Erfüllung (§ 362 BGB)
bei Verpflichtung gegenüber mehreren Gläubigern; (vertragliche)
Tilgungsbestimmung; Rechtsfolgen der Unmöglichkeit bei teilbaren Leistungen;
Aufrechterhaltung der Gegenleistungspflicht gem. § 326 II BGB
BGH, Urt. v. 17. Juli 2007
- X ZR 31/06
Fundstelle:
NJW 2007, 3488
Amtl. Leitsatz:
a) Erbringt ein
Nachunternehmer noch ausstehende Teile seiner dem Hauptunternehmer
geschuldeten Leistung aufgrund eines gesondert geschlossenen Vertrages
direkt für dessen Auftraggeber, reicht der Eintritt des Leistungserfolgs als
solcher nicht aus, um insoweit zugleich eine Bewirkung der Leistung des
Nachunternehmers an den Hauptunternehmer anzunehmen.
b) Bei der Ermittlung der dem Nachunternehmer gegen den Hauptunternehmer
noch zustehenden Restvergütung ist regelmäßig zu berücksichtigen, ob und
inwieweit der Nachunternehmer seinen Anspruch auf die Gegenleistung behalten
haben könnte, aber sich den vom Auftraggeber erhaltenen Werklohn anrechnen
lassen muss, bzw. ob umgekehrt der Nachunternehmer für dem Hauptunternehmer
entgangenen Gewinn und ggfs. für weitere Schäden aufzukommen hat.
Zentrale Probleme:
Eine sehr lehrreiche Entscheidung zum allgemeinen
Schuldrecht (s. dazu auch die eigene Anm. in NJW 2007, 3491). Der Fall läßt sich auf folgende, sicher nicht seltene
Konstellation vereinfachen: Ein Auftraggeber (hier: H.) beauftragt einen
Unternehmer (hier: den Bekl.) mit einer Werkleistung (hier: Baggerarbeiten
und Entsorgung). Dieser beauftragt einen Subunternehmer (hier: den Kl.) mit
der Entsorgung. Nachdem ein Teil der Leistung des Subunternehmers erbracht
ist, kommt die Ausführung in's Stocken, weil - so ist zu unterstellen - der
Unternehmer den Subunternehmer nicht bezahlt und dieser deshalb nicht die
Mittel hat, den Rest der Leistung zu erbringen. Dann kommt der Auftraggeber,
der das Baggergut loswerden will, wieder in's Spiel und beauftragt direkt
den Subunternehmer mit der Erbringung der Restleistung und bezahlt auch
dafür. Als dann die gesamte Entsorgungsleistung erbracht ist, verlangt der
Subunternehmer vom Hauptunternehmer den gesamten restlichen Werklohn.
Die Fälligkeit dieses Anspruchs setzt Erfüllung im Verhältnis
Subunternehmer/Unternehmer voraus. Soweit - vor der direkten Beauftragung -
erfüllt wurde (die Leistung ist teilbar!), ist das zweifellos der Fall. In
Bezug auf den direkt gegenüber H erbrachten Teil der Leistung verneint der
Senat Erfüllung i.S.v. § 362 I BGB: Wenn ein und dieselbe Leistung zwei
verschiedenen Gläubigern geschuldet ist, kommt es auf die
Leistungszweckbestimmung an. Diese ist rechtgeschäftsähnlicher Natur und
wird entweder einseitig vom Schuldner gesetzt, kann aber auch Gegenstand
einer vertraglichen Absprache sein. Hier legt der Senat dar, daß nach dem
erkennbaren Parteiwillen im Verhältnis H/Subunternehmer die Leistung auf den
Direktauftrag nicht zugleich eine Leistung des Subunternehmers an den
Unternehmer darstellen soll. Dann hätte nämlich der Unternehmer zugleich
gegenüber H erfüllt und H müßte für ein und dieselbe Leistung zwei mal
zahlen (nämlich aus dem Vertrag mit den Unternehmer und aus jenem mit dem
Subunternehmer).Damit ist in Bezug auf die Leistungspflicht des
Subunternehmers gegenüber dem Unternehmer insoweit, als der Subunternehmer
diese Leistung ausschließlich für H erbracht hat, Unmöglichkeit i.S.v. § 275
I BGB eingetreten, ein Zahlungsanspruch in Bezug auf die Gegenleistung ist
dann nach § 326 I BGB (anteilig) erloschen, wenn nicht ein Fall von § 326 II
BGB vorliegt: Wenn es nämlich der Unternehmer allein oder weit überwiegend
dafür verantwortlich ist, daß es zum Direktauftrag kam (weil er etwa nicht
rechtzeitig gezahlt hat), bleibt der Werklohnanspruch erhalten, allerdings
muß sich der Subunternehmer anderweitigen Erwerb (= die von H erhaltene
Gegenleistung) anrechnen lassen.
