Eigentumserwerb nach § 947 BGB; Wesentliche
Bestandteile einer Sache (§ 93 BGB), Abgrenzung zum Scheinbestandteil (§ 95
BGB); außerordentliche Kündigung eines Leihvertrags nach § 605 Nr. 1 BGB
BGH, Urteil vom 11. November 2011 - V
ZR 231/10
Fundstelle:
noch nicht bekannt
für BGHZ vorgesehen
Amtl. Leitsatz:
a) Auch eine nicht serienmäßig hergestellte
Sache, die Bestandteil einer (Gesamt-)Sache ist, kann sonderrechtsfähig
sein, wenn sie an die Gegenstände, mit denen sie verbunden ist, nicht
besonders angepasst ist und durch eine andere gleichartige Sache ersetzt
werden kann.
b) Ein Bestandteil einer Sache ist nicht schon dann als wesentlich
anzusehen, weil seine Abtrennung mit einem hohen Aufwand verbunden ist; die
Kosten der Abtrennung müssen vielmehr im Vergleich zu dem Wert des
abzutrennenden Bestandteils unverhältnismäßig sein.
c) Ob ein Bestandteil einer zusammengesetzten Sache wesentlich und damit
sonderrechtsunfähig ist, bestimmt sich nach den Verhältnissen im Zeitpunkt
der Verbindung. Nachfolgende Wertveränderungen - insbesondere
Wertminderungen durch Abnutzung oder Alterung - sind bei der Prüfung der
Wesentlichkeit eines Bestandteils grundsätzlich nicht zu berücksichtigen.
Zentrale Probleme:
Die Entscheidung befasst sich
mit Grundfragen des Sachenrechts in einem absolut klausurtauglichen
Sachverhalt: Der Beklagte hatte aufgrund eines Leihvertrags ein technisches
Modul erhalten und in ein Wärmekraftwerk zur Stromerzeugung eingebaut. Der
ursprüngliche Eigentümer hat dieses Modul nach §§ 929, 931 BGB an die
Klägerin weiterveräußert. Diese verlangt nach § 985 BGB Herausgabe. Dabei
stellt sich die Frage, ob der der Beklagte durch den Einbau des Moduls in
seine Anlage nach § 947 BGB Eigentum erworben hatte. Dazu müssten beide
Sachen zum wesentlichen Bestandteil (§ 93 BGB) einer Gesamtsache geworden
sein. War dies der Fall, war das Modul nicht Sonderrechtsfähig, d.h. es
konnte gar nicht Gegenstand einer Übereignung sein. Da der BGH einen
Eigentumserwerb nach § 947 BGB verneint, stellte sich weiter die Frage eines
Besitzrechts des Beklagten (§ 986 BGB). Ein solches resultierte aus dem
Leihvertrag, der aber außerordentlich gekündigt werden konnte (§ 605 Nr. 1
BGB). ein solcher Kündigungsgrund besteht auch dann, wenn der Entleiher die
Sache zwar nicht selbst nutzen will, sie aber aus wirtschaftlichen Gründen
(durch Weiterveräußerung) verwerten muss.
©sl 2012
Tatbestand:
1 Die Fa. G. (im Folgenden: Schuldnerin) stellte ein
ORC Kompaktmodul (im Folgenden: Modul) her. Dieses ist ein Teil eines
kleinen Wärmekraftwerks zur Stromerzeugung, in dem anstelle von Wasser eine
organische Flüssigkeit eingesetzt, für den Antrieb einer Turbine verdampft
und anschließend wieder kondensiert wird. Dieses Modul betrieb die
Schuldnerin zunächst in einer Versuchsanlage.
2 Im November 2001 schloss die Klägerin mit der Beklagten für den weiteren
Betrieb des Moduls an einem anderen Standort einen unentgeltlichen, zeitlich
unbegrenzten Überlassungsvertrag, der im Falle einer Liquidation, einer
Umfirmierung oder eines Wechsels der Gesellschafter der Beklagten erlöschen
sollte. Falls die Schuldnerin nach der Beendigung des Vertrags das Modul
nicht übernehmen wollte, sollte das Eigentum auf die Beklagte übergehen.
3 Das Modul wurde von der Beklagten in einer neuen Halle montiert und an
eine mit Holzabfällen der Fabrik betriebene Feuerungsanlage angeschlossen.
