Voraussetzungen und
Folgen der unzulässigen Einflußnahme auf den Ausfall einer aufschiebenden
Bedingung (§ 162 I BGB)
BGH, Urteil vom 16.
September 2005 - V ZR 244/04
Fundstelle:
NJW 2005, 3417
Amtl. Leitsatz:
Ist die Wirksamkeit
eines Vertrages durch die Entscheidung eines Dritten aufschiebend bedingt
und ist die Vertragspartei, zu deren Nachteil der Bedingungseintritt
gereichte, nach Treu und Glauben gehalten, dem Dritten einen für dessen
Entscheidung wesentlichen Umstand mitzuteilen, stellt sich die damit
verbundene Einflussnahme auf die Entschließung des Dritten auch dann nicht
als treuwidrig dar, wenn die Mitteilung in der Absicht erfolgte, den
Eintritt der Bedingung zu verhindern.
Zentrale Probleme:
Nach § 162 Abs. 1 BGB gilt eine Bedingung als eingetreten,
wenn ihr Eintritt von der Partei, zu deren Nachteil sie gereichen würde,
wider Treu und Glauben verhindert wird. Im vorliegenden Fall war ein
Kaufvertrag u.a. aufschiebend bedingt durch die Gewährung eines Darlehens
durch den Landkreis. Der Käufer, welcher den Vertrag nicht mehr wollte,
verhinderte die Gewährung dieses Darlehens gezielt, indem er dem Landkreis
mitteilte, daß er das gekaufte Hotel nicht weiterführen werde. Der Verkäufer
macht nunmehr (nach früherem Schuldrecht) Schadensersatz wegen
Nichterfüllung geltend (nach neuem Recht wäre Anspruchsgrundlage §§ 280 I,
III, 281 BGB). Ein solcher Anspruch setzt einen wirksamen Kaufvertrag
voraus. Da die Bedingung nicht eingetreten war, kann dies nur dann
vorliegen, wenn ihr Eintritt nach § 162 I BGB fingiert wird. Die
Entscheidung befaßt sich deshalb grundlegend mit der Frage der
"Treuwidrigkeit" i.S.v. § 162 I BGB.
©sl 2005
Tatbestand:
Die Beklagten beabsichtigten, von den Klägern das Parkhotel B. in T. zu
erwerben und als solches fortzuführen. Dabei wollten sie ein zinsgünstiges
Darlehen, das die Klägerin zu 1 im Jahr 1964 als Investitionshilfe für die
Errichtung des Hotels von dem Rechtsvorgänger des Landkreises S. erhalten
hatte, unter Anrechnung auf den Kaufpreis übernehmen.
Der Landrat stellte die Zustimmung des Landkreises hierzu in Aussicht.
Am 21. Dezember 2001 schlossen die Parteien unter Vereinbarung mehrerer
aufschiebender Bedingungen, deren Eintritt bis zum 15. Januar 2002
nachgewiesen sein musste, und unter Ausschluss der Sachmängelgewährleistung
einen notariellen Kaufvertrag über das Hotelgrundstück. Zu den Bedingungen
zählte unter anderem die Genehmigung der vereinbarten Darlehensübernahme
durch den Landkreis.
Nach der Übergabe des Hotels am 23. Dezember 2001 gelangten die Beklagten zu
der Einschätzung, dass die Fortführung des Betriebs angesichts des
ermittelten Sanierungsbedarfs unwirtschaftlich sei. Sie werfen den Klägern
insoweit vor, erhebliche Mängel des Hotels arglistig verschwiegen zu haben.
