Reichweite der materiellen Rechtskraft (§ 322
ZPO) bei Klageabweisung als "derzeit unbegründet" (positive
Rechtskraftwirkung)
BGH, Urteil vom 9. Dezember 2022 - V ZR 72/21 - KG
Fundstelle:
noch nicht bekannt
Amtl. Leitsatz:
Die Rechtskraft eines Urteils, mit dem eine Klage
wegen des fehlenden Eintritts von aufschiebenden Bedingungen als derzeit
unbegründet abgewiesen wird, umfasst auch die Gründe des Urteils, wenn in
ihnen die übrigen Anspruchsvoraussetzungen positiv festgestellt bzw. bejaht
worden sind. Ist dies der Fall, kann die Klage im Folgeprozess nicht mit der
Begründung abgewiesen werden, der Anspruch habe bereits im Zeitpunkt der
letzten mündlichen Verhandlung im Vorprozess aus anderen Gründen als denen
des fehlenden Eintritts der aufschiebenden Bedingungen nicht bestanden (im
Anschluss an BGH, Urteil vom 9. Juni 2022 - III ZR 24/21, NJW 2022, 2754 Rn.
17 ff.).
Zentrale Probleme:
Bei einem klageabweisenden Urteil wächst nicht lediglich
der Tenor, in Rechtskraft. Für die Reichweite der materiellen Rechtskraft,
d.h. für die Frage, was für Folgeprozesse binden festgestellt ist, ist auch
der aus der Begründung zu ermittelnde, die Rechtsfolge bestimmende,
ausschlaggebende Abweisungsgrund von Bedeutung (und nicht lediglich ein
Element der Urteilsbegründung). Wird eine Klage als "derzeit
unbegründet" abgewiesen wird, stellt zugleich rechtskräftig fest, dass der
Anspruch im Übrigen, d.h. bis auf den zur Zeit der letzten mündlichen
Verhandlung bestehenden Hinderungsgrund (hier: Eintritt einer aufschiebenden
Bedingung) bestand. Das gilt dann nicht, wenn die Klage als "jedenfalls
derzeit unbegründet" abgewiesen wurde. Denn dann hat das Urteil keinerlei
positiven Gehalt über das Bestehen des geltend gemachten Anspruchs, d.h. die
Abweisung der Klage als "derzeit unbegründet" ist kein die Entscheidung
(allein) tragender Grund.
©sl 2023
Tatbestand:
1 In dem Grundbuch der streitgegenständlichen
Grundstücke, über die mehrere Kaufverträge geschlossen wurden, waren zwei
Auflassungsvormerkungen (Nr. 6 und Nr. 7) eingetragen. Die vorrangige
Vormerkung Nr. 6 sicherte einen Anspruch aus einem zwischen der
Streithelferin und einem Zwischenerwerber geschlossenen Kaufvertrag; im
Grundbuch war die Abtretung dieses Anspruchs an die frühere Beklagte und
jetzige Insolvenzschuldnerin vermerkt worden. Die Vormerkung Nr. 7 sicherte
einen ebenfalls gegen die Streithelferin
gerichteten Auflassungsanspruch der Klägerin, der unter aufschiebenden
Bedingungen stand. Eine dieser Bedingungen war, dass der Erwerb
durch die Klägerin über den Zwischenerwerber scheitert, weil der Vertrag,
der Grundlage des durch die Vormerkung Nr. 6 gesicherten
Auflassungsanspruchs ist, nicht zur Durchführung gelangt und die Erfüllung
eines zweiten zwischen dem Zwischenerwerber und der Klägerin geschlossenen
Kaufvertrags deshalb nicht möglich ist. Im Folgenden wurde die
Insolvenzschuldnerin aufgrund einer Sprungauflassung der Streithelferin als
Eigentümerin in das Grundbuch eingetragen.
