Begriff der Ausfallbürgschaft; Regress des
Ausfallbürgen gegen den Bürgen analog §§ 774 II, 426 I BGB; cessio legis
nach § 774 I BGB, Einwendungserhalt, kein Ausschluss durch AGB (Verstoß
gegen § 307 BGB), Akzessorietät der Bürgenhaftung
BGH, Versäumnisurteil vom 20. März
2012 - XI ZR 234/11
Fundstelle:
NJW 2012, 1946
Amtl. Leitsatz:
Befriedigt der im Verhältnis zum Regelbürgen nur
subsidiär haftende Ausfallbürge den Gläubiger der Hauptforderung, so steht
ihm ein interner Ausgleichsanspruch gegen den Regelbürgen zu, der
selbständig neben die kraft Gesetzes mit der Hauptforderung auf den
Ausfallbürgen übergehende Bürgschaftsforderung gegen den Regelbürgen tritt.
Zentrale Probleme:
Eine sehr lehrreiche
Entscheidung zum Bürgschaftsrecht, die über die besondere Konstellation der
Ausfallbürgschaft sehr klar die Regressfragen im Falle der Bürgschaft
darlegt. Hier hatte der Ausfallbürge den Hauptschuldner befriedigt und geht
im Regresswege gegen den Hauptbürgen vor. Das kann er zunächst (mittelbar)
aus der auf ihn gem. § 774 BGB übergegangenen Hauptforderung, weil er mit
dieser gem. §§ 413, 401 BGB auch den Anspruch gegen den Hauptbürgen erwirbt.
Wird dieser in Anspruch genommen, kann er sich aber - wie hier - gem. § 768
BGB auf die Verjährung der Hauptforderung berufen. Davon zu unterscheiden
ist ein interner Ausgleichsanspruch zwischen den Bürgen. Diesen sieht §§ 774
II, 426 BGB nur für gleichstufige Mitbürgen vor. Diese Regelung wendet der
Senat aber mit überzeugender Begründung auch auf das Verhältnis zwischen
Haupt- und Ausfallbürgen an. Zu einem vollen Regress kommt er darüber, dass
hier durch den speziellen Charakter der Ausfallbürgschaft i.S.v. § 426 I BGB
"etwas anderes bestimmt ist". Lesen!
©sl 2012
Tatbestand:
1 Die klagende Bank begehrt als
Ausfallbürgin vom Beklagten als Regelbürgen Ersatz des von ihr auf die
Ausfallbürgschaft an die Gläubigerin gezahlten Betrages.
2 Die Sparkasse D. (im Folgenden: Sparkasse) gewährte der Ehefrau des
Beklagten (Hauptschuldnerin) gemäß Vertrag vom 20. Dezember 1979 ein
Existenzgründungs-Darlehen über 105.000 DM, für das der Beklagte sich
selbstschuldnerisch verbürgte. Daneben übernahm eine Rechtsvorgängerin der
Klägerin (im Folgenden: Klägerin), die als Selbsthilfeeinrichtung der
hessischen Wirtschaft Ausfallbürgschaften für Kredite gewährt, die nach
bankmäßigen Grundsätzen nicht gesichert werden können, eine
Ausfallbürgschaft bis zum Höchstbetrag von 80.000 DM. Im Jahre 1981 kündigte
die Sparkasse den Darlehensvertrag mit der Hauptschuldnerin wegen
Zahlungsrückstands und nahm die Klägerin aus der Ausfallbürgschaft in
Anspruch. Von einer Inanspruchnahme des Beklagten aus dessen
selbstschuldnerischer Bürgschaft sah die Sparkasse seinerzeit ab, weil - wie
sie der Klägerin mit Schreiben vom 17. Februar 1982 mitteilte - die Eheleute
in der Liste der Insolvenzen und Schuldnerverzeichnisse 12/81 aufgeführt
seien. Die Klägerin überwies der Sparkasse einen Betrag von 78.000 DM als
Abschlagszahlung auf den voraussichtlich eintretenden Kreditausfall. Mit an
die Sparkasse gerichtetem Schreiben vom 16. Juli 1982 bezifferte sie den
endgültigen Kreditausfall mit 77.425,89 DM. Durch rechtskräftiges Urteil des
Amtsgerichts O. vom 2. Juni 1993 ( ) wurde der Beklagte, der im März 1985
notariell seine Vermögenslosigkeit erklärt hatte, aufgrund einer
entsprechenden Teilklage verurteilt, gesamtschuldnerisch mit der
Hauptschuldnerin 6.000 DM an die Klägerin zu zahlen.