Einem Anspruch des Werklohns in voller Höhe aus dem Gesichtspunkt der
Durchgriffsfälligkeit (§ 641 II BGB: Der Unternehmer muß den
Subunternehmerwerklohn spätestens bezahlen, wenn er von seinem Auftraggeber
die volle Gegenleistung erhalten hat) steht § 242 BGB (dolo petit-Einrede)
entgegen, wenn der Subunternehmer wegen des Wegfalls des Werklohnanspruchs
gem. § 326 I BGB oder der anteiligen Reduzierung durch Anrechnung nach § 326
II BGB sogleich wieder die Rückzahlung (nach § 326 IV, 346 BGB) verlangen
könnte. Zur Fortsetzung des Falles s.BGH,
Urteil vom 14. Januar 2010 - VII ZR 106/08.
©sl 2007
Tatbestand:
1 Die Beklagte wurde Anfang August 2004 von den H. (H. ) mit
Ausbaggerungsarbeiten im K. Hafenbecken und der Entsorgung des Baggerguts
beauftragt. Die Beklagte, die nur die Baggerarbeiten selbst ausführen
wollte, beauftragte ihrerseits die Klägerin damit, das Baggergut zu
entsorgen. In diesem Zusammenhang schrieb die Klägerin der Beklagten unter
dem 9. August 2004:
"… Aufgrund der Vorgaben des
Auftraggebers, der H. K. , werden alle Rechnungen an H. immer im
Folgemonat des Rechnungseingangs am 20. des Monats bezahlt.
Dies bedeutet, dass die Leistungen bis 31.08.2004 bei H. abgerechnet und
vorliegen müssen, um am 20.09.2004 die erste Zahlung zu erhalten. Diese,
wie alle weiteren Abrechnungen, werden von Ihnen an die H. erstellt und
Sie erhalten die Zahlungen von H. .
Gemeinsam wird hiermit festgelegt, dass Sie die am 20.09.2004
erfolgenden und entsprechend alle weiteren Zahlungen von H. zur
sofortigen Zahlung unserer an Sie gestellten Rechnungen verwenden."
2 Es fielen 4.445,11 t Baggergut an, die
die Klägerin zu ihrer Deponie in G. transportierte. Das Baggergut musste
noch mit Massezusätzen aufbereitet werden, weil es ohne diese nicht
endlagerungsfähig war. Um die danach zu erwartende Gesamtmenge in G.
endlagern zu können, hatte die Klägerin zunächst in Absprache mit der
zuständigen Behörde den Ausbau der Deponie geplant.
3 Die Klägerin stellte der Beklagten für ihre Leistungen drei Teilrechnungen
vom 20. August sowie 2. und 20. September 2004 über insgesamt 357.704,54 €,
wobei sich die Rechnung vom 2. September 2004 im Wesentlichen auf die
Entsorgung von 2.400 t Baggergut bezog. Diese Leistung hatte die Beklagte
ihrerseits in ihrer ersten H. gestellten Abschlagsrechnung vom 27. August
2004 mit 184.579,20 € inkl. MwSt. berücksichtigt. Auf diese
Abschlagsrechnung, die sich insgesamt auf 300.297,99 € belief, zahlte H. an
die Beklagte 267.571,20 €.
4 Zur ordnungsgemäßen Endlagerung des Baggerguts kam es in der Folge
zunächst nicht. Die Klägerin machte die ausbleibende Zahlung des Werklohns
seitens der Beklagten dafür verantwortlich, das von ihr mit dem Ausbau der
Deponie beauftragte Unternehmen nicht mehr bezahlen zu können, weshalb
dieses die Arbeiten einstellte.
5 Im Juni 2005 lagerte die Klägerin im direkten Auftrag von H. 3.121,30 t
des in G. befindlichen, konditionierten Baggerguts um und erhielt von H.
dafür 211.393,42 € inkl. MwSt. Die Schlussrechnung der Beklagten erkannte H.
nur noch in Höhe eines geringfügigen Restbetrages an.
