Kontokorrentverrechnung und Pfändungsschutz nach § 850k ZPO
BGH, Urteil
vom 22. März 2005 - XI ZR 286/04
Fundstelle:
noch nicht bekannt
für BGHZ vorgesehen
Leitsatz:
§ 850 k ZPO hindert die kontoführende Bank
nicht an der kontokorrentmäßigen Verrechnung des auf das Girokonto ihres
Kunden überwiesenen pfändungsfreien Arbeitseinkommens.
Zentrale Probleme:
Arbeitseinkommen unterliegt zu Sicherung des
Existenzminimums nach § 850c ZPO bis zu einem bestimmten Betrag einem
Pfändungsschutz. Wenn freilich der Arbeitgeber das Gehalt auf ein Konto des
Arbeitnehmers überwiesen hat, erlischt mit der Gutschrift des
Arbeitseinkommens auf dem Girokonto der Gehaltsanspruch gemäß § 362 I BGB
durch Erfüllung und mit ihm ein bis zu diesem Zeitpunkt bestehender
Pfändungsschutz gemäß den §§ 850 ff. ZPO. Deshalb schützt § 850k ZPO auch
Kontoguthaben aus Arbeiteinkommen vor Pfändung. Das hindert nach der
vorliegenden Entscheidung aber die Bank nicht, das Einkommen im Rahmen des
Kontokorrents (§ 355 HGB) mit negativen Salden des überzogenen Kontos zu
verrechnen. Dem steht auch nicht § 394 BGB entgegen. Zwar erfaßt § 394 BGB
auch Aufrechnungsvereinbarungen (BGH NJW 1999, 3264) und sind danach
unpfändbare Forderungen dem Kontokorrent entzogen (dies gilt etwa -
innerhalb bestimmter Fristen - für Sozialhilfeleistungen, s.
§ 55 Abs. 1 Satz 1 SGB I),
jedoch ordnet § 850k ZPO nicht die Unpfändbarkeit der Forderung, sondern
lediglich einen bestimmten gerichtlichen Pfändungsschutz an. Nach str. aber
hM, der sich der BGH nunmehr anschließt, steht § 850k ZPO daher einer
kontokorrentmäßigen Verrechnung von pfändungsfreiem Arbeitseinkommen damit
nicht entgegen. Auch eine Analogie zu § 850k ZPO lehnt der BGH zutreffend
ab. Schließlich hat der Arbeitnehmer es ja in der Hand, sich das Gehalt auf
ein anderes Konto, das keinen Debetsaldo aufweist, überweisen zu lassen.
Die Entscheidung ist über das behandelte
Spezialproblem interessant, weil sie die Grundlagen des Kontokorrents
(§ 355 HGB) gut aufzeigt. Dieses ist im
Handelsverkehr, vor allem bei Banken, stark verbreitet. Es dient dazu, eine
Mehrheit von gegenseitigen Ansprüchen zwischen 2 Personen durch Verrechnung
auf eine einzige Geldschuld, den Saldo, zurückzuführent. Das Kontokorrent
ist in den §§ 355-357 HGB nur unvollkommen geregelt. Es setzt nach § 355 HGB
eine Geschäftsverbindung zwischen 2 Personen voraus, von denen mindestens
eine Kaufmann sein muß und aus der eine größere noch unbestimmte Anzahl von
Geschäftsvorgängen, die Geldforderungen begründen, entstehen können. Ferner
muß vereinbart sein, daß die gegenseitigen Geldansprüche verrechnet werden
und in bestimmten Perioden, mindestens einmal jährlich, so abgerechnet
werden, daß ein Saldo festgestellt wird (Kontokorrentabrede). Die
wesentlichen rechtlichen Wirkungen eines Kontokorrents bestehe darin, daß
die in das K. fallenden Einzelansprüche können nicht gesondert geltend
gemacht, gepfändet, abgetreten oder erfüllt werden können (gepfändet
werden kann nur der Saldo; anders das Tagesguthaben beim Girovertrag). Die
Einzelforderungen sind vielmehr durch die Einstellung in das Kontokorrent
gestundet. Bei Abschluß der jeweiligen Kontokorrentperiode werden die
gegenseitigen Einzelansprüche verrechnet; sie erlöschen und werden durch den
Anspruch auf den Saldo ersetzt. Wird der Saldo anerkannt, so liegt ein
abstraktes Schuldanerkenntnis (§ 781 BGB) vor. Wird der Saldoanspruch
nicht durch Zahlung erfüllt (§ 362 I BGB) und besteht das Kontokorrent
weiter, so wird der Anspruch in die weiterlaufende Rechnung vorgetragen. Das
Bankkonto ist in der Regel ein sog. Staffel-Kontokorrent, bei dem der Saldo
mit jedem Geschäftsvorgang errechnet wird.
