Sicherung eines
Anspruchs aus einem "unechten" Vertrag zugunsten Dritter durch Vormerkung (§
883 BGB); vormerkungswidriger Erwerb: Relative Unwirksamkeit nach §§ 883 II,
888 BGB
BGH, Urteil vom 10. Oktober
2008 - V ZR 137/07
Fundstelle:
noch nicht bekannt
Amtl. Leitsatz:
a) Der Anspruch des
Versprechensempfängers, der auf Leistung an einen bereits benannten oder
noch zu bestimmenden Dritten gerichtet ist, kann durch eine Vormerkung
gesichert werden.
b) Auf die relative Unwirksamkeit eines vormerkungswidrigen Erwerbs kann
sich nur der Vormerkungsberechtigte berufen.
Zentrale Probleme:
Ein atypischer, aber sehr lehrreicher Fall aus dem Recht
der Grundschulden. Zwar können auch zukünftige Ansprüche durch eine
Vormerkung gesichert werden, jedoch lag hier ein solcher nicht vor.
Gesichert war nämlich nur ein Anspruch des Vertragspartners, nicht aber
derjenige des Klägers.
©sl 2008
Tatbestand:
1 Mit notarieller Urkunde vom 25. November 2004 unterbreitete die J. GmbH
i.L. (im Folgenden: Verkäuferin) K. das Angebot zum Kauf eines Grundstücks.
Nach dem Angebot war K. zwar berechtigt, an seiner Stelle einen Dritten zu
bestimmen, für den das Angebot gleichermaßen gelten sollte, nicht aber war
er befugt, das Recht auf Annahme des Angebots oder den Anspruch auf
Übereignung abzutreten. Die Verkäuferin erklärte sich an das Angebot bis zum
Ablauf des 28. Februar 2005 gebunden. Im Falle der Nichtannahme bis zu
diesem Zeitpunkt sollte das Angebot nicht erlöschen, sondern der Verkäuferin
lediglich das Recht zustehen, das Angebot "mit Fristsetzung dem Käufer
gegenüber von 10 Tagen" zu widerrufen.
2 Zur Sicherung des Anspruchs auf Eigentumsübertragung wurde am 2. Dezember
2004 eine Vormerkung in das Grundbuch eingetragen, die folgenden Wortlaut
hat:
"Auflassungsvormerkung für K. … gemäß Bewilligung vom 25.11. 2004 …".
3 Am 28. Februar 2005 benannte K. die Klägerin als Käuferin, in deren Namen
der vollmachtlos handelnde Ki. noch am selben Tag die Annahme des Angebots
erklärte. Beide Erklärungen wurden notariell beurkundet. Am 17. März 2005
erklärte die Klägerin die Zustimmung zu den in ihrem Namen abgegebenen
Erklärungen. Die Beklagten zu 1 bis 4 erwirkten am 7. Februar 2006 die
Eintragung von Sicherungshypotheken. Am 10. April 2006 wurde die Klägerin in
das Grundbuch "als Berechtigte der Auflassungsvormerkung gemäß Bewilligung
vom 28. 2. 2005" eingetragen.
4 Die Klägerin hat von sämtlichen Beklagten die Zustimmung zur Löschung der
Sicherungshypotheken verlangt. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben.
Die dagegen gerichtete Berufung nur der Beklagten zu 3 und 4 (im Folgenden
nur noch: Beklagte) ist erfolglos geblieben. Mit der von dem Senat
zugelassenen Revision möchten die Beklagten eine Abweisung der Klage
erreichen. Die Klägerin beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.
Entscheidungsgründe:
I.
5 Das Berufungsgericht steht auf dem Standpunkt, die am 2. Dezember 2004
eingetragene Vormerkung habe einen künftigen Anspruch gesichert, für den
bereits eine feste Grundlage geschaffen worden sei. Zwar habe kein echter
Vertrag zugunsten eines (hier noch zu bestimmenden) Dritten vorgelegen. Da
die Grundbucheintragung jedoch ausdrücklich auf die Eintragungsbewilligung
vom 25. November 2004 Bezug nehme, sei wegen des K. eingeräumten
Benennungsrechts auch der Anspruch des noch zu benennenden Dritten
gesichert. Der Vormerkungsberechtigte sei hinreichend bestimmbar, weil nicht
ein unbestimmter Dritter, sondern K. eingetragen worden sei, dem das Recht
zur (eigenen) Annahme mit Ersetzungsbefugnis zugestanden habe. Auch die
weiteren Berufungsangriffe führten nicht zum Erfolg. Insbesondere stehe den
Beklagten nicht die Anfechtungseinrede des § 9 AnfG zur Seite.