Anfang Januar 2002 teilte der Vater der Beklagten, der Zeuge K. dem Landrat
mit, dass seine Söhne wegen des unerwartet hohen Sanierungsbedarfs nicht
beabsichtigten, das Hotel zu renovieren und fortzuführen; sie wollten
deshalb den Kaufvertrag anfechten bzw. alles tun, damit das Hotel nicht
übernommen werde. Mit Schreiben vom 14. Januar 2002 verweigerte der
Landkreis seine Zustimmung zur Übernahme des Darlehens. Mit
entscheidungserheblich sei, so die Begründung, dass die Käufer den
Kaufvertrag nicht erfüllen wollten und damit die Geschäftsgrundlage für die
Fortsetzung des Darlehensvertrages mit ihnen entfallen sei. Diese Begründung
ergänzte der Landrat in einem Schreiben vom 15. Januar 2002 wie folgt: "Die
Formulierung, den Kaufvertrag nicht erfüllen zu wollen, bittet Herr K. so zu
verstehen, dass
er nach fachmännischer Beratung wegen Abgängigkeit der Bausubstanz nicht
bereit ist, das Hotel umzubauen und es als solches weiterzuführen. Da damit
die....Objektbezogenheit des seinerzeit gewährten Darlehens entfiele, ist
eine Geschäftsgrundlage für die Darlehensübernahme nicht mehr gegeben.
Deshalb muss es bei meiner Entscheidung bleiben".
Die Beklagten stellten den Hotelbetrieb am 16. Januar 2002 ein und reichten
die Schlüssel an den Notar zurück. Gegenüber den Klägern machten sie
Schadensersatz in Höhe von 27.000 € geltend, weil sie im Vertrauen auf die
Wirksamkeit des Vertrags eine Betriebsgesellschaft gegründet und das
erforderliche Stammkapital von 27.000 € eingezahlt hätten, welches zur
Erfüllung von Verbindlichkeiten verbraucht worden sei.
Mit der Klage verlangen die Kläger neben einer Zahlung von 4.151,69 € für
den nach dem Kaufvertrag zu übernehmenden Warenbestand die Feststellung,
dass die Beklagten den Klägern zu 1 bis 3 wegen Nichterfüllung des
Kaufvertrags zu Schadensersatz verpflichtet sind. Ferner beantragen sie die
Feststellung, dass den Beklagten der geltend gemachte Anspruch in Höhe von
27.000 € nicht zusteht.
Das Landgericht hat diesem Feststellungsantrag stattgegeben und die Klage im
Übrigen abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung der Kläger und die
Anschlussberufung der Beklagten sind erfolglos geblieben.
Mit der von dem Oberlandesgericht zugelassenen Revision verfolgen die Kläger
ihre erstinstanzlichen Anträge, soweit ihnen nicht entsprochen worden ist,
weiter. Die Beklagten treten der Revision entgegen und wollen im Wege der
Anschlussrevision, deren Zurückweisung die Kläger beantragen, erreichen,
dass das Berufungsurteil aufgehoben und die negative Feststellungsklage
abgewiesen wird, soweit über sie auch bezogen auf einen
Schadensersatzanspruch aus § 463 BGB a.F. entschieden worden ist.
Entscheidungsgründe:
I. Das Berufungsgericht meint, den
Klägern stünden keine Ansprüche wegen Nichterfüllung des Kaufvertrags zu, da
dieser mangels Eintritts der vereinbarten aufschiebenden Bedingungen nicht
wirksam geworden sei. Die Genehmigung der Darlehensübernahme durch den
Landkreis sei von den Beklagten auch nicht treuwidrig vereitelt worden. Sie
hätten ihre Absicht, den Kaufvertrag nicht zu erfüllen und den Hotelbetrieb
nicht fortzuführen, dem Landrat zwar mitgeteilt, um ihn von der Zustimmung
zur Darlehensübernahme abzuhalten. Da sie hierfür jedoch wirtschaftlich
vernünftige Gründe gehabt hätten und sich ein beeinflussendes Verhalten in
der Regel nicht als treuwidrig darstelle, wenn es auf solchen Gründen
beruhe, sei der Bedingungseintritt nicht treuwidrig vereitelt worden. Bei
einer Übernahme des Darlehens hätten die Beklagten gegenüber dem Landkreis
die Verpflichtung zur Weiterführung des Hotels übernehmen müssen und wären
daher gegenüber dem Landkreis vertragsbrüchig geworden, wenn sie den
Hotelbetrieb aus wirtschaftlichen Gründen eingestellt hätten. In diesem
Zusammenhang stelle auch das erst nachträglich erkannte Ausmaß der Mängel
einen wirtschaftlich vernünftigen Grund dar, der das Verhalten der Beklagten
nicht als treuwidrig erscheinen lasse.
