 € für das Jahr 2000 und
25.823,43 € für die Zeit vom 1. Januar bis 31. August 2001) sowie der
Heilbehandlungskosten in Höhe von 9.142,84 € zu. Sein Feststellungsantrag
ist in vollem Umfang begründet.
28 Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO. |