Aufklärungspflicht der (nur) kreditgewährenden
Bank über Verwendungsrisiko des Darlehens; Kreditvermittler als
Erfüllungsgehilfe der Bank (§ 278 BGB), Wissenszurechnung analog § 166 BGB;
treuwidrige Berufung auf die Wissenszurechnung (§ 242 BGB)
BGH, Urteil vom 19. März 2013 - XI ZR
46/11 - OLG Naumburg
Fundstelle:
NJW 2013, 2015
Amtl. Leitsatz:
1. Eine Vertragspartei handelt treuwidrig (§ 242
BGB), wenn sie sich auf die Zurechnung von Wissen eines Vertreters ihres
Geschäftspartners nach § 166 Abs. 1 BGB beruft, obwohl sie wusste oder damit
rechnen musste, dass der Vertreter sein Wissen dem Geschäftspartner
vorenthalten würde.
2. Danach ist es einem Kapitalanleger, der zusammen mit einem
Kreditvermittler dem ein Darlehen gewährenden Kreditinstitut die Verwendung
der Kreditmittel für eine bestimmte Kapitalanlage verschwiegen hat,
verwehrt, sich auf einen zur Aufklärung über Risiken der konkreten
Kapitalanlage verpflichtenden Wissensvorsprung des Kreditinstituts zu
berufen, der auf der nach § 166 Abs. 1 BGB dem Kreditinstitut zuzurechnenden
Kenntnis des Kreditvermittlers von der Zeichnung dieser Kapitalanlage
beruhen würde.
Zentrale Probleme:
Ein knallharter Fall, der sich wie folgt vereinfacht
darstellen lässt: Die Kläger möchten mit geliehenem Geld eine hochriskante
Kapitalanlage machen. Ein Kreditvermittler legt der beklagten Bank das
Anlagemodell vor, diese lehnt eine Zusammenarbeit wegen des hohen Risikos
ab. Die Kläger beantragen über den Kreditvermittler dennoch ein Darlehen bei
der Bank, um die Kapitalanlage zu machen, geben dabei aber bewusst einen
falschen Verwendungszweck an. Grundsätzlich hat eine nur kreditgebende (und
nicht beratende) Bank keine Aufklärungspflicht über das Verwendungsrisiko
des Darlehens durch den Darlehensnehmer. Beratungsfehler des
Anlagevermittlers oder Beraters hat sie sich nicht nach § 278 BGB
zuzurechnen lassen, weil dieser zumindest insoweit nicht ihr
Erfüllungsgehilfe i.S.v. § 278 BGB ist. Zwar ist der Kreditvermittler ihr
Erfüllungsgehilfe in Bezug auf die Vergabe des Kredits, nicht aber in Bezug
auf dessen Verwendung (s. bei Rn. 17). Begeht der
Kreditvermittler Beratungsfehler gegenüber dem Anleger, handelt er nicht
mehr in innerem Zusammenhang mit der übertragenen Tätigkeit (s. bei
Rn. 21). Eine eigene Aufklärungspflicht der (nicht
beratenden, sondern nur kreditgebenden) Bank über das Verwendungsrisiko
ergibt sich erst, wenn wenn sie institutionell mit dem Dritten zusammenwirkt
(was hier nicht der Fall war) oder in Bezug auf spezielle Risiken des
Vorhabens einen konkreten Wissensvorsprung vor dem Darlehensnehmer hat und
dies auch erkennen kann. Das kommt hier deshalb in Frage, weil der
Kreditvermittler bei der Kreditvergabe (auch) Verhandlungsgehilfe der Bank
war und sich diese daher dessen Wissen analog § 166 BGB (analog deshalb,
weil keine Stellvertretung vorlag) zurechnen lassen muss. Das aber verneint
der BGH zutreffend nach § 242 BGB: Die Kläger wussten ja durch ihre falsche
Verwendungszweckangabe gegenüber der Bank, dass der Kreditvermittler diese
Information nicht weitergeben würde, weil die Bank den Kredit sonst nicht
gewährt hätte. Daher handeln sie treuwidrig, wenn sie sich jetzt auf eine
solche Zurechnung eines Wissens berufen, das sie selbst bei der Bank
verhindern wollten. Das ist evident richtig: Die Kläger haben sich die
Kreditvergabe bewusst mit falschen Angaben erschlichen und wollen nun die
Bank haftbar machen ...
