Allgemeine
Geschäftsbedingungen: Beweislast für das Vorliegen von AGB; Klauselkontrolle
bei Verbraucher(individual)verträgen nach § 310 III Nr. 2 BGB, Beweislast
für die fehlende Einflußmöglichkeit; richtlinienkonforme Auslegung des
AGB-Rechts
BGH, Urt. v. 15. April 2008
- X ZR 126/06
Fundstelle:
NJW 2008, 2250
BGHZ 176, 140
Amtl. Leitsatz:
Im Falle von
Vertragsklauseln, die zur Verwendung in einem einzelnen Verbrauchervertrag
bestimmt sind, trägt der Verbraucher die Darlegungs- und Beweislast dafür,
dass die Vertragsklauseln vorformuliert worden sind und er infolge der
Vorformulierung keinen Einfluss auf ihren Inhalt nehmen konnte.
Zentrale Probleme:
Es geht um § 310
Abs. 3 Nr. 2 BGB: Danach findet eine AGB-rechtliche Inhaltskontrolle
zugunsten von Verbraucher auch auf Klauseln Anwendung, die eigentlich keine
AGB i.S.v. § 305 BGB sind, da sie zwar vorformuliert, aber nur zur
einmaligen Verwendung bestimmt sind (auch insoweit trägt der Vertragspartner
des Verwenders die Beweislast, d.h. er muß das Vorliegen von AGB
nachweisen). In casu ging es um die Laufzeit des Vertrages. Die Fiktion des
§ 310 Abs. 3 Nr. 1 BGB hilft hier nicht weiter, weil es dort nur um das
Problem des "Stellens" geht. Der Senat beschäftigt sich mit der Frage der
Beweislast und kommt zu dem zutreffenden Ergebnis, daß der Verbraucher
nachzuweisen hat, daß er auf Grund der Vorformulierung keinen Einfluß auf
den Inhalt nehmen konnt. Die Entscheidung ist auch methodisch von Interesse
in Bezug auf das Gebot richtlinienkonformer Auslegung: Liegen nämlich AGB
vor, so hat der Verwender zu beweisen, daß die Klauseln dennoch einzeln
ausgehandelt wurden (§ 305 I S. 3 BGB). Diese - von der AGB-Richtlinie
vorgegebene - Beweisregelung kann aber nach Ansicht des Senats nicht auf §
310 Abs. 3 Nr. 2 BGB übertragen werden. Da die Richtlinie Individualverträge
nicht erfaßt, ist das auch europarechtlich nicht geboten. Wichtig ist auch
die Aussage zu den Grenzen der grammatikalischen Auslegung bei
Rechtsvorschriften mit europarechtlichem Hintergrund:
Das Gemeinschaftsrecht und die in ihm verwendeten Begriffe
sind in diesem Fall nicht ausschließlich nach Maßgabe des nationalen Rechts
zu verstehen, sondern in ihrem durch das Gemeinschaftsrecht geprägten
Sinngehalt zu erfassen. Das verbietet einen einfachen Rückgriff auf den
rechtlichen Sprachgebrauch des nationalen Rechts, wenn der Gesetzgeber in
Umsetzung einer Richtlinie deren Sprachgebrauch übernimmt oder im nationalen
Recht verwendete Begriffe benutzt.
©sl 2008
Tatbestand:
1 Die Parteien schlossen am 22. Juli 2004 einen als "Befestigungsabonnement"
bezeichneten Vertrag, demzufolge die Klägerin in 48 Behandlungen
Haarkreationen in die Frisur des Beklagten einweben sollte, die der Beklagte
von der Klägerin erworben hatte. Zuvor bestand zwischen den Parteien ein
entsprechender Vertrag mit einer Laufzeit von zwei Jahren und einer Option
auf die Verlängerung der Laufzeit auf vier Jahre. Der hier maßgebliche
Vertrag wurde nach Ablauf der Optionsfrist geschlossen. Der Beklagte hat den
Vertrag mit Schreiben vom 30. Juli 2004 gekündigt und wird von der Klägerin
auf Zahlung restlichen Werklohns abzüglich ersparter Aufwendungen in Höhe
von 2.237,76 € nebst Zinsen in Anspruch genommen.
2 In der vorgedruckten Vereinbarung ist in der Rubrik "Umfang" die
handschriftliche Angabe "4 Jahre" eingetragen mit dem ebenfalls
handschriftlichen Zusatz "Auslandsaufenthalt Verlängerung jederzeit
möglich". Die Klägerin sieht in dieser Bestimmung eine
Individualvereinbarung. Der Beklagte hält die Laufzeitvereinbarung wegen
Verstoßes gegen § 309 Nr. 9 BGB für unwirksam.