3 Mit der vorliegenden Klage nimmt die Klägerin den Beklagten erneut aus
dessen selbstschuldnerischer Bürgschaft in Anspruch, wobei sie ihre
Regressforderung unter Berücksichtigung der Ergebnisse aus der Verwertung
anderweitiger Sicherheiten sowie sonstiger Zahlungen, unter anderem der
Urteilssumme aus dem vorgenannten amtsgerichtlichen Urteil, zuletzt mit
30.763,16 € beziffert hat.
4 Das Landgericht hat der Klage zum überwiegenden Teil stattgegeben. Es hat
den Beklagten verurteilt, an die Klägerin 30.038,76 € nebst Zinsen zu
zahlen, festgestellt, dass der Rechtsstreit sich in Höhe eines Teilbetrags
von 1.029,01 € in der Hauptsache erledigt hat, und die Klage im Übrigen
abgewiesen. Auf die hiergegen gerichtete Berufung des Beklagten hat das
Berufungsgericht unter Aufrechterhaltung der Feststellung einer
Teilerledigung die Klage hinsichtlich des vom Landgericht zuerkannten
Zahlungsantrags auf die vom Beklagten in zweiter Instanz erhobene
Verjährungseinrede abgewiesen.
5 Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren
zweitinstanzlich erfolglos gebliebenen Antrag auf Zurückweisung der Berufung
des Beklagten weiter.
Entscheidungsgründe:
6 Die Revision ist begründet. Sie führt unter Aufhebung des Berufungsurteils
zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I.
7 Zur Begründung seiner Entscheidung hat das Berufungsgericht im
Wesentlichen ausgeführt:
8 Die Klage sei, soweit der Zahlungsanspruch noch geltend gemacht werde,
abzuweisen, da die Forderung der Sparkasse gegen die Hauptschuldnerin aus
dem Darlehensvertrag vom 20. Dezember 1979 verjährt sei. Die Verjährung sei
gemäß § 195 BGB nF i. V. m. Art. 229 § 6 Abs. 4 EGBGB mit Ablauf des 31.
Dezember 2004 eingetreten. Damit sei nicht nur die Hauptschuldnerin
berechtigt, die Leistung zu verweigern (§ 214 BGB nF), sondern im Hinblick
auf die Akzessorietät der Bürgschaft auch der Beklagte als Bürge.
9 Gemäß § 768 Abs. 1 Satz 1 BGB könne der Bürge sich auf die Verjährung der
Hauptforderung berufen. Die Berufung hierauf sei dem Beklagten im Streitfall
nicht schon deshalb versagt, weil Verjährung erst nach seiner gerichtlichen
Inanspruchnahme aus der Bürgschaft eingetreten sei. Nach ständiger
Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs unterbreche eine Klage gegen den
Bürgen die Verjährung des gesicherten Anspruchs gegen den Hauptschuldner
nicht. Der Bürge könne sich daher auch dann noch auf die Einrede der
Verjährung der Hauptforderung berufen, wenn die Verjährung erst nach
Erhebung der Bürgschaftsklage eintrete; dies könne sogar noch nach
rechtskräftiger Verurteilung im Wege der Vollstreckungsgegenklage geschehen.
10 Die Bürgschaft begründe eine von der Verbindlichkeit des Hauptschuldners
verschiedene, einseitig übernommene Verbindlichkeit des Bürgen. Ihr
Rechtscharakter bestimme sich nicht aus der Natur der Hauptschuld. Ihre
Abhängigkeit von der gesicherten Hauptschuld (Akzessorietät) solle nur
sicherstellen, dass der Gläubiger vom Bürgen das bekomme, was er vom
Hauptschuldner nach dem jeweiligen Bestand der Hauptschuld zu bekommen habe.
Eine Verschlechterung seiner Rechtsstellung durch eine Erweiterung der
Hauptschuld, die nicht auf die Zahlungsunfähigkeit oder -unwilligkeit des
Hauptschuldners zurückzuführen sei, müsse der Bürge sich nicht zurechnen
lassen.