©sl 2005
Tatbestand:
Der Kläger nimmt die beklagte Volksbank auf Auszahlung eines seinem
Girokonto gutgeschriebenen Überweisungsbetrages sowie auf Erstattung von
Unkosten, die durch die Nichteinlösung einer Lastschrift entstanden sind, in
Anspruch.
Er unterhielt bei der Beklagten ein als Kontokorrentkonto geführtes
Girokonto, auf dem ihm die Beklagte einen Dispositionskredit in Höhe von
3.000 € eingeräumt hatte. Am 31. Juli 2003 schrieb sie dem Konto, das zu
diesem Zeitpunkt einen Sollsaldo von 4.170,35 € aufwies, einen Betrag von
2.115,17 € gut. Nach der Gutschrift, bei der es sich um die Beamtenbesoldung
des Klägers handelte, wies das Konto einen Sollsaldo von noch 2.055,18 €
auf. Mit Schreiben vom 1. August 2003 kündigte die Beklagte den
Dispositionskredit wegen erheblicher Verschlechterung der wirtschaftlichen
Lage des Klägers, der am 16. Juli 2003 die eidesstattliche Versicherung
abgegeben hatte, fristlos.
Mit der Klage verlangt der Kläger von der Beklagten die Auszahlung des nach
seiner Berechnung unpfändbaren Teils seines Arbeitseinkommens in Höhe von
2.017,17 € sowie Erstattung einer Rücklastschriftgebühr in Höhe von 5,56 €
und von Mahnspesen in Höhe von 10 €, die ihm ein Kaufhaus wegen einer mit
seiner EC-Karte am 31. Juli 2003 erstellten und von der Beklagten nicht
eingelösten Lastschrift in Rechnung gestellt hatte.
Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung
des Klägers ist ohne Erfolg geblieben. Mit der vom Berufungsgericht
zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.
Entscheidungsgründe:
Die Revision
ist unbegründet.
I. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im
wesentlichen ausgeführt:
Dem Kläger stehe der geltend gemachte Zahlungsanspruch nicht zu. Die infolge
der Überweisung vom 31. Juli 2003 in das Kontokorrent bei der Beklagten
eingestellte Einzelposition sei durch die Kontokorrentabrede der
selbständigen Verfolgung entzogen. Der vereinzelt vertretenen Auffassung,
die Bank könne sich hinsichtlich des gutgeschriebenen Arbeitseinkommens
nicht auf die Kontokorrentabrede berufen, weil es sich dabei in analoger
Anwendung des § 850 k ZPO um eine unpfändbare und somit nicht
kontokorrentfähige Forderung handele, sei nicht zu folgen. Für eine analoge
Anwendung des § 850 k ZPO fehle es bereits an einer unbewußten
Regelungslücke. Der Gesetzgeber habe sich bei der Abfassung des § 850 k ZPO
bewußt gegen eine der Bestimmung des § 55 SGB I entsprechende Regelung
entschieden, welche einen Schutz der einzelnen Forderung aus der Gutschrift
auch für den Fall vorsehe, daß das Konto nicht im Guthaben geführt werde.
II. Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung stand.