3 Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die
Klageforderung nebst Zinsen zugesprochen. Hiergegen richtet sich die vom
Berufungsgericht zugelassene Revision des Beklagten, der die Klägerin
entgegengetreten ist.
Entscheidungsgründe:
4 Die Revision hat keinen Erfolg.
5 I. Das Berufungsgericht hat den von den Parteien geschlossenen Vertrag
rechtlich zutreffend als Werkvertrag qualifiziert und die Anspruchsgrundlage
der - der Höhe nach unstreitigen - Klageforderung in § 649 Satz 2 BGB
gesehen. Davon geht auch die Revision aus.
6 Dieser Vertrag ist zwischen der Klägerin als Unternehmerin und dem
Beklagten als Verbraucher geschlossen worden, so dass es sich um einen
Verbrauchervertrag handelt, auf den § 310 Abs. 3 BGB Anwendung findet.
Insoweit hat das Berufungsgericht festgestellt, dass die Vertragsbedingungen
von der Klägerin vorformuliert worden sind. Es ist zutreffend und von
Revision und Revisionserwiderung unbeanstandet davon ausgegangen, dass Art
und Umfang der handschriftlichen Einfügungen in den Vertragsvordruck ihrer
rechtlichen Einordnung als vorformulierte Vertragsklauseln nicht
entgegenstehen (vgl. BGHZ 141, 108 unter II 1 a zu § 24 a AGBG).
7 II. 1. Das Berufungsgericht hat weiter die Auffassung vertreten, die
Voraussetzungen für eine Inhaltskontrolle der umstrittenen, die Laufzeit des
zwischen den Parteien geschlossenen Werkvertrages betreffenden
Vertragsklausel lägen nicht vor. Deshalb sei diese wirksam und der Beklagte
verpflichtet, den vereinbarten Werklohn abzüglich der ersparten Aufwendungen
zu bezahlen.
8 Zur Begründung seiner Auffassung hat das Berufungsgericht ausgeführt, die
Voraussetzungen der Inhaltskontrolle nach § 310 Abs. 3 Nr. 1 BGB lägen nicht
vor, weil der Beklagte den Nachweis, dass die umstrittene Vertragsklausel
für eine Vielzahl von Fällen bestimmt gewesen sei, nicht geführt habe, so
dass die dort geregelte Fiktion des Stellens und die daran anschließende
Beweislastumkehr für das Aushandeln solcher Regelungen keine Anwendung
finde. Der Beklagte habe bezüglich der Frage, ob die umstrittene Klausel
eine allgemeine Geschäftsbedingung sei, nur Vermutungen allgemeiner Art
aufgestellt. Dem Berufungsgericht sei aus verschiedenen bei ihm anhängigen
Verfahren und aus in diesen vorgelegten Urteilen bekannt, dass die Klägerin
ihren Kunden sehr unterschiedliche Vertragslaufzeiten, beginnend mit einigen
Monaten bis zu mehreren Jahren, anbiete und auch die Anzahl der
Einwebaktionen variiere. Deshalb stehe zur Überzeugung der Kammer fest, dass
es sich bei der vorliegenden Vertragsgestaltung um eine zur einmaligen
Verwendung bestimmte Vertragsbestimmung handle, auf die § 310 Abs. 3 Nr. 2
BGB Anwendung finde.