11 Im Hinblick auf die erhobene Einrede der Verjährung seien die weiteren
vom Beklagten mit der Berufung vorgebrachten Einwände gegen die
Klageforderung nicht mehr entscheidungserheblich.
II.
12 Über die Revision der Klägerin ist, da der Beklagte trotz ordnungsgemäßer
Ladung im Termin nicht vertreten war, durch Versäumnisurteil zu entscheiden,
das aber inhaltlich nicht auf der Säumnis, sondern auf einer sachlichen
Prüfung des Antrags beruht (vgl. BGH, Urteil vom 4. April 1962 - V ZR
110/60, BGHZ 37, 79, 81).
13 Die Ausführungen des Berufungsgerichts halten einer
revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Die von der Klägerin geltend
gemachte Regressforderung ist nicht verjährt.
14 1. Mit Recht und von der Revision jedenfalls im Ergebnis
unbeanstandet ist das Berufungsgericht allerdings davon ausgegangen, dass
der Beklagte seiner Inanspruchnahme aus der auf die Klägerin übergegangenen
Bürgschaftsforderung aus der selbstschuldnerischen Bürgschaft die Einrede
der Verjährung der Hauptforderung entgegenhalten kann.
15 a) Bestehen - wie hier - zur Sicherung der Hauptforderung des
Gläubigers gegen den Hauptschuldner sowohl eine selbstschuldnerische
(Regel-) Bürgschaft als auch eine Ausfallbürgschaft und befriedigt der
Ausfallbürge den Gläubiger, so erwirbt er nach § 774 Abs. 1, §§ 412, 401 BGB
mit der Forderung des Gläubigers gegen den Hauptschuldner als Nebenrecht die
(Bürgschafts-) Forderung des Gläubigers gegen den Regelbürgen
(allg. Meinung, vgl. OLG Hamburg, OLGR 1997, 1, 2; OLG Hamm, NZM 2002, 563,
564; OLG Brandenburg, Urteil vom 26. November 2005 - 4 U 31/05, juris Rn.
38; Staudinger/Horn, BGB (1997), § 771 Rn. 17; MünchKommBGB/Habersack, 5.
Aufl., § 774 Rn. 22; Soergel/Häuser, BGB, 12. Aufl., Vor § 765 Rn. 38;
Soergel/Pecher, BGB, 12. Aufl., § 769 Rn. 11; Erman/Herrmann, BGB, 13.
Aufl., § 769 Rn. 3). Gegenüber seiner auf diesen Forderungsübergang
gestützten Inanspruchnahme aus der Bürgschaftsforderung kann sich der
Regelbürge freilich, auch wenn ihm - wie im Streitfall - die Einrede der
Vorausklage nicht zusteht, gemäß § 768 Abs. 1 Satz 1 BGB auf die Verjährung
der Hauptforderung berufen; insofern kann im Verhältnis des Regel- zum
Ausfallbürgen nichts anderes gelten als in der Beziehung des Regelbürgen zum
Gläubiger der Hauptforderung (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 9. Juli
1998 - IX ZR 272/96, BGHZ 139, 214, 216 mwN).
16 b) Gegen diese rechtliche Bewertung als solche wendet sich auch die
Revision nicht. Sie beanstandet insoweit lediglich, das Berufungsgericht
habe übersehen, dass vorliegend die Klägerin einen Ausgleich vom Beklagten
als "Mitbürgen" verlange und die vorstehenden Grundsätze auf dieses
Verhältnis (dazu sogleich unter 2.) "nicht schlicht übertragen werden"
könnten. Damit greift die Revision die Feststellung des Berufungsgerichts,
hinsichtlich der Hauptforderung der Sparkasse gegen die Hauptschuldnerin aus
dem Darlehensvertrag vom 20. Dezember 1979 sei mangels diesbezüglicher
verjährungsunterbre-chender Maßnahmen mit Ablauf des 31. Dezember 2004
Verjährung eingetreten, als solche ebenfalls nicht an. Revisionsrechtlich
beachtliche Rechtsfehler sind insoweit auch nicht ersichtlich.
17 Zwar enthält der vom Beklagten als Bürge mit unterzeichnete
Darlehensvertrag zwischen der Sparkasse und der Hauptschuldnerin vom 20.
