IPR: Internationales Sachenrecht; Übereignung
(Art. 43 EGBGB)
BGH, Urteil vom 20. Juli 2012 - V ZR
135/11
Fundstelle:
noch nicht bekannt
Amtl. Leitsatz:
Wird über eine in Deutschland
belegene Sache ein Vertrag nach ausländischem Recht abgeschlossen und ist
fraglich, ob das Eigentum übergehen soll, muss der Vertrag zunächst nach den
von dem Vertragsstatut vorgegebenen Regeln ausgelegt werden; deutsches Recht
als lex rei sitae entscheidet darüber, ob eine danach vereinbarte
Eigentumsübertragung auch den Anforderungen an eine dingliche Einigung gemäß
§ 929 Satz 1 BGB entspricht.
Zentrale Probleme:
Der Sachverhalt ist sehr komplex.
Für die Ausbildung vom Bedeutung ist die im Leitsatz getroffene Aussage, die
bei Tz. 30 behandelt wird: Ist eine Sache
in Deutschland belegen, findet auf die Eigentumsübertragung nach Art. 43 I
EGBGB deutsches Recht Anwendung, bei einer beweglichen Sache also §§ 929 ff
BGB. Dieser setzt nach dem in Deutschland geltenden Trennungsprinzip neben
der Übergabe (oder einem Übergabesurrogat) einen eigenen dinglichen Vertrag
("Einigung") voraus. Wird nun ein schuldrechtlicher Vertrag - z.B. ein
Kaufvertrag - geschlossen, der nach den Regeln der
Rom I-VO einer anderen Rechtsordnung
unterliegt, so ist die dort erzielte Einigung im Wege der Auslegung darauf
zu untersuchen, ob sie auch eine Einigung über den Eigentumsübergang i.S.
von § 929 BGB vorliegt. Das ist insbesondere dann problematisch, wenn das
Recht, das für den schuldrechtlichen Vertrag Anwendung findet, für den
Eigentumsübergang gar keine gesonderte Einigung verlangt, also nicht dem
deutschen Trennungsprinzip folgt. Die Auslegung des schuldrechtlichen
Vertrages unterliegt dabei den Auslegungsregeln des Vertragsstatuts (s. Art.
12 I lit. a Rom I-VO).
©sl 2012
Tatbestand:
1 Die Parteien streiten im Rahmen
einer Hauptintervention der Klägerin um die Rechte an angereichertem Uran
235, an dem die Klägerin, eine Schweizer Bank, ein vertragliches Pfandrecht
für sich in Anspruch nimmt. In dem im Hinblick auf die Interventionsklage
ausgesetzten Hauptprozess verlangt die Beklagte zu 1, ein Unternehmen
brasilianischen Rechts, ihrerseits die Herausgabe des Urans von der
Beklagten zu 2, einem deutschen Unternehmen.
2 Die Anreicherung des Urans erfolgte in den achtziger Jahren des letzten
Jahrhunderts im Auftrag der Beklagten zu 1 durch die U. Ltd. in
Großbritannien. Anschließend lagerte die Beklagte zu 1 unter anderem das in
vierzehn Zylindern befindliche Uran in einem von der Beklagten zu 2 in
Deutschland betriebenen Lager für Kernbrennstoffe ein.
3 Die Klägerin gewährte der NEAG, einer Aktiengesellschaft Schweizer Rechts,
ein Darlehen über 18,5 Mio. US-Dollar. In einem im Jahr 1989 geschlossenen
Vertrag einigten sich die Klägerin und die NEAG über die Bestellung eines
Pfandrechts an allen künftig in gesonderter Korrespondenz bezeichneten
Waren.
4 Am 7. März 1994 schloss die Beklagte zu 1 mit der NEAG unter anderem über
das in den vierzehn Zylindern gelagerte Uran einen Sachdarlehensvertrag (loan
agreement) nach brasilianischem Recht. Nach dessen Bestimmungen war das Uran
von dem Darlehensgeber, der Beklagten zu 1, in dem Lager der Beklagten zu 2
an den Darlehensnehmer, die NEAG, zu liefern; das Eigentum sollte bei der
Lieferung übergehen. Im April 1994 wies ein als Vertreterin der NEAG
auftretendes und mit dieser konzernmäßig verbundenes Unternehmen, die NTC
mit Sitz in Colorado/USA, die Beklagte zu 1 an, das Uran zum 25. April 1994
auf das Materialkonto der SPC, eines Tochterunternehmens der Beklagten zu 2,
zu übertragen. Aufgrund dessen erteilte das Vorstandsmitglied der Beklagten
zu 1, Direktor S. , der Beklagten zu 2 mit Schreiben vom 18. April 1994
folgende, auf die Zylinder nebst Inhalt bezogene Anweisung:
„bitte übertragen Sie das oben genannte Material zum 25.4.1994 auf
Materialkonto der SPC bei der [Beklagten zu 2]. ...