9 Zur Eröffnung der Inhaltskontrolle nach § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB hat das
Berufungsgericht ausgeführt, nach dieser Vorschrift sei neben der
Vorformulierung Voraussetzung der Inhaltskontrolle, dass der Verbraucher auf
Grund der Vorformulierung keinen Einfluss auf den Inhalt der Vertragsklausel
nehmen konnte. Diese Voraussetzung sei neben der Vorformulierung ein
selbstständiges Tatbestandsmerkmal, für dessen Vorliegen der Verbraucher die
Beweislast trage. Diesen Beweis habe der Beklagte nicht erbracht, für das
Vorliegen dieser Voraussetzung sprächen auch keine Indizien. Das Beharren
der Klägerin, der Beklagte möge die im vorausgegangenen Vertrag vereinbarte
Option ausüben, stelle kein Indiz dar. Der Inhalt der Laufzeitregelung sei
weder komplex noch umfangreich, zwischen den Parteien bestehe auch kein
nennenswertes wirtschaftliches oder intellektuelles Gefälle. Aus den
Einlassungen des Beklagten bei seiner Parteivernehmung vor der Kammer ergebe
sich vielmehr, dass dem Beklagten bei Eingehung der Vereinbarung durchaus
bewusst gewesen sei, dass er eine langfristige Bindung eingehe und diese aus
persönlichen und wirtschaftlichen Gründen eventuell nicht ohne Weiteres
werde erfüllen können. Während der Beklagte aufgrund eines etwaigen
Auslandsaufenthalts für seinen Arbeitgeber, der im Zeitpunkt des
Vertragsabschlusses allerdings schon wieder weniger wahrscheinlich gewesen
sei, mit der Mitarbeiterin der Klägerin über ein mögliches "Anhängen dieser
Zeit" an die Vertragslaufzeit verhandelt habe, was auch - handschriftlich -
Eingang in den Vertragstext gefunden habe, habe er nach seinen eigenen
Angaben nicht einmal ansatzweise den Versuch unternommen, eine kürzere
Vertragsdauer als vier Jahre zu erreichen, um seiner momentanen Situation
Rechnung zu tragen. Damit habe der Beklagte den ihm obliegenden Beweis der
fehlenden Möglichkeit der Einflussnahme im Hinblick auf die vorformulierte
Vertragslaufzeit, nachdem sich die Klägerin in einem ähnlichen Punkt
verhandlungsbereit gezeigt habe, nicht geführt. Mangels Nachweises der
Voraussetzungen des § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB komme eine Inhaltskontrolle der
umstrittenen Klausel nicht in Betracht, so dass diese wirksam sei.
10 2. Die Revision stellt zwar nicht in Abrede, dass die umstrittene
Laufzeitregelung vorformuliert wurde, sie zieht jedoch in Zweifel, ob die
Laufzeitregelung nur für eine einmalige Verwendung gedacht gewesen sei und
das Berufungsgericht den Beklagten insoweit als beweisbelastet und den
Beweis als nicht geführt habe ansehen dürfen.
11 Die Revision macht darüber hinaus insbesondere geltend, der Gesetzgeber
habe die Richtlinie fehlerhaft umgesetzt, indem er die Inhaltskontrolle für
einen einzelnen Verbrauchervertrag vorformulierter Vertragsklauseln durch §
310 Abs. 3 Nr. 2 BGB von der Voraussetzung abhängig gemacht habe, dass der
Verbraucher infolge der Vorformulierung auf den Inhalt der Klausel keinen
Einfluss nehmen konnte. Dieser Fehler sei durch richtlinienkonforme
Auslegung zu korrigieren. Die Richtlinie mache grundsätzlich keinen
Unterschied zwischen allgemeinen Geschäftsbedingungen und
Verbraucherverträgen. Bei Umsetzung der Richtlinie sei aus Art. 3 der
Begriff der "Einflussnahme" übernommen worden, wobei der Gesetzgeber
übersehen habe, dass die Richtlinie den Begriff der Einflussnahme auch für
allgemeine Geschäftsbedingungen verwende, während im nationalen Recht
insoweit der Begriff des "Aushandelns" verwendet werde (§ 305 Abs. 1 Satz 2
BGB). Der Begriff des Aushandelns in § 305 Abs. 1 Satz 2 BGB müsse daher
richtlinienkonform dahin interpretiert werden, dass dem Verbraucher die
Möglichkeit versperrt war, auf den Inhalt der Vertragsbedingungen Einfluss
zu nehmen. Nach Art. 3 Abs. 1 und 2 und dem 12. Erwägungsgrund der
Richtlinie sei nicht die fehlende Einflussmöglichkeit, sondern das fehlende
Aushandeln der Vertragsklauseln das entscheidende Merkmal für die Anknüpfung
der Inhaltskontrolle. Nach Art. 3 Abs. 2 Satz 3 der Richtlinie trage der
Gewerbetreibende die Beweislast dafür, dass die Klausel im Einzelnen
ausgehandelt worden sei. Schließlich ergebe sich aus den Worten "immer dann"
in Art. 3 Abs. 2 Satz 1 der Richtlinie zwar eine gesetzliche Vermutung,
jedoch keine abschließende Definition. Deshalb habe der Gesetzgeber das
Merkmal der fehlenden Einflussnahme nicht als Tatbestandsmerkmal, sondern
als Ausnahmeregelung formulieren müssen mit der Folge, dass - entgegen der
Auffassung des Berufungsgerichts - nicht der Verbraucher, sondern der
Unternehmer die Beweislast dafür trage, dass der Verbraucher infolge der
Vorformulierung der Klausel auf ihren Inhalt keinen Einfluss nehmen konnte.
12 3. Diese Angriffe bleiben ohne Erfolg.