Dezember 1979 hinsichtlich der Bürgenhaftung eine formularmäßige
Ausschlussklausel, wonach der Bürge auf die Einreden der Anfechtbarkeit und
der Aufrechenbarkeit gemäß § 770 BGB sowie auf die Einrede der Verjährung
der Hauptschuld verzichtet und auf die sonstigen Einreden nach § 768 BGB
insoweit verzichtet wird, als sie nicht unbestritten oder nicht
rechtskräftig festgestellt sind.
18 Hierauf kommt es aber im Ergebnis nicht an. Denn ein derart
weitgehender klauselmäßiger Ausschluss des § 768 BGB durchbricht den
Akzessorietätsgrundsatz, wonach die Bürgschaft vom jeweiligen Bestand der
Hauptschuld abhängig ist, und den damit verbundenen Bürgenschutz so
nachhaltig, dass er einem umfassenden Ausschluss gleichkommt. Eine solche
Allgemeine Geschäftsbedingung ist daher gemäß § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB (§ 9
Abs. 2 Nr. 1 AGBG) unwirksam (vgl. BGH, Urteile vom 5. April 2001 -
IX ZR 276/98, WM 2001, 1060, 1062 für eine inhaltsgleiche Klausel, vom 1.
Oktober 2002 - IX ZR 443/00, WM 2002, 2278, 2280 und vom 16. Juni 2009 - XI
ZR 145/08, BGHZ
181, 278 Rn. 29).
19 2. Im Ergebnis zu Recht beanstandet die Revision dagegen, das
Berufungsgericht habe sich allein mit der auf die Klägerin übergegangenen
Darlehensforderung der Sparkasse als der Hauptschuld und der insoweit
bestehenden Bürgschaftsverpflichtung des Beklagten, nicht aber mit
dem Ausgleichsverhältnis der Parteien als Bürgen untereinander befasst. Aus
diesem Rechtsverhältnis steht der Klägerin nämlich ein eigenständiger, vom
Berufungsgericht in der angefochtenen Entscheidung außer Acht gelassener
Rückgriffsanspruch gegen den Beklagten entsprechend § 774 Abs. 2, § 426 Abs.
1 BGB zu, der nicht verjährt ist.
20 a) Gemäß § 769 BGB haften mehrere Bürgen, die sich für dieselbe
Verbindlichkeit verbürgt haben, als Gesamtschuldner, auch wenn sie die
Bürgschaft nicht gemeinschaftlich übernehmen. Nach § 774 Abs. 2 BGB haften
Mitbürgen einander nur nach § 426 BGB. Der im Gemeinschaftsverhältnis der
mehreren Bürgen wurzelnde originäre Ausgleichsanspruch nach § 426 Abs. 1 BGB
tritt selbständig neben den übergeleiteten Anspruch des Gläubigers (§ 426
Abs. 2 BGB) und ist daher von diesem zu unterscheiden (vgl. BGH,
Urteile vom 11. Juni 1992 - IX ZR 161/91, WM 1992, 1312, 1313 und vom 13.
Januar 2000 - IX ZR 11/99, WM 2000, 408, 409; allgemein s. BGH, Urteil vom
30. Oktober 1980 - III ZR 132/79, NJW 1981, 681).
21 b) Allerdings setzt der bereits mit Begründung der Gesamtschuld
entstehende (BGH, Urteil vom 11. Juni 1992 - IX ZR 161/91, WM 1992,
1312, 1313 mwN) Anspruch auf internen Verlustausgleich zwischen
mehreren Bürgen deren Stellung als Mitbürgen voraus.
Ausfallbürge und Regelbürge sind jedoch nach einhelliger Auffassung in
Rechtsprechung (BGH, Urteile vom 15. Mai 1986 - IX ZR 96/85, WM
1986, 961, 963 und vom 14. Juli 1983 - IX ZR 40/82, BGHZ 88, 185, 188, 190)
und Schrifttum (MünchKommBGB/Habersack, 5. Aufl., § 769 Rn.
3; Erman/Herrmann, BGB, 13. Aufl., § 769 Rn. 3; Bamberger/Roth/Rohe, BGB, 3.
Aufl., § 774 Rn. 15; Jauernig/Stadler, BGB, 14. Aufl., § 769 Rn. 2)
keine Mitbürgen im Sinne von § 769 BGB.