Wir bitten Sie, der SPC zu bestätigen, dass die ... Zylinder mit
angereichertem UF 6 für die SPC gehalten werden und jederzeit an einen
anderen Ort verlagert werden können. Die SPC ist darüber informiert, dass
die ... Zylinder Eigentum der [Beklagten zu 1] sind."
5 Hintergrund dessen war, dass sich die NTC ihrerseits mit einem dem Recht
des US-Bundesstaates Colorado unterstellten Vertrag vom 8. April 1993
verpflichtet hatte, der SPC Uran zu überlassen. Einer Absichtserklärung der
NTC vom 18. April 1994 zufolge sollte der SPC unter anderem das in Rede
stehende Uran zur Verfügung gestellt werden.
6 Die Beklagte zu 2 schrieb daraufhin der SPC - nachrichtlich der Beklatten
zu 1 - am 20. April 1994, dass sie das Uran gemäß Anweisung der Beklagten zu
1 zum 29. April 1994 auf das Materialkonto der SPC übertragen werde. Am 29.
April 1994 wandte sich das Vorstandsmitglied S. der Beklagten zu 1 an die
SPC mit der Bitte, das Uran nunmehr dem von der SPC für die NTC geführten
Materialkonto gutzuschreiben. Dies bestätigte die SPC der NTC am 3. Mai
1994. Die Lager- und Versicherungskosten für das Uran stellte die Beklagte
zu 2 der Beklagten zu 1 im September 1994 zunächst nur für die Zeit bis zum
28. April 1994 in Rechnung.
7 Im Februar 1995 fiel die NTC in Konkurs. Die Beklagte zu 1 erklärte
daraufhin gegenüber der NEAG die Anfechtung sämtlicher Erklärungen ihres
Vorstandmitglieds S. . Im März 1995 nahm die Klägerin gegenüber der
Beklagten zu 2 ein Pfandrecht an dem für die NEAG gelagerten Uran in
Anspruch; im April 1995 kündigte sie das der NEAG gewährte Darlehen. Im
September 1995 übersandte die NTC der Klägerin auf deren an die NEAG
gerichtete Aufforderung, die Zylinder zu bezeichnen, an denen ihr ein
Pfandrecht zukomme, eine Liste über die vierzehn Zylinder mit dem Vermerk
„Held for UBS". Ebenfalls im September 1995 stellte die Beklagte zu 2 der
Beklagten zu 1 Lager- und Versicherungskosten auch für die Zeit vom 29.
April bis zum 31. Dezember 1994 in Rechnung. Im April 1996 fiel die NEAG in
Konkurs.
8 Die Klägerin hat mit ihrer Hauptintervention die Feststellung, dass der
Beklagten zu 1 kein Herausgabeanspruch gegen die Beklagte zu 2 zusteht,
sowie die Verurteilung der Beklagten zu 2 zur Herausgabe des näher
bezeichneten Urans an sie beantragt, hilfsweise die Feststellung, dass der
Klägerin eine Forderung der NEAG gegen die Beklagte zu 2 auf Verschaffung
einer näher bezeichneten Menge Urans zur Sicherheit abgetreten worden ist.
Das Landgericht hat den Hauptanträgen stattgegeben. Die - zugleich als
Streithelferin der Beklagten zu 2 eingelegte - Berufung der Beklagten zu 1
ist nach einer Vorlage an den Europäischen Gerichtshof erfolglos geblieben.
Mit Urteil vom 22. Februar 2010 (II ZR 287/07, juris) hat der II. Zivilsenat
des Bundesgerichtshofs das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache zur
neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen,
das die Klage nunmehr abgewiesen hat. Mit der von dem Berufungsgericht
zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagte zu 1 - zugleich als
Streithelferin der Beklagten zu 2 - beantragt, will die Klägerin die
Wiederherstellung der Entscheidung des Landgerichts erreichen.