1. Das Berufungsgericht hat zu Recht eine Verpflichtung der Beklagten auf
Auszahlung des auf dem Girokonto des Klägers gutgeschriebenen
Arbeitseinkommens in Höhe von 2.017,17 € abgelehnt.
a) Da das Girokonto des Klägers als Kontokorrentkonto geführt wurde,
scheidet - wie auch die Revision nicht verkennt - ein Zahlungsanspruch des
Klägers bei einer wirksamen kontokorrentmäßigen Verrechnung der Gutschrift
des Arbeitseinkommens aus. Ein aus der Gutschrift folgender Anspruch
gemäß § 780 oder § 781 BGB wäre kontokorrentgebunden und könnte nicht
selbständig geltend gemacht werden (vgl. RGZ 105, 233, 234; BGHZ 74, 253,
254 f.; 77, 256, 261; BGH, Urteile vom 19. Dezember 1969 - I ZR 33/68, WM
1970, 184, 186 und vom 7. Dezember 1995 - IX ZR 110/95, WM 1996, 192, 193;
Senatsurteil vom 15. März 2005 - XI ZR 338/03, Umdruck S. 8).
b) Entgegen der Auffassung der Revision ist die von der Beklagten
vorgenommene kontokorrentmäßige Verrechnung der Gutschrift des
Arbeitseinkommens wirksam.
aa) Mit dem Einwand, es fehle an einer Vereinbarung der Parteien, daß mit
der Gutschrift aufgrund des überwiesenen Arbeitseinkommens die Kreditschuld
des Klägers bei der Beklagten habe zurückgeführt werden sollen, verkennt die
Revision das Wesen des Kontokorrents. Durch die Kontokorrentabrede haben
die Parteien alle erfaßten Ansprüche schon während der Rechnungsperiode der
selbständigen Geltendmachung entzogen, da die kontokorrentpflichtige
Einzelforderung mit der Einstellung in das bestehende Kontokorrent ihre
rechtliche Selbständigkeit verliert (RGZ 105, 233, 234; BGHZ 58, 257,
260; BGH, Urteil vom 19. Dezember 1969 - I ZR 33/68, WM 1970, 184, 186;
Senatsurteil vom 3. Februar 1998 - XI ZR 33/97, WM 1998, 545, 547). Die
Zahlungen einer Partei erfolgen daher nicht zur Tilgung bestimmter
Forderungen, sondern bilden Rechnungsposten, die bei der nächsten Saldierung
und Abrechnung des Kontokorrents ihre Wirkung ausüben (Senat BGHZ 117,
135, 140 f. und Urteil vom 3. Februar 1998 aaO).
bb) Der kontokorrentmäßigen Verrechnung der Gutschrift steht auch nicht
entgegen, daß sie den zumindest teilweise unpfändbaren Arbeitslohn des
Klägers betrifft. Dies nimmt der Gutschrift entgegen der Auffassung der
Revision nicht die Kontokorrentfähigkeit.
(1) Der Revision ist allerdings darin zuzustimmen, daß unpfändbare
Forderungen einer kontokorrentmäßigen Verrechnung nicht zugänglich sind
(BGHZ 104, 309, 311; BGH, Urteil vom 12. Oktober 1987 - II ZR 98/87, WM
1987, 1418, 1419). Zutreffend ist auch, daß gemäß § 811 Nr. 8, §§ 850 ff.