2 In einem Vorprozess
stritten die Parteien darüber, welche der Vormerkungen sich bei einem
Grundstückserwerb durchsetzt. Dabei ging es zum einen darum, ob - anders als
im Grundbuch vermerkt - die Klägerin Zessionarin des durch die Vormerkung
Nr. 6 gesicherten Anspruchs war. Darüber hinaus stritt man darüber, ob die
jeweils durch die Vormerkungen gesicherten Ansprüche bestehen und
insbesondere die Verträge, die diesen zugrunde liegen, formwirksam
geschlossen wurden. Die Klägerin beantragte, die Insolvenzschuldnerin zu
verurteilen, der Eintragung der Klägerin als Eigentümerin in das Grundbuch
zuzustimmen. Diesen Antrag wies das Kammergericht mit einem
rechtskräftigen Urteil aus dem Jahr 2016 nach Beweisaufnahme als zurzeit
unbegründet ab. Für einen Anspruch aus § 888 Abs. 1 BGB
könne sich die Klägerin zwar nicht auf die Vormerkung Nr. 6 stützen; diese
sei wirkungslos, weil der zugrundeliegende Vertrag formunwirksam sei. Ein
Anspruch aus § 888 Abs. 1 BGB bestehe aber im Hinblick auf die der Klägerin
zustehende Vormerkung Nr. 7 dem Grunde nach. Der Vertrag, aus dem
sich der durch diese Vormerkung gesicherte Anspruch ergebe,
sei ordnungsgemäß beurkundet und auch sonst wirksam zustande gekommen.
Der Anspruch aus § 888 Abs. 1 BGB könne aber noch nicht zuerkannt
werden, da der durch die Vormerkung gesicherte Anspruch unter aufschiebenden
Bedingungen stehe, die noch nicht eingetreten seien. Insbesondere
stehe das Scheitern des Zwischenerwerbs erst mit Rechtskraft dieses Urteils
fest; dann erst sei davon auszugehen, dass der Vertrag, der Grundlage des
durch die Vormerkung Nr. 6 gesicherten Auflassungsanspruchs sei, nicht zur
Durchführung gelange und die aufschiebende Bedingung insofern eingetreten
sei. Außerdem fehle es noch an der aufschiebenden Bedingung der Zahlung des
Kaufpreises.
3 Mit der vorliegenden Klage hat die Klägerin beantragt,
die Insolvenzschuldnerin zu verurteilen, der Eintragung der Klägerin als
Eigentümerin in das Grundbuch und der Löschung der zu Gunsten der
Insolvenzschuldnerin eingetragenen Auflassungsvormerkung Nr. 6 zuzustimmen.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die hiergegen gerichtete
Berufung hat keinen Erfolg gehabt. Im Laufe des Verfahrens der
Nichtzulassungsbeschwerde ist das Insolvenzverfahren über das Vermögen der
Insolvenzschuldnerin eröffnet und der jetzige Beklagte als
Insolvenzverwalter bestellt worden. Mit der von dem Senat zugelassenen
Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, verfolgt nunmehr
der Beklagte das Ziel der Klageabweisung weiter.
Entscheidungsgründe:
I.
4 Das Berufungsgericht meint,
die Klägerin habe gegen die Insolvenzschuldnerin einen Anspruch auf
Zustimmung zu ihrer Eintragung als Eigentümerin aus § 888 Abs. 1 BGB.
Das Bestehen dieses Anspruchs sei dem Grunde nach bereits im
Vorprozess rechtskräftig festgestellt worden. Bei einer
Abweisung einer Klage als zurzeit unbegründet seien die Voraussetzungen des
geltend gemachten Anspruchs, die das Gericht bejaht habe, Teil des in
Rechtskraft erwachsenden Entscheidungssatzes und blieben in einem
Nachfolgeprozess einer erneuten rechtlichen Würdigung entzogen. Das
Kammergericht habe im Vorprozess das Bestehen des Anspruchs umfassend
geprüft und eine uneingeschränkte Verurteilung nur deswegen nicht
ausgesprochen, weil es an dem Eintritt von aufschiebenden Bedingungen des
vormerkungsgesicherten Anspruchs, insbesondere des Scheiterns des Erwerbs
des Grundstücks über einen Zwischenerwerber, gefehlt habe. Damit sei
rechtskräftig festgestellt, dass die Klägerin gegen die Insolvenzschuldnerin
einen Anspruch auf Zustimmung zur Eintragung habe, sobald die Bedingungen
eingetreten seien. Hiervon sei nunmehr auszugehen. Dabei stehe der Eintritt
der aufschiebenden Bedingung des Scheiterns des Zwischenerwerbs - wie sich
aus der insoweit bindenden Entscheidung des Vorprozesses ergebe - mit der
eingetretenen Rechtskraft des Urteils des Vorprozesses fest. Ein Wegfall des
streitgegenständlichen Anspruchs komme nur aufgrund von Sachverhalten in
Betracht, die sich nach der letzten mündlichen Verhandlung ergeben hätten.