Entscheidungsgründe:
I.
9 Das Berufungsgericht verneint einen Anspruch der Klägerin gegen die
Beklagte zu 2 auf Herausgabe des Urans nach deutschem Sachrecht. Die
Klägerin habe kein vertragliches Pfandrecht an dem Uran erlangt. Weil es zu
keinem Zeitpunkt im Eigenbesitz der Verpfänderin, der NEAG, gestanden habe,
habe die NEAG den Besitz nicht gemäß § 1205 Abs. 2 BGB auf die Klägerin
übertragen können. Eigenbesitzerin sei die SPC gewesen, die das
Uran im April 1994 auf Geheiß der NEAG von der Beklagten zu 1 erworben habe;
der Besitz sei ihr auf Grund der durch die Beklagte zu 1 erteilten Anweisung
vom 18. April 1994 durch die Beklagte zu 2 vermittelt worden. Die SPC habe
indes den Besitz nicht der NTC weitervermittelt, weshalb diese auch nicht
der NEAG den Besitz habe vermitteln können; die zwischen der SPC und der NTC
getroffene vertragliche Vereinbarung habe kein Besitzmittlungsverhältnis
begründet, weil die SPC zu der Verarbeitung des ihr zur Verfügung gestellten
Urans berechtigt gewesen sei und sie der NTC lediglich Sicherungseigentum
eingeräumt habe.
10 Ein Pfandrecht zugunsten der Klägerin sei auch nicht dadurch begründet
worden, dass die NEAG bei der auf ihr Geheiß erfolgten Eigentumsübertragung
von der Beklagten zu 1 auf die SPC für eine „logische Sekunde" Eigentümerin
des Urans gewesen sei. Zu diesem Zeitpunkt sei die Pfandsache noch nicht
-wie in der zwischen der Klägerin und der NEAG getroffenen Vereinbarung über
die Pfandrechtsbestellung gefordert - hinreichend konkretisiert gewesen; die
Konkretisierung sei frühestens im März 1995 erfolgt, als die Klägerin
gegenüber der Beklagten zu 2 ein Pfandrecht an dem von dieser gelagerten
Uran in Anspruch genommen habe.
11 Der Hilfsantrag sei ebenfalls unbegründet. Der NEAG habe weder aus
eigenem noch aus abgetretenem Recht der Beklagten zu 1 ein Anspruch auf
Herausgabe des Urans gegen die Beklagte zu 2 zugestanden, den sie an die
Klägerin hätte abtreten können.
12 Da die Klägerin an dem Uran keine Rechte erworben habe, fehle es für
ihren Antrag auf Feststellung, dass die Beklagte zu 1 ihrerseits nicht die
Herausgabe des Urans von der Beklagten zu 2 verlangen könne, an dem
erforderlichen Rechtsschutzinteresse.
II.
13 Die Revision hat Erfolg. Mit der von dem Berufungsgericht gegebenen
Begründung lassen sich weder ein Pfandrechtserwerb der Klägerin noch das
Rechtsschutzinteresse für den auf negative Feststellung gerichteten Antrag
verneinen.
14 1. Im Ausgangspunkt zutreffend nimmt das Berufungsgericht an,
dass sich die Bestellung des Pfandrechts ebenso wie die weiteren
sachenrechtlichen Tatbestände nach deutschem Recht als der zur Zeit der
fraglichen Rechtsänderungen maßgeblichen lex rei sitae beurteilen;
die nachträgliche Verbringung des Urans in das Ausland durch die Beklagte zu
2 ändert daran nichts (vgl. BGH, Urteil vom 2. Februar 1966 - VIII ZR
153/64, BGHZ 45, 95, 99 f.; Münch-Komm-BGB/Wendehorst, 5. Aufl., Art. 43
EGBGB Rn. 128). Die wirksame Bestellung eines Pfandrechts zugunsten
der Klägerin setzt gemäß § 1205 BGB unter anderem voraus, dass die NEAG
ihren mittelbaren Besitz auf die Klägerin übertragen hat.