©sl 2013
Tatbestand:
1 Die Kläger nehmen die Beklagte, mit
der sie einen Darlehens- und einen Lebensversicherungsvertrag abgeschlossen
haben, auf Schadensersatz wegen Verletzung einer Hinweispflicht zu Risiken
einer von ihnen erworbenen Kapitalanläge in Anspruch und wehren sich gegen
die Zwangsvollstreckung der Beklagten aus einer die Darlehensverpflichtung
sichernden Grundschuld.
2 Die Kläger wurden im Jahr 1998 von der ihnen seit 1993 bekannten Zeugin
S. (im Folgenden: Beraterin) geworben, 200.000 DM bei der G. S.A. (im
Folgenden: G. ) anzulegen. Die mit 8,25% p.a. zuzüglich eines Jahresbonus
von 3,75% prognostizierte Rendite sollte aus Zinsdifferenzgeschäften
erwirtschaftet werden.
3 Nachdem der freie Kreditvermittler B. (im Folgenden: Kreditvermittler) der
Rechtsvorgängerin der Beklagten (im Folgenden einheitlich: Beklagte)
Unterlagen zu Anlagemodellen der G. zur Prüfung vorgelegt hatte, teilte ihm
der Vorstand der Beklagten am 9. Juni 1998 mit, dass die Beklagte mit der G.
keine Zusammenarbeit eingehen werde. Nach Überprüfung hätten die Mitarbeiter
der Beklagten von derartigen Anlagegeschäften dringend abgeraten, da die
Kapitalaufnahme in einem Niedrigzinsland bei gleichzeitiger Kapitalanlage in
einem Hochzinsland ein hohes Währungsrisiko berge. Die Beklagte als
Versicherungsunternehmen könne es sich zudem nicht leisten, in
Anlagegeschäfte verwickelt zu werden, die in einem Artikel des
Gerlach-Reports ausführlich und mit treffenden Argumenten negativ beurteilt
worden seien.
4 Auf Empfehlung der Beraterin beantragten die Kläger am 1.
September 1998 über den Kreditvermittler bei der Beklagten ein
grundpfandrechtlich gesichertes, endfälliges Darlehen über 320.000 DM, das
mit einer gleichzeitig abzuschließenden Lebensversicherung getilgt werden
sollte. In dem von den Klägern unterschriebenen Darlehensantrag
wurde als Verwendungszweck nicht die beabsichtigte Kapitalanlage bei der G.
, sondern "Umschuldung" bzw. "sonstige Geldbeschaffung" angegeben.
Weiter bestätigten die Kläger am 28. Oktober 1998 in einer von ihnen
unterschriebenen Erklärung wahrheitswidrig die Bestimmung der
Darlehensvaluta zur vorgezogenen Erbauszahlung ihrer Tochter. Am
selben Tag unterzeichneten die Kläger die Darlehensurkunde und schlossen die
zur Tilgung des Darlehens vorgesehene Lebensversicherung ab. Am 4. November
1998 bestellten sie der Beklagten eine Grundschuld über den Darlehensbetrag
zuzüglich Zinsen, übernahmen dafür die persönliche Haftung und unterwarfen
sich der Zwangsvollstreckung in ihr gesamtes Vermögen. Tatsächlich diente,
wie von Anfang an beabsichtigt war, die Darlehensvaluta in Höhe von 200.000
DM der Kapitalanlage bei der G., fand in Höhe von 50.000 DM zur Ablösung
eines älteren Kredits Verwendung und wurde im Übrigen von den Klägern
anderweitig verbraucht.
5 Der für die Tilgung eines älteren Darlehens vorgesehene Teilbetrag des
Darlehens wurde am 18. Februar 1999 ausbezahlt, die übrige Darlehensvaluta
am 13. April 1999. Das Konto der Kläger wurde am 19. April 1999 mit 200.000
DM zugunsten eines R. in L. belastet, bei dem es sich nach dem bestrittenen
Vortrag der Kläger um einen Treuhänder der G. handelte. In der Folge
erhielten die Kläger in der Höhe streitige Ausschüttungen aus der
Kapitalanlage. Im Jahr 2000 stellte die G. ihre Zahlungen ein. Die
Initiatoren der G. wurden wegen Betrugs zu Freiheitsstrafen verurteilt, da
es sich bei der Anlage um ein "Schneeballsystem" gehandelt hatte.