22 Bei einer Ausfallbürgschaft hat der Ausfallbürge dem Gläubiger im
Regelfall von vornherein nur für den Fehlbetrag einzustehen, mit dem der
Gläubiger bei der Zwangsvollstreckung in das gesamte Vermögen des
Hauptschuldners und der Verwertung etwaiger anderer Sicherheiten trotz
Anwendung gehöriger Sorgfalt endgültig ausfällt (BGH, Urteile vom
12. Januar 1972 - VIII ZR 26/71, WM 1972, 335, 337, vom 18. Oktober 1978 -
VIII ZR 278/77, WM 1978, 1267 f., vom 2. Februar 1989 - IX ZR 99/88, NJW
1989, 1484, 1485, vom 25. Juni 1992 - IX ZR 24/92, WM 1992, 1444, 1445, vom
19. März 1998 - IX ZR 120/97, WM 1998, 976, 979 und vom 10. Dezember 1998 -
IX ZR 156/98, WM 1999, 173, 177). Im Gegensatz zur gewöhnlichen
Bürgschaft ist der Ausfallbürge daher nicht auf die Einrede der Vorausklage
angewiesen (BGH, Urteil vom 2. Februar 1989 - IX ZR 99/88, NJW
1989, 1484, 1485; s. auch Senatsurteil vom 18. September 2007 - XI ZR
447/06, WM 2007, 2230 Rn. 11). Seine Haftung ist vielmehr schon
wesensmäßig subsidiär (BGH, Urteil vom 25. Juni 1992 - IX ZR 24/92,
WM 1992, 1444, 1445) und stellt im Allgemeinen das Gegenteil der
selbstschuldnerischen Bürgschaft dar (BGH, Urteil vom 19. März 1998
- IX ZR 120/97, WM 1998, 976, 979). Dass im Streitfall eine - grundsätzlich
mögliche (vgl. BGH, Urteil vom 25. Juni 1992 - IX ZR 24/92, WM 1992, 1444,
1445) - Vereinbarung über einen vom Regelfall abweichenden Umfang der
Ausfallhaftung der Klägerin getroffen wurde, ist weder vorgetragen noch
sonst ersichtlich.
23 Mit Rücksicht auf die bloß subsidiäre Haftung des Ausfallbürgen
fehlt es deshalb an dem für die Gesamtschuld konstitutiven (vgl.
nur Palandt/ Grüneberg, BGB, 71. Aufl., § 421 Rn. 7) Merkmal der
Gleichstufigkeit seiner Eintrittspflicht mit derjenigen des Regelbürgen.
24 c) Die im Verhältnis zum Regelbürgen bestehende Subsidiarität der
Eintrittspflicht des Ausfallbürgen schließt gleichwohl einen internen
Ausgleichsanspruch des Ausfall- gegenüber dem Regelbürgen entsprechend der
Rechtslage unter Mitbürgen nicht aus. Im Gegenteil gebietet sie sogar die
Zuerkennung eines solchen Anspruchs in entsprechender Anwendung von § 774
Abs. 2, § 426 Abs. 1 BGB. Denn andernfalls würde die bei der
Ausfallbürgschaft beabsichtigte Privilegierung des Ausfallbürgen geradezu in
ihr Gegenteil verkehrt und der Ausfallbürge eben wegen dieser Privilegierung
im Ergebnis deutlich schlechter als ein Regelbürge behandelt, obwohl er
aufgrund seiner bloß subsidiären Haftung besonderen Schutz genießen soll.
25 aa) Die Vereinbarung einer Ausfallbürgschaft verstärkt, wie
vorstehend unter b) dargestellt, lediglich die in § 771 BGB bereits
angelegte Subsidiariät der Bürgenhaftung. Die Ausfallbürgschaft soll nicht
den Regelbürgen, der für den dem Hauptschuldner gewährten Kredit ohnehin
stets einzustehen hat, begünstigen, sondern vielmehr den Kreditgeber gegen
das Risiko der Leistungsunfähigkeit des vorrangig haftenden Regelbürgen
absichern. Wollte man angesichts dessen dem Ausfallbürgen
den eigenständigen Ausgleichsanspruch entsprechend § 774 Abs. 2, § 426 Abs.
