Nebeneinander von schuldrechtlichem und
dinglichem Vorkaufsrecht; auflösende Bedingung eines Kaufvertrags durch die
Ausübung eines Vorkaufsrechts (§ 465 BGB); Anspruch auf Löschung einer
Vormerkung
BGH, Urteil vom 22. November 2013 - V
ZR 161/12 - OLG Zweibrücken
Fundstelle:
NJW 2014, 622
Amtl. Leitsatz:
Ein schuldrechtliches
Vorkaufsrecht ist neben der Bestellung eines dinglichen Vorkaufsrechts dann
als zusätzlich vereinbart anzusehen, wenn die Vorkaufsberechtigung bereits
vom Vertragsschluss an und unabhängig von der Eintragung des Vorkaufsrechts
im Grundbuch bestehen soll.
Zentrale Probleme:
Eine sehr lehrreiche Entscheidung sowohl zum Kaufrecht und zum
Sachenrecht als auch zu allgemeinen Fragen der Willenserkl ärung
und ihrer Auslegung: Der Vermieter eines Grundstücks vereinbart mit dem
Mieter in notarieller Urkunde ein Vorkaufsrecht, welches ins Grundbuch
eingetragen werden soll. Aufgrund eines Versehens erfolgt dieser Eintragung
aber nicht. Nunmehr veräußert der Vermieter das Grundstück an einen Dritten
(Käufer) und bewilligt ihm eine Auflassungsvormerkung (§ 883 BGB). Der
Kaufvertrag war allerdings auflösend bedingt durch die Ausübung des
Vorkaufsrechts durch den Mieter.
Durch eine solche Bedingung kann zwar
nicht der Vorkaufsfall verhindert werden (§
465 BGB), jedoch verhindert der Verkäufer in einem solchen Fall, dass er
infolge der Ausübung des Vorkaufsrechts zwei verschiedenen Personen zur
Erfüllung verpflichtet ist und damit zwangsläufig gegenüber einer von ihnen
nach § 280 Abs. 1, 3 i.V.m. § 283 BGB auf Schadensersatz statt der Leistung
haftet.
Damit kam es hier darauf an, ob der Mieter, der sein Vorkaufsrecht
ausgeübt hatte, dieses tatsächlich hatte. Wäre dies der Fall gewesen, so
wäre der Anspruch des Käufers auf Übereignung durch Eintritt einer
auflösenden Bedingung nach § 158 Abs. 2 BGB erloschen. Damit wäre auch die
Vormerkung unwirksam, da diese als streng akzessorisches Recht einen
Anspruch auf Übereignung voraussetzt. Der Verkäufer kann dann vom
(scheinbar) Vormerkungsberechtigten nach § 894 BGB die Zustimmung zur
Berichtigung des unrichtig gewordenen Grundbuchs verlangen. Überdies hat er
einen Anspruch aus § 812 Abs. 1 BGB, da der (scheinbar)
Vormerkungsberechtigte um die „Buchposition“ ungerechtfertigt bereichert
ist. Diesen Anspruch machte der Verkäufer als Kläger gegen den Käufer als
Beklagten hier geltend.
In diesem Zusammenhang kam es dann darauf an, ob der spätere Verkäufer und
der Mieter bei Vereinbarung des Vorkaufsrechts lediglich ein dingliches
Vorkaufsrecht (§§ 1094 ff BGB) vereinbart haben (das wegen der fehlenden
Grundbucheintragung nicht entstanden war) oder daneben (auch) ein
schuldrechtliches Vorkaufsrecht nach §§ 463 ff BGB.
Der Senat schließt sich
der h.M. an, dass die Vereinbarung eines dinglichen Vorkaufsrechts
jedenfalls nicht ohne weiteres die Vereinbarung eines schuldrechtlichen
Vorkaufsrechts mit sich bringt. Es handelt sich also um jeweils
selbstständige Rechtsinstitute, d.h. ein dingliches
Vorkaufsrechts ist nicht lediglich eine dingliche Sicherung eines
schuldrechtlichen Vorkaufsrechts.