Es erzeugt dort Strom, der über einen Transformator in das öffentliche Netz
eingespeist wird.
4 Über das Vermögen der Schuldnerin wurde im Mai 2005 das Insolvenzverfahren
eröffnet und der Streithelfer der Klägerin zum Verwalter bestellt. Im August
2005 veräußerte dieser der Klägerin u.a. das von der Schuldnerin an
die Beklagte überlassene Modul unter Abtretung des Herausgabeanspruchs gegen
die Beklagte. Im Oktober 2005 kündigte der Streithelfer den Vertrag
mit der Beklagten mit sofortiger Wirkung, zeigte die Veräußerung des Moduls
an die Klägerin an und erklärte vorsorglich die Anfechtung des
Überlassungsvertrags nach § 134 InsO.
5 Die Klägerin hat u.a. - hier allein von Interesse - die Beklagte auf
Herausgabe des Moduls verklagt. Das Landgericht hat diesem Klageantrag
stattgegeben, das Oberlandesgericht hat ihn abgewiesen. Mit der von dem
Senat zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin den Herausgabeanspruch
weiter.
Entscheidungsgründe:
I.
6 Das Berufungsgericht meint, dass die Klägerin nicht die Herausgabe
des Moduls nach § 985 BGB beanspruchen könne, weil das Eigentum bereits mit
der Integration in die zur Stromerzeugung errichtete Anlage gemäß §§ 949,
947, 93 BGB auf die Beklagte übergegangen sei.
7 Das Modul sei nicht lediglich ein Scheinbestandteil der Anlage (§
95 BGB). Die Klägerin habe nämlich den ihr obliegenden Beweis, dass
die Verbindung des Moduls mit den anderen Bestandteilen der Anlage nur zu
einem vorübergehenden Zweck erfolgt sei, nicht geführt.
8 Das Modul sei vielmehr durch die Verbindung wesentlicher Bestandteil einer
Anlage (§ 93 BGB) geworden. Ob und welche Schäden mit einer Abtrennung des
Moduls verbunden seien, sei zwischen den Parteien streitig, könne aber
dahinstehen, weil ein Ausbau des Moduls dazu führte, dass sowohl dieses als
auch die Restanlage in ihrem Wesen verändert würden. Das Modul könne zwar in
eine andere Anlage integriert werden, sei jedoch nicht allein nutzbar. Die
Restanlage wäre entwertet, weil sie nach Entfernung des Moduls weder
wirtschaftlich vergleichbar noch gleichwertig genutzt werden könnte. Das
Modul sei nicht leicht ersetzbar, weil solche Module nicht in Serie, sondern
nur auf Bestellung hergestellt würden. Zudem müsste das bereits als
gebrauchtes Aggregat eingebaute Modul durch ein neues, 800.000 € teures
Modul ersetzt werden. Schließlich würden der Ausbau des 30 t schweren Moduls
und dessen Ersatz wegen des dafür erforderlichen Einsatzes von Personal (ein
Ingenieur und vier Techniker) und Gerät (Kran) einen erheblichen Aufwand
verursachen, so dass von einer leichten Ersetzbarkeit keine Rede sein könne.
9 Der Klägerin stehe auch kein schuldrechtlicher Anspruch auf Herausgabe des
Moduls zu. In dem Kaufvertrag zwischen der Klägerin und dem Streithelfer sei
zwar ein mit Vertragsschluss abgetretener Herausgabeanspruch genannt worden,
ein erst auf Grund der Kündigung des Überlassungsvertrags durch den
Streithelfer entstandener vertraglicher Anspruch auf Übereignung durch
Abtrennung sei jedoch nicht an die Klägerin abgetreten worden.
II.
10 Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht in allen Punkten stand.
Die Verneinung eines Herausgabeanspruchs der Klägerin aus Eigentum nach §
985 BGB ist rechtsfehlerhaft.
11 1. Das Modul ist allerdings Bestandteil der von der Beklagten
errichteten Anlage (Kleinkraftwerk). Bestandteile einer
Sache sind diejenigen körperlichen Gegenstände, die entweder von Natur aus
eine Einheit bilden oder die (hier allein in Betracht kommend) durch die
Verbindung miteinander ihre Selbständigkeit dergestalt verloren haben, dass
sie fortan, solange die Verbindung dauert, als eine einzige Sache erscheinen
(RGZ 67, 30, 32). Maßgebend dafür ist die
Verkehrsanschauung (RGZ 158, 362, 370; BGH, Urteil vom 4. November
1987 - VIII ZR 314/86, BGHZ 102, 135, 149) und - wenn diese fehlt oder nicht
festgestellt werden kann - die natürliche Betrachtungsweise eines
verständigen Beobachters (RGZ 158, 362, 370), wobei Zweck und Wesen
der Sache und ihrer Bestandteile vom technisch-wirtschaftlichen Standpunkt
aus zu beurteilen sind (BGH, Urteil vom 3. März 1956 - IV ZR 301/55, BGHZ
20, 154, 157).