Derartige Umstände lägen nicht vor. Der weiter geltend gemachte Anspruch auf
Zustimmung zur Löschung der zu Gunsten der Insolvenzschuldnerin
eingetragenen Auflassungsvormerkung folge ebenfalls aus § 888 Abs. 1 BGB.
II.
5 Das hält revisionsrechtlicher Nachprüfung stand.
6
1. Zu Recht geht das Berufungsgericht davon aus, dass die Klägerin gegen den
Beklagten einen Anspruch aus § 888 Abs. 1 BGB auf Zustimmung zu ihrer
Eintragung als Eigentümerin in das Grundbuch hat.
7 a) Wie das
Berufungsgericht zutreffend ausführt, steht rechtskräftig fest, dass zum
Zeitpunkt der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung im Vorprozess die
Anspruchsvoraussetzungen des § 888 Abs. 1 BGB mit Ausnahme des vom Gericht
des Vorprozesses verneinten Eintritts der aufschiebenden Bedingungen des
gesicherten Anspruchs erfüllt waren.
8 aa) Die Rechtskraft
eines Urteils, mit dem eine Klage wegen des fehlenden Eintritts von
aufschiebenden Bedingungen als derzeit unbegründet abgewiesen wird, umfasst
auch die Gründe des Urteils, soweit in ihnen die übrigen
Anspruchsvoraussetzungen positiv festgestellt bzw. bejaht worden sind.
9 (1) Geklärt ist in der höchstrichterlichen Rechtsprechung,
dass bei der Abweisung einer Zahlungsklage als derzeit unbegründet gemäß §
322 Abs. 1 ZPO in Rechtskraft erwächst, dass der Kläger bis zu dem Zeitpunkt
der letzten mündlichen Verhandlung keinen zur Zahlung fälligen Anspruch
gegen den Beklagten hatte (vgl. hierzu Senat, Urteil vom 6. Oktober
1989 - V ZR 263/86, WM 1989, 1897, 1898; BGH, Urteil vom 28. Juli 2011 - VII
ZR 180/10, NJW-RR 2011, 1528 Rn. 12; Beschluss vom 23. Januar 2014 - VII ZB
49/13, NJW 2014, 1306 Rn. 11). Die zitierten Entscheidungen betrafen jeweils
Konstellationen, in denen die Vorinstanzen diese Wirkung der Rechtskraft
verkannt, also einen fälligen Anspruch in dem Zeitpunkt der letzten
mündlichen Verhandlung des Vorprozesses angenommen hatten.
10 (2)
Umstritten war bisher, inwieweit einer Klageabweisung als zurzeit
unbegründet neben dieser „negativen“ Rechtskraftwirkung zu Lasten des
Klägers auch eine „positive“ Rechtskraftwirkung dahingehend zukommen kann,
dass zu Gunsten des Klägers das Vorliegen bestimmter Voraussetzungen des
Anspruchs feststeht (offen gelassen von BGH, Urteil vom 4. Mai 2000
- VII ZR 53/99, BGHZ 144, 242, 245). Diese Frage hat der III.
Zivilsenat in einer nach Verkündung des Urteils des Berufungsgerichts
ergangenen Entscheidung in einem Fall, in dem in einem Vorprozess ein
Amtshaftungsanspruch gegen einen Notar (§ 19 Abs. 1 Satz 1 BNotO) umfassend
geprüft und sodann allein wegen des Bestehens einer anderweitigen
Ersatzmöglichkeit abgewiesen worden war, bejaht (vgl. Urteil vom 9.
