Reichweite der materiellen Rechtskraft (§ 322 ZPO) bei Klageabweisung als "derzeit unbegründet" (positive Rechtskraftwirkung)


BGH, Urteil vom 9. Dezember 2022 - V ZR 72/21 - KG


Fundstelle:

noch nicht bekannt


Amtl. Leitsatz:

Die Rechtskraft eines Urteils, mit dem eine Klage wegen des fehlenden Eintritts von aufschiebenden Bedingungen als derzeit unbegründet abgewiesen wird, umfasst auch die Gründe des Urteils, wenn in ihnen die übrigen Anspruchsvoraussetzungen positiv festgestellt bzw. bejaht worden sind. Ist dies der Fall, kann die Klage im Folgeprozess nicht mit der Begründung abgewiesen werden, der Anspruch habe bereits im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung im Vorprozess aus anderen Gründen als denen des fehlenden Eintritts der aufschiebenden Bedingungen nicht bestanden (im Anschluss an BGH, Urteil vom 9. Juni 2022 - III ZR 24/21, NJW 2022, 2754 Rn. 17 ff.).


Zentrale Probleme:

Bei einem klageabweisenden Urteil wächst nicht lediglich der Tenor, in Rechtskraft. Für die Reichweite der materiellen Rechtskraft, d.h. für die Frage, was für Folgeprozesse binden festgestellt ist, ist auch der aus der Begründung zu ermittelnde, die Rechtsfolge bestimmende, ausschlaggebende Abweisungsgrund von Bedeutung (und nicht lediglich ein Element der Urteilsbegründung). Wird eine Klage als "derzeit unbegründet" abgewiesen wird, stellt zugleich rechtskräftig fest, dass der Anspruch im Übrigen, d.h. bis auf den zur Zeit der letzten mündlichen Verhandlung bestehenden Hinderungsgrund (hier: Eintritt einer aufschiebenden Bedingung) bestand. Das gilt dann nicht, wenn die Klage als "jedenfalls derzeit unbegründet" abgewiesen wurde. Denn dann hat das Urteil keinerlei positiven Gehalt über das Bestehen des geltend gemachten Anspruchs, d.h. die Abweisung der Klage als "derzeit unbegründet" ist kein die Entscheidung (allein) tragender Grund.

©sl 2023


Tatbestand:

1 In dem Grundbuch der streitgegenständlichen Grundstücke, über die mehrere Kaufverträge geschlossen wurden, waren zwei Auflassungsvormerkungen (Nr. 6 und Nr. 7) eingetragen. Die vorrangige Vormerkung Nr. 6 sicherte einen Anspruch aus einem zwischen der Streithelferin und einem Zwischenerwerber geschlossenen Kaufvertrag; im Grundbuch war die Abtretung dieses Anspruchs an die frühere Beklagte und jetzige Insolvenzschuldnerin vermerkt worden. Die Vormerkung Nr. 7 sicherte einen ebenfalls gegen die Streithelferin gerichteten Auflassungsanspruch der Klägerin, der unter aufschiebenden Bedingungen stand. Eine dieser Bedingungen war, dass der Erwerb durch die Klägerin über den Zwischenerwerber scheitert, weil der Vertrag, der Grundlage des durch die Vormerkung Nr. 6 gesicherten Auflassungsanspruchs ist, nicht zur Durchführung gelangt und die Erfüllung eines zweiten zwischen dem Zwischenerwerber und der Klägerin geschlossenen Kaufvertrags deshalb nicht möglich ist. Im Folgenden wurde die Insolvenzschuldnerin aufgrund einer Sprungauflassung der Streithelferin als Eigentümerin in das Grundbuch eingetragen.