6 Bereits im Oktober 2004 hatte die Klägerin Klage auf Zahlung der gesamten
Rechnungsbeträge über 357.704,54 € nebst Zinsen erhoben. Das Landgericht hat
die Beklagte mit der Begründung zur Zahlung von 184.579,20 € nebst Zinsen
verurteilt, der Inhalt des Schreibens der Klägerin vom 9. August 2004 sei
nach den Grundsätzen des kaufmännischen Bestätigungsschreibens
Vertragsinhalt geworden und die Beklagte sei verpflichtet, diesen Betrag aus
der von H. erhaltenen Abschlagszahlung an die Klägerin weiterzuleiten. Im
Übrigen hat es die Klage mangels Fälligkeit der weiteren Klageforderung
abgewiesen. Gegen das Urteil hat die Beklagte Berufung mit dem Ziel der
vollständigen Klageabweisung eingelegt und außerdem widerklagend beantragt,
die Klägerin zu verurteilen, ihr eine prüfbare Schlussrechnung über die von
der Klägerin im Zusammenhang mit dem Verbringen des Baggerguts erbrachten
Leistungen zu erteilen. Das Berufungsgericht hat die Berufung zurück- und
die Widerklage abgewiesen. Mit der vom Senat im Umfang der Zurückweisung
ihrer Berufung zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren
Klageabweisungsantrag weiter. Die Klägerin beantragt, das Rechtsmittel
zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe:
7 Die zulässige Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und
zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
8 I. Das Berufungsgericht hat sich die Entscheidungsgründe des
landgerichtlichen Urteils zu eigen gemacht und zur Begründung ergänzend
ausgeführt:
9 Durch die Umlagerung von 3.121,30 t sei die ordnungsgemäße Entsorgung des
gesamten Baggerguts bewirkt und die geschuldete Werkleistung damit
vollständig fertig gestellt worden.
10 Dass die Klägerin die geschuldete endgültige Entsorgungsleistung in einem
gesonderten Vertragsverhältnis entgeltlich für H. erbracht habe, bedeute
nicht, dass ihr deshalb die (vollständige) Erbringung der gegenüber der
Beklagten geschuldeten Leistung nachträglich unmöglich und diese von ihrer
Pflicht zur Zahlung des Werklohns nach § 326 Abs. 1, § 275 Abs. 1 und 4 BGB
frei geworden wäre. Vielmehr habe die Klägerin zugleich den Anspruch der
Beklagten auf ordnungsgemäße Entsorgung des Baggerguts gemäß § 362 Abs. 1
BGB erfüllt; unter Leistung im Sinne dieser Vorschrift sei nicht die
Leistungshandlung, sondern der Eintritt des Leistungserfolges zu verstehen,
der hier darin liege, dass die Beklagte nunmehr ebenso wie H. von einer
eventuellen öffentlich-rechtlichen Inanspruchnahme als Abfallerzeuger bzw.
-besitzer (§ 11 Abs. 1 KrW-/AbfG) befreit sei.
11 Die Werklohnforderung der Klägerin sei jedenfalls in Höhe des
ausgeurteilten Betrags fällig: Von dem Gesamtrechnungsbetrag von 357.704,54
€ sei zunächst ein von H. ausgehandelter Nachlass von 2,75% (9.836,37 €)
abzuziehen, den auch die Klägerin zugunsten der Beklagten zu berücksichtigen
habe. Selbst wenn mit 77.696,69 € des Weiteren der Betrag abgezogen werde,
den die Klägerin selbst infolge der mit H. vereinbarten Umlagerung eines
Teils des Entsorgungsguts der Klägerin gutzuschreiben bereit sei (von H.
gezahlter Werklohn für die Umlagerung des Baggerguts, soweit es die Menge
von 4.445,11 t überstieg) und selbst wenn zugunsten der Klägerin angenommen
werde, dass die von H. vorgenommene Kürzung der ersten Abschlagsrechnung der
Beklagten über 32.726,79 € in vollem Umfang Rechnungspositionen der Klägerin
betroffen habe, verbleibe immer noch ein fälliger Betrag von 237.444,19 €.
12 Die Beklagte könne sich nicht mit Erfolg auf das Fehlen einer prüffähigen
Schlussrechnung berufen, weil ihr mit den drei erteilten Teilrechnungen in
einer Weise Aufschluss über die berechneten Leistungen verschafft worden
sei, die ihren Informations- und Kontrollbedürfnissen genüge.
13 II. Die dagegen gerichteten Angriffe der Berufung haben Erfolg. Auf der
Grundlage der bislang getroffenen Feststellungen ist die Verurteilung der
Beklagten nicht gerechtfertigt.
14 1. Soweit das Berufungsgericht im Anschluss an das Landgericht eine
"Vorleistungspflicht" der Beklagten aus dem Schreiben der Klägerin vom 9.
August 2004 hergeleitet hat, fehlen Feststellungen dazu, dass die darin
ausbedungene Weiterleitung von H. geleisteter Zahlungen Vertragsinhalt
geworden ist. Den Feststellungen im Berufungsurteil zufolge hat die Beklagte
der Klägerin am 4. August 2004 den Auftrag zur Entsorgung des Baggerguts
einschließlich der erforderlichen Vor- und Nebenleistungen erteilt. Dass
dabei bereits über die Weiterleitung der von H. geleisteten Zahlungen in
einer Weise verhandelt worden war, dass der Inhalt des Schreibens vom 9.