Den mittelbaren Besitz hätte die NEAG erlangt, wenn die Beklagte zu 2 als
unmittelbare Besitzerin der SPC, diese der NTC und diese der NEAG den Besitz
vermittelt hätten. Im Hinblick auf die jeweiligen Besitzkonstitute
im Sinne von § 868 BGB ist das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei davon
ausgegangen, dass diese gesondert anzuknüpfen sind (vgl. BGH, Urteil vom 22.
Februar 2010 - II ZR 287/07, juris Rn. 29; MünchKomm-BGB/Wendehorst, aaO Rn.
83 mwN). Nach deutschem Recht als lex rei sitae beurteilt sich nur,
ob die dem ausländischen Recht unterstellte Vertragsbeziehung den in § 868
BGB geregelten Vertragsverhältnissen gleichzusetzen ist. Auf die
schuldrechtlichen Beziehungen zwischen der SPC und der NTC ist nach den
Feststellungen des Berufungsgerichts, die in der Revisionsbegründung nicht
angegriffen werden, das Recht des US-Bundesstaates Colorado anwendbar.
15 2. Das Berufungsgericht ist im Wege der Auslegung der zwischen der NTC
und der SPC bestehenden Absprachen zu dem Ergebnis gelangt, die SPC habe das
Uran nicht für die NTC besitzen, sondern selbst Eigentum erlangen sollen.
Dagegen wendet sich die Revision mit Erfolg.
16 a) Allerdings ist die Auslegung eines einer ausländischen Rechtsordnung
unterstehenden Vertrags jedenfalls gemäß § 545 Abs. 1 ZPO in der
maßgeblichen bis zum 31. August 2009 geltenden Fassung (Art. 111 Abs. 1 und
2, Art. 112 Abs. 1 FGG-RG) nicht revisibel, weil die Bestimmungen über die
Vertragsauslegung als Bestandteil des ausländischen Rechts nicht nachprüfbar
sind. Grundsätzlich zulässig ist jedoch die auf § 293 ZPO gestützte
Verfahrensrüge, mit der eine unzureichende oder fehlerhafte Ermittlung des
ausländischen Rechts geltend gemacht wird. Aus dieser Norm leitet
sich nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die Pflicht
des Tatrichters ab, das für die Entscheidung eines Rechtsstreits maßgebende
ausländische Recht von Amts wegen zu ermitteln. Wie sich der Tatrichter die
erforderliche Kenntnis des ausländischen Rechts verschafft, steht zwar in
seinem Ermessen. Die Entscheidungsgründe müssen aber erkennen lassen, dass
er dieses Ermessen tatsächlich ausgeübt hat (vgl. nur Senat,
Urteile vom 6. November 1998 - V ZR 224/97, ZfIR 1999, 264, 265 f.; vom 8.
Mai 1992 - V ZR 95/91, NJW 1992, 3106 f.; vom 24. November 1989 - V ZR
240/88, NJW-RR 1990, 248, 249; BGH, Urteil vom 23. April 2002 - XI ZR
136/01, NJW-RR 2002, 1359 ff.).
17 b) Daran gemessen rügt die Revision zu Recht, dass das Berufungsgericht
das von ihm für anwendbar erachtete Recht des US-Bundesstaates Colorado bei
der Auslegung der vertraglichen Absprachen zwischen der SPC und der NTC
nicht ermittelt hat. Es hat festgehalten, es gebe keine Zweifelsfragen, die
die Heranziehung des Rechts des US-Bundesstaates Colorado erforderlich
machten. Gleichwohl hat es den Vertrag ausgelegt, ohne zu erkennen zu geben,
welchen Auslegungsregeln es dabei gefolgt ist, und hat mit seiner Annahme,
die SPC habe das Eigentum erlangen und das Uran deshalb nicht für die NTC
besitzen sollen, den klaren Wortlaut der vertraglichen Vereinbarungen in
sein Gegenteil verkehrt. Gemäß Nr. 5 des Vertrags über die Lagerung von
angereichertem Uran vom 8. April 1993 sollte das Eigentumsrecht an dem von
der NTC zur Lagerung an die SPC gelieferten Kernmaterial zu jeder Zeit bei
der NTC verbleiben. Eine nahezu wortgleiche Regelung findet sich in der -
von der SPC gegengezeichneten - Absichtserklärung der NTC vom 18. April
1994, die sich (unter anderem) auf die Lieferung des von der Klägerin mit
der Hauptintervention beanspruchten Urans bezog. In dieser Erklärung ist
ferner ausgeführt, dass die SPC jedem von der NTC benannten Dritten
bestätigen wird, dass sie das Kernmaterial für die NTC verwahrt. Nichts
anderes folgt aus der der SPC erteilten Erlaubnis zu der Verarbeitung des
Urans. Dafür sprechen - wie die Revision mit Recht hervorhebt - ebenfalls
sowohl der eindeutige Wortlaut als auch der systematische Zusammenhang der
in Nr. 5 des Vertrags vom 8. April 1993 getroffenen Absprachen. Denn im
Anschluss an die Regelung des Eigentums der NTC folgt unmittelbar und
„dessen ungeachtet" die Erlaubnis der SPC zu der Verarbeitung des
„eingelagerten [Kernmaterials]".