2 In einem Vorprozess stritten die Parteien darüber, welche der Vormerkungen sich bei einem Grundstückserwerb durchsetzt. Dabei ging es zum einen darum, ob - anders als im Grundbuch vermerkt - die Klägerin Zessionarin des durch die Vormerkung Nr. 6 gesicherten Anspruchs war. Darüber hinaus stritt man darüber, ob die jeweils durch die Vormerkungen gesicherten Ansprüche bestehen und insbesondere die Verträge, die diesen zugrunde liegen, formwirksam geschlossen wurden. Die Klägerin beantragte, die Insolvenzschuldnerin zu verurteilen, der Eintragung der Klägerin als Eigentümerin in das Grundbuch zuzustimmen. Diesen Antrag wies das Kammergericht mit einem rechtskräftigen Urteil aus dem Jahr 2016 nach Beweisaufnahme als zurzeit unbegründet ab. Für einen Anspruch aus § 888 Abs. 1 BGB könne sich die Klägerin zwar nicht auf die Vormerkung Nr. 6 stützen; diese sei wirkungslos, weil der zugrundeliegende Vertrag formunwirksam sei. Ein Anspruch aus § 888 Abs. 1 BGB bestehe aber im Hinblick auf die der Klägerin zustehende Vormerkung Nr. 7 dem Grunde nach. Der Vertrag, aus dem sich der durch diese Vormerkung gesicherte Anspruch ergebe, sei ordnungsgemäß beurkundet und auch sonst wirksam zustande gekommen. Der Anspruch aus § 888 Abs. 1 BGB könne aber noch nicht zuerkannt werden, da der durch die Vormerkung gesicherte Anspruch unter aufschiebenden Bedingungen stehe, die noch nicht eingetreten seien. Insbesondere stehe das Scheitern des Zwischenerwerbs erst mit Rechtskraft dieses Urteils fest; dann erst sei davon auszugehen, dass der Vertrag, der Grundlage des durch die Vormerkung Nr. 6 gesicherten Auflassungsanspruchs sei, nicht zur Durchführung gelange und die aufschiebende Bedingung insofern eingetreten sei. Außerdem fehle es noch an der aufschiebenden Bedingung der Zahlung des Kaufpreises.

3 Mit der vorliegenden Klage hat die Klägerin beantragt, die Insolvenzschuldnerin zu verurteilen, der Eintragung der Klägerin als Eigentümerin in das Grundbuch und der Löschung der zu Gunsten der Insolvenzschuldnerin eingetragenen Auflassungsvormerkung Nr. 6 zuzustimmen. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die hiergegen gerichtete Berufung hat keinen Erfolg gehabt. Im Laufe des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde ist das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Insolvenzschuldnerin eröffnet und der jetzige Beklagte als Insolvenzverwalter bestellt worden. Mit der von dem Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, verfolgt nunmehr der Beklagte das Ziel der Klageabweisung weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

4 Das Berufungsgericht meint, die Klägerin habe gegen die Insolvenzschuldnerin einen Anspruch auf Zustimmung zu ihrer Eintragung als Eigentümerin aus § 888 Abs. 1 BGB. Das Bestehen dieses Anspruchs sei dem Grunde nach bereits im Vorprozess rechtskräftig festgestellt worden. Bei einer Abweisung einer Klage als zurzeit unbegründet seien die Voraussetzungen des geltend gemachten Anspruchs, die das Gericht bejaht habe, Teil des in Rechtskraft erwachsenden Entscheidungssatzes und blieben in einem Nachfolgeprozess einer erneuten rechtlichen Würdigung entzogen. Das Kammergericht habe im Vorprozess das Bestehen des Anspruchs umfassend geprüft und eine uneingeschränkte Verurteilung nur deswegen nicht ausgesprochen, weil es an dem Eintritt von aufschiebenden Bedingungen des vormerkungsgesicherten Anspruchs, insbesondere des Scheiterns des Erwerbs des Grundstücks über einen Zwischenerwerber, gefehlt habe. Damit sei rechtskräftig festgestellt, dass die Klägerin gegen die Insolvenzschuldnerin einen Anspruch auf Zustimmung zur Eintragung habe, sobald die Bedingungen eingetreten seien. Hiervon sei nunmehr auszugehen. Dabei stehe der Eintritt der aufschiebenden Bedingung des Scheiterns des Zwischenerwerbs - wie sich aus der insoweit bindenden Entscheidung des Vorprozesses ergebe - mit der eingetretenen Rechtskraft des Urteils des Vorprozesses fest. Ein Wegfall des streitgegenständlichen Anspruchs komme nur aufgrund von Sachverhalten in Betracht, die sich nach der letzten mündlichen Verhandlung ergeben hätten. Derartige Umstände lägen nicht vor. Der weiter geltend gemachte Anspruch auf Zustimmung zur Löschung der zu Gunsten der Insolvenzschuldnerin eingetragenen Auflassungsvormerkung folge ebenfalls aus § 888 Abs. 1 BGB.