Juni 2022 - III ZR 24/21, NJW 2022, 2754 Rn. 17 ff. mit umfangreichen
Nachweisen zum Streitstand). Danach erstreckt sich die Rechtskraft
eines die Klage als zurzeit unbegründet abweisenden Urteils auch darauf,
dass im Übrigen die Voraussetzungen des Anspruchs erfüllt sind, wenn und
soweit diese in den Entscheidungsgründen bejaht bzw. positiv festgestellt
worden sind. Für die Bestimmung des Umfangs der Rechtskraft seien bei
klageabweisenden Urteilen Tatbestand und Entscheidungsgründe ergänzend
heranzuziehen. Eine Klageabweisung als zurzeit unbegründet wegen
des Bestehens einer anderweitigen Ersatzmöglichkeit dürfe bei einem Anspruch
aus § 19 Abs. 1 Satz 1 BNotO nur dann erfolgen, wenn die übrigen
Anspruchsvoraussetzungen geprüft und für gegeben erachtet worden seien. Habe
das Gericht diese Prüfung - wie geboten - vorgenommen und die übrigen
Voraussetzungen des Amtshaftungsanspruchs als erfüllt angesehen, dann - so
der III. Zivilsenat - müsse das Vorliegen der bei der Prüfung bejahten
Tatbestandsmerkmale Teil des in Rechtskraft erwachsenden Entscheidungssatzes
sein.
11 (3) Entsprechendes gilt für den hier vorliegenden Fall einer
Klageabweisung als derzeit unbegründet wegen des fehlenden Eintritts von
aufschiebenden Bedingungen. Der überzeugenden Argumentation des III.
Zivilsenats schließt sich der V. Zivilsenat an und hält sie auch in dieser
Konstellation für einschlägig.
12 (a) Allerdings erwächst
nicht der gesamte Urteilsinhalt in Rechtskraft. Die Rechtskraft beschränkt
sich vielmehr auf die Rechtsfolge, die den Entscheidungssatz bildet, den das
Gericht aus dem Sachverhalt durch dessen Subsumtion unter das objektive
Recht erschlossen hat. Bei einer klagabweisenden Entscheidung ist jedoch der
aus der Begründung zu ermittelnde, die Rechtsfolge bestimmende,
ausschlaggebende Abweisungsgrund Teil des in Rechtskraft erwachsenden
Entscheidungssatzes und nicht allein ein Element der Urteilsbegründung
(Senat, Urteil vom 6. Oktober 1989 - V ZR 263/86, WM 1989,
1897, 1899 mwN; vgl. auch Beschluss vom 7. Juli 2022 - V ZB 75/21, NZM 2022,
754 Rn. 11; BGH, Urteil vom 23. September 1992 - I ZR 224/90, NJW 1993, 333,
334; Urteil vom 24. Juni 1993 - III ZR 43/92, NJW 1993, 3204, 3205).
Bejaht das Gericht in dem Vorprozess, in dem der Beklagte die unbeschränkte
Klageabweisung beantragt, die Voraussetzungen des geltend gemachten
Anspruchs mit Ausnahme des Eintritts von aufschiebenden Bedingungen, handelt
es sich bei der Bejahung der Anspruchsvoraussetzungen nicht allein um ein
Element der Urteilsbegründung und eine Vorfrage, sondern gemessen an dem
Rechtsschutzziel des Beklagten um einen ausschlaggebenden Abweisungsgrund.
Der Beklagte, der eine unbeschränkte Klageabweisung beantragt, ist
aufgrund seines weitergehenden Rechtsschutzziels beschwert, soweit
(lediglich) eine Abweisung als derzeit unbegründet erfolgt (vgl. BGH, Urteil
vom 21. April 1988 - VII ZR 372/86, NJW 1988, 1982, 1983; Urteil vom 4. Mai
2000 - VII ZR 53/99, NJW 2000, 2988, 2989). Er kann daher - jedenfalls mit
einem Rechtsmittel - erreichen, dass gerichtlich geprüft wird, inwieweit der
geltend gemachte Anspruch unbeschränkt abzuweisen ist, weil er endgültig
nicht besteht. Kommt das Gericht bei dieser Prüfung zu dem Ergebnis, dass
die Anspruchsvoraussetzungen - mit Ausnahme des Eintritts der aufschiebenden
Bedingungen - gegeben sind, kann es diesem weitergehenden Rechtsschutzziel
des Beklagten nur deshalb nicht entsprechen, weil es die übrigen
Anspruchsvoraussetzungen in den Entscheidungsgründen als gegeben ansieht. Im
Hinblick auf das Rechtsschutzziel der unbeschränkten Klageabweisung ist die
Bejahung der übrigen Anspruchsvoraussetzungen damit tragender
Abweisungsgrund.