Die Anschlussberufung sei unbegründet, weil den Beklagten der
Schadensersatzanspruch, dessen sie sich wegen der Aufwendungen für die
Betriebsgesellschaft berühmt hätten, nicht zustehe. Auf § 463 BGB a.F. lasse
er sich mangels wirksamen Kaufvertrags nicht stützen. Ob das behauptete
arglistige Verhalten der Kläger einen Anspruch wegen Verschuldens bei
Vertragsschluss begründe, könne offen bleiben, weil die Beklagten einen
Schaden in der geltend gemachten Höhe nicht konkretisiert hätten.
II. Diese Ausführungen halten den Angriffen der Revision der Kläger im
Ergebnis stand.
Das Berufungsgericht geht rechtsfehlerfrei davon aus, dass der Kaufvertrag
im Hinblick auf die erforderliche Genehmigung der Darlehensübernahme durch
den Landkreis aufschiebend bedingt geschlossen wurde (§ 158 Abs. 1 BGB)
und Ansprüche der Kläger wegen Nichterfüllung des Vertrags deshalb nur in
Betracht kommen, wenn die Erteilung der Genehmigung von den Beklagten
treuwidrig vereitelt worden ist (§ 162 BGB). Nicht zu beanstanden ist
ferner seine Feststellung, der als Verhandlungsführer aufgetretene Vater der
Beklagten habe die Willensbildung des Landrats beeinflusst und dadurch die
Versagung der Genehmigung provoziert. Entgegen der Auffassung der Revision
erweist sich auch die Annahme, der Eintritt der Bedingung sei nicht wider
Treu und Glauben vereitelt worden, im Ergebnis als zutreffend.
1. Nach § 162 Abs. 1 BGB gilt eine Bedingung als eingetreten, wenn ihr
Eintritt von der Partei, zu deren Nachteil sie gereichen würde, wider Treu
und Glauben verhindert wird. Wann die Beeinflussung des Geschehensablaufs
treuwidrig ist, lässt sich nicht abstrakt bestimmen, sondern nur im
Einzelfall beurteilen. Maßgeblich ist, welches Verhalten von einem loyalen
Vertragspartner erwartet werden konnte (vgl. BGH, Urt. v. 21. März 1984,
VIII ZR 286/82, NJW 1984, 2568, 2569). Dies ist mittels einer umfassenden
Würdigung des Verhaltens der den Bedingungseintritt beeinflussenden
Vertragspartei nach Anlass, Zweck und Beweggrund unter Berücksichtigung
aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Inhalts des
Rechtsgeschäfts, festzustellen (vgl. Staudinger/Bork, BGB [2003], § 162
Rdn. 7; MünchKomm-BGB/H.P.Westermann, 4. Aufl., § 162 Rdn. 9; Soergel/M.Wolf,
BGB, 13. Aufl., § 162 Rdn. 7). Bei der Würdigung kann auch von Bedeutung
sein, ob die Partei vernünftige wirtschaftliche Gründe hatte, auf den
Eintritt oder das Ausbleiben der Bedingung Einfluss zu nehmen (z.B. BGH,
Urt. v. 11. Mai 1964, VIII ZR 177/62, WM 1964, 921, 922).