18 c) Die Ermittlung der maßgeblichen nach dem Recht des US-Bundesstaates
Colorado zu bestimmenden Auslegungsregeln war schon deshalb unverzichtbar,
weil dem Wortlaut bei der Auslegung schriftlicher Verträge jedenfalls in der
herkömmlichen US-amerikanischen Rechtstradition noch weitaus größere
Bedeutung beigemessen wird als nach kontinentaleuropäischem Recht. Auch wird
die Heranziehung von außerhalb der Urkunde liegenden Umständen bei einem
klaren Wortlaut regelmäßig als unzulässig angesehen (vgl. nur
Harrer/Wiegmann in Assmann/Bungert, Handbuch des US-amerikanischen Handels-,
Gesellschafts- und Wirtschaftsrechts, Band 1, S. 78; Merkt, ZHR 171 (2007),
490, 496 f.). Dagegen bedurfte es nicht zwingend - wie die Revision meint -
einer weiteren Ermittlung des ausländischen Rechts im Hinblick auf die
Regelung der Eigentumsverhältnisse nach einer erfolgten Verarbeitung.
Denn entscheidend ist, wie die Parteien die Eigentums- und
Besitzverhältnisse vor einer solchen Verarbeitung gestalten wollten.
19 3. Begründet ist die Revision auch insoweit, als sie sich gegen die
Abweisung des gegen die Beklagte zu 1 gerichteten Feststellungsantrags
richtet. Die Annahme des Berufungsgerichts, der Klägerin fehle es in
Ermangelung eines eigenen Rechts an dem Uran an dem nach § 256 Abs. 1 ZPO
erforderlichen Interesse an der Feststellung, dass die Beklagte zu 1 nicht
die Herausgabe der Zylinder von der Beklagten zu 2 verlangen könne, erweist
sich nach den obigen Ausführungen als rechtsfehlerhaft.
III.
20 Die Sache ist danach nicht zur Entscheidung reif. Für das weitere
Verfahren erteilt der Senat die folgenden Hinweise:
21 1. Die Entstehung eines Pfandrechts der Klägerin setzt gemäß §
1205 BGB voraus, dass sich die NEAG als Eigentümerin mit der Klägerin über
die Bestellung eines Pfandrechts geeinigt und ihr das Uran übergeben hat.
22 a) Grundlage der Pfandrechtsbestellung war der Vertrag aus dem Jahr 1989.
Die erforderliche Konkretisierung der verpfändeten Gegenstände dürfte
jedenfalls im September 1995 eingetreten sein, als die Klägerin die NEAG um
Klarstellung bat, an welchen Zylindern sie ein Pfandrecht habe, und die NTC
der Klägerin daraufhin die Liste der streitgegenständlichen Zylinder mit dem
Vermerk „Held for UBS" übersandte.
23 b) Das Eigentum der NEAG ist zu prüfen.
24 aa) Die für einen Eigentumserwerb von der Beklagten zu 1 gemäß §
929 Satz 1 BGB erforderliche Einigung kann durch den zwischen der Beklagten
zu 1 und der NEAG nach brasilianischem Recht geschlossenen
Sachdarlehensvertrag vom 7. März 1994 zustande gekommen sein. Seine
dahingehende Auffassung müsste das Berufungsgericht allerdings begründen und
darlegen, aus welcher konkreten vertraglichen Abrede es dies herleitet.