14 (b) Dann ist es aber folgerichtig, dass
die Bejahung der Anspruchsvoraussetzungen „positiv“ zugunsten des Klägers
wirkt. Dieses Ergebnis ist auch deswegen überzeugend, weil
andernfalls der Kläger in einem Folgeprozess gegebenenfalls gezwungen wäre,
die bereits geprüften und bejahten Anspruchsvoraussetzungen nochmals zu
beweisen. Der Beklagte könnte also durch erneutes Bestreiten erreichen, dass
eine umfassende Prüfung derselben Anspruchsvoraussetzungen sowohl im
Vorprozess als auch im Folgeprozess stattfindet. Ein derartiges Ergebnis
wäre aus prozessökonomischer Sicht unsinnig, weil es die Ergebnisse des
Vorprozesses entwertete.
15 (c) Soweit das Gericht des
Vorprozesses bei einer Klageabweisung als zurzeit unbegründet wegen des
fehlenden Eintritts von aufschiebenden Bedingungen in den
Entscheidungsgründen das Bestehen des geltend gemachten Anspruchs - mit
Ausnahme des Eintritts von aufschiebenden Bedingungen - bejaht hat, ist es
dem Beklagten aufgrund der Rechtskraftwirkung dieses Urteils im Folgeprozess
mithin verwehrt, Einwendungen und Einreden gegen das Bestehen des Anspruchs
geltend zu machen, die bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung bzw. dem
diesem entsprechenden Zeitpunkt des Vorprozesses entstanden sind
(vgl. zum maßgeblichen Zeitpunkt BGH, Urteil vom 28. Juli 2011 - VII ZR
180/10, NJW-RR 2011, 1528 Rn. 13; Beschluss vom 23. Januar 2014 - VII ZB
49/13, NJW 2014, 1306 Rn. 11). Die Klage kann im Folgeprozess nicht mit der
Begründung abgewiesen werden, der Anspruch habe bereits im Zeitpunkt der
letzten mündlichen Verhandlung im Vorprozess aus anderen Gründen als denen
des fehlenden Eintritts der aufschiebenden Bedingungen nicht bestanden.
Hat allerdings das Gericht keine Prüfung des Anspruchs dem Grunde
nach vorgenommen, sondern die Klage der Sache nach lediglich als „jedenfalls
derzeit unbegründet“ abgewiesen, besteht eine derartige Rechtskraftwirkung
nicht. Denn mangels Prüfung des Anspruchs dem Grunde nach liegt insofern
schon kein tragender Abweisungsgrund vor (vgl. auch BGH, Urteil vom
9. Juni 2022 - III ZR 24/21, NJW 2022, 2754 Rn. 23 f.).
15 (4) Dieses
Ergebnis, das in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung
des Bundesarbeitsgerichts steht (vgl. BAGE 166, 36 Rn. 22), widerspricht
auch nicht den Ausführungen des XI. Senats in seinen Urteilen vom 10.
November 2020 (XI ZR 426/19, WM 2021, 44 Rn. 22) und vom 30. März 2021 (XI
ZR 193/20, BKR 2021, 371 Rn. 18). Zwar wird dort ausgeführt, dass nach einer
Abweisung als derzeit unbegründet „lediglich“ in Rechtskraft erwachse, dass
der Kläger gegen den Beklagten bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung
keinen zur Zahlung fälligen Anspruch habe, nicht dagegen, dass der Beklagte
einem solchen Anspruch nicht weitere Einreden und Einwendungen
entgegenhalten könne. Diese Ausführungen bezogen sich aber jeweils auf eine
Klageabweisung als „jedenfalls derzeit unbegründet“; eine
Prüfung und Bejahung des Anspruchs dem Grunde nach war dort nicht erfolgt
(vgl. Urteil vom 10. November 2020 - XI ZR 426/19, WM 2021, 44 Rn. 21 f.;
Urteil vom 30. März 2021 - XI ZR 193/20, BKR 2021, 371 Rn. 16 u. 18). Dann
kann sich die Rechtskraft - wie ausgeführt -nicht „positiv“ auf bestimmte
Anspruchsvoraussetzungen erstrecken (vgl. oben Rn. 14).