6 Nachdem eine von ihnen gegen den Kreditvermittler erhobene Klage
rechtskräftig abgewiesen worden ist, begehren die Kläger in dem
vorliegenden Verfahren von der Beklagten Erstattung aller Zahlungen, die sie
an die Beklagte geleistet haben, beantragen die Feststellungen, dass die
Beklagte Zahlungen aus dem Darlehensvertrag über 320.000 DM nicht verlangen
könne sowie weiteren Schaden der Kläger zu ersetzen habe, und machen die
Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung aus der Grundschuld geltend.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Mit der Berufung haben die Kläger
ihre erstinstanzlichen Anträge weiterverfolgt und hilfsweise Auskunft
begehrt über die Anzahl der von dem Kreditvermittler bei der Beklagten
eingereichten Darlehensverträge, die Anzahl von Darlehensverträgen, die eine
Beteiligung bei der G. betroffen hätten, und die Anzahl der
Darlehensverträge, bei denen von dem Kreditvermittler ein
Verwendungsnachweis der Anleger nachträglich vorgelegt worden sei. Das
Berufungsgericht hat der Klage im Hauptantrag überwiegend stattgegeben. Mit
der vom Senat zugelassenen Revision erstrebt die Beklagte die
Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils. Die Kläger begehren mit
ihrer Anschlussrevision weiteren Schadensersatz, soweit das Berufungsgericht
die Klageforderung um streitige Ausschüttungen gekürzt und keinen Ausgleich
für Zahlungen auf die Lebensversicherung zugebilligt hat, sowie die
Erstattung außergerichtlicher Kosten.
Entscheidungsgründe:
7 Die Revision der Beklagten ist begründet, die Anschlussrevision der Kläger
hat hingegen keinen Erfolg.
I.
8 Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im
Wesentlichen ausgeführt:
9 Eine Haftung der Beklagten ergebe sich nicht bereits aus den Gründen der
rechtskräftigen Entscheidung in dem gegen den Kreditvermittler geführten
Rechtsstreit. Zwar hätten die Kläger der Beklagten in diesem Verfahren den
Streit verkündet, eine Pflichtverletzung des Kreditvermittlers sei aber
damals nicht festgestellt worden.
10 Der Kreditvermittler habe jedoch als Erfüllungsgehilfe der
Beklagten gehandelt. Deswegen decke sich der Kreis seiner Pflichten
mit dem Umfang der Verpflichtungen, die die Beklagte als finanzierende Bank
zu erfüllen habe. Deren Haftung ergebe sich zwar nicht aus dem Gesichtspunkt
eines institutionellen Zusammenwirkens, da dem Kreditvermittler die
Vertretungsmacht gefehlt habe, eine ständige Geschäftsbeziehung zwischen der
G. und der Beklagten zu begründen. Etwas anderes gelte aber für die
Vermittlung einzelner Darlehensverträge, bei der sich die Beklagte des
Kreditvermittlers als Erfüllungsgehilfe bedient habe. Dem stehe nicht
entgegen, dass der Kreditvermittler, der zur Überzeugung des
Berufungsgerichts die Verwendung der Kreditmittel für die Finanzierung der
Anlage bei der G. gekannt habe, eine Weisung der Beklagten missachtet und,
um diese Pflichtverletzung gegenüber der Beklagten zu verschleiern, die
Kläger veranlasst habe, wahrheitswidrige Angaben über die Mittelverwendung
zu machen. Dem Kreditvermittler sei der maßgebliche Wissensvorsprung der
Beklagten zuzurechnen, der sich aus dem Vorstandsschreiben vom 9. Juni 1998
sowie der Berichterstattung in dem Gerlach-Report ergebe. Zwar sei nicht
feststellbar, ob dem Kreditvermittler die konkrete Ausgabe des
Gerlach-Reports vom 29. Mai 1998 bekannt gewesen sei. Er habe jedoch die
Augen vor den Risiken der konkreten Kapitalanlage verschlossen, wenn er sich
nach Erhalt des Schreibens der Beklagten vom 9. Juni 1998 nicht durch
Lektüre des Gerlach-Reports Kenntnis von dessen Inhalt verschafft habe. Der
Kreditvermittler habe schließlich nicht von einer hinreichenden Aufklärung
durch die Beraterin ausgehen dürfen. Vielmehr hätte er den Beratungsstand
der Anleger zur beabsichtigten Kapitalanlage überprüfen und die Anleger
zusätzlich darauf hinweisen müssen, dass die Beklagte als seriöser
Finanzdienstleister die Kapitalanlage bei der G. wegen deren Risiken nicht
habe unterstützen wollen.