25 bb) Das Uran muss der NEAG übergeben worden sein. Eine
Abtretung des schuldrechtlichen Herausgabeanspruchs, die Voraussetzung für
eine Übergabe gemäß § 929 Satz 1, § 870 BGB oder ein Übergabesurrogat gemäß
§ 931 BGB wäre, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. In
Betracht kommt aber eine Übergabe gemäß § 929 Satz 1 BGB. Sie kann auch
erfolgen, indem der Besitzer entweder mit dem Erwerber selbst oder mit einem
von diesem bestimmten Dritten ein neues Besitzmittlungsverhältnis begründet
(vgl. nur BGH, Urteil vom 10. Oktober 1984 - VIII ZR 244/83, BGHZ
92, 280, 288; Münch-Komm-BGB/Oechsler, 5. Aufl., § 929 Rn. 66 jeweils mwN).
Danach reichte es für die Übergabe an die NEAG aus, wenn der
Veräußerer (Beklagte zu 1) seinen mittelbaren Besitz aufgegeben und der
unmittelbare Besitzer (Beklagte zu 2) auf Weisung des Erwerbers (NEAG) ein
Besitzmittlungsverhältnis mit einem von dem Erwerber bestimmten Dritten
(SPC, NTC) begründet hätte.
26 (1) Diese Voraussetzungen hat das Berufungsgericht teilweise bereits
geprüft. Soweit es die tatsächlichen Umstände dahingehend gewürdigt hat, die
Beklagte zu 1 habe ihren mittelbaren Besitz aufgegeben und die Beklagte zu 2
habe infolge ihrer Anweisungen der SPC den Besitz vermittelt, sind seine
Ausführungen rechtsfehlerfrei. Der Korrespondenz zwischen den Beklagten im
April 1994 hat das Berufungsgericht entnommen, dass nach dem 29. April 1994
nicht die Beklagte zu 1, sondern die SPC mittelbare Besitzerin sein sollte.
Dass eine interne Umbuchung bei der Beklagten zu 2 unterblieben ist, hat es
dabei unterstellt. Es hat das Schreiben des Direktors S. der Beklagten zu 1
vom 18. April 1994 an die Beklagte zu 2, das darauf folgende Schreiben der
Beklagten zu 2 vom 20. April 1994 an die SPC und die Anweisung des Direktors
S. vom 29. April 1994 an die SPC dahingehend gewürdigt, dass der mittelbare
Besitz der Beklagten zu 1 beendet werden sollte. In diesem Zusammenhang hat
es erläutert, dass die Erwähnung der im Eigentum der Beklagten zu 1
stehenden Zylinder allein auf die Behälter bezogen war. Einbezogen hat es
auch, dass die Beklagte zu 2 die Verwahrungskosten der Beklagten zu 1
zunächst nur bis zum 28. April 1994 in Rechnung stellte. Mit dem Schreiben
der Beklagten zu 2 vom 16. Mai 1994 hat es sich befasst und ist
nachvollziehbar zu dem Ergebnis gekommen, dass diese den dort eingenommenen
Rechtsstandpunkt anschließend korrigiert hat.
27 Das Schreiben der Beklagten zu 1 vom 12. September 1994 ist mit dem
Ergebnis des Berufungsgerichts ohne weiteres in Einklang zu bringen, weil
darin von einer erfolgten Übertragung des Materials auf das Konto der SPC
und einem Eigentumserwerb der NEAG ausgegangen wird. Auch der von der
Revisionserwiderung herangezogene Schriftsatz der Beklagten zu 2 vom 19.
November 2010 steht dazu nicht im Widerspruch. Die Beklagte zu 2 hat darin
gerade nicht die Auffassung vertreten, die Beklagte zu 1 habe auch nach
April 1994 an ihrem Anspruch festgehalten; sie hat vielmehr vorgetragen, ein
Gläubigerwechsel sei aus ihrer Sicht eindeutig erfolgt, zwar nicht durch die
Umbuchung auf die - zu ihrem Konzern gehörige - SPC, aber jedenfalls durch
die Übertragung des Urans auf das Materialkonto der NTC von Seiten der SPC.
Ohnehin ist entscheidend, wie die Vertragspartner der Beklagten zu 2 deren
Schreiben verstehen mussten.