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts lässt sich ein allgemeiner
Grundsatz, wonach eine Einflussnahme auf den Bedingungseintritt in der Regel
nicht treuwidrig ist, wenn sie auf wirtschaftlich vernünftigen Gründen
beruht, allerdings nicht aufstellen. Ein solcher Grundsatz liegt auch
den Entscheidungen, die von der Kommentarliteratur unter diesem Stichwort
zusammengestellt sind (vgl. Staudinger/Bork, aaO, § 162 Rdn. 9; Bamber-ger/Roth/Rövekamp,
BGB, § 162 Rdn. 6), nicht zugrunde. Die jeweilige Annahme, der
Bedingungseintritt habe ohne Verstoß gegen Treu und Glauben aufgrund
wirtschaftlicher Überlegungen beeinflusst werden können, stellt sich
vielmehr auch dort als Ergebnis der gebotenen Würdigung des Einzelfalls dar,
wobei vielfach der Inhalt des bedingt geschlossenen Rechtsgeschäfts
ausschlaggebend war.
Zum einen betreffen die Entscheidungen nämlich Sachverhalte, in denen es im
pflichtgemäßen Ermessen einer Vertragspartei stand, die den
Bedingungseintritt auslösende Handlung vorzunehmen. In einem solchen Fall
wird ein auf vernünftige wirtschaftliche Gründe gestützter, den
Bedingungseintritt beeinflussender Entschluss dieser Partei in der Regel
auch im Verhältnis zu ihrem Vertragspartner sachlich gerechtfertigt und
damit nicht treuwidrig sein (zur Anwendbarkeit von § 162 BGB auf
Wollensbedingungen, vgl. BGH, Urt. v. 25. September 1996, VIII ZR 172/95,
NJW 1996, 3338, 3340 sowie Staudinger/Bork, aaO, § 162 Rdn. 4). Demgemäß
wurde die Entscheidung eines Vermieters, sein Grundstück zu verkaufen, im
Verhältnis zu seinem Vertragspartner, mit dem er einen durch den
Wiederaufbau des auf dem Grundstück befindlichen Gebäudes bedingten
Mietvertrag geschlossen hatte, als in seinem Ermessen stehend und deshalb
als nicht treuwidrig bewertet (BGH, Urt. v. 11. Mai 1964, VIII ZR 177/62, WM
1964, 921, 922), das Verhalten eines Käufers, der die Ratenzahlung
einstellte, im Hinblick auf die vereinbarten Verzugsfolgen als eine
vertraglich eingeräumte und damit nicht gegen Treu und Glauben verstoßende
Möglichkeit der Lösung vom Kaufvertrag angesehen (BGH, Urt. v. 21. März
1984, VIII ZR 286/82, NJW 1984, 2568, 2569) oder der Entschluss eines
Händlers, von einem zur Bedingung erhobenen Verkauf abzusehen, weil sich
dieser wirtschaftlich nicht lohnte, als nicht treuwidrig gewürdigt, da der
Händler nur die ihm von seinem Vertragspartner zugestandene Freiheit
ausgeübt habe (KG, DAR 1980, 118, 119). In anderen Fällen erschienen die mit
der Wirksamkeit des Vertrages oder dem fortbestehenden Schwebezustand
einhergehenden wirtschaftlichen Auswirkungen für eine Partei bei Würdigung
der von ihr durch den Abschluss des bedingten Rechtsgeschäfts übernommen
Risiken nicht zumutbar und die Einflussnahme auf den Geschehensablauf aus
diesem Grund nicht treuwidrig (z.B. OLG Hamm, NJW-RR 1989, 1366: die zur
Bedingung gemachte Finanzierung scheitert an den Einkommensverhältnissen des
Schuldners; OLG Köln, OLGZ 1974, 8, 10: Partei verzichtet auf den Versuch,
die zur Bedingung erhobene behördliche Genehmigung durch ein langwieriges
Rechtsmittelverfahren zu erhalten).