11 Dieser Pflichtverstoß des Kreditvermittlers sei für den eingetretenen
Schaden ursächlich geworden. Ein Mitverschulden der Kläger wegen
unzutreffender Angaben über die Mittelverwendung sei nicht zu
berücksichtigen, da nicht festzustellen sei, ob der wahrheitswidrige
Verwendungsnachweis der Beklagten vor Schadenseintritt bekannt gegeben
worden sei.
II.
A. Revision der Beklagten
12 1. Die Revision der Beklagten hat Erfolg. Zu Unrecht hat das
Berufungsgericht angenommen, die Beklagte hafte den Klägern aus der
Verletzung einer Hinweispflicht, die sie wegen eines konkreten
Wissensvorsprungs zu den Risiken der von den Klägern gezeichneten
Kapitalanlage getroffen habe.
13 a) Das Berufungsgericht hat zunächst zutreffend angenommen, dass die
rechtskräftige Entscheidung in dem von den Klägern gegen den
Kreditvermittler geführten Rechtsstreit, in dem diese der Beklagten den
Streit verkündet hatten, für das vorliegende Verfahren keine Bindungswirkung
nach § 74 Abs. 3, § 68 ZPO entfalten konnte. In jenem Rechtsstreit ist das
Berufungsgericht nämlich zu der Überzeugung gelangt, der Kreditvermittler
habe keine Kenntnis von der Verwendung eines Teils der Darlehensvaluta für
die Kapitalanlage bei der G. gehabt, und hat folglich keine Feststellungen
zu einer Pflichtverletzung des Kreditvermittlers oder der Beklagten
getroffen.
14 b) Rechtsfehlerhaft stützt aber das Berufungsgericht die Haftung der
Beklagten wegen unterbliebener Risikoaufklärung auf eine eigene
Pflichtverletzung des Kreditvermittlers, dem sie Kenntnisse der Beklagten zu
Risiken der konkreten Kapitalanlage zurechnet. Damit übergeht das
Berufungsgericht die einer Anwendung von § 278 BGB vorausgehende Prüfung, ob
die Beklagte eine solche Hinweispflicht - hier aufgrund eines konkreten
Wissensvorsprungs - traf, und befasst sich in diesem Zusammenhang nicht mit
der Frage, ob die vom Berufungsgericht festgestellte Kenntnis des
Kreditvermittlers von der Mittelverwendung der beklagten Bank
entgegengehalten werden kann.
15 aa) Rechtsfehlerfrei geht das Berufungsgericht allerdings davon
aus, dass eine finanzierende Bank nach § 278 BGB für Fehlverhalten eines als
Verhandlungsgehilfe eingesetzten selbstständigen Vermittlers einzustehen
hat, soweit dieses den Bereich der Anbahnung des Kreditvertrags betrifft.
Insoweit wird der Vermittler im Pflichtenkreis der in den Vertrieb
der Kapitalanlage nicht eingebundenen, lediglich finanzierenden Bank tätig
(vgl. Senatsurteile vom 27. Juni 2000 - XI ZR 174/99, WM 2000, 1685, 1686,
vom 12. November 2002 - XI ZR 47/01, BGHZ 152, 331, 333, vom 29. April 2003
- XI ZR 201/02, WM 2004, 21, 22 und vom 16. Mai 2006 - XI ZR 6/04, BGHZ 168,
1 Rn. 63 mwN). Dem steht - worauf das Berufungsgericht zutreffend
hinweist - nicht entgegen, dass der Vermittler von Weisungen des
Geschäftsherrn abweicht, sofern er in unmittelbarem sachlichen Zusammenhang
mit der übertragenen Aufgabe handelt (vgl. BGH, Urteile vom 6.
April 1978 - III ZR 43/76, WM 1978, 946, 947 und vom 4. Februar 1997 - XI ZR
31/96, WM 1997, 477, 478 mwN).
16 bb) Im Weiteren stützt das Berufungsgericht jedoch die Haftung der
Beklagten nicht auf eine Verletzung ihrer Pflichten als finanzierender Bank,
sondern geht rechtsfehlerhaft von der Verletzung einer eigenen Pflicht des
Kreditvermittlers zur Risikoaufklärung aus.