28 (2) Nicht geprüft hat das Berufungsgericht bislang, ob die Beklagte zu 1
bei ihren Anweisungen in dem Verhältnis zu den jeweiligen Vertragspartnern
wirksam durch ihren Direktor S. vertreten worden ist. Maßgeblich ist sowohl
für die Stellvertretung als auch für die Rechtsscheinhaftung das
brasilianische Recht; auf die Ausführungen des Senats in dem Urteil vom
heutigen Tage in der Sache V ZR 142/11 wird Bezug genommen. Insoweit fehlt
es noch an einer tatrichterlichen Würdigung. Das gilt ebenso für die von der
Beklagten zu 1 erklärte Anfechtung der Erklärungen des Direktors S. .
29 cc) Die NEAG muss auch im Zeitpunkt der Konkretisierung der Pfandsache,
spätestens also im September 1995, noch Eigentümerin gewesen sein; dagegen
hat das Berufungsgericht gemeint - was eher fernliegt -, die NEAG habe nur
„für eine logische Sekunde" Eigentum erlangt, weil die NTC das Uran an die
SPC übereignet habe.
30 (1) Im Hinblick darauf bedarf es - wie ausgeführt - einer
rechtsfehlerfreien Auslegung der vertraglichen Absprachen zwischen der NTC
und der SPC nach dem Recht des US-Bundesstaates Colorado im Hinblick darauf,
ob die Parteien nur einen Verwahrungs- bzw. Lagervertrag abschließen wollten
oder ob tatsächlich eine Eigentumsübertragung beabsichtigt war. Das gilt
zunächst für die dingliche Einigung zwischen der NTC und der SPC, die das
Berufungsgericht diesen Absprachen entnommen hat. Zwar bestimmen
sich die sachenrechtlichen Anforderungen an die Eigentumsübertragung nach
dem deutschen Recht als lex rei sitae. Wird jedoch über eine in Deutschland
belegene Sache ein Vertrag nach ausländischem Recht abgeschlossen und ist
fraglich, ob das Eigentum übergehen soll, muss der Vertrag zunächst nach den
von dem Vertragsstatut vorgegebenen Regeln ausgelegt werden (vgl.
Staudinger/Stoll, Internationales Sachenrecht [1996] Rn. 296; MünchKomm-BGB/Wendehorst,
5. Aufl., Art. 43 EGBGB Rn. 82; Palandt/Thorn, BGB, 71. Aufl., Art. 43 EGBGB
Rn. 4); deutsches Recht als lex rei sitae entscheidet darüber, ob
eine danach vereinbarte Eigentumsübertragung auch den Anforderungen an eine
dingliche Einigung gemäß § 929 Satz 1 BGB entspricht.
31 (2) Soweit das Berufungsgericht eine dingliche Einigung in dem Verhältnis
zwischen der NTC und der SPC nach deutschem Recht angenommen hat, sind seine
Ausführungen zudem in sich widersprüchlich. Es meint nämlich, dass der SPC -
aufgrund der ihr in Nr. 2.2 des Lagervertrags gestatteten Verarbeitung - das
Eigentum an dem Uran zugestanden habe; zugleich sei der NTC das
Sicherungseigentum hieran eingeräumt worden. Dabei hat sich das
Berufungsgericht möglicherweise von der Vorstellung leiten lassen, eine
geplante Verarbeitung lasse darauf schließen, dass nur eine Übertragung des
Eigentums auf den Verarbeitenden dem Parteiwillen entspreche. Das trifft
jedenfalls nach deutschem Recht nicht zu, weil die Verarbeitungsbefugnis als
solche nichts über die beabsichtigte Gestaltung der Eigentumsverhältnisse
besagt. Auf jeden Fall schließt nach dem insoweit maßgeblichen deutschen
Sachenrecht das Eigentum der SPC ein gleichzeitig bestehendes
Sicherungseigentum der NTC an dem Material aus. Zudem setzt ein (wirksames)
Sicherungseigentum der NTC gemäß § 930 BGB ein Besitzmittlungsverhältnis
zwischen der NTC und der SPC voraus, das das Berufungsgericht aber gerade
verneint hat.
32 c) Um das Uran verpfänden zu können, muss die NEAG im September 1995 auch
mittelbaren Besitz gehabt haben. Sollte das Berufungsgericht zu dem Ergebnis
gelangen, dass die SPC das Uran für die NTC besaß, müsste es Feststellungen
zu dem Innenverhältnis zwischen NTC und NEAG treffen. Dafür, dass in diesem
Verhältnis die NEAG Eigentümerin war und die NTC ihr den Besitz
(weiter)vermittelte, könnte der in dem Tatbestand des Berufungsurteils
wiedergegebene Vertrag vom 1. Januar 1989 sprechen.