II.

5 Das hält revisionsrechtlicher Nachprüfung stand.

6 1. Zu Recht geht das Berufungsgericht davon aus, dass die Klägerin gegen den Beklagten einen Anspruch aus § 888 Abs. 1 BGB auf Zustimmung zu ihrer Eintragung als Eigentümerin in das Grundbuch hat.

7 a) Wie das Berufungsgericht zutreffend ausführt, steht rechtskräftig fest, dass zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung im Vorprozess die Anspruchsvoraussetzungen des § 888 Abs. 1 BGB mit Ausnahme des vom Gericht des Vorprozesses verneinten Eintritts der aufschiebenden Bedingungen des gesicherten Anspruchs erfüllt waren.

8 aa) Die Rechtskraft eines Urteils, mit dem eine Klage wegen des fehlenden Eintritts von aufschiebenden Bedingungen als derzeit unbegründet abgewiesen wird, umfasst auch die Gründe des Urteils, soweit in ihnen die übrigen Anspruchsvoraussetzungen positiv festgestellt bzw. bejaht worden sind.

9 (1) Geklärt ist in der höchstrichterlichen Rechtsprechung, dass bei der Abweisung einer Zahlungsklage als derzeit unbegründet gemäß § 322 Abs. 1 ZPO in Rechtskraft erwächst, dass der Kläger bis zu dem Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung keinen zur Zahlung fälligen Anspruch gegen den Beklagten hatte (vgl. hierzu Senat, Urteil vom 6. Oktober 1989 - V ZR 263/86, WM 1989, 1897, 1898; BGH, Urteil vom 28. Juli 2011 - VII ZR 180/10, NJW-RR 2011, 1528 Rn. 12; Beschluss vom 23. Januar 2014 - VII ZB 49/13, NJW 2014, 1306 Rn. 11). Die zitierten Entscheidungen betrafen jeweils Konstellationen, in denen die Vorinstanzen diese Wirkung der Rechtskraft verkannt, also einen fälligen Anspruch in dem Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung des Vorprozesses angenommen hatten.

10 (2) Umstritten war bisher, inwieweit einer Klageabweisung als zurzeit unbegründet neben dieser „negativen“ Rechtskraftwirkung zu Lasten des Klägers auch eine „positive“ Rechtskraftwirkung dahingehend zukommen kann, dass zu Gunsten des Klägers das Vorliegen bestimmter Voraussetzungen des Anspruchs feststeht (offen gelassen von BGH, Urteil vom 4. Mai 2000 - VII ZR 53/99, BGHZ 144, 242, 245). Diese Frage hat der III. Zivilsenat in einer nach Verkündung des Urteils des Berufungsgerichts ergangenen Entscheidung in einem Fall, in dem in einem Vorprozess ein Amtshaftungsanspruch gegen einen Notar (§ 19 Abs. 1 Satz 1 BNotO) umfassend geprüft und sodann allein wegen des Bestehens einer anderweitigen Ersatzmöglichkeit abgewiesen worden war, bejaht (vgl. Urteil vom 9. Juni 2022 - III ZR 24/21, NJW 2022, 2754 Rn. 17 ff. mit umfangreichen Nachweisen zum Streitstand). Danach erstreckt sich die Rechtskraft eines die Klage als zurzeit unbegründet abweisenden Urteils auch darauf, dass im Übrigen die Voraussetzungen des Anspruchs erfüllt sind, wenn und soweit diese in den Entscheidungsgründen bejaht bzw. positiv festgestellt worden sind. Für die Bestimmung des Umfangs der Rechtskraft seien bei klageabweisenden Urteilen Tatbestand und Entscheidungsgründe ergänzend heranzuziehen. Eine Klageabweisung als zurzeit unbegründet wegen des Bestehens einer anderweitigen Ersatzmöglichkeit dürfe bei einem Anspruch aus § 19 Abs. 1 Satz 1 BNotO nur dann erfolgen, wenn die übrigen Anspruchsvoraussetzungen geprüft und für gegeben erachtet worden seien. Habe das Gericht diese Prüfung - wie geboten - vorgenommen und die übrigen Voraussetzungen des Amtshaftungsanspruchs als erfüllt angesehen, dann - so der III. Zivilsenat - müsse das Vorliegen der bei der Prüfung bejahten Tatbestandsmerkmale Teil des in Rechtskraft erwachsenden Entscheidungssatzes sein.