ZPO Arbeitseinkommen teilweise unpfändbar ist. Mit ihrem Einwand, die
Gutschrift von pfändungsfreiem Arbeitseinkommen sei ihrerseits unpfändbar
und der Verfügungsmacht des Klägers entzogen, verkennt die Revision jedoch,
daß der für das Arbeitseinkommen bestehende Pfändungsschutz mit der
Überweisung der Bezüge auf das Konto des Klägers untergegangen ist. Mit der
Gutschrift des Arbeitseinkommens auf dem Girokonto bei einem Kreditinstitut
erlischt der Lohn- und Gehaltsanspruch gemäß § 362 Abs. 1 BGB durch
Erfüllung und mit ihm ein bis zu diesem Zeitpunkt bestehender
Pfändungsschutz gemäß den §§ 850 ff. ZPO (BGHZ 104, 309, 313; BGH,
Beschluß vom 16. Juli 2004 - IXa ZB 287/03, WM 2004, 1928, 1930). Gegen die
Bank ist mit der Kontogutschrift ein neuer, auf einem selbständigen
Rechtsgrund beruhender Anspruch entstanden, dessen Pfändungsschutz in § 850
k ZPO eigenständig geregelt ist (BGHZ 104 und BGH, Beschluß vom 16. Juli
2004, jeweils aaO).
(2) Ob § 850 k ZPO einer kontokorrentmäßigen Verrechnung der Gutschrift
entgegensteht, ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten und vom
Bundesgerichtshof bislang offengelassen (vgl. BGHZ 104, 309, 315). Der
erkennende Senat entscheidet die Frage nunmehr dahin, daß § 850 k ZPO eine
kontokorrentmäßige Verrechnung des auf dem Konto gutgeschriebenen
Arbeitseinkommens zuläßt.
Er schließt sich insofern der herrschenden Ansicht in Rechtsprechung und
Literatur an. Danach wirkt § 850 k ZPO im Rechtsverhältnis zwischen
Kreditinstitut und Kunden nicht. Die Verfügungsbefugnis des Kunden
über seine Forderung gegen das Geldinstitut ist nicht beschränkt (MünchKomm/Smid,
ZPO 2. Aufl. § 850 k Rdn. 14) und die Bank kann Überweisungen von unter §§
850 ff. ZPO fallenden Einkünften in die kontokorrentmäßige Verrechnung
einbeziehen, so daß ein Anspruch des Kunden auf Auszahlung des unpfändbaren
Teils seines Arbeitseinkommens bei debitorischen Kontostand nicht besteht
(LG Freiburg WM 1982, 726, 727; LG Landshut WM 2001, 1151, 1152; AG
Bielefeld WM 2000, 2244; Canaris, Bankvertragsrecht 3. Aufl. Rdn. 197;
Heymann/Horn, HGB § 355 Rdn. 16; Lwowski/Bitter, in: Schimansky/Bunte/Lwowski,
Bankrechts-Handbuch 2. Aufl. § 33 Rdn. 13; MünchKomm/Smid aaO; Becker, in:
Musielak, ZPO 4. Aufl. § 850 k Rdn. 11; Palandt/Heinrichs, BGB 64. Aufl. §
394 Rdn. 3; Schimansky, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch
aaO § 47 Rdn. 45; Stöber, Forderungspfändung 13. Aufl. Rdn. 1284 b; Bitter
WuB VI E. § 850 k ZPO 1.00 und 1.01; Ehlenz/Diefenbach, Pfändung in
Bankkonten und andere Vermögenswerte Rdn. 101; Fischer InVo 2002, 213, 214
f.; Peters/Tetzlaff NZI 2001, 233, 235; Scholz Löhnig WM 2004, 1116, 1117;
Singer MDR 2001, 1069, 1070; differenzierend: Schuschke/Walker, ZPO 3. Aufl.
§ 850 k Rdn. 1 und Jungmann WuB VI E. § 850 k ZPO 2.01; a.A. LG Heidelberg
WM 2000, 241; Thomas/Putzo, ZPO 26. Aufl. § 850 k ZPO Rdn. 1 b; Reifner NZI
1999, 304, 305).
Hierfür spricht bereits der Wortlaut des § 850 k ZPO, der Schutz
ausdrücklich nur gegen eine "Pfändung" des Guthabens gewährt, um die es im
Verhältnis zwischen Bank und Kunde nicht geht (Bitter WuB VI E. § 850 k
ZPO 1.00; Fischer aaO S. 215; Scholz Löhnig aaO S. 1117). Entscheidend
ist aber insbesondere die Ausgestaltung des im Rahmen des § 850 k ZPO
gewährten Pfändungsschutzes als rein verfahrensrechtliche Regelung.