13 a) Ohne Erfolg beanstandet die Revision, dass das Berufungsgericht die
hier streitige Klausel nicht als Allgemeine Geschäftsbedingung im Sinne des
§ 310 Abs. 3 Nr. 1 BGB, sondern als vorformulierte Vertragsbestimmung im
Sinne des § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB eingeordnet hat. Allerdings kennt die
Richtlinie den Begriff der allgemeinen Geschäftsbedingung nicht, sondern
eröffnet allgemein die Inhaltskontrolle vorformulierter Vertragsklauseln.
Sie unterscheidet jedoch in Art. 3 zwischen sonstigen vorformulierten
Vertragsklauseln und sog. Standardvertragsklauseln, unter denen sie
vorformulierte Vertragsklauseln zur Verwendung in einer Vielzahl von
Verbraucherverträgen versteht. Dem entspricht die Definition Allgemeiner
Geschäftsbedingungen im nationalen Recht, die § 310 Abs. 3 Nr. 1 BGB unter
Beschränkung auf Verbraucherverträge und unter Verzicht auf die
Voraussetzung des Stellens im Sinne von § 305 Abs. 1 BGB (BGHZ 141, 108,
113) aufgreift.
14 Eine solche Bestimmung zur Geltung in einer Vielzahl von Verträgen hat
das Berufungsgericht hier rechtsfehlerfrei verneint. Es ist zutreffend davon
ausgegangen, dass im Falle des § 310 Abs. 3 Nr. 1 BGB der Verbraucher die
Beweislast dafür trägt, dass die fraglichen Klauseln für eine Vielzahl von
Fällen vorformuliert worden sind, und der Unternehmer die Darlegungs- und
Beweislast dafür trägt, dass die vorformulierten Vertragsklauseln im
einzelnen ausgehandelt sind, obwohl sie vorformuliert wurden (Staudinger/Schlosser,
BGB, Bearb. 2006, § 310 BGB Rdn. 60; Basedow, MünchKomm./BGB, 5. Aufl., §
310 BGB Rdn. 49, 60; Ulmer/Brandner/Hensen, AGBRecht, 10. Aufl., § 310 BGB
Rdn. 77; Palandt/Heinrichs, BGB, 67. Aufl., § 310 BGB Rdn. 12.; Berger in
Prütting/Wegen/Weinreich, BGB, 2. Aufl., § 310 BGB Rdn. 8). Gegen die
Feststellungen des Berufungsgerichts, auf denen die Würdigung der
umstrittenen Klausel als für einen einzelnen Verbrauchervertrag und nicht
für eine Vielzahl von Verträgen bestimmte Vertragsbedingung beruht, erhebt
die Revision weder Sach- noch Verfahrensrügen. Bereits der Umstand, dass die
vorformulierte Vertragsklausel neben der Laufzeit und den in dieser Zeit
vorzunehmenden Behandlungen auch noch eine Bestimmung enthält, dass die
Vertragslaufzeit um die Dauer eines Auslandsaufenthalts verlängert werden
kann, zeigt - wie das Berufungsgericht in anderem Zusammenhang ausgeführt
hat - dass mit den umstrittenen Regelungen auf die individuellen
Verhältnisse des Beklagten Rücksicht genommen wurde und es sich im konkreten
Fall nicht um eine für eine Vielzahl von Verbraucherverträgen vorformulierte
Vertragsbestimmung, sondern um eine für den konkreten Vertrag der Parteien
bestimmte Regelung handelt, so dass sich die Anwendung der Vorschriften über
die Inhaltskontrolle allgemeiner Geschäftsbedingungen auf den zwischen den
Parteien geschlossenen Vertrag nicht nach § 310 Abs. 3 Nr. 1 BGB, sondern
nach § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB richtet.
15 b) Zu Recht ist das Berufungsgericht weiter davon ausgegangen, dass bei
einer solchen Klausel der Verbraucher nicht nur die Beweislast dafür trägt,
dass es sich um eine von seinem Vertragspartner vorformulierte Klausel
handelt, sondern dass er auch nachweisen muss, dass er aufgrund der
Vorformulierung auf ihren Inhalt keinen Einfluss nehmen konnte. Das folgt
bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift, der diese mangelnde Möglichkeit der
Einflussnahme zu einer der Voraussetzungen für die Inhaltskontrolle erhebt.
Allerdings ist diese Frage in Lehre und Rechtsprechung umstritten.