Damit ist es eine Frage der Auslegung, ob die Parteien im
vorliegenden Fall auch ein schuldrechtliches Vorkaufsrecht wollten. Insoweit
verweist der Senat die Sache zurück, betont aber zugleich, dass es für die
Auslegung nicht darauf ankommt, ob den Parteien bei Vertragsschluss die
Unterscheidung zwischen einem schuldrechtlichen und einem dinglichen
Vorkaufsrecht bekannt war. Von Interesse ist dabei die generelle Aussage bei
Rn. 16: "Richtig ist zwar, dass jede Willenserklärung eine
Äußerung ist, die auf die Herbeiführung eines rechtsgeschäftlichen Erfolges
gerichtet sein muss. Ein solcher Rechtsfolgewille setzt aber nicht voraus,
dass der Erklärende eine ins Einzelne gehende Vorstellung über die
rechtstechnische Herbeiführung des angestrebten wirtschaftlichen Erfolges
hat. Es genügt vielmehr, dass dieser als rechtlich gesichert und anerkannt
gewollt ist. Der Erklärende muss keine Rechtskenntnisse haben und braucht
daher auch keine klaren Vorstellungen von den Rechtsfolgen zu besitzen.
Rechtliche Einzelheiten sind den Parteien vielmehr gewöhnlich unbekannt; die
Kenntnis der rechtlichen Details gehört nicht zu ihrem Rechtsfolgewillen. Es
ist vielmehr Sache der richterlichen Auslegung, die rechtliche Bedeutung,
die einer Willenserklärung nach Inhalt und Zweckbestimmung in solchen Fällen
zukommt, zu ermitteln und festzustellen".
©sl 2014
Tatbestand:
1 Mit notariellem Vertrag vom 9. Juli
2009 (im Folgenden: Kaufvertrag) verkaufte die Klägerin die
Teileigentumseinheit Nr. 3 (eine Gewerbeeinheit) sowie Fahrzeugstellplätze
in einem von ihr errichteten Gebäude an die Beklagte. Die notarielle Urkunde
enthält (in Abschnitt V Nr. 11) folgende Erklärungen:
„Gemäß Angaben des Verkäufers besteht für den Mieter der Einheit Nr.
3, die ... [Streithelferin], gemäß Vereinbarung zu notarieller Urkunde des
Notars E. M. in Frankfurt am Main UR 402/99 M ein Vorkaufsrecht, welches im
Grundbuch jedoch nicht zur Eintragung gelangt ist.
Für den Fall wirksamer Ausübung des Vorkaufsrechtes ist der heutige
Kaufvertrag zwischen Verkäufer und Käufer auflösend bedingt; der heutige
Käufer hat dann keinen Anspruch auf Erfüllung oder Schadensersatz gleich
welcher Art..."
2 Hintergrund dieser Erklärungen und Vereinbarungen waren Verträge zwischen
der Klägerin und der Streithelferin. Mit notariellem Vertrag vom 22.
September 1999 (im Folgenden: Bauträgervertrag) hatte die Klägerin die
Teileigentumseinheit Nr. 2 an die Streithelferin verkauft und mit dieser
zugleich einen Mietvertrag über die Teileigentumseinheit Nr. 3 in dem zu
errichtenden Gebäude abgeschlossen. In § 14 des Bauträgervertrages ist
Folgendes vereinbart worden:
„14.1 Zwischen Verkäuferin und Käufer wird weiter der Mietvertrag Anlage I
abgeschlossen. Dieser Vertrag betrifft die Teileigentumseinheit lfd. Nr. 3
des Teilungsverzeichnisses ...
14.2 Die Verkäuferin räumt dem Käufer an den in Ziffer 1 bezeichneten
Mietflächen ein Vorkaufsrecht ein.
14.3 Die Eintragung des Vorkaufsrechts gemäß 14.2 in den Wohnungs- bzw.
Teileigentumsgrundbüchern wird hiermit bewilligt und zusammen mit der
Eigentumsumschreibung beantragt."
3 Infolge eines Versehens des Notariats unterblieb die Eintragung des
Vorkaufsrechts in das Grundbuch. Nach Mitteilung des von den Prozessparteien
abgeschlossenen Kaufvertrags erklärte die Streithelferin die Ausübung des
Vorkaufsrechts und schloss mit der Klägerin unter Bezugnahme darauf am 6.