11 (3) Entsprechendes gilt für den hier vorliegenden Fall einer Klageabweisung als derzeit unbegründet wegen des fehlenden Eintritts von aufschiebenden Bedingungen. Der überzeugenden Argumentation des III. Zivilsenats schließt sich der V. Zivilsenat an und hält sie auch in dieser Konstellation für einschlägig.

12 (a) Allerdings erwächst nicht der gesamte Urteilsinhalt in Rechtskraft. Die Rechtskraft beschränkt sich vielmehr auf die Rechtsfolge, die den Entscheidungssatz bildet, den das Gericht aus dem Sachverhalt durch dessen Subsumtion unter das objektive Recht erschlossen hat. Bei einer klagabweisenden Entscheidung ist jedoch der aus der Begründung zu ermittelnde, die Rechtsfolge bestimmende, ausschlaggebende Abweisungsgrund Teil des in Rechtskraft erwachsenden Entscheidungssatzes und nicht allein ein Element der Urteilsbegründung (Senat, Urteil vom 6. Oktober 1989 - V ZR 263/86, WM 1989, 1897, 1899 mwN; vgl. auch Beschluss vom 7. Juli 2022 - V ZB 75/21, NZM 2022, 754 Rn. 11; BGH, Urteil vom 23. September 1992 - I ZR 224/90, NJW 1993, 333, 334; Urteil vom 24. Juni 1993 - III ZR 43/92, NJW 1993, 3204, 3205). Bejaht das Gericht in dem Vorprozess, in dem der Beklagte die unbeschränkte Klageabweisung beantragt, die Voraussetzungen des geltend gemachten Anspruchs mit Ausnahme des Eintritts von aufschiebenden Bedingungen, handelt es sich bei der Bejahung der Anspruchsvoraussetzungen nicht allein um ein Element der Urteilsbegründung und eine Vorfrage, sondern gemessen an dem Rechtsschutzziel des Beklagten um einen ausschlaggebenden Abweisungsgrund. Der Beklagte, der eine unbeschränkte Klageabweisung beantragt, ist aufgrund seines weitergehenden Rechtsschutzziels beschwert, soweit (lediglich) eine Abweisung als derzeit unbegründet erfolgt (vgl. BGH, Urteil vom 21. April 1988 - VII ZR 372/86, NJW 1988, 1982, 1983; Urteil vom 4. Mai 2000 - VII ZR 53/99, NJW 2000, 2988, 2989). Er kann daher - jedenfalls mit einem Rechtsmittel - erreichen, dass gerichtlich geprüft wird, inwieweit der geltend gemachte Anspruch unbeschränkt abzuweisen ist, weil er endgültig nicht besteht. Kommt das Gericht bei dieser Prüfung zu dem Ergebnis, dass die Anspruchsvoraussetzungen - mit Ausnahme des Eintritts der aufschiebenden Bedingungen - gegeben sind, kann es diesem weitergehenden Rechtsschutzziel des Beklagten nur deshalb nicht entsprechen, weil es die übrigen Anspruchsvoraussetzungen in den Entscheidungsgründen als gegeben ansieht. Im Hinblick auf das Rechtsschutzziel der unbeschränkten Klageabweisung ist die Bejahung der übrigen Anspruchsvoraussetzungen damit tragender Abweisungsgrund.