17 (1) Die
Zurechnung einer Pflichtverletzung nach § 278 BGB setzt voraus, dass der
Erfüllungsgehilfe objektiv zur Erfüllung einer den Schuldner treffenden
Haupt- oder Nebenpflicht tätig wird (allgemeine Ansicht, vgl. BGH,
Urteil vom 3. Juni 1993 - III ZR 104/92, BGHZ 123, 1, 14; MünchKommBGB/Grundmann,
6. Aufl., § 278 Rn. 20; Palandt/Grüneberg, BGB, 72. Aufl., § 278 Rn. 12;
Lorenz in 50 Jahre Bundesgerichtshof, Festgabe aus der Wissenschaft, 2000,
Bd. I S. 329, 339 f.; Staudinger/Löwisch/Caspers, BGB, Neubearbeitung 2009,
§ 278 Rn. 34 f.; H. P. Westermann in Erman, BGB, 13. Aufl., § 278 Rn. 17).
Maßgeblich ist der konkrete Pflichtenkreis, der durch Art und Inhalt
des zwischen Schuldner und Gläubiger bestehenden Schuldverhältnisses
bestimmt wird (Palandt/Grüneberg, BGB, 72. Aufl., § 278 Rn. 13;
Staudinger/Löwisch/ Caspers, BGB, Neubearbeitung 2009, § 278 Rn. 43, 54). Ob
den Erfüllungsgehilfen im Verhältnis zum Gläubiger oder Schuldner - zugleich
- eigene Pflichten treffen, ist nicht entscheidend.
18 (2) Danach setzt die Haftung der beklagten Bank wegen eines
unterbliebenen Hinweises auf Risiken der finanzierten Kapitalanlage voraus,
dass sie eine eigene Aufklärungspflicht getroffen hat, die Grundlage einer
Zurechnung des Verhaltens des Kreditvermittlers nach § 278 BGB hätte sein
können. Das wird vom Berufungsgericht nicht geprüft. Es hält statt
dessen nicht nur unzutreffend die Verletzung einer eigenen Pflicht des
Kreditvermittlers zur Risikoaufklärung bei Finanzierung einer Kapitalanlage
für ausreichend, sondern geht in der Folge auch verfehlt davon aus,
Kenntnisse der beklagten Bank zur konkreten Kapitalanlage seien dem
Kreditvermittler zuzurechnen, weil dieser die Augen vor deren Risiken
verschlossen habe.
19 Damit übergeht das Berufungsgericht - worauf die Revision zutreffend
hinweist - die für die Haftung der Beklagten wegen eines zur Aufklärung der
Kläger verpflichtenden konkreten Wissensvorsprungs zu Risiken der
Kapitalanlage wesentliche Prüfung, ob die Beklagte über einen solchen, die
Hinweispflicht auslösenden Wissensvorsprung verfügt hat, auf den sich die
Kläger hätten berufen können. Da nach den nicht angegriffenen Feststellungen
des Berufungsgerichts die Beklagte keine eigene Kenntnis von der
Finanzierung einer Kapitalanlage mit dem den Klägern gewährten Darlehen
besaß, ihr vielmehr dieser Verwendungszweck gezielt verheimlicht wurde,
hätte das Berufungsgericht prüfen müssen, ob die von ihm angenommene
Kenntnis des Kreditvermittlers von der Mittelverwendung der Beklagten als
finanzierender Bank zuzurechnen war. Daran fehlt es (vgl. dazu nachfolgend
2.).
20 c) Ebenfalls rechtsfehlerhaft stützt das Berufungsgericht den
Schadensersatzanspruch der Kläger zusätzlich auf eine der Beklagten nach §
278 BGB zugerechnete Pflichtverletzung des Kreditvermittlers, weil dieser
sich keine Kenntnis von den Risiken der konkreten Kapitalanlage verschafft
und deswegen die Kläger über warnende Hinweise in der Berichterstattung zur
G. -Anlage nicht informiert habe.
21 Einer
finanzierenden Bank ist - wie dargestellt - das Verhalten eines
Verhandlungsgehilfen nur im Bereich der Kreditanbahnung zuzurechnen, da der
Vermittler insoweit im Pflichtenkreis der in den Vertrieb der Kapitalanlage
nicht eingebundenen Bank als deren Erfüllungsgehilfe tätig wird
(vgl. nur Senatsurteil vom 16. Mai 2006 - XI ZR
6/04, BGHZ 168, 1 Rn. 63 mwN). Pflichtverletzungen des
Kreditvermittlers wegen unterbliebener Erkundigungen und fehlender Hinweise
zu Risiken der finanzierten Kapitalanlage, wie sie hier das Berufungsgericht
annimmt, betreffen hingegen nicht den Darlehensvertrag, sondern die
Rentabilität des Anlagegeschäfts und liegen damit im Grundsatz außerhalb des
Pflichtenkreises einer finanzierenden Bank (vgl. Senatsurteile vom
23. März 2004 - XI ZR 194/02, WM 2004, 1221, 1225 und vom 16. Mai 2006 - XI
ZR 6/04, BGHZ 168, 1 Rn. 63). Danach hat die Beklagte, die in die
Vermittlung der Kapitalanlage nicht eingebunden war, nicht nach § 278 BGB
für mögliches eigenes Fehlverhalten des Kreditvermittlers bei Aufklärung der
Kläger zu den Risiken der Kapitalanlage einzustehen.