Juni 2010 einen notariellen Kaufvertrag über die Teileigentumseinheit Nr. 3.
4 Die Klägerin hat von der Beklagten die Bewilligung zur Löschung der auf
Grund des Kaufvertrags vom 9. Juli 2009 zu deren Gunsten eingetragenen
Auflassungsvormerkung verlangt. Die Beklagte hat das mit dem Hinweis
abgelehnt, dass der Streithelferin ein Vorkaufsrecht nicht zustehe. Das
Landgericht hat der Klage stattgegeben, das Oberlandesgericht hat die Klage
abgewiesen. Mit der von dem Senat zugelassenen Revision will die
Streithelferin die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils
erreichen.
Entscheidungsgründe:
I.
5 Das Berufungsgericht meint, die Klägerin und die Streithelferin hätten im
Bauträgervertrag zwar ein dingliches, mangels Eintragung in das Grundbuch
jedoch nicht entstandenes Vorkaufsrecht, aber nicht zugleich ein
schuldrechtliches Vorkaufsrecht vereinbart. Der Wortlaut des notariellen
Vertrags spreche eindeutig für die Abrede eines dinglichen Vorkaufsrechts.
Das dingliche Vorkaufsrecht sei ein selbständiges Sachenrecht und nicht
lediglich eine Absicherung für ein schuldrechtliches Vorkaufsrecht.
Zwar sei es möglich, ein obligatorisches Vorkaufsrecht zusätzlich neben dem
dinglichen Recht zu vereinbaren; das sei aber nur anzunehmen, wenn ein
tatsächlich vorhandener Vertragswille zur Begründung auch eines
obligatorischen Vorkaufsrechts festgestellt werden könne, wofür es konkreter
Anhaltspunkte bedürfe. Davon könne hier jedoch nicht ausgegangen werden,
weil nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme durch Vernehmung der für die
Streithelferin bei Vertragsschluss handelnden Personen nicht feststehe, dass
den Zeugen damals überhaupt bekannt gewesen sei, dass es zweierlei
Vorkaufsrechte gebe und dass diese Rechte darüber hinaus nebeneinander
vereinbart werden könnten.
II.
6 Diese Erwägungen halten nicht in allen Punkten einer revisionsrechtlichen
Prüfung stand.
7 1. Das Berufungsgericht geht zutreffend davon aus, dass die
Klägerin von der Beklagten nach § 894 BGB und nach § 812 Abs. 1 BGB die
Bewilligung der Löschung der Auflassungsvormerkung verlangen könnte, wenn
der Auflassungsanspruch der Beklagten aus dem Kaufvertrag (§ 433 Abs. 1 Satz
1 BGB) wegen Eintritts der in Nummer V.11 vereinbarten auflösenden Bedingung
(§ 158 Abs. 2 BGB) erloschen wäre. Mit dem Untergang des gesicherten
Anspruchs erlischt die akzessorische Vormerkung; das Grundbuch wird
unrichtig, zugleich ist der (noch) eingetragene Vormerkungsberechtigte um
die Buchposition rechtsgrundlos bereichert (vgl. Senat, Urteil vom
28. Oktober 1988 - V ZR 94/87, NJW-RR 1989, 201 mwN).
8 2. Nicht zu beanstanden sind auch die Ausführungen des
Berufungsgerichts, dass ein dingliches Vorkaufsrecht nach §§ 1094 ff. BGB
wegen Fehlens der für dessen Bestellung erforderlichen Eintragung im
Grundbuch (§ 873 Abs. 1 BGB) nicht begründet worden ist und dass einer
Vereinbarung, ein dingliches Vorkaufsrecht zu bestellen, nicht ohne Weiteres
eine Abrede über eine gleichartige schuldrechtliche Verpflichtung entnommen
werden kann.