Anders als die für Sozialleistungen geltende Vorschrift des § 55 Abs. 1 Satz
1 SGB I, nach welcher die durch die Gutschrift entstehende Forderung für den
Zeitraum von sieben Tagen unpfändbar gestellt und damit der
kontokorrentmäßigen Verrechnung entzogen wird (BGHZ 104, 309, 311; BGH,
Urteil vom 12. Oktober 1987 - II ZR 98/87, WM 1987, 1418, 1419; Becker, in:
Musielak aaO § 850 i ZPO Rdn. 28; Heymann/Horn, HGB § 355 Rdn. 16;
Schimansky, in: Schimansky/Bunte/ Lwowski, Bankrechts-Handbuch aaO § 47 Rdn.
45; a.A. Terpitz WuB IV A. § 394 BGB 1.88), ordnet § 850 k Abs. 1 ZPO
keine gesetzliche Unpfändbarkeit des Arbeitseinkommens unterhalb der
Pfändungsgrenzen an. Pfändungsschutz hinsichtlich des überwiesenen
Arbeitseinkommens kann der Kontoinhaber hier vielmehr nur dadurch erreichen,
daß er beim Vollstreckungsgericht die Aufhebung der Pfändung des Guthabens
bis zur Höhe des pfändungsfreien Betrages beantragt. Damit beschränkt sich §
850 k Abs. 1 ZPO im Gegensatz zu § 55 Abs. 1 Satz 1 SGB I darauf, dem
Schuldner Kontenschutz gegen Vollstreckungszugriffe seines Gläubigers durch
Herbeiführung einer konstitutiven Entscheidung des - im Verhältnis zwischen
dem Kunden und der Bank nicht zuständigen -Vollstreckungsgerichts zu
ermöglichen. Die an die Anordnung der gesetzlichen Unpfändbarkeit geknüpfte
Folge, daß die Bank nach dem Rechtsgedanken der §§ 394, 400 BGB an einer
Verrechnung der eingegangenen Beträge mit einer eigenen Forderung gehindert
ist (BGHZ 104, 309, 311), tritt hier also nicht ein.
(3) Der auf dem Bankkonto gutgeschriebene pfändungsfreie Teil des
Arbeitseinkommens ist auch entgegen einer vereinzelt in Rechtsprechung (LG
Heidelberg WM 2000, 241 f.) und Literatur (Thomas/Putzo aaO § 850 k ZPO Rdn.
1 b) vertretenen Auffassung nicht in analoger Anwendung des § 850 k ZPO als
unpfändbare und damit im Verhältnis zur Bank als nicht kontokorrentfähige
Forderung anzusehen.
(a) Es fehlt schon an einer gesetzlichen Regelungslücke.
Gegen die Annahme, der Gesetzgeber habe bei der Ausgestaltung des § 850 k
ZPO mögliche Zugriffe des Kreditinstituts im Rahmen der Verrechnung auf
einem debitorisch geführten Konto nicht bedacht (so LG Heidelberg WM 2000,
241), spricht bereits, daß es bei der Schaffung der im Jahr 1969 in Kraft
getretenen Vorläufernorm des § 55 SGB I erklärtes Ziel des Gesetzgebers war,
die Abhebung eines der Leistung entsprechenden Betrages ausdrücklich auch im
Fall eines debitorisch geführten Kontos zu gewährleisten (vgl. Bericht des
Ausschusses für Arbeit des Deutschen Bundestages zu BT-Drucks. V/4110, S.
23). Da sich der Gesetzgeber bei der späteren Gestaltung des § 850 k ZPO
ausdrücklich mit der Vorschrift des § 55 SGB I und dem dort geregelten
Pfändungsschutz auseinandergesetzt hat (vgl. BT-Drucks. 8/693, S. 49 f. und
8/1414, S. 41), spricht einiges dafür, daß ihm die Gesetzesmaterialien zu
dieser und ihrer Vorläufernorm und damit auch das Problem der Verrechnung
durch die Bank bei debitorisch geführtem Konto bekannt gewesen sind (vgl.