14 (b) Dann ist es aber folgerichtig, dass die Bejahung der Anspruchsvoraussetzungen „positiv“ zugunsten des Klägers wirkt. Dieses Ergebnis ist auch deswegen überzeugend, weil andernfalls der Kläger in einem Folgeprozess gegebenenfalls gezwungen wäre, die bereits geprüften und bejahten Anspruchsvoraussetzungen nochmals zu beweisen. Der Beklagte könnte also durch erneutes Bestreiten erreichen, dass eine umfassende Prüfung derselben Anspruchsvoraussetzungen sowohl im Vorprozess als auch im Folgeprozess stattfindet. Ein derartiges Ergebnis wäre aus prozessökonomischer Sicht unsinnig, weil es die Ergebnisse des Vorprozesses entwertete.

15 (c) Soweit das Gericht des Vorprozesses bei einer Klageabweisung als zurzeit unbegründet wegen des fehlenden Eintritts von aufschiebenden Bedingungen in den Entscheidungsgründen das Bestehen des geltend gemachten Anspruchs - mit Ausnahme des Eintritts von aufschiebenden Bedingungen - bejaht hat, ist es dem Beklagten aufgrund der Rechtskraftwirkung dieses Urteils im Folgeprozess mithin verwehrt, Einwendungen und Einreden gegen das Bestehen des Anspruchs geltend zu machen, die bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung bzw. dem diesem entsprechenden Zeitpunkt des Vorprozesses entstanden sind (vgl. zum maßgeblichen Zeitpunkt BGH, Urteil vom 28. Juli 2011 - VII ZR 180/10, NJW-RR 2011, 1528 Rn. 13; Beschluss vom 23. Januar 2014 - VII ZB 49/13, NJW 2014, 1306 Rn. 11). Die Klage kann im Folgeprozess nicht mit der Begründung abgewiesen werden, der Anspruch habe bereits im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung im Vorprozess aus anderen Gründen als denen des fehlenden Eintritts der aufschiebenden Bedingungen nicht bestanden.
Hat allerdings das Gericht keine Prüfung des Anspruchs dem Grunde nach vorgenommen, sondern die Klage der Sache nach lediglich als „jedenfalls derzeit unbegründet“ abgewiesen, besteht eine derartige Rechtskraftwirkung nicht. Denn mangels Prüfung des Anspruchs dem Grunde nach liegt insofern schon kein tragender Abweisungsgrund vor (vgl. auch BGH, Urteil vom 9. Juni 2022 - III ZR 24/21, NJW 2022, 2754 Rn. 23 f.).

15 (4) Dieses Ergebnis, das in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts steht (vgl. BAGE 166, 36 Rn. 22), widerspricht auch nicht den Ausführungen des XI. Senats in seinen Urteilen vom 10. November 2020 (XI ZR 426/19, WM 2021, 44 Rn. 22) und vom 30. März 2021 (XI ZR 193/20, BKR 2021, 371 Rn. 18). Zwar wird dort ausgeführt, dass nach einer Abweisung als derzeit unbegründet „lediglich“ in Rechtskraft erwachse, dass der Kläger gegen den Beklagten bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung keinen zur Zahlung fälligen Anspruch habe, nicht dagegen, dass der Beklagte einem solchen Anspruch nicht weitere Einreden und Einwendungen entgegenhalten könne. Diese Ausführungen bezogen sich aber jeweils auf eine Klageabweisung als „jedenfalls derzeit unbegründet“; eine Prüfung und Bejahung des Anspruchs dem Grunde nach war dort nicht erfolgt (vgl. Urteil vom 10. November 2020 - XI ZR 426/19, WM 2021, 44 Rn. 21 f.; Urteil vom 30. März 2021 - XI ZR 193/20, BKR 2021, 371 Rn. 16 u. 18). Dann kann sich die Rechtskraft - wie ausgeführt -nicht „positiv“ auf bestimmte Anspruchsvoraussetzungen erstrecken (vgl. oben Rn. 14).