9 a) Die (früher herrschende) Auffassung ging allerdings davon aus, dass
eine Vereinbarung über die Bestellung eines dinglichen Vorkaufsrechts
zugleich ein schuldrechtliches Vorkaufsrecht nach § 504, § 505 Abs. 2 BGB aF
(jetzt § 463, § 464 Abs. 2 BGB) enthält. Das dingliche Vorkaufsrecht wurde
lediglich als ein Sicherungsmittel für das obligatorische Vorkaufsrecht
angesehen, dessen Wirkung allein darin bestand, eine der Vormerkung
vergleichbare Sicherung des schuldrechtlichen Anspruchs des
Vorkaufsberechtigten herbei zuführen (RGZ 72, 385, 390; 110, 327, 333;
Immerwahr, Jherings Jahrbücher, Bd. 40 [1898], S. 279, 293; Lewandowski,
Gruchot, Bd. 53 [1909], S. 565, 596 ff.).
10 b) Nach heute allgemein vertretener Ansicht ist das dingliche
Vorkaufsrecht ein eigenständiges Sachenrecht, das ein schuldrechtliches
Vorkaufsrecht nicht voraussetzt. Die Bestellung des dinglichen
Vorkaufsrechts beruht (wie bei anderen dinglichen Rechten) auf der
Vereinbarung über dessen Bestellung. Diese hat einen anderen Inhalt als die
schuldrechtliche Verpflichtung über die Gewährung des Rechts zum Vorkauf.
Ein schuldrechtliches Vorkaufsrecht kann zwar neben einem dinglichen
Vorkaufsrecht begründet werden, was aber einer entsprechenden Vereinbarung
der Vertragsparteien bedarf (Senat, Urteil vom 22. Mai 1970 - V ZR
80/69, WM 1970, 1024, 1025; OLG Düsseldorf, DNotZ
1999, 1015, 1016; OLG Hamm, NJW-RR 1996, 849, 850; Schurig, Das
Vorkaufsrecht im Privatrecht, S. 98 f., S. 102 f.; jurisPK-BGB/Alpmann, 6.
Aufl., § 1094 Rn. 4; MünchKomm-BGB/Westermann, BGB, 6. Aufl., § 1094 Rn. 4;
NK-BGB/Reetz, 3. Aufl., § 1094 Rn. 4; Palandt/Bassenge, BGB, 72. Aufl.,
§ 1094 Rn. 1; Soergel, BGB, 13. Aufl., vor § 1094 Rn. 2; Staudinger/
Schermaier, BGB [2009], Einl. zu §§ 1094 ff. Rn. 14).
11 c) Der Senat hält an diesem Verständnis der §§ 463 ff. und §§
1094 ff. BGB fest. Deutlich überwiegende oder sogar schlechthin
zwingende Gründe, die ein Abrücken von der einmal eingeschlagenen
Rechtsentwicklung rechtfertigten (vgl. BGH, Beschluss vom 4. Oktober 1982 -
GSZ 1/81, BGHZ 85, 64, 66), sind weder erkennbar noch von der Revision
vorgetragen worden.
12 3. Rechtsfehlerhaft sind jedoch die Ausführungen, mit denen das
Berufungsgericht die Vereinbarung auch eines schuldrechtlichen
Vorkaufsrechts
nach §§ 504 ff. BGB aF (jetzt §§ 463 ff. BGB) verneint.
13 a) Richtig ist allerdings die Annahme, dass die Parteien nach dem
Wortlaut der Urkunde ein dingliches Vorkaufsrecht vereinbaren wollten. Die
Urkunde ist auch nicht in dem Sinne eindeutig, dass allein ein solches Recht
und nicht zusätzlich ein schuldrechtliches Vorkaufsrecht gewollt war. Denn
das Vorkaufsrecht ist in der notariellen Urkunde nur schlagwortartig
bezeichnet worden, unmissverständliche Vertragsbestimmungen zu Art und zum
Inhalt des Vorkaufsrechts (zu solchen: vgl. Basty/Brückner, ZNotP 1998, 275,
278) fehlen jedoch.