Bitter WuB VI E. § 850 k ZPO 1.00 und Scholz Löhnig aaO S. 1117 bei Fn. 22;
a.A. Jungmann WuB VI E. § 850 k ZPO 2.01).
Letztlich kann dies offenbleiben, da jedenfalls das Verhältnis der
Kontenschutzregelungen des § 55 SGB I und des § 850 k ZPO zueinander eine
der Analogie zugängliche Regelungslücke ausschließt. Durch diese
Vorschriften wird der Kontoschutz abschließend in der Weise geregelt, daß
nur auf dem Konto gutgeschriebene Sozialleistungen im Sinne des
Sozialgesetzbuches vorübergehend unpfändbar sind, für eingehende Gehälter
und Löhne - um die es hier geht - Pfändungsschutz hingegen ausschließlich
nach § 850 k ZPO auf entsprechenden Antrag gewährt wird (BGHZ 104, 309, 312
ff.; Becker, in: Musielak aaO § 850 k ZPO Rdn. 1). Würde man den auf dem
Bankkonto gutgeschriebenen pfändungsfreien Teil des Arbeitseinkommens in
analoger Anwendung des § 850 k ZPO als unpfändbare und damit im Verhältnis
zur Bank nicht kontokorrentfähige Forderung behandeln, unterliefe man die
gesetzgeberischen Entscheidungen, die zu der unterschiedlichen Behandlung
von Sozialleistungen und Arbeitseinkommen geführt haben:
Der Gesetzgeber hat das auf dem Konto eingegangene Arbeitseinkommen im
Rahmen des § 850 k ZPO bewußt nicht - auch nicht teilweise - unpfändbar
gestellt. Die zunächst vorgesehene und dem Wortlaut des § 55 SGB I
entsprechende Fassung des § 850 k ZPO (BT-Drucks. VI/2870, S. 8), mit der
die vollständige materielle Unpfändbarkeit des Arbeitseinkommens für die
Dauer von sieben Tagen angeordnet werden sollte, ist nicht Gesetz geworden.
Mit Rücksicht darauf, daß die sozialrechtlichen Ansprüche auf laufende
Geldleistungen nur unter erheblich engeren Voraussetzungen als die Ansprüche
auf Arbeitsentgelt gepfändet werden können, hielt der Gesetzgeber einen der
Regelung des § 55 SGB I entsprechenden Schutz für Arbeitseinkünfte gegenüber
den berechtigten Interessen der Gläubiger für zu weitgehend. Er sah deshalb
davon ab, Lohn- und Gehaltskonten entsprechend der in § 55 SGB I getroffenen
Regelung pfändungsfrei zu lassen und entschied sich im Rahmen des § 850 k
ZPO für eine rein verfahrensrechtliche Lösung (BT-Drucks. 8/693, S. 49 f.;
BT-Drucks. 8/1414, S. 41; BGHZ 104, 309, 313 f.). Mit dieser wollte er
zugleich den praktischen Schwierigkeiten der Geldinstitute Rechnung tragen,
denen es im Regelfall nicht möglich ist, den jeweils pfändungsfreien Betrag
des Guthabens zu ermitteln (BT-Drucks. 8/693, S. 49). Diese vom Gesetzgeber
gewollte Differenzierung darf nicht durch eine analoge Anwendung des § 850 k
ZPO unterlaufen werden.
(b) Wie die Revisionserwiderung zu Recht geltend macht, fehlt es zudem an
der hierfür erforderlichen vergleichbaren Interessenlage.