1 BGB gegen den Regelbürgen versagen, würde dies zu dem sachwidrigen
Ergebnis führen, dass der - im Verhältnis zum Regelbürgen gerade
privilegierte - Ausfallbürge hinsichtlich seiner Regressmöglichkeiten
schlechter stünde als der Regelbürge. Während nämlich der
Ausfallbürge dann insoweit ausschließlich auf die mit der Befriedigung des
Gläubigers kraft Gesetzes (§ 774 Abs. 1 Satz 1 BGB) auf ihn übergehende
Hauptforderung nebst den diesbezüglichen Sicherungsrechten (§§ 412, 401
BGB), insbesondere also die - ggf. Einreden und Einwendungen aus diesem
Rechtsverhältnis ausgesetzte - Bürgschaftsforderung gegen den Regelbürgen
zurückgreifen könnte, stünde Regelbürgen untereinander daneben noch der
originäre, von dem aufgrund der Legalzession übergeleiteten Anspruch zu
trennende selbständige Ausgleichsanspruch gemäß § 426 Abs. 1 BGB zur
Verfügung. Sind aber mehrere Regelbürgen untereinander nach § 426 Abs. 1 BGB
ausgleichspflichtig, muss das zu Gunsten des im Verhältnis zu einem
Regelbürgen lediglich nachrangig haftenden Ausfallbürgen daher erst recht
gelten. Dass der den Gläubiger befriedigende Ausfallbürge beim
vorrangig haftenden Regelbürgen dabei nicht nur anteilig, sondern in
vollem Umfang Rückgriff nehmen kann, folgt daraus, dass insoweit im
Verhältnis von Regel- und Ausfallbürge wegen der vorrangigen Haftung des
Ersteren im Sinne von § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB "ein anderes bestimmt ist".
26 bb) Soweit Rechtsprechung und Literatur sich mit dem Verhältnis von
Ausfall- und Regelbürgen befassen, werden keine rechtlichen Gesichtspunkte
aufgezeigt, die für die hier in Rede stehende Konstellation der Befriedigung
des Gläubigers durch den Ausfallbürgen einem auf vollständigen Ersatz
gerichteten internen Rückgriffsanspruch gegen den Regelbürgen in
entsprechender Anwendung von § 774 Abs. 2, § 426 Abs. 1 BGB entgegen stehen.
27 (1) Das gilt zunächst insoweit, als hierbei lediglich für den -
umgekehrten - Fall der Befriedigung des Gläubigers durch den Regelbürgen
eine gemäß § 774 Abs. 1, §§ 401, 412 BGB mit dem Übergang der Hauptforderung
erfolgende Übertragung der Bürgschaftsforderung gegen den Ausfallbürgen auf
den Regelbürgen verneint (vgl. hierzu Erman/Herrmann, BGB, 13.
Aufl., § 769 Rn. 3; Soergel/Pecher, BGB, 12. Aufl., § 769 Rn. 11; Lwowski,
Das Recht der Kreditsicherung, 8. Aufl., Rn. 387; Auernhammer, BB 1958, 973)
oder auch ein davon zu trennender eigener Ausgleichsanspruch des
Regelbürgen nach § 774 Abs. 2, § 426 Abs. 1 BGB abgelehnt wird
(vgl. hierzu BGH, Urteil vom 15. Mai 1986 - IX ZR 96/85, WM 1986, 961 ff.;
Staudinger/Horn, BGB (1997), § 774 Rn. 59; Janssen, BB 1953, 1039; Weber, BB
1971, 333, 336).
28 Dass der vorrangig haftende Regelbürge im Falle seiner Inanspruchnahme
durch den Gläubiger nicht bei dem von vornherein nur subsidiär
eintrittspflichtigen Ausfallbürgen Rückgriff nehmen kann, liegt ohne
weiteres auf der Hand. Einem internen Rückgriff in umgekehrter
Richtung steht dies indes nicht entgegen.
29 (2) Für diese hier vorliegende Sachverhaltskonstellation wird
demgegenüber ein selbständiger Ausgleichsanspruch des leistenden
Ausfallbürgen gegen den Regelbürgen aus § 774 Abs. 2, § 426 Abs. 1 BGB
vereinzelt sogar ausdrücklich bejaht (OLG Naumburg, OLGR 2001, 60,
62 unter insoweit unzutreffendem Verweis auf BGH, Urteil vom 15. Mai 1986 -
IX ZR 96/85, WM 1986, 961, 963; s. auch Staudinger/Horn, BGB (1997), § 774
Rn. 59).