16 aa) Nach einer Auffassung ist aus Art. 3 Abs. 2 Unterabsatz 3 der
Richtlinie, wonach der Unternehmer beweisen muss, dass eine
Standardvertragsklausel im einzelnen ausgehandelt worden ist, herzuleiten,
dass nicht der Verbraucher, sondern der Unternehmer die Beweislast dafür
trägt, dass der Verbraucher trotz der Vorformulierung auf den Inhalt der
Klausel Einfluss nehmen konnte (v. Westphalen, BB 1996, 2101, 2103;
Bunte, DB 1996, 1389, 1392; Schulte-Nölke in Nomos Kommentar BGB, 5. Aufl.,
§ 310 Rdn. 8). Zu ähnlichen Ergebnissen gelangt eine weiter vertretene
Meinung, die die Rechtfertigung der Vorschriften über Verbraucherverträge
darin sieht, dass die Verantwortung für den Vertragsinhalt dem Unternehmer
zugewiesen wird, der die Bestimmungen des Vertrages vorformuliert hat (Wackerbarth,
AcP Bd. 200, 45, 75). Art. 3 der Richtlinie stelle als entscheidendes
Kriterium auf das Aushandeln der Vertragsbedingungen ab, an dem es fehle,
wenn der Verbraucher mit einem vorformulierten Text konfrontiert werde.
Damit sei die Vorformulierung die zutreffende Anknüpfung für die fehlende
Aushandlung im Einzelnen. Dieses Merkmal dürfe bei der Auslegung nicht durch
weitere Voraussetzungen derart eingeschränkt werden, dass Fälle aus dem
Anwendungsbereich der Inhaltskontrolle herausfallen, in denen es
typischerweise an einem Aushandeln gefehlt habe. Gerade das geschähe, würde
man zusätzlich zur Vorformulierung die fehlende individuelle
Einflussmöglichkeit und die Kausalität der Vorformulierung verlangen. Die
fehlende Einflussnahmemöglichkeit werde von der Richtlinie lediglich als
Regelbeispiel angeführt (Wackerbarth, aaO, 87).
17 Überwiegend wird demgegenüber die Auffassung vertreten, dass - dem
Wortlaut der Vorschrift entsprechend - der Verbraucher nach allgemeinen
Grundsätzen die Darlegungs- und Beweislast für die tatsächlichen
Voraussetzungen des gesetzlichen Tatbestandes trägt (Palandt/Heinrichs,
aaO, § 310 BGB Rdn. 17; Basedow, aaO, § 310 BGB Rdn. 66; Erman/Roloff, BGB,
12. Aufl., § 310 BGB Rdn. 20; Kollmann in Anwaltskommentar BGB, § 310 BGB
Rdn. 32; Becker in Bamberger/Roth, BGB, 2. Aufl., § 310 BGB Rdn. 21; Berger,
aaO, § 310 BGB Rdn. 9; Ulmer/Brandner/ Hensen, aaO, § 310 BGB Rdn. 89;
Wolf/Horn/Lindacher, AGBG, 4. Aufl., § 24 a AGBG Rdn. 37; Grabitz/Hilf/Pfeiffer,
Das Recht der Europäischen Union, A 5, Art. 3 der Richtlinie Rdn. 36;
Heinrichs, NJW 1996, 2190, 2193; Eckert, ZIP 1996, 1238, 1240; Imping, WiB
1997, 337, 340; Schwerdtfeger, DStR 1997, 499, 501; OLG Brandenburg NJ 2005,
273, 274). Das Merkmal der Einflussnahmemöglichkeit soll zwar
gleichbedeutend (Palandt/Heinrichs, aaO, § 310 BGB Rdn. 17) oder weitgehend
gleichbedeutend (Wolf/Horn/Lindacher, aaO, § 24 a AGBG) mit dem Aushandeln
im Sinne von § 305 Abs. 1 Satz 3 BGB sein (a.A. Ulmer/Brandner/Hensen, aaO,
§ 310 BGB Rdn. 85); die von dieser Vorschrift abweichende Verteilung der
Darlegungs- und Beweislast rechtfertige sich jedoch daraus, dass die
genannten Voraussetzungen der Eröffnung der Inhaltskontrolle vorformulierter
Vertragsklauseln für einen einzelnen Verbrauchervertrag
Tatbestandsvoraussetzungen des § 310 Abs. 1 Nr. 2 BGB seien, denen nicht -
wie im Falle des § 305 Abs. 1 Satz 3 BGB - die Funktion einer
Ausnahmeregelung zukomme (Ulmer/Brandner/Hensen, aaO, § 310 BGB Rdn. 84).
Das Gleiche gilt, soweit in dem Merkmal, dass der Verbraucher infolge der
Vorformulierung keinen Einfluss auf den Inhalt der Vertragsbedingung nehmen
konnte, ein Wiederaufleben des "Stellens" von Vertragsbedingungen im Sinne
des § 305 Abs. 1 BGB gesehen wird; die Beweislast für das Vorliegen dieser
Voraussetzung trägt auch nach diesem Ansatz der Verbraucher (Staudinger/Schlosser,
aaO, § 310 BGB Rdn. 64, 66).