12 Feststellungen zur Verkehrsanschauung hat das Berufungsgericht nicht
getroffen. Sie waren hier angesichts der Umstände entbehrlich, dass das
herausverlangte Modul allein nicht funktionsfähig und von vornherein dazu
ausgelegt ist, mit anderen Anlagenteilen (hier: Feuerungsanlage,
Trafostation) verbunden zu werden, und nur so seinen Zweck (Strom zu
erzeugen) erfüllen kann. Vor diesem Hintergrund ist das Modul durch die
Verbindung ein Bestandteil einer - vorwiegend der Stromerzeugung dienenden -
Anlage geworden.
13 2. Nicht von Rechtsfehlern frei ist jedoch die Annahme des
Berufungsgerichts, das Modul sei nach § 93 BGB wesentlicher
Bestandteil der Anlage.
14 a) Dabei geht es zutreffend davon aus, dass die Frage, ob das Modul
wesentlicher Bestandteil der Anlage geworden ist, sich nach den
Wirkungen eines Ausbaus des Moduls bestimmt. Nur Bestanteile, die
voneinander nicht getrennt werden können, ohne dass der eine oder der andere
zerstört oder in seinem Wesen verändert wird (wesentliche Bestandteile),
können nach § 93 BGB nicht Gegenstand besonderer Rechte sei.
15 b) Das Berufungsgericht sieht das Modul schon deshalb als wesentlichen
Bestandteil der Anlage an, weil es für sich allein nicht funktionsfähig ist.
Das ist rechtsfehlerhaft, weil eine Wesensänderung eines
abgetrennten Bestandteils zu verneinen ist, wenn dieser in gleicher oder in
ähnlicher Weise in eine andere Anlage integriert werden und damit wieder
seine Funktion (hier: Strom zu erzeugen) erfüllen kann (vgl.
Senatsurteil vom 31. Oktober 1986 - V ZR 166/85, WM 1987, 47 [Dampfkessel in
einer Fabrikanlage] sowie BGH, Urteile vom 8. Oktober 1955 - IV ZR 116/55,
BGHZ 18, 226, 230 und vom 27. Juni 1973 - VII ZR 201/72, BGHZ 61, 80, 81
[Motoren in Schiffen oder Kraftfahrzeugen]).
16 c) Das Modul wäre allerdings dann wesentlicher Bestandteil, wenn
durch die Trennung die bei der Beklagten verbleibende Restsache in ihrem
Wesen verändert würde (vgl. BGH, Urteil vom 27. Juni 1973 - VII ZR
201/72, BGHZ 61,
80, 81 und vom 1. Februar 1990 - IX ZR 110/89, NJW-RR 1990, 586, 587; AnwK-BGB/Ring,
§ 93 Rn. 22; Köhler, BGB - Allgemeiner Teil, 34. Aufl., S. 287; Staudinger/Jickeli/Stieper,
BGB [2004], § 93 Rn. 18). Für die Wesentlichkeit eines Bestandteils
ist nach § 93 BGB auch entscheidend, ob die Restsache nach der Abtrennung
des Bestandteils noch in der bisherigen Weise benutzt werden kann, sei es
auch erst, nachdem sie zu diesem Zweck wieder mit anderen Sachen verbunden
wird (BGH, Urteile vom 8. Oktober 1955 - IV ZR 116/55, BGHZ 18,
226, 229; vom 3. März 1956 - IV ZR 301/55, BGHZ 20, 154,
156 und vom 27. Juni 1973 - VII ZR 201/72, BGHZ 61, 80, 81). Kann
das auszubauende Teil durch ein gleiches oder ähnliches Aggregat ersetzt und
dadurch die Gesamtsache in gleicher oder ähnlicher Funktion wieder
hergestellt werden, ist der abzutrennende Bestandteil grundsätzlich als
unwesentlich anzusehen (vgl. Senatsurteil vom 31. Oktober 1986 - V
ZR 166/85, WM 1987, 47; BGH, Urteile vom 27. Juni 1973 - VII ZR 201/72, BGHZ
61, 80, 81 und vom 1. Februar 1990 - IX ZR 110/89, NJW-RR 1990, 586, 587).