14 b) Das Berufungsgericht ist danach zu Recht nicht bei dem Wortlaut der
Urkunde stehen geblieben, sondern hat weiter geprüft, ob sich aus
den außerhalb der Urkunde liegenden Umständen ergibt, dass die Parteien das
Vereinbarte weitergehend auch als ein schuldrechtliches Vorkaufsrecht
verstanden haben. Auch wenn die Parteien nach dem Text der Urkunde
zweifelsfrei ein dingliches Vorkaufsrecht vereinbart haben, ist nicht
aufgrund der heutigen Auffassung über dessen Rechtsnatur und Inhalt (siehe
oben 2.b) unter Berufung auf den Grundsatz der Vermutung der Vollständigkeit
und Richtigkeit notarieller Urkunden ohne Weiteres davon auszugehen, dass
die Parteien damit nicht zugleich ein schuldrechtliches Vorkaufsrecht
vereinbart haben (so jedoch OLG Düsseldorf, DNotZ 1999, 1015, 1016).
Maßgebend für die Auslegung von Verträgen ist nicht das juristische
Verständnis des Inhalts der in der Vertragsurkunde verwendeten Begriffe,
sondern der unter Berücksichtigung aller, auch der außerhalb der Urkunde
liegenden Umstände zu ermittelnde Parteiwille.
15 c) Die Auslegung des Vertrags unter Einbeziehung der außerhalb der
Urkunde liegenden Umstände im Berufungsurteil hält einer rechtlichen Prüfung
jedoch nicht stand. Die tatrichterliche Auslegung einer
Individualvereinbarung ist zwar revisionsrechtlich nur beschränkt darauf
überprüfbar, ob gesetzliche Auslegungsregeln, anerkannte
Auslegungsgrundsätze, Denkgesetze, Erfahrungssätze oder
Verfahrensvorschriften verletzt worden sind (Senat, Urteil vom 29. Juni 2012
- V ZR 27/11, NJW 2012, 3431, 3452 Rn. 15; BGH, Urteil vom 23. April 1997 -
VIII ZR 212/96, BGHZ 135, 269, 273 - std. Rspr.). Ein solcher Fehler liegt
hier aber vor.
16 aa) Das Berufungsgericht meint nämlich zu Unrecht, die
Vereinbarung eines schuldrechtlichen Vorkaufsrechts neben dem dinglichen
Vorkaufsrecht deshalb ausschließen zu können, weil nicht feststehe, dass den
für die Streithelferin handelnden Zeugen bei Vertragsschluss überhaupt
bekannt gewesen sei, dass es zweierlei Vorkaufsrechte gebe und dass diese
nebeneinander begründet werden könnten. Diese Auffassung führt zu einer
rechtsfehlerhaften Einschränkung bei der richterlichen Ermittlung des
Sinngehalts vertraglicher Erklärungen. Sie beruht auf der
unzutreffenden Annahme, dass eine Willenserklärung nicht solche
Rechtswirkungen (hier die Begründung eines schuldrechtlichen Vorkaufsrechts
neben dem dinglichen Vorkaufsrecht) erzeugen könne, von denen der Erklärende
mangels Rechtskenntnis keine klaren Vorstellungen habe. Richtig ist zwar,
dass jede Willenserklärung eine Äußerung ist, die auf die Herbeiführung
eines rechtsgeschäftlichen Erfolges gerichtet sein muss. Ein solcher
Rechtsfolgewille setzt aber nicht voraus, dass der Erklärende eine ins
Einzelne gehende Vorstellung über die rechtstechnische Herbeiführung des
angestrebten wirtschaftlichen Erfolges hat. Es genügt vielmehr, dass dieser
als rechtlich gesichert und anerkannt gewollt ist (BGH, Urteil vom
24. Mai 1993 - II ZR 73/92, NJW 1993, 2100). Der Erklärende muss
keine Rechtskenntnisse haben und braucht daher auch keine klaren
Vorstellungen von den Rechtsfolgen zu besitzen. Rechtliche Einzelheiten sind
den Parteien vielmehr gewöhnlich unbekannt; die Kenntnis der rechtlichen
Details gehört nicht zu ihrem Rechtsfolgewillen (vgl. Soergel/Hefermehl,
BGB, 13. Aufl., vor § 116 Rn. 19). Es ist vielmehr Sache der
richterlichen Auslegung, die rechtliche Bedeutung, die einer
Willenserklärung nach Inhalt und Zweckbestimmung in solchen Fällen zukommt,
zu ermitteln und festzustellen (vgl. RGZ 64, 165, 167). Dies hat
das Berufungsgericht unterlassen.