22 2. Die angefochtene Entscheidung stellt sich nicht aus anderen Gründen
als richtig dar (§ 561 ZPO). Die Beklagte haftet den Klägern nicht
wegen Verletzung einer Hinweispflicht zu konkreten Risiken der Kapitalanlage
bei der G. , da sie über einen erforderlichen Wissensvorsprung nicht
verfügte und die Kläger sich nicht darauf berufen können, entsprechende
Kenntnisse des Kreditvermittlers seien der Beklagten zuzurechnen.
23 a) Wie auch das Berufungsgericht nicht verkannt hat, ist eine
nicht beratende, sondern - wie hier - lediglich kreditgebende Bank nach der
ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zu einer Risikoaufklärung
über das finanzierte Anlagegeschäft nur unter ganz besonderen
Voraussetzungen verpflichtet. Das ist etwa der Fall, wenn die Bank in Bezug
auf spezielle Risiken des Vorhabens einen konkreten Wissensvorsprung vor dem
Darlehensnehmer hat und dies auch erkennen kann (st. Rspr.,
Senatsurteile vom 29. Juni 2010 - XI ZR 104/08, BGHZ 186, 96 Rn. 16, vom 16.
Mai 2006 - XI ZR 6/04, BGHZ 168, 1 Rn. 41 und vom 5. Juni 2012 - XI ZR
175/11, WM 2012, 1389 Rn. 21). Über einen eigenen, zur Aufklärung
über die Risiken der konkreten Kapitalanlage verpflichtenden
Wissensvorsprung verfügte die Beklagte schon deswegen nicht, weil ihr nach
den von den Parteien nicht angegriffenen Feststellungen des
Berufungsgerichts eine Verwendung der Darlehensvaluta für eine solche
Kapitalanlage bei der G. nicht bekannt war.
24 b) Die Kläger können sich nicht darauf berufen, Kenntnisse des
Kreditvermittlers über die konkrete Mittelverwendung für eine Kapitalanlage
bei der G. seien der Beklagten nach § 166 Abs. 1 BGB zuzurechnen.
25 aa) Der Kreditvermittler hat insoweit nach den von den Parteien
nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts nicht als Vertreter
der Beklagten gehandelt. Nach ständiger Rechtsprechung sind in analoger
Anwendung von § 166 Abs. 1 BGB einem Geschäftsherrn aber auch Kenntnisse von
Wissensvertretern zuzurechnen, die ohne Vertretungsmacht im Rechtsverkehr
dazu berufen sind, eigenverantwortlich bestimmte Aufgaben des Geschäftsherrn
zu erledigen und dabei anfallende Informationen diesem zur Kenntnis zu geben
sowie gegebenenfalls weiterzuleiten (vgl. BGH, Urteile vom 24.
Januar 1992 - V ZR 262/90, BGHZ 117, 104, 106 f. und vom 15. März 2011 - VI
ZR 162/10, NJW 2011, 1799 Rn. 14). Die Zurechnung nach § 166 Abs. 1
BGB umfasst grundsätzlich auch Wissen, durch das Hinweis- und Warnpflichten
des Geschäftsherrn gegenüber dem Vertragspartner begründet werden
(vgl. BGH, Urteil vom 6. Mai 2008 - XI ZR 56/07, BGHZ 176, 281 Rn. 17 f.).