17 aa) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist ein
Aggregat nicht schon deshalb wesentlicher Bestandteil der Gesamtsache im
Sinne des § 93 BGB, weil es nicht serienmäßig (auf Vorrat), sondern nur auf
Bestellung produziert wird.
18 Zwar betrafen die meisten Entscheidungen des Bundesgerichtshofs, in denen
eingefügte Bestandteile als nicht wesentlich angesehen worden sind,
serienmäßig produzierte Aggregate und Austauschteile (vgl. BGH, Urteile vom
8. Oktober 1956 - IV ZR 116/55, BGHZ 18, 226, 230 [Schleppermotor], vom 3.
März 1956 - IV ZR 301/55, BGHZ 20, 154, 156, 158 [Messinstrumente], vom 27.
Juni 1973 - VII ZR 201/72, BGHZ 61, 80, 81 [Kraftfahrzeugmotor] und das
Senatsurteil vom 31. Oktober 1986 - V ZR 166/85, WM 1987, 47 [Dampfkessel]).
Entscheidend ist jedoch nicht, ob die abtrennbare Sache serienmäßig
produziert wird, sondern ob sie an die Gegenstände, mit denen sie verbunden
ist, besonders angepasst ist und ob sie durch andere gleichartige ersetzt
werden kann. Ist sie an die Gegenstände, mit denen sie
verbunden ist, besonders angepasst und kann nur mit diesen verwendet werden,
ist sie wesentlicher Bestandteil einer einheitlichen Sache, weil sie durch
die Trennung wirtschaftlich wertlos würde (vgl. BGH, Urteil vom 3.
März 1956 - IV ZR 334/55, BGHZ 20, 159, 162; OLG Bremen, OLGR 2005, 248,
249). Ist sie dagegen nicht speziell angepasst und kann sie durch
ein anderes Teil desselben oder eines anderen Herstellers ersetzt werden,
geht sie durch die Verbindung grundsätzlich nicht in der daraus entstandenen
Sache auf, sondern bleibt ein unwesentlicher, sonderrechtsfähiger
Bestandteil (vgl. BGH, Urteil vom 3. März 1956 - IV ZR 301/55, BGHZ
20, 155, 158).
19 Diese Unterscheidung entspricht der mit der Norm verfolgten Absicht,
nicht die durch die Verbindung entstandene Gesamtheit zu
konservieren, sondern unter Rücksichtnahme auf volkswirtschaftliche
Interessen allein solche Abtrennungen zu vermeiden, welche die Trennstücke
beschädigten oder wesentlich veränderten (Prot. I S. 3319, 3320,
abgedruckt in Jakobs/Schubert, Die Beratung des BGB, Allgemeiner Teil, S.
436). Daran fehlt es, wenn der abzutrennende Bestandteil an anderer
Stelle in gleicher Weise verwendet und die Restsache durch eine andere Sache
gleicher Art und Funktion ergänzt werden kann.
20 bb) Das Modul ist nicht deshalb als wesentlicher Bestandteil des
Kleinkraftwerks der Beklagten anzusehen, weil das (hier bereits bei dem
Einbau) gebrauchte Modul nach der Trennung durch ein neues, viel teureres
Modul ersetzt werden müsste, das ungefähr 800.000 € kostete. Diese
Begründung ist in zwei Punkten fehlerhaft.
21 (1) Für die Wesentlichkeit eines abtrennbaren Bestandteils ist
die Wertzerstörung oder -minderung durch die Trennung, jedoch nicht der
Aufwand des Besitzers der Restsache für eine Ersatzbeschaffung maßgeblich.
22 § 93 BGB bezweckt den Schutz volkswirtschaftlicher Interessen.