II.
6 1. Das Berufungsurteil hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht
stand. Der Klägerin steht der geltend gemachte Löschungsanspruch nicht
zu.
7 a) Es ist allgemein anerkannt, dass es sich bei der Vormerkung um ein
akzessorisches Recht handelt und vormerkungsberechtigt daher nur der
Gläubiger der gesicherten Forderung sein kann. Das kann bei einem
echten Vertrag zugunsten Dritter zwar auch der Dritte sein, sofern er ein
eigenes – auf dingliche Rechtsänderung gerichtetes – Forderungsrecht im
Sinne von § 883 Abs. 1 BGB erwirbt (MünchKomm-BGB/Wacke, 4. Aufl., § 883
Rdn. 20; Staudinger/ Gursky [2008] § 883 BGB Rdn. 71). Das Vorliegen
eines solchen Vertrages hat das Berufungsgericht jedoch verneint. Das
ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
8 b) Dagegen scheidet bei einem sog. unechten oder ermächtigenden Vertrag
zugunsten Dritter eine Vormerkung zugunsten des nur "faktisch Begünstigten"
mangels eigener Gläubigerstellung aus (vgl. nur Staudinger/Gursky aaO).
Vormerkbar ist in solchen Konstellationen zwar der Anspruch des
Versprechensempfängers, und dies auch insoweit, als die Forderung auf
Leistung an einen bereits benannten oder - wie hier - noch zu bestimmenden
Dritten gerichtet ist (vgl. Senatsurt. v. 22. Dezember 1982, V ZR 8/81,
NJW 1983, 1543, 1544). Aus diesem kann der Dritte indessen nur dann etwas
herleiten, wenn ihm der Anspruch mit der Folge des Übergangs auch der
Vormerkung (§ 401 BGB) abgetreten worden ist (vgl. auch Senat, Urt. v.
17. Juni 1994, V ZR 204/92, NJW 1994, 2947 f.); nur der
Vormerkungsberechtigte kann sich auf die relative Unwirksamkeit nach § 883
Abs. 2 BGB berufen (vgl. nur Palandt/ Bassenge, BGB, 67. Aufl., § 883
Rdn. 21).
9 Die von der Klägerin daneben als weitere Möglichkeit ins Feld geführte
"vertraglich begründete Sukzession" findet im geltenden Recht keine Stütze.
Es ist zwar richtig, dass die Klägerin infolge ihrer Benennung durch K. in
die Lage versetzt worden ist, das Angebot der Verkäuferin anzunehmen. Sie
ist dadurch aber nicht Rechtsnachfolgerin bezüglich des
vormerkungsgesicherten Anspruchs geworden. Vielmehr hat sie einen eigenen
Anspruch erworben, nicht anders, als wenn sie, ohne von K. benannt worden zu
sein, unmittelbar mit der Verkäuferin kontrahiert hätte. Der Bewertung
des Forderungserwerbs der Klägerin nach Benennung durch K. als eine Art
Sukzession stünde schließlich auch das Abtretungsverbot entgegen (§ 399
BGB).
10 c) Aus der am 10. April 2006 eingetragenen (zweiten) Vormerkung ergibt
sich schon deshalb nichts zugunsten der Klägerin, weil zu dieser Zeit die
Sicherungshypotheken bereits entstanden waren (Eintragung am 7. Februar
2006).
11 2. Ist danach die auf Zustimmung der Beklagten zur Löschung der
Sicherungshypotheken gerichtete Klage abzuweisen, kommt es auf die weiteren
materiellrechtlichen Angriffe der Revision ebenso wenig an, wie darauf, dass
sich das Berufungsgericht rechtsfehlerhaft an die Beweiswürdigung des
Landgerichts im Zusammenhang der Frage einer unmittelbaren
Gläubigerbenachteiligung gebunden gefühlt hat (vgl. BGHZ 162, 313, 317 m.w.N.,
wonach sich Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der
entscheidungserheblichen Feststellungen im Sinne von § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO
schon aus der Möglichkeit unterschiedlicher Wertung ergeben können; ferner
BGHZ 160, 83, 85 ff.).
III. 12 Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 92 Abs. 1 ZPO.
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