18 bb) Der Senat schließt sich den zuletzt genannten Auffassungen an. Bei
Vertragsklauseln, die zur einmaligen Verwendung bestimmt sind, steht es
allein im Einklang mit dem klaren Wortlaut der Vorschrift, Darlegungs- und
Beweislast nicht dem Unternehmer, sondern dem Verbraucher dafür
aufzuerlegen, dass die Vertragsklauseln vorformuliert worden sind und dass
er infolge der Vorformulierung keinen Einfluss auf ihren Inhalt nehmen
konnte. Wie auch die Revision nicht verkennt, hat der Gesetzgeber bei der
Erstreckung der Inhaltskontrolle auf Individualverträge, die vorformulierte
Vertragsklauseln enthalten (§ 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB), den Umstand, dass
der Verbraucher infolge der Vorformulierung auf den Inhalt der
Vertragsklauseln keinen Einfluss nehmen konnte, als Tatbestandsvoraussetzung
der Eröffnung der Inhaltskontrolle ausgebildet. Für solche Umstände trägt
nach den allgemeinen Grundsätzen derjenige die Darlegungs- und Beweislast,
der sich zu seinen Gunsten auf ihr Vorliegen beruft.
19 Besondere Gründe, die es gebieten würden, Darlegungs- und Beweislast hier
abweichend von den allgemeinen Beweisregeln zu verteilen, sind nicht
ersichtlich. Allerdings ist, wie die Revision im Ausgangspunkt zutreffend
geltend macht, § 310 Abs. 3 BGB als nationales Recht zur Umsetzung der
Richtlinie 93/13/EWG richtlinienkonform auszulegen (vgl. nur Basedow,
aaO, § 310 BGB Rdn. 22). Dabei sind das Gemeinschaftsrecht und die in ihm
verwendeten Begriffe nicht nach Maßgabe des nationalen Rechts zu verstehen,
sondern in ihrem durch das Gemeinschaftsrecht geprägten Sinngehalt zu
erfassen (vgl. nur Kollmann, aaO, § 310 BGB Rdn. 30). Das verbietet einen
einfachen Rückgriff auf den rechtlichen Sprachgebrauch des nationalen
Rechts, wenn der Gesetzgeber in Umsetzung einer Richtlinie deren
Sprachgebrauch übernimmt oder im nationalen Recht verwendete Begriffe
benutzt. Eine an diesen Grundsätzen orientierte Auslegung führt indessen zu
keinem anderen Verständnis, wie der Senat angesichts der klaren und
deutlichen Regelung der Richtlinie selbst feststellen kann; einer Vorlage an
den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften bedarf es insoweit nicht.
20 Mit der Unterscheidung zwischen für eine Vielzahl von
Verbraucherverträgen vorformulierten Vertragsbedingungen (allgemeinen
Geschäftsbedingungen im Sinne von § 310 Abs. 3 Nr. 1 BGB) und (sonstigen)
für den einzelnen Vertrag vorformulierten Vertragsbedingungen knüpft die
Regelung in § 310 Abs. 3 BGB an die Vorgaben der Richtlinie 93/13/EWG des
Rates der Europäischen Gemeinschaften vom 5. April 1993 über missbräuchliche
Klauseln in Verbraucherverträgen an. Wie § 310 Abs. 3 BGB unterscheidet auch
die Richtlinie in Art. 3 zwischen für eine Vielzahl von Verträgen bestimmten
Klauseln, von der Richtlinie als Standardvertragsklauseln bezeichnet, und
sonstigen Klauseln. Auf dieser Grundlage ist der in § 310 Abs. 3 Nr. 1 BGB
verwendete Begriff der allgemeinen Geschäftsbedingungen richtlinienkonform
als "vorformulierte Vertragsklauseln zur Verwendung in einer Vielzahl von
Verträgen" zu lesen (vgl. BGHZ 141, 108, 113; Staudinger/Schlosser, aaO, §
310 BGB Rdn. 55; Wolf/Horn/Lindacher, aaO, § 24 a AGBG Rdn. 27; Erman/Roloff,
aaO, § 310 BGB Rdn. 13). Solche Klauseln sind ihrer Typik nach -
insbesondere, wenn sie bei Vereinbarungen zwischen Unternehmen und
Verbrauchern zum Tragen kommen - das Ergebnis der Durchsetzung der größeren
wirtschaftlichen Stärke, das den Verbraucher als den wirtschaftlich
Schwächeren in größerem Maße schutzwürdig erscheinen lässt. Dies bietet
bereits im nationalen Recht der allgemeinen Geschäftsbedingungen Anlass und
Rechtfertigung dafür, solche Klauseln trotz des das Zivilrecht
beherrschenden Prinzips der Privatautonomie einer an der Schutzwürdigkeit
und Schutzbedürftigkeit der schwächeren Seite orientierten Inhaltskontrolle
zu unterwerfen. Hier schafft das aktuelle Recht durch § 310 Abs. 3 Nr. 1 BGB
in Übereinstimmung mit Art. 3 Abs. 2 Unterabsatz 3 der Richtlinie zugunsten
des Verbrauchers insoweit eine weitere Erleichterung, als bei