30 (3) Soweit schließlich der Bundesgerichtshof in seinen Entscheidungen vom
14. Juli 1983 (IX ZR 40/82, BGHZ 88, 185, 188, 190) und 15. Mai 1986 (IX ZR
96/85, WM 1986, 961, 963) von einem mangels Gleichstufigkeit der jeweiligen
Verpflichtungen fehlenden Gesamtschuldverhältnis zwischen dem Regel- und dem
Ausfallbürgen ausgegangen ist, war diese Erwägung im erstgenannten Urteil
nicht tragend und in der späteren Entscheidung ersichtlich auf den dort
allein zu beurteilenden Fall eines etwaigen Rückgriffs des Regel- gegen den
Ausfallbürgen bezogen. Sie kann deshalb einem internen Ausgleichsanspruch
der Klägerin als Ausfallbürgin gegen den Beklagten als Regelbürgen
entsprechend § 774 Abs. 2, § 426 Abs. 1 BGB von vornherein nicht
entgegenstehen.
31 d) Gegenüber diesem Anspruch greift die vom Beklagten erhobene
Verjährungseinrede nicht durch. Hinsichtlich dieses
Regressanspruchs konnte schon deshalb nicht gemäß § 195 BGB nF i. V. m. Art.
229 § 6 Abs. 4 EGBGB mit Ablauf des 31. Dezember 2004 Verjährung eintreten,
weil er bereits zuvor rechtshängig geworden war. Der auf der Stellung des
Beklagten als vorrangig haftender Regelbürge beruhende interne
Ausgleichsanspruch ist Gegenstand der vorliegenden Klage, mit der die
Klägerin ausweislich der Anspruchsbegründung vom 21. Oktober 2002 den
Beklagten "aus der von ihm übernommenen selbstschuldnerischen Bürgschaft" in
Anspruch nimmt.
32 3. Die Revision wendet sich gegen das angefochtene Urteil darüber hinaus
mit der weiteren Erwägung, die Klägerin müsse mit ihrem Anspruch gegen den
Beklagten selbst dann durchdringen, wenn man ihr nur den nach § 774 Abs. 1
BGB übergegangenen Anspruch der Sparkasse gegen die Hauptschuldnerin
zubillige und demgegenüber einen eigenständigen Ausgleichsanspruch verneine.
Dem Beklagten sei gegenüber einem Bürgenregress die Berufung auf den
zwischenzeitlichen Eintritt der Verjährung der Hauptforderung verwehrt, weil
die bloß subsidiär haftende Klägerin im Jahre 1982, d. h. in unverjährter
Zeit, nur wegen der damaligen Zahlungsunfähigkeit des vorrangig
eintrittspflichtigen Beklagten aus der Ausfallbürgschaft in Anspruch
genommen worden sei. Ob dieser Argumentation gefolgt werden könnte, bedarf
mit Rücksicht auf die Ausführungen unter 2. keiner Entscheidung.
III.
33 Das angefochtene Urteil ist daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die
Sache nicht zur Endentscheidung reif ist, ist sie zur neuen Verhandlung und
Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1
ZPO).
34 Das Berufungsgericht hat sich - von seinem Standpunkt aus zu Recht - in
der angefochtenen Entscheidung ausschließlich mit der Verjährungsfrage
befasst und zu den vom Beklagten im Berufungsverfahren gegen die
Klageforderung im Übrigen erhobenen Einwänden keine Feststellungen
getroffen. Es hatte ausweislich seines Hinweisbeschlusses vom 25. November
2005 zunächst beabsichtigt, die Berufung des Beklagten gemäß § 522 Abs. 2
ZPO (in der damals geltenden Fassung) zurückzuweisen, hat sich hieran aber
durch die daraufhin vom Beklagten erhobene Verjährungseinrede letztlich
gehindert gesehen. Dem Hinweisbeschluss ist zwar zu entnehmen, dass und aus
welchen Gründen das Berufungsgericht seinerzeit dem Rechtsmittel des
Beklagten ursprünglich keine Erfolgsaussicht beimaß. Bindende
tatrichterliche Feststellungen, die im Sinne von § 559 ZPO Grundlage einer
abschließenden Entscheidung des Revisionsgerichts sein könnten, liegen damit
aber insoweit noch nicht vor.
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