2. Die im Rahmen von § 162 BGB gebotene Würdigung aller Umstände des
Einzelfalls erfordert hier die Feststellung, ob von den Beklagten erwartet
werden konnte, dem Landkreis vor dessen Entscheidung über die Zustimmung zur
Darlehensübernahme keine Mitteilung davon zu machen, dass sie das Hotel
entgegen ihrer ursprünglichen Absicht nicht fortführen und den Kaufvertrag
nicht erfüllen wollten.
Zutreffend nimmt das Berufungsgericht an, dass die Beklagten nach Treu
und Glauben von dieser Mitteilung hätten absehen müssen, wenn sie allein
dazu diente, ihnen eine sonst nicht bestehende Möglichkeit zu eröffnen, sich
von einem als wirtschaftlich nachteilig erkannten Vertrag zu lösen. So
liegt der Fall indessen nicht. Wie das Berufungsgericht nicht verkennt, kann
nämlich nicht unberücksichtigt bleiben, dass die zwischen den Parteien
vereinbarte Schuldübernahme (§ 415 Abs. 1 BGB) auch rechtliche Beziehungen
der Beklagten zu dem Landkreis als ihrem künftigen Vertragspartner
begründete und sich hieraus sachliche Gründe für die Mitteilung ergeben, das
Hotel nicht fortführen zu wollen.
a) Diese Gründe lassen sich allerdings nicht auf die Annahme des
Berufungsgerichts stützen, die Beklagten hätten sich gegenüber dem Landkreis
verpflichten müssen, den Hotelbetrieb fortzusetzen. Die Revision rügt zu
Recht, dass tatsächliche Feststellungen zu einer möglichen Absicht des
Landkreises, die Genehmigung der Darlehensübernahme von einer Verpflichtung
der Beklagten zur Fortführung des Hotelbetriebs abhängig zu machen, nicht
getroffen worden sind. Die von dem Berufungsgericht statt dessen
herangezogenen Umstände - das Darlehen sei objektbezogen gewesen und die
Parteien seien bei Abschluss des Kaufvertrags übereinstimmend von einer
Fortsetzung des Hotelbetriebs durch die Beklagten ausgegangen -
rechtfertigen einen solchen Schluss nicht.
b) Das Urteil erweist sich aber aus anderen Gründen als richtig (§ 561 ZPO).
Die Unterrichtung des Landrats über die veränderte Sachlage war auch
unabhängig von einer Verpflichtung der Beklagten, das Hotel fortzuführen,
sachlich geboten und deshalb nicht treuwidrig.
aa) Nach den getroffenen Feststellungen handelte es sich bei der Absicht der
Beklagten, das Hotel fortzuführen, jedenfalls um einen für die
Willensbildung des Landrats nicht unwesentlichen Umstand. Demgemäß entsprach
es dem Gebot der Fairness, wenn nicht gar einer aus den Verhandlungen mit
dem Landrat erwachsenen Aufklärungspflicht der Beklagten, ihn über eine
unerwartete Änderung dieser Absicht rechtzeitig zu informieren.
(1) Die Parteien hatten bei dem Landrat die berechtigte Erwartung geweckt,
die Beklagten würden das Hotel der Kläger fortführen. Das ergibt sich zum
einen aus dem Schreiben der Kläger vom 19. November 2001, in dem sie dem
Landrat ihre Absicht mitteilten, die Anlage an einen neuen Hotelbetreiber zu
veräußern, dessen Konzeption sich aber nur bei Übernahme des Darlehens
rechne. Es folgt auch daraus, dass die Beklagten ernsthaft an der
Fortführung des Hotels interessiert erschienen - sie hatten eine
Hotelbetriebsgesellschaft gegründet, planten nach dem Vortrag der Revision
eine Vollsanierung des Hotels und hatten im Kaufvertrag die Belegschaft, das
Inventar sowie die Warenvorräte des Hotels übernommen - und bei lebensnaher
Betrachtung angenommen werden kann, dass diese Absicht in den Vorgesprächen
mit dem Landrat zum Ausdruck gekommen ist. Ferner belegt die im Schreiben
vom 15. Januar 2002 enthaltene Erklärung des Landrats, angesichts der
fehlenden Bereitschaft der Käufer, das Hotel fortzuführen, sei für den
Landkreis die Geschäftsgrundlage der Darlehensübernahme entfallen, dass er
von einer Fortführung des Hotels durch die Beklagten ausgegangen ist.