Verbraucherverträgen, bei denen dieses Ungleichgewicht regelmäßig in
besonderem Maße Ausdruck findet, vorformulierte Klauseln für eine Vielzahl
von Verbraucherverträgen als vom Unternehmer gestellt gelten mit der Folge,
dass sie der Inhaltskontrolle nach den §§ 307 ff. BGB unterliegen, sofern
dieser nicht nachweist, dass sie durch den Verbraucher in den Vertrag
eingeführt worden sind, wobei auch eine Einführung von Dritter Seite
regelmäßig nicht aus der Kontrolle herausführt. Diese Verteilung der
Beweislast entspricht nicht nur dem unterschiedlichen Schutzbedürfnis der
Beteiligten; sie kann auch an die Lebenserfahrung anknüpfen. Nach dieser ist
es bei Vereinbarungen zwischen Unternehmern und Verbrauchern in der Regel
nicht der Letztere, der vorformulierte Vertragsbedingungen in den Vertrag
einführen kann. Von daher erscheint es folgerichtig, dem Verbraucher allein
die Darlegungs- und Beweislast dafür aufzuerlegen, dass es sich um
vorformulierte Vertragsbedingungen für eine Vielzahl von
Verbraucherverträgen handelt, während der Unternehmer entweder darlegen und
beweisen muss, dass es sich bei den Klauseln um das Ergebnis von
Vertragsverhandlungen handelt, oder aber diese Bedingungen gegen die
Lebenserfahrung durch den Verbraucher eingeführt worden sind. Gelingt
dem Unternehmer dieser Nachweis nicht, geht das nationale Recht im Einklang
mit der Richtlinie von einer Schutzbedürftigkeit des Verbrauchers aus und
eröffnet die Inhaltskontrolle, ohne dass es insoweit einer weiteren
Voraussetzung bedarf.
21 Auf die Einbeziehung von lediglich für einen konkreten Vertrag
bestimmten, von einer Seite vorformulierten Vertragsbestimmungen lassen sich
diese Gedanken nicht ohne weiteres übertragen. Vorformulierte
Vertragsklauseln, die zur Verwendung in einem einzelnen Verbrauchervertrag
bestimmt sind (§ 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB), weisen die Typik vom Verwender
gestellter allgemeiner Geschäftsbedingungen (§ 305 Abs. 1 BGB) nicht auf.
Von den Fällen des § 310 Abs. 3 Nr. 1 BGB unterscheiden sich die Fälle des §
310 Abs. 3 Nr. 2 BGB im Allgemeinen dadurch, dass bei der Vorformulierung
von Vertragsbestimmungen für einen einzelnen Verbrauchervertrag zum einen
das für das Massengeschäft charakteristische Rationalisierungsinteresse des
Unternehmers (dazu Basedow, aaO, § 310 BGB Rdn. 63) nicht vorliegt und zum
anderen bei ihnen die Indizwirkung gegen die Berücksichtigung der
Vertragssituation, der Interessen beider Vertragsparteien und das Aushandeln
des Vertrages nicht oder jedenfalls nicht in gleicher Weise ausgeprägt ist
wie beim Stellen allgemeiner Geschäftsbedingungen durch den Verwender und
wie im Falle der Verwendung vorformulierter Standardverträge (Wolf/Horn/Lindacher,
aaO, Art. 3 Richtlinie Rdn. 30). Die den erweiterten Möglichkeiten einer
Inhaltskontrolle nach § 310 Abs. 3 Nr. 1 BGB zugrunde liegenden Erwägungen
können daher nicht ohne weiteres auf die Voraussetzungen der erweiterten
Inhaltskontrolle nach § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB übertragen werden. Hier
kann nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass der Vertragsinhalt
durch ein Ungleichgewicht zwischen den Vertragsparteien und deshalb durch
ein Aufzwingen von Vertragsbedingungen mit einseitiger Berücksichtigung der
Interessen des Verwenders geprägt ist wie im Falle des Stellens allgemeiner
Geschäftsbedingungen. Der Verbraucherschutz nach § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB
erfasst daher Fälle, in denen nicht davon ausgegangen werden kann, dass der
Inhalt einer Vertragsbestimmung mit der Vorformulierung typischerweise von
einer einseitigen Interessenwahrnehmung geprägt ist. Das rechtfertigt, es
in den Fällen des § 310 Abs. 2 Nr. 2 BGB bei den allgemeinen Beweisregeln zu
belassen und die Beweislast für das Vorliegen der zur Eröffnung der
Inhaltskontrolle erforderlichen Tatbestandsvoraussetzung, abweichend von den
für allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne von § 305 Abs. 1 Satz 3 BGB
geltenden Regeln und abweichend von § 310 Abs. 3 Nr. 1 BGB, dem sich hierauf
berufenden Verbraucher aufzuerlegen.