17 bb) Die Auslegung vertraglicher Regelungen zur Bestellung eines
Vorkaufsrechts hat sich daran zu orientieren, welche Sicherung des
Vorkaufsinteresses die Parteien gewollt haben (vgl. MünchKomm-BGB/Westermann,
6. Aufl., § 463 Rn. 3 Fn. 8). Ein schuldrechtliches Vorkaufsrecht
ist neben der Bestellung eines dinglichen Vorkaufsrechts dann als zusätzlich
vereinbart anzusehen, wenn die Vorkaufsberechtigung bereits vom
Vertragsschluss an und unabhängig von der Eintragung des Vorkaufsrechts im
Grundbuch bestehen soll. Ob den Vertragsparteien dabei
bewusst gewesen ist, dass sie neben dem dinglichen auch ein
schuldrechtliches Vorkaufsrecht vereinbaren, ist - gerade wenn ihnen die
Unterschiede zwischen den Vorkaufsrechten nicht bekannt gewesen sind und sie
hierüber auch nicht bei der Beurkundung nach § 17 Abs. 1 BeurkG belehrt
worden sind (wie es der Notar bei seiner Vernehmung als Zeuge bekundet hat)
- für die Auslegung ihrer vertraglichen Vereinbarungen grundsätzlich ohne
Belang
.
18 Nach dem Vortrag der Klägerin und ihrer Streithelferin sowie den
Zeugenaussagen wäre von einem solchen Willen auszugehen. Hierfür spricht der
von den Zeugen bekundete Umstand, dass das Interesse an dem späteren Erwerb
der Teileigentumseinheit Nr. 3 schon mit der Entscheidung für den Erwerb der
Teileigentumseinheit Nr. 2 und den dafür zu leistenden Zahlungen gesichert
sein, die Eintragung des dinglichen Vorkaufsrechts aber erst mit der
Eigentumsumschreibung beantragt werden sollte. Hätte die Klägerin aus den
von den Zeugen genannten Gründen den Willen der Streithelferin akzeptiert,
die Einheit Nr. 3 bei einem Verkauf an Dritte dieser zur Ausübung des
Vorkaufsrechts anbieten zu müssen, wäre ein schuldrechtliches Vorkaufsrecht
zustande gekommen und nach dem zwischen den Prozessparteien geschlossenen
Kaufvertrag auch wirksam ausgeübt worden.
III.
19 Die Revision erweist sich danach als begründet. Das Berufungsurteil ist
aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO).
20 1. Die Sache ist jedoch nicht zur Endentscheidung reif (§ 563 Abs. 3
ZPO), da der Senat die vertragliche Vereinbarung über das Vorkaufsrecht in §
14 Nr. 2 und Nr. 3 des Bauträgervertrags nicht nach dem festgestellten
Sachverhältnis selbst auslegen kann. Zur Ermittlung dessen, was die Parteien
vereinbart haben, sind - wie ausgeführt - außerhalb der Urkunde liegende,
von der Beklagten bestrittene Umstände zu berücksichtigen. Ob das Vorbringen
der Klägerin und der Streithelferin hierzu wahr ist, kann nur auf der
Grundlage einer Beweiswürdigung beurteilt werden. Insoweit kommt es auf die
Urteilsfähigkeit, das Erinnerungsvermögen, die Wahrheitsliebe der Zeugen und
die Widerspruchsfreiheit ihrer Aussagen an, die das Revisionsgericht nicht
zu beurteilen vermag.
21 2. Der Senat hat von der Möglichkeit des § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gebrauch
gemacht. Der nunmehr mit der Sache befasste Senat wird die angebotenen
Beweise zu dem streitigen Vorbringen der Klägerin und ihrer Streithelferin
über die mit der Vereinbarung des Vorkaufsrechts verfolgten
Sicherungsinteressen erneut zu erheben haben.
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