Es soll verhindert werden, dass wirtschaftliche Werte ohne einen
rechtfertigenden Grund zerstört werden und dadurch der Volkswirtschaft
Schaden zugefügt wird (vgl. BGH, Urteil vom 3. März 1956 - IV ZR 301/55,
BGHZ 20, 154, 157). Das individuelle Interesse des Besitzers einer
solchen Sache, nach eine Abtrennung eines Bestandteils von den Aufwendungen
für eine Ersatzbeschaffung verschont zu bleiben, wird vom Schutzzweck des §
93 BGB dagegen nicht erfasst.
23 (2) Es kommt auch nicht darauf an, ob nach dem jetzigen Zustand
der Restsache sich der Einbau eines neuen Moduls noch lohnte (vgl.
BGH, Urteil vom 27. Juni 1973 - VII 201/72, BGHZ 61, 80, 83). Ob ein
Bestandteil einer zusammengesetzten Sache wesentlich und damit
sonderrechtsunfähig ist, bestimmt sich nach den Verhältnissen im Zeitpunkt
der Verbindung. Die auf die Wertverhältnisse im Zeitpunkt der Trennung
abstellende Auslegung des § 93 BGB durch das Berufungsgericht ist zwar mit
dem Gesetzeswortlaut, aber nicht mit der sachenrechtlichen Folge der
Vorschrift vereinbar. Das volkswirtschaftliche Interesse vor
wertzerstörenden oder wertmindernden Trennung wird nach § 93 BGB dadurch
geschützt, dass die einzelnen Bestandteile mit der Vereinigung ihre
Sonderrechtsfähigkeit verlieren (vgl. Motive III, S. 42). In diesem
Zeitpunkt entscheidet sich, ob die Sache unter wirtschaftlich-technischen
Gesichtspunkten in der Gesamtsache aufgegangen ist (vgl. BGH, Urteil vom 3.
März 1956 - IV ZR 301/55, BGHZ 20, 154, 157). Das Eigentum an einem
Bestandteil geht in dem Eigentum an der Gesamtsache auf, wenn die Verbindung
bewirkt hat, dass eine anschließende Trennung zu einer Zerstörung
wirtschaftlicher Werte führte. Ist dies dagegen nicht der Fall, bleibt die
Sache trotz Verbindung sonderrechtsfähig.
24 Vor diesem Hintergrund sind nachfolgende Wertveränderungen - insbesondere
übliche Wertminderungen durch Abnutzung oder Alterung - bei der Prüfung der
Wesentlichkeit eines Bestandteils grundsätzlich nicht zu berücksichtigen.
Gegen die Berücksichtigung dieser Umstände spricht zudem, dass sie unklare
Eigentumsverhältnisse an den Bestandteilen einer verbundenen Sache zur Folge
hätte. Die Bestandteile blieben dann zwar nach der Verbindung zunächst
sonderrechtsfähig, würden aber zu wesentlichen, sonderrechtsunfähigen
Bestandteilen der Gesamtsache, sobald die Abtrennung infolge Abnutzung oder
Alterung unwirtschaftlich geworden wäre.
25 cc) Schließlich ist das Modul auch nicht deshalb ein wesentlicher
Bestandteil, weil der für den Ausbau erforderliche Aufwand hoch wäre.
26 (1) Die Berücksichtigung des für die Trennung erforderlichen Aufwands ist
im Ausgangspunkt allerdings nicht zu beanstanden. Eine
unverhältnismäßige Höhe der Kosten der Trennung wird in der
Rechtsprechung (vgl. RG, RGZ 158, 362, 374 und WarnRspr 1932, Nr. 115;
Senatsurteil vom 31. Oktober 1986 - V ZR 166/85, WM 1987, 47) und im
Schrifttum - entweder in
entsprechender Anwendung des für die Vermischung von Sachen in § 948 Abs. 2
BGB bestimmten Grundsatzes (so: Medicus, Allgemeiner Teil des BGB, 10.
Aufl., Rn. 1189; Larenz/Wolf, Allg. Teil des BGB, 9. Aufl., § 20 Rn. 47;
Staudinger/Jickeli/Stieper, BGB [2004], § 93 Rn. 17) - oder unter
Hinweis auf die wirtschaftliche Unvernünftigkeit einer solchen Trennung
(Köhler, BGB - Allgemeiner Teil, 34. Aufl., S. 287;
Erman/Michalski, BGB, 13. Aufl., § 93 Rn. 4; jurisPK-BGB/Vieweg, BGB, 4.