(2) Diese Erwartung hatte erkennbar Einfluss auf die Entscheidung des
Landrats, die Darlehensübernahme zu genehmigen. Nach den dem Berufungsurteil
zugrunde liegenden Feststellungen des Landgerichts beabsichtigte der
Landkreis zum damaligen Zeitpunkt, das in der Nähe des Hotels gelegene
Kreisheimathaus an die Stadt T. zu veräußern, und war deshalb besonders
daran interessiert, dass das zum Verkauf stehende Hotel gut geführt und für
Veranstaltungen von Kongressen und Tagungen geeignet sein würde. Bei dieser
Sachlage erscheint es gänzlich unwahrscheinlich, dass die Beklagten
angenommen hätten, dem Landrat sei alleine an der weiteren Bedienung des
Darlehens, nicht aber auch an der Fortführung des Hotels gelegen gewesen.
Entgegenstehenden Vortrag der für die Voraussetzungen des § 162 Abs. 1 BGB
darlegungs- und beweispflichtigen Kläger zeigt die Revision auch nicht auf.
bb) War die Absicht der Beklagten, das Hotel zu übernehmen, somit erkennbar
geeignet, die Willensbildung des Landrats zu beeinflussen, hätte sich dieser
zu Recht in seiner Entschließungsfreiheit beeinträchtigt, wenn nicht gar
hintergangen gefühlt, wenn ihm die Information über die veränderte Sachlage
vorenthalten worden wäre. In dieser Situation konnten die Kläger nicht
erwarten, dass die Beklagten die Unterrichtung des Landrats unterlassen
würden.
Die Beklagten waren insbesondere nicht gehalten, die Interessen der Kläger
an der Durchführung des Vertrags über die berechtigten Interessen des
Landkreises zu stellen. Das folgt bereits daraus, dass sich eine
unterlassene Aufklärung des Landrats bei Wirksamwerden des Kaufvertrags
voraussichtlich auch zu ihrem Nachteil ausgewirkt hätte. Hätte der Landrat
später erfahren, dass ihm wesentliche Informationen vorenthalten worden
waren, hätten die Beklagten damit rechnen müssen, dass der Landkreis die
Genehmigung der Darlehensübernahme anfechten oder den Darlehensvertrag wegen
Wegfalls der Geschäftsgrundlage oder bewusst unrichtiger Angaben aus
wichtigem Grund kündigen würde. Selbst wenn eine Auseinandersetzung hierüber
im Ergebnis zu ihren Gunsten ausgegangen wäre - sei es, dass die Bedingung
nach einer erfolgreichen Anfechtung der Genehmigung als nicht eingetreten
gegolten hätte (§ 142 Abs. 1 BGB), sei es, dass sich eine Kündigung als
unberechtigt herausgestellt hätte -, mussten sie nicht um des Interesses der
Kläger an der Vertragsdurchführung Willen einen solchen Konflikt auf sich
nehmen. Die Kläger können auch nicht einwenden, dass der Konflikt vermieden
worden wäre, wenn die Beklagten das Hotel fortgeführt hätten. Da sich die
Beklagten nach den Feststellungen des Berufungsgerichts gegenüber den
Klägern weder zur Renovierung noch zur Fortführung des Hotels verpflichtet
hatten, stand es ihnen nämlich frei, aus wirtschaftlichen Erwägungen von
einer Fortsetzung des Hotelbetriebs abzusehen.