16 bb) Nach
diesen Grundsätzen steht hier rechtskräftig fest, dass zum Zeitpunkt der
letzten mündlichen Tatsachenverhandlung im Vorprozess im Jahr 2016 die
Anspruchsvoraussetzungen des § 888 Abs. 1 BGB mit Ausnahme des von dem
Gericht des Vorprozesses verneinten Eintritts der aufschiebenden Bedingungen
erfüllt waren. Denn das Kammergericht hat im Vorprozess in den
Urteilsgründen die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Zustimmung aus § 888
Abs. 1 BGB umfassend geprüft und ausgeführt, dass diese mit Ausnahme
des Eintritts von aufschiebenden Bedingungen sämtlich vorlägen.
17 b)
Aufgrund dieser Rechtskraftwirkung des Urteils des Vorprozesses kann die
Revision mit ihren Einwendungen gegen den Anspruch aus § 888 Abs. 1
BGB nicht durchdringen. Dem Beklagten ist es verwehrt, Einwendungen und
Einreden gegen das Bestehen des Anspruchs - mit Ausnahme des Nichteintritts
der aufschiebenden Bedingungen - geltend zu machen, die bis zum Schluss der
mündlichen Verhandlung des Vorprozesses im Jahr 2016 entstanden sind.
18 aa) Die Einwendungen der Revision, der zwischen der Klägerin und der
Streithelferin geschlossene Kaufvertrag sei zum einen formunwirksam und
zum anderen nach § 138 BGB unwirksam, sind - da sie bereits vor dem Schluss
der mündlichen Verhandlung im Vorprozess entstanden waren - im hiesigen
Prozess nicht zu prüfen. Dabei kommt es aufgrund des rechtskräftigen
Urteils des Vorprozesses nicht darauf an, ob jede dieser Einwendungen
bereits im Vorprozess konkret geltend gemacht bzw. geprüft worden ist;
anders wäre es nur, wenn die Klage als „jedenfalls derzeit unbegründet“
abgewiesen worden, eine Prüfung des Anspruchs also insgesamt unterblieben
wäre (vgl. oben Rn. 14).
19 bb) Auch mit dem Einwand, eine
der aufschiebenden Bedingungen des vormerkungsgesicherten Anspruchs, nämlich
das Scheitern des Erwerbs über den Zwischenerwerber, sei noch nicht
eingetreten, kann die Revision nicht durchdringen. Sie führt insoweit aus,
die aufschiebende Bedingung könne - bei richtiger Auslegung der
entsprechenden vertraglichen Vereinbarung - aufgrund von Umständen, die sich
bereits im Jahre 2013 ereignet hätten, nicht mehr eintreten. Damit macht sie
der Sache nach geltend, die Bedingung sei bereits im Jahr 2013 ausgefallen.
Dies hätte zur Folge gehabt, dass der Kaufvertrag in diesem Zeitpunkt
endgültig unwirksam geworden wäre (vgl. BGH, Urteil vom 26. November 1984 -
VIII ZR 217/83, NJW 1985, 1556, 1557; BeckOGK/Reymann, BGB [1.11.2022], §
158 Rn. 95). Wäre dies richtig, hätte im Jahre 2013 kein
vormerkungsgesicherter Anspruch und damit auch kein Anspruch aus § 888 Abs.
1 BGB mehr bestanden. Dass der Anspruch mit Ausnahme der noch nicht
eingetretenen aufschiebenden Bedingungen bis zum Schluss der mündlichen
Verhandlung im Vorprozess im Jahr 2016 bestand, steht aber aufgrund der
Rechtskraftwirkung des Urteils im Vorprozess fest.
20 c)
Rechtsfehlerfrei und von der Revision unbeanstandet legt das
Berufungsgericht zugrunde, dass die aufschiebenden Bedingungen des
vormerkungsgesicherten Anspruchs mittlerweile eingetreten sind; dass sich
nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung im Vorprozess Umstände ergeben
hätten, aus denen das Nichtbestehen des Anspruchs folgt, macht die Revision
nicht geltend.
21 2. Der Anspruch auf Zustimmung zur Löschung der zu
Gunsten der Insolvenzschuldnerin eingetragenen Auflassungsvormerkung folgt -
wie das Berufungsgericht zu Recht ausführt - ebenfalls aus § 888 Abs. 1 BGB.
III.
22 Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1, § 101 Abs.
1 ZPO.
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