Aufl., § 93 Rn. 18) als weiteres (ungeschriebenes)
Tatbestandsmerkmal des § 93 BGB angesehen.
27 (2) Das Berufungsgericht hat jedoch nicht die Unverhältnismäßigkeit der
Kosten der Trennung im Verhältnis zu dem Wert des abzutrennenden
Bestandteils, sondern - was die Revision zu Recht beanstandet - lediglich
festgestellt, dass das Modul nur mit erheblichem Aufwand entfernt und durch
ein anderes ersetzt werden könnte. Darauf kommt es jedoch nicht an. Auch der
im Berufungsurteil beschriebene hohe Aufwand kann verhältnismäßig sein, wenn
er bei der Montage und Demontage solcher schwerer Aggregate deswegen
betrieben wird, weil sich die damit verbundenen Kosten rentieren.
28 (3) Ob das Modul deshalb wesentlicher Bestandteil der Anlage nach § 93
BGB geworden ist, weil die Kosten für den Ausbau im Verhältnis zu seinem
Wert unverhältnismäßig hoch wären, muss ebenfalls nach den Verhältnissen in
dem Zeitpunkt der Verbindung nach § 947 BGB beurteilt werden. Mit dieser
entscheidet sich die Sonderrechtsfähigkeit des Bestandteils. Nachfolgende
Wertminderungen infolge Abnutzung oder Alterung sind für die
Eigentumsverhältnisse an dem Bestandteil auch dann ohne Bedeutung, wenn sie
dazu führen, dass im Zeitpunkt des Ausbaus sich die Kosten der Trennung im
Vergleich zu dem Wert des abzutrennenden Bestandteils als unverhältnismäßig
darstellen.
III.
29 Das Berufungsurteil stellt sich nicht aus anderen Gründen als richtig dar
(§ 561 ZPO).
30 Gegenüber dem dinglichen Herausgabeanspruch der Klägerin nach § 985 BGB
stünden der Beklagten keine Einreden aus dem Überlassungsvertrag zu, die sie
gemäß § 986 Abs. 2 BGB der Klägerin entgegenhalten könnte. Die Beklagte wäre
nämlich infolge der Wirksamkeit der außerordentlichen Kündigung des
Überlassungsvertrags durch den Streithelfer nicht (mehr) berechtigt, die
Herausgabe des Moduls an die Klägerin zu verweigern.
31 1. Der Überlassungsvertrag konnte - unabhängig von den vertraglich
vereinbarten Kündigungsrechten - durch außerordentliche Kündigung beendet
werden. Er ist als Leihvertrag nach §§ 598 ff. BGB anzusehen
(vgl. Senat, Urteil vom 11. Dezember 1981 - V ZR 247/80, BGHZ 82,
354, 356 f.; BGH, Urteil vom 17. März 1994 - III ZR 10/93, BGHZ 125, 293,
299) und auch wenn das Leihverhältnis zeitlich nicht begrenzt worden
und das ordentliche Rückforderungsrecht des Verleihers nach § 604 Abs. 3 BGB
vertraglich ausgeschlossen ist, wegen Eigenbedarfs nach § 605 Nr. 1 BGB
kündbar.
32 2. Daher war die von dem Streithelfer unter Hinweis auf die Eröffnung des
Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin ausgesprochene
außerordentliche Kündigung nach § 605 Nr. 1 BGB wirksam.
33 a) Nach dieser Vorschrift kann der Verleiher die Leihe kündigen,
wenn er infolge eines nicht vorhergesehenen Umstands der verliehenen Sache
bedarf. Der Eigenbedarf des Verleihers kann auch darin begründet sein, dass
er aus wirtschaftlichen Gründen auf die Verwertung der Leihsache angewiesen
ist (vgl. OLG Koblenz, NJW-RR 1996, 843, 844; jurisPK-BGB/Colling,
5. Aufl., § 605 Rn. 3; MünchKomm-BGB/Häublein, BGB, 5. Aufl., § 605 Rn. 4;
Soergel/Heintzmann, BGB, 13. Aufl., § 605 Rn. 2; Staudinger/Reuter, BGB
[2005], § 605 Rn. 3). Ein solcher Eigenbedarf ist zu bejahen, wenn
der Verleiher wegen einer bei ihm eingetretenen Überschuldung die Sache dem
Entleiher nicht mehr unentgeltlich überlassen kann, sondern zur Befriedigung
seiner Gläubiger verwerten muss. Nach Eröffnung eines
Insolvenzverfahrens hat der Verwalter dieses Interesse des Schuldners an der
Rückerlangung der Sache wahrzunehmen.