26 Danach ist - wovon auch beide Parteien im Revisionsverfahren
ausgehen - der Kreditvermittler, der für die Beklagte den Darlehens- und den
Lebensversicherungsvertrag mit den Klägern angebahnt und in den Details
vorbereitet hat, als Wissensvertreter der Beklagten anzusehen (vgl.
dazu auch Palandt/ Ellenberger, BGB, 72. Aufl., § 166 Rn. 6a;
Gehrlein/Weinland in jurisPK-BGB, 6. Aufl., § 166 Rn. 10; MünchKommBGB/Schramm,
6. Aufl., § 166 Rn. 41).
27 bb) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes handelt aber
eine Vertragspartei treuwidrig (§ 242 BGB), die sich auf die Zurechnung von
Vertreterwissen beruft, obwohl sie damit rechnen musste, dass der Vertreter
sein Wissen dem Geschäftsherrn vorenthalten würde (BGH, Urteile vom
17. Januar 1968 - VIII ZR 240/66, WM 1968, 440, 441, vom 24. April 1972 - II
ZR 153/69, WM 1972, 1380, 1381, vom 27. Februar 2008 - IV ZR 270/06, NJW-RR
2008, 977 Rn. 10, 12 und vom 5. Juli 2011 - XI ZR 306/10, WM 2011, 2088 Rn.
24). Der Vertragspartner des Geschäftsherrn ist nämlich nicht
schutzwürdig, wenn er zusammen mit dem Wissensvertreter dem Geschäftsherrn
gerade die Information vorenthalten hat, deren Zurechnung nach § 166 Abs. 1
BGB zulasten des Geschäftsherrn er nunmehr geltend macht. Er muss
sich in einem solchen Fall so behandeln lassen, als habe er persönlich -
ohne Einschaltung des Vermittlers - die erhebliche Information dem
Geschäftsherrn verschwiegen (vgl. für eine Scheingeschäftsabrede
Senatsurteil vom 1. Juni 1999 - XI ZR 201/98, WM 1999, 1501, 1502).
28 So liegt der Fall hier. Nach den - von der Revisionserwiderung
nicht angegriffenen - Feststellungen des Berufungsgerichts hat der
Kreditvermittler die Kläger veranlasst, unzutreffende Angaben zur
beabsichtigten Verwendung der Darlehensvaluta zu formulieren, um gegenüber
der Beklagten die weisungswidrige Verwendung der Kreditmittel für
Anlagegeschäfte bei der G. zu verschleiern. Die Kläger haben die
wahrheitswidrige Erklärung abgegeben, das Darlehen diene der Finanzierung
einer vorzeitigen Erbauseinandersetzung. Danach mussten die Kläger, wenn sie
nicht sogar vorsätzlich gehandelt haben, davon ausgehen, dass der
Kreditvermittler - wie später geschehen - die tatsächlich beabsichtigte
Mittelverwendung vor der Beklagten geheim halten würde. Auf eine
Zurechnung dieses Wissens des Kreditvermittlers nach § 166 Abs. 1 BGB können
sie sich deshalb gegenüber der Beklagten nicht berufen
.
29 cc) Dem steht - anders als die Revisionserwiderung annimmt - nicht
entgegen, dass der Kreditvermittler, auf dessen Kenntnis als Vertreter es
nach § 166 Abs. 1 BGB im Allgemeinen ankommt, von den Klägern nicht über die
konkrete Mittelverwendung getäuscht werden konnte, weil er davon Kenntnis
hatte. Auf eine Täuschung des Kreditvermittlers als Wissensvertreter
kommt es nämlich nicht an, da es dem Geschäftspartner des Geschäftsherrn
bereits dann verwehrt ist, sich auf Kenntnisse eines Vermittlers zu berufen,
wenn er - wie hier die Kläger - damit rechnen muss, dass der Vermittler die
entscheidende Information dem Geschäftsherrn vorenthalten wird
(vgl. Senatsurteil vom 5. Juli 2011 - XI ZR 306/10, WM 2011, 2088 Rn. 24).
Zudem wäre für eine Täuschung der Beklagten über die
Mittelverwendung wiederum auf deren Kenntnisse und nicht das Wissen des
Kreditvermittlers abzustellen, da die Kläger auch insoweit in Zusammenwirken
mit dem Kreditvermittler die Fehlvorstellung der Beklagten begründet haben
und sich deshalb nicht auf § 166 Abs. 1 BGB stützen können.
30 c) Davon ausgehend begründen die vom Berufungsgericht angenommenen
Pflichtverletzungen des Kreditvermittlers keine Haftung der Beklagten,
sodass es auf die weiteren von der Revision erhobenen Rügen, das
Berufungsgericht habe die Anforderungen an die Sorgfalt des
Kreditvermittlers überspannt sowie erhobene Beweise fehlerhaft gewürdigt,
nicht ankommt.
B. Anschlussrevision der Kläger
31 Die Anschlussrevision der Kläger, mit der sie sich gegen die Kürzung des
ersatzfähigen Schadens wenden, ist unbegründet. Die von den Klägern
beantragte weitergehende Verurteilung der Beklagten kommt nicht in Betracht,
weil ein Schadensersatzanspruch mangels Pflichtverletzung der Beklagten
bereits dem Grunde nach nicht besteht.