cc) Entgegen der Auffassung der Revision war das Verhalten des Zeugen K.
auch nicht deshalb treuwidrig, weil er sich nach den Feststellungen des
Berufungsgerichts nicht auf die Mitteilung beschränkt hat, dass von einer
Renovierung und von dem Betrieb des Hotels Abstand genommen werde, sondern
auch erklärt hat, die Beklagten wollten den Kaufvertrag anfechten bzw. alles
tun, damit das Hotel nicht übernommen werde. Dies folgt schon daraus, dass
beide Äußerungen in einem untrennbaren tatsächlichen Zusammenhang stehen. Da
der Sinneswandel der Beklagten erklärungsbedürftig war, konnte nicht
erwartet werden, dass sie dessen Hintergrund verschwiegen, dem Landrat also
nicht erläuterten, dass sie sich von den Klägern arglistig getäuscht fühlten
und deshalb beabsichtigten, den Vertrag nicht zu erfüllen. Im Übrigen kann
auch nicht angenommen werden, dass die nach Auffassung der Revision
"überschießende" Mitteilung für den Nichteintritt der Bedingung ursächlich
geworden ist (zum Erfordernis der Kausalität: BGH, Urt. v. 8. Januar 1958,
VII ZR 126/57, JZ 1958, 211; MünchKomm-BGB/H.P. Westermann, 4. Aufl., § 162
Rdn. 11). Nach den Äußerungen des Landrats in seinem Schreiben vom 15.
Januar 2002 ist vielmehr davon auszugehen, dass er die Darlehensübernahme
auch dann nicht genehmigt hätte, wenn die Beklagten ihm ausschließlich
mitgeteilt hätten, das Hotel nicht fortführen zu wollen.
dd) Eine andere Beurteilung ist auch nicht deshalb geboten, weil sich die
Beklagten im Ergebnis wegen Mängeln der Kaufsache und ohne den Nachweis,
dass die Kläger diese arglistig verschwiegen haben, von dem - einen
Ausschluss der Sachmängelhaftung enthaltenden - Kaufvertrag lösen können.
Bei der Anwendbarkeit des § 162 Abs. 1 BGB steht nämlich nicht in Frage, ob
der bedingt Verpflichtete sich einer vertraglichen Verpflichtung entzogen
hat; entscheidend ist vielmehr nur, ob er wider Treu und Glauben den
Eintritt des zur Bedingung erhobenen Ereignisses verhindert hat (RGZ 79, 96,
97 f.). Bei dieser Beurteilung ist zwar auch das Interesse der Gegenseite an
der Durchführung des Vertrages zu berücksichtigen. Führt die Würdigung aber,
wie hier, zu dem Ergebnis, dass der den Bedingungseintritt beeinflussenden
Partei nicht zuzumuten war, ihre Handlung zu unterlassen, muss die
Gegenseite die damit verbundene Rechtsfolge - den Wegfall der durch das
bedingte Rechtsgeschäft begründeten Bindungen - hinnehmen.
Das gilt auch dann, wenn die Einwirkung auf den Bedingungseintritt in der
Absicht erfolgte, das Wirksamwerden des Vertrages zu vereiteln. Da § 162 BGB
den regelwidrigen Eingriff in den Geschehensablauf, nicht aber die innere
Einstellung des Handelnden sanktioniert (vgl. MünchKomm-BGB/H.P.
Westermann, aaO, § 162 Rdn. 11), begründet allein der Umstand, dass der
Bedingungseintritt gezielt vereitelt wurde, nicht den Vorwurf der
Treuwidrigkeit. Die subjektive Einstellung des Handelnden ist vielmehr im
Rahmen der Gesamtwertung zu berücksichtigten. Folglich kann sich im
Einzelfall sowohl fahrlässiges Handeln als treuwidrig als auch - wie hier -
absichtliches Handeln als nicht treuwidrig darstellen (vgl. Soergel/M.Wolf,
BGB, 13. Aufl., § 162 Rdn. 8).