16 bb) Nach diesen Grundsätzen steht hier rechtskräftig fest, dass zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung im Vorprozess im Jahr 2016 die Anspruchsvoraussetzungen des § 888 Abs. 1 BGB mit Ausnahme des von dem Gericht des Vorprozesses verneinten Eintritts der aufschiebenden Bedingungen erfüllt waren. Denn das Kammergericht hat im Vorprozess in den Urteilsgründen die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Zustimmung aus § 888 Abs. 1 BGB umfassend geprüft und ausgeführt, dass diese mit Ausnahme des Eintritts von aufschiebenden Bedingungen sämtlich vorlägen.

17 b) Aufgrund dieser Rechtskraftwirkung des Urteils des Vorprozesses kann die Revision mit ihren Einwendungen gegen den Anspruch aus § 888 Abs. 1 BGB nicht durchdringen. Dem Beklagten ist es verwehrt, Einwendungen und Einreden gegen das Bestehen des Anspruchs - mit Ausnahme des Nichteintritts der aufschiebenden Bedingungen - geltend zu machen, die bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung des Vorprozesses im Jahr 2016 entstanden sind.

18 aa) Die Einwendungen der Revision, der zwischen der Klägerin und der Streithelferin geschlossene Kaufvertrag sei zum einen formunwirksam und zum anderen nach § 138 BGB unwirksam, sind - da sie bereits vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung im Vorprozess entstanden waren - im hiesigen Prozess nicht zu prüfen. Dabei kommt es aufgrund des rechtskräftigen Urteils des Vorprozesses nicht darauf an, ob jede dieser Einwendungen bereits im Vorprozess konkret geltend gemacht bzw. geprüft worden ist; anders wäre es nur, wenn die Klage als „jedenfalls derzeit unbegründet“ abgewiesen worden, eine Prüfung des Anspruchs also insgesamt unterblieben wäre (vgl. oben Rn. 14).

19 bb) Auch mit dem Einwand, eine der aufschiebenden Bedingungen des vormerkungsgesicherten Anspruchs, nämlich das Scheitern des Erwerbs über den Zwischenerwerber, sei noch nicht eingetreten, kann die Revision nicht durchdringen. Sie führt insoweit aus, die aufschiebende Bedingung könne - bei richtiger Auslegung der entsprechenden vertraglichen Vereinbarung - aufgrund von Umständen, die sich bereits im Jahre 2013 ereignet hätten, nicht mehr eintreten. Damit macht sie der Sache nach geltend, die Bedingung sei bereits im Jahr 2013 ausgefallen. Dies hätte zur Folge gehabt, dass der Kaufvertrag in diesem Zeitpunkt endgültig unwirksam geworden wäre (vgl. BGH, Urteil vom 26. November 1984 - VIII ZR 217/83, NJW 1985, 1556, 1557; BeckOGK/Reymann, BGB [1.11.2022], § 158 Rn. 95). Wäre dies richtig, hätte im Jahre 2013 kein vormerkungsgesicherter Anspruch und damit auch kein Anspruch aus § 888 Abs. 1 BGB mehr bestanden. Dass der Anspruch mit Ausnahme der noch nicht eingetretenen aufschiebenden Bedingungen bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung im Vorprozess im Jahr 2016 bestand, steht aber aufgrund der Rechtskraftwirkung des Urteils im Vorprozess fest.

20 c) Rechtsfehlerfrei und von der Revision unbeanstandet legt das Berufungsgericht zugrunde, dass die aufschiebenden Bedingungen des vormerkungsgesicherten Anspruchs mittlerweile eingetreten sind; dass sich nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung im Vorprozess Umstände ergeben hätten, aus denen das Nichtbestehen des Anspruchs folgt, macht die Revision nicht geltend.

21 2. Der Anspruch auf Zustimmung zur Löschung der zu Gunsten der Insolvenzschuldnerin eingetragenen Auflassungsvormerkung folgt - wie das Berufungsgericht zu Recht ausführt - ebenfalls aus § 888 Abs. 1 BGB.

III.

22 Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1, § 101 Abs. 1 ZPO.