33 d) Bestand eine Besitzmittlungskette von der Beklagten zu 2 über die SPC
und die NTC zu der NEAG, bedarf es keiner Entscheidung darüber, ob die für
die Pfandrechtsbestellung erforderliche Übergabe gemäß § 929 Satz 1, § 1205
Satz 1 BGB oder gemäß § 1205 Abs. 2 BGB erfolgt ist (siehe dazu MünchKomm-BGB/Damrau,
5. Aufl., § 1205 Rn. 18). Denn jedenfalls dürfte die gemäß § 1205 Abs. 2 BGB
erforderliche Anzeige an den Besitzer vorliegen, die nur gegenüber dem
nächsten mittelbaren Besitzer - hier der NTC - erfolgen muss (Palandt/Bassenge,
BGB, 71. Aufl., § 1205 Rn. 9). Deren Schreiben mit dem Vermerk „Held for
UBS" lässt sich so verstehen, dass sie von der NEAG angewiesen worden war,
fortan der Klägerin als Pfandgläubigerin den Besitz zu mitteln.
34 2. Sollte sachenrechtlich von dem Erwerb eines Pfandrechts auszugehen
sein, könnte die Klägerin grundsätzlich die Herausgabe von der Beklagten zu
2 gemäß § 1227, § 985 BGB verlangen; der Eintritt der Pfandreife wird von
den Parteien nicht in Zweifel gezogen. Dann wäre allerdings die Wirksamkeit
der sachenrechtlichen Vorgänge im Hinblick auf den Vertrag über die Gründung
der Europäischen Atomgemeinschaft vom 25. März 1957 (EAGV) zu überprüfen.
Dieser wäre nicht anwendbar, wenn die Voraussetzungen des Art. 75 Nr. 1
Buchstabe c EAGV vorlägen. Insoweit hat der Europäische Gerichtshof auf die
Vorlage in dieser Sache bereits entschieden, dass auch eine Anreicherung
unter diese Bestimmung fallen kann (EuGH, Urteil vom 12. September 2006 - C
123/04, C 124/04, Slg. 2006, I-7861 Rn. 34 ff.). Zu klären bleibt, ob auch
die von dem Europäischen Gerichtshof aufgestellten Anforderungen an die
Neutralität der Anreicherung für die Versorgung der Gemeinschaft gemäß Art.
75 Nr. 1 Buchstabe c EAGV vorliegen (EuGH, aaO, Rn. 52 ff.).
35 Sollte das Berufungsgericht die Neutralität für die Versorgung der
Gemeinschaft verneinen, wäre der EAGV anwendbar. Dies könnte eine wirksame
Pfandrechtsbestellung ausschließen. Unabhängig von der rechtlichen
Einordnung des Eigentums der Europäischen Atomgemeinschaft gemäß Art. 86
EAGV im Verhältnis zu dem zivilrechtlichen Eigentum hat nämlich der
Generalanwalt in seinem Schlussantrag darauf hingewiesen, dass das
Gemeinschaftseigentum jedenfalls einem Rechtserwerb durch Sicherungsrechte
entgegenstehen müsse, weil derartige Übertragungsmöglichkeiten die
Kontrollbefugnisse der Gemeinschaft verhindern würden (Schlussantrag des
Generalanwalts Poia-res Maduro zu C 123/04 und C 124/04, Rn. 83). Dies
könnte nur der Europäische Gerichtshof klären, der sich dazu noch nicht
geäußert hat, weil er nach dem damaligen Sachstand von der Neutralität der
Anreicherung für die Versorgung der Gemeinschaft auszugehen hatte.
36 3. Im Hinblick auf den negativen Feststellungsantrag ist bislang nicht
klar, worauf die Beklagte zu 1 den Anspruch stützt, dessen sie sich berühmt.
Wenn das Eigentum - wie sie meint - infolge der Anreicherung durch die
URENCO auf die Europäische Atomgemeinschaft übergegangen ist, und auch der
Lagervertrag zwischen den Beklagten nach dem EAGV unwirksam war, fehlt es an
der erforderlichen Darlegung eines Rechtsgrundes für ihr Herausgabeverlangen.
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