22 Diesem Unterschied in der Typik der Fälle und der darauf beruhenden
abweichenden Interessenlage trägt auch die Richtlinie Rechnung, indem sie
die Beweislastregel des Art. 3 Abs. 2 3. Unterabsatz auf
Standardvertragsbedingungen beschränkt. Entgegen der in der Literatur
teilweise vertretenen Auffassung lässt sich aus der Beweisregel des Art. 3
Abs. 2 Unterabsatz 3 der Richtlinie nicht herleiten, dass in den Fällen des
§ 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB der Unternehmer die Beweislast dafür trage, dass der
Verbraucher keine Möglichkeit der Einflussnahme auf den Inhalt einer
vorformulierten Vertragsklausel gehabt habe. Folgerichtig trifft Art. 3 Abs.
2 Unterabsatz 3 der Richtlinie nach Wortlaut und systematischer Stellung
eine Beweislastregelung nur für Standardvertragsklauseln, nicht aber für
sonstige vorformulierte Vertragsklauseln (vgl. Basedow, aaO, § 310 BGB
Rdn. 66, Wolf/Horn/Lindacher, aaO, Art. 3 Richtlinie Rdn. 30). Damit geht
auch sie von einer unterschiedlichen Gewichtung des typischerweise
bestehenden Zusammenhangs zwischen der Vorformulierung von
Vertragsbestimmungen und der fehlenden Möglichkeit der Einflussnahme auf den
Vertragsinhalt durch den Verbraucher bei Standard- und Individualverträgen
aus. Aus dieser Beschränkung auf Standardklauseln und dem Fehlen
entsprechender Vorgaben für sonstige vorformulierte Vertragsbestimmungen
folgt weiter, dass die für die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast
maßgebliche Interessenbewertung dem nationalen Recht überlassen ist. Dieses
kann ein höheres Schutzniveau vorsehen (Art. 8 der Richtlinie), ein solches
wird von der Richtlinie vor dem Hintergrund insbesondere der
unterschiedlichen Schutzniveaus in der Gemeinschaften jedoch bewusst nicht
vorgegeben (zum Kompromisscharakter der Richtlinie im Verhältnis von
deutschem und französischem Recht vgl. Basedow, aaO, § 310 BGB Rdn. 61).
Daher kann aus der Richtlinie auch nicht hergeleitet werden, dass der
Gesetzgeber gehalten gewesen sei, bei der Umsetzung der Richtlinie in
beweisrechtlicher Hinsicht für vorformulierte Vertragsklauseln in einzelnen
Verbraucherverträgen ein gleich hohes Schutzniveau vorzusehen, wie es die
Richtlinie für vorformulierte Standardvertragsklauseln vorgibt. Der
Gesetzgeber war daher nicht gehalten, für einzelne Verbraucherverträge eine
den Vorgaben des Art. 3 der Richtlinie für Standardvertragsklauseln
entsprechende Beweislastregel vorzusehen, sondern konnte die Vorgabe der
Richtlinie zu solchen Klauseln dadurch umsetzen, dass er diese - wie in §
310 Abs. 3 Nr. 2 BGB geschehen - als durch den Verbraucher zu beweisende
Tatbestandsvoraussetzungen der Inhaltskontrolle von Individualverträgen
ausbildete.
23 cc) Da der Beklagte die Beweislast dafür trägt, dass er aufgrund der
Vorformulierung der umstrittenen Klausel auf ihren Inhalt keinen Einfluss
nehmen konnte, kam es entgegen der Auffassung der Revision zur Entscheidung
des Rechtsstreits nicht auf die Vernehmung der von der Klägerin
gegenbeweislich benannten Zeugin an.
24 Die Revision ist demzufolge mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO
zurückzuweisen.
|