Zwar trifft es im Ausgangspunkt zu, daß der Inhaber einer unpfändbaren
Forderung nach Überweisung auf sein Girokonto ein Interesse daran hat,
Bargeld zur Finanzierung seiner Lebensführung in Höhe der unpfändbaren
Beträge zu erhalten (so LG Heidelberg WM 2000, 241; Hintzen, Taktik in der
Zwangsvollstreckung (II) 4. Aufl. Rdn. 726). Dieses Interesse wird aber
durch Zwangsvollstreckungsmaßnahmen Dritter einerseits und durch die
Verrechnung mit Forderungen der kontoführenden Bank andererseits in
unterschiedlicher Weise berührt. Der Schutzzweck des § 850 k ZPO, der es dem
Schuldner ermöglichen soll, sein Arbeitseinkommen im Wege des bargeldlosen
Zahlungsverkehrs erhalten zu können und dennoch gegen den zwangsweisen
Vollstreckungszugriff dritter Gläubiger geschützt zu sein, trifft auf das
Verhältnis von Bank und Kunden nicht zu, weil es hier an dem für den
Schutz des § 850 k ZPO typischen Zwangselement fehlt (LG Landshut WM
2001, 1151, 1152; Bitter WuB VI E. § 850 k ZPO 1.00 und 1.01; Fischer InVo
2002, 213, 215; Peters/Tetzlaff NZI 2001, 233, 235; Scholz Löhnig WM 2004,
1116, 1118; Singer MDR 2001, 1069, 1070; differenzierend: Jungmann WuB VI E.
§ 850 k ZPO 2.01; a.A. LG Heidelberg WM 2000, 241). Anders als in den von
§ 850 k ZPO geregelten Fällen des zwangsweisen Zugriffs von Gläubigern auf
das Gehaltskonto, hat es der Schuldner gegenüber der Bank selbst in der
Hand, ob er sein Arbeitseinkommen auf ein debitorisch geführtes Konto
überweisen läßt. Die Veranlassung der Überweisung seines Gehaltes auf
ein zu dieser Zeit debitorisch geführtes Konto ist daher nicht anders als
der Fall zu beurteilen, in dem ein Schuldner sein Entgelt persönlich vom
Arbeitgeber in Empfang genommen und es anschließend auf sein debitorisches
Konto eingezahlt hat (vgl. LG Landshut, Bitter, Peters/Tetzlaff, jeweils
aaO; kritisch Jungmann aaO). Auch dann wäre die Bank an einer
kontokorrentmäßigen Verrechnung nicht gehindert.
Angesichts der fehlenden Vergleichbarkeit der Sachverhalte ist es allein
Sache des Gesetzgebers, ebenso wie für Sozialleistungen (§ 55 SGB I) auch
bei dem Arbeitsentgelt die Unpfändbarkeit der durch die Gutschrift
entstandenen Forderung anzuordnen, die dann entsprechend § 394 BGB auch der
kontokorrentmäßigen Verrechnung entzogen wäre. Für eine im Wege der Analogie
herbeigeführte Gleichbehandlung in Fällen, in denen es - wie in § 850 k ZPO
für die Arbeitseinkünfte - an einer derartigen gesetzgeberischen
Entscheidung fehlt, ist hingegen kein Raum (Bitter WuB VI E. § 850 k ZPO
1.00; Singer MDR 2001, 1069, 1070).
2. Dem Kläger steht entgegen der Auffassung der Revision kein
Schadensersatzanspruch gemäß § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB in Höhe der durch ein
Kaufhaus in Rechnung gestellten Rücklastschriftgebühr von 5,56 € und der
Mahnspesen von 10 € zu. Aus seinem Vortrag ergeben sich weder Anhaltspunkte
dafür, daß die Nichteinlösung der Lastschrift durch die Beklagte
pflichtwidrig war noch daß diese ihren im Zusammenhang mit der
Nichteinlösung der Lastschrift stehenden Informationspflichten (vgl.
Senatsurteil vom 28. Februar 1989 - XI ZR 80/88, WM 1989, 625, 626) nicht
ausreichend nachgekommen ist.
III. Die Revision war somit zurückzuweisen.
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