34 b) Die Kündigung des Streithelfers war auch nicht deswegen unwirksam,
weil der Verleiher bei einer außerordentlichen Kündigung wegen Eigenbedarfs
nach § 605 Nr. 1 BGB auf die Belange des Entleihers in billiger Weise
Rücksicht nehmen muss, zumal dann, wenn dieser sich - wie hier - auf eine
lange Dauer des Leihverhältnisses eingerichtet hat. Dabei ist er allerdings
nicht verpflichtet, seine Interessen denen des Entleihers unterzuordnen
(vgl. BGH, Urteil vom 17. März 1994 - III ZR 10/93, BGHZ 125, 293, 300).
35 Auch unter Berücksichtigung der Belange beider Vertragsteile ist hier
jedoch dem Interesse der Beklagten an der Fortsetzung eines
Leihverhältnisses kein Vorrang gegenüber dem Interesse der in
wirtschaftliche Schwierigkeiten geratenen Schuldnerin einzuräumen, die
verliehene Sache unter Beendigung des Leihverhältnisses zu verwerten.
Soziale Belange, wie sie bei einer langfristigen Verleihung von Wohnraum auf
Seiten des Entleihers zu berücksichtigen sind, kommen hier ohnehin nicht in
Betracht.
IV.
36 Die Sache ist noch nicht entscheidungsreif.
37 1. Ein Eigentumsverlust nach § 93 BGB infolge der Verbindung des Moduls
mit der Anlage ist zwar von dem Berufungsgericht fehlerhaft bejaht worden,
aber auf der Grundlage des beiderseitigen Parteivorbringens auch nicht
ausgeschlossen. In der neuen Verhandlung wird zu prüfen sein, ob das
Modul möglicherweise deshalb wesentlicher Bestandteil der Gesamtanlage
geworden ist, weil die Abtrennung zu einer Zerstörung oder erheblichen
Beschädigung des Moduls oder der Restanlage führte oder weil die Trennung
mit einem im Verhältnis zum Wert des abgetrennten Bestandteils
unverhältnismäßigen Aufwand verbunden wäre.
38 2. Lägen die Voraussetzungen von § 93 BGB vor, wäre das Modul
wesentlicher Bestandteil der Anlage und nicht bloß ein Scheinbestandteil
nach § 95 BGB. Das Berufungsurteil ist insoweit nicht zu beanstanden, wobei
dahinstehen kann, ob § 95 BGB auf Teile von Maschinen, die nicht nach § 94
BGB Bestandteil eines Grundstücks oder Gebäudes geworden sind, überhaupt
entsprechend anzuwenden ist (bejahend: BGB-RGRK/Kregel, 12. Aufl., § 93 Rn.
21; verneinend: Staudinger/Jickeli/Stieper, BGB [2004], § 93 Rn. 10 und § 95
Rn. 4).
39 Die auf den Überlassungsvertrag und den mit ihm verfolgten Zweck (die
Rückforderung von Fördermitteln zu vermeiden) gestützten Angriffe der
Revision sind unerheblich, weil es bei der Anwendung des § 95 BGB auf die
vertragliche Regelung als solche nicht ankommt (vgl. Senat, Urteil vom 20.
Mai 1988 - V ZR 269/86, BGHZ 104, 298, 301). Maßgebend ist vielmehr, ob die
Sache nach dem inneren Willen des Verbindenden bei einem normalen Lauf der
Dinge nicht wieder abgetrennt werden soll (vgl. Senat, Urteil vom 20. Mai
1988 - V ZR 269/86, BGHZ 104, 298, 301; BGH, Urteil vom 10. Dezember 1998 -
IX ZR 86/98, ZIP 1999, 75). Das nach Beweisaufnahme gefundene Ergebnis des
Berufungsgerichts, die Klägerin habe den von ihr zu führenden Beweis (vgl.
RGZ 158, 362, 375), dass nach dem inneren Willen des Verbindenden das Modul
nur vorübergehend Teil der Anlage sein sollte, nicht erbracht, lässt vor
diesem Hintergrund einen Rechtsfehler nicht erkennen und liegt im Rahmen
zulässiger tatrichterlicher Würdigung.
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