III. Die Anschlussrevision ist zulässig (§ 554 ZPO), aber unbegründet. Das
Berufungsgericht hat die von den Klägern beantragte Feststellung, den
Beklagten stünde kein Anspruch auf Erstattung der Kosten für die Gründung
der Hotelbetriebsgesellschaft in Höhe von 27.000 € zu, rechtsfehlerfrei auch
im Hinblick auf einen möglichen Schadensersatzanspruch gemäß § 463 BGB a.F.
geprüft. Das folgt bereits daraus, dass die Beklagten sich - entgegen der
Darstellung der Anschlussrevision - ausweislich des Schreibens ihres
erstinstanz-lichen Verfahrensbevollmächtigten vom 12. November 2002
ausdrücklich eines Schadenersatzanspruchs aus § 463 BGB a.F. berühmt haben,
ein diesbezügliches Feststellungsinteresse der Kläger also nicht zweifelhaft
sein kann.
Aber auch dann, wenn sich die Beklagten stets nur eines Anspruchs wegen
Verschuldens bei Vertragsschluss berühmt hätten, war das Berufungsgericht
nicht gehindert, § 463 BGB a.F. als Anspruchsgrundlage zu erwägen. Entgegen
der Auffassung der Anschlussrevision betrifft diese Vorschrift nicht einen
von dem Antrag der Kläger nicht erfassten Streitgegenstand. Die dazu
angestellte Überlegung, bei einer auf § 463 BGB a.F. gestützten Erstattung
der 27.000 € handele es sich einen anderen Streitgegenstand als die
Geltendmachung desselben Betrags unter dem Gesichtspunkt des Verschuldens
bei Vertragsschluss, weil das eine Mal der Ersatz des positiven, das andere
Mal der Ersatz des negativen Interesses in Rede stehe, gehen fehl. Wäre eine
Klage der Beklagten auf Erstattung der für die Gründung der
Betriebsgesellschaft aufgewendeten 27.000 € rechtskräftig abgewiesen worden,
stünde damit fest, dass sie diese Rechtsfolge aus dem zugrunde liegenden
Lebenssachverhalt nicht herleiten können, und zwar unabhängig davon, auf
welche Anspruchsgrundlage die Klage gestützt war und welche
Anspruchsgrundlagen das Gericht erkannt und geprüft hat (vgl. BGHZ 157, 47,
53; Senat, Urt. v. 17. März 1995, V ZR 178/93, NJW 1995, 1757, 1758). Ob die
in Betracht kommenden Anspruchsgrundlagen auf Ersatz des positiven oder des
negativen Interesses gerichtet sind, ist ebenfalls unerheblich.
Entsprechendes gilt für das Gegenteil eines die Klage auf Erstattung der
27.000 € abweisenden Urteils (vgl. Senat, Urt. v. 17. März 1995, V ZR
178/93, aaO), also für das das Nichtbestehen eines solchen Anspruchs
feststellende Berufungsurteil.
Etwas anderes folgt nicht aus dem von der Anschlussrevision zitierten Urteil
des Bundesgerichtshofs, in dem es an einer Stelle heißt, ein derartiger, auf
das negative Interesse gerichtete Schadensersatzanspruch sei nicht
Streitgegenstand der Klage (BGH, Urt. v. 5. November 2002, X ZR 232/00, WM
2003, 1379, 1380 r.Sp.). Im dortigen Verfahren war nämlich kein Schaden
geltend gemacht worden, der sowohl unter dem Aspekt des positiven als auch
des negativen Interesses ersetzt verlangt werden konnte; vielmehr war
entgangener Gewinn (positives Interesse) beansprucht worden, obwohl nur ein
Anspruch auf Ersatz - nicht eingeklagter - nutzloser Aufwendungen (negatives
Interesse) bestand.
IV. Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 1 ZPO.
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