III.
32 1. Das angefochtene Urteil ist nach alledem auf die Revision der
Beklagten aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO), soweit darin zu ihrem Nachteil
entschieden worden ist. Da keine weiteren Feststellungen zu treffen sind,
kann der Senat in der Sache selbst entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO) und die
Berufung auch im Übrigen zurückweisen.
33 2. Ebenso sind die von den Klägern im Berufungsverfahren gestellten
Hilfsanträge zurückzuweisen. Den Klägern steht gegen die Beklagte kein
Anspruch auf Auskunft über die Ergebnisse von Ermittlungen zu, die die
Beklagte vorprozessual zu Darlehensverträgen unternommen haben soll, die
möglicherweise einer Finanzierung von G. -Anlagen dienten.
Prozessparteien sind nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs
grundsätzlich nicht gehalten, dem Gegner das Beweismaterial zu verschaffen,
über das er nicht schon von sich aus verfügt. Eine allgemeine prozessuale
Aufklärungspflicht der nicht darlegungs- und beweispflichtigen Partei
besteht nicht (vgl. BGH, Beschluss vom 26. Oktober 2006 - III ZB
2/06, NJW 2007, 155 Rn. 7 und Urteil vom 11. Juni 1990 - II ZR 159/89, WM
1990, 1844, 1845 f.).
34 Einen materiellrechtlichen Auskunftsanspruch nach den §§ 259, 260 BGB
machen die Kläger nicht geltend. Ein Auskunftsanspruch nach § 242 BGB kommt
nach der Rechtsprechung zwar bei Vertragsverletzungen in Betracht, wenn der
die Auskunft Begehrende in entschuldbarer Weise über das Bestehen oder den
Umfang seines Rechts im Ungewissen ist, während der Verpflichtete unschwer
in der Lage ist, die erbetene Auskunft zu erteilen (vgl. BGH, Urteile vom
19. Februar 1982 - V ZR 234/81, WM 1982, 689, 690, vom 14. Juli 1987 - IX ZR
57/86, WM 1987, 1127 f. und vom 11. Juni 1990 - II ZR 159/89, WM 1990, 1844,
1846 f.). Mit dem Auskunftsverlangen darf aber nicht das Ziel verfolgt
werden, Beweismittel zur Durchsetzung dieses Anspruchs zu gewinnen (vgl.
BGH, Urteile vom 22. Januar 1957 - VI ZR 334/55, WM 1957, 637, 638 und vom
18. Februar 1970 - VIII ZR 39/68, WM 1970, 387, 388; Staudinger/ Bittner,
BGB, Neubearbeitung 2009, § 260 Rn. 42; Ebert in Erman, BGB, 13. Aufl., §
260 Rn. 6). Die von den Klägern begehrten Informationen zu Ergebnissen
vorprozessualer Aufklärungsbemühungen der Beklagten betreffen nicht
Voraussetzungen des von ihnen behaupteten, gegen die Beklagte gerichteten
Anspruchs aus Vertragsverletzung, sondern dienen der Gewinnung von
Beweismitteln. Insbesondere wollen die Kläger damit die Glaubwürdigkeit von
Zeugenaussagen erschüttern.
35 Schließlich kommt unabhängig von der Frage, ob zur Begründung eines
Auskunftsanspruchs der Verdacht einer vorvertraglichen Pflichtverletzung
ausreicht oder dieser Leistungsanspruch dem Grunde nach feststehen muss
(vgl. BGH, Urteil vom 17. Juli 2002 - VIII ZR 64/01, WM 2003, 255, 256 mwN
sowie BGH, Beschluss vom 27. Juli 2000 - III ZR 279/99, NJW-RR 2001, 705,
706 und Urteil vom 6. Mai 2004 - III ZR 248/03, VIZ 2004, 492, 494), ein
Anspruch auf Auskunft nicht in Betracht, wenn - wie hier - feststeht, dass
der vom Auskunftsbegehrenden zugrunde gelegte Leistungsanspruch nicht
besteht (vgl. BGH, Urteil vom 14. Juli 1987 - IX ZR 57/86, WM 1987, 1127,
1128 und Beschluss vom 27. Juli 2000 - III ZR 279/99, NJW-RR 2001, 705, 706;
BAG, NZA-RR 2010, 95 Rn. 13).
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