August 2004 nach den Grundsätzen des kaufmännischen Bestätigungsschreibens
Vertragsinhalt werden konnte (vgl. dazu Baumbach/Hopt, HGB, 32. Aufl., § 346
Rdn. 17 ff.), ist weder dem vom Berufungsgericht in Bezug genommenen
landgerichtlichen Urteil zu entnehmen, noch hat es dies selbst festgestellt.
Der Wortlaut des für die Modifikation der Zahlungspflicht entscheidenden
Passus ("Gemeinsam wird hiermit festgelegt …") spricht weniger für die
Bestätigung eines vorverhandelten Vertragsinhalts, als vielmehr für eine
nachgeschobene Klausel.
15 Selbst auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung hätte das
Berufungsgericht der Klägerin im Übrigen nicht mehr zubilligen dürfen, als
diese der Beklagten berechnet hatte, nämlich 157.800 € zzgl. MwSt. und nicht
mit 159.120 € + MwSt. den Betrag, den die Beklagte H. in Rechnung gestellt
hatte.
16 2. Nicht beigetreten werden kann der Auffassung des Berufungsgerichts,
die Klägerin habe den vertraglichen Anspruch der Beklagten auf Entsorgung
des Baggerguts im Zuge der Umlagerung der Teilmenge von 3.121,30 t
vollständig erfüllt.
17 a) Nach § 362 BGB erlischt das Schuldverhältnis, wenn die geschuldete
Leistung an den Gläubiger bewirkt wird. Unter "Schuldverhältnis" ist dabei
die einzelne Leistungspflicht einer Partei zu verstehen (BGHZ 10, 391, 395).
Zwar tritt die Erfüllungswirkung regelmäßig als objektive Folge der
Leistungsbewirkung ein, ohne dass weitere Umstände hinzutreten müssten, wenn
der Schuldner den geschuldeten Leistungserfolg herbeiführt. Voraussetzung
ist aber, dass die Leistung einem bestimmten Schuldverhältnis zugeordnet
werden kann, was etwa der Fall ist, wenn es sich dabei um die allein
geschuldete handelt und keine andere, gleichartige Schuld besteht, auf
welche die Leistung daneben oder statt dessen erbracht worden sein könnte
und der Schuldner keine Bestimmung trifft (vgl. BGH, Urt. v. 3.12.1990 -
II ZR 215/89, NJW 1991, 294 f.; Münch-KommBGB/Wenzel, § 362 Rdn. 12;
Staudinger/Olzen, Vor §§ 362 ff. Rdn. 14). Unproblematisch lässt sich der
Erlöschenstatbestand ferner feststellen, wenn der Schuldner (einem einzigen
Gläubiger) aus mehreren Schuldverhältnissen verpflichtet ist und das
Geleistete zur Tilgung aller Verbindlichkeiten ausreicht (BGH, aaO).
Eine rechtsgeschäftliche Einigung oder einseitige Tilgungsbestimmung des
Schuldners ist in solchen Fällen nicht notwendig.
18 Es ist indes anerkannt, dass es besondere Sachverhaltsgestaltungen geben
kann, in denen die bloße Bewirkung der Leistung für deren eindeutige
Zuordnung nicht genügt (vgl. Olzen, aaO Rdn. 14 a. E.), etwa, weil die
Leistung nicht ausreicht, um alle vernünftigerweise in Betracht kommenden
Verbindlichkeiten abzudecken (Wenzel, aaO), aber auch dann, wenn aufgrund
der Interessenlage der Beteiligten Zweifel daran bestehen, dass eine
Leistung mehreren Schuldverhältnissen zugeordnet werden kann. Um einen
solchen Fall handelt es sich, was das Berufungsgericht nicht hinreichend
berücksichtigt hat, hier.
19 b) Die von der Klägerin für H. erbrachte, abfallrechtskonforme Entsorgung
eines Teils des Baggerguts durch Umlagerung auf eine andere Deponie, war
nicht die allein geschuldete Leistung, sondern die Klägerin war zugleich
weiterhin gegenüber der Beklagten verpflichtet, das gesamte Baggergut
ordnungsgemäß endzulagern. Durch die Teilumlagerung ist zwar im Ergebnis das
gesamte Baggergut ordnungsgemäß entsorgt worden, weil die Umlagerung
ersichtlich so bemessen war, dass der in G. verbliebene Rest die Kapazität
der dortigen Deponie nicht mehr überschritt. Das von der Klägerin
zusätzlich infolge der Beauftragung durch H. Geleistete hat dementsprechend,
äußerlich betrachtet, ausgereicht, um alle Verbindlichkeiten abzudecken.
Jedoch bestanden diese nicht, wie in der vom Bundesgerichtshof im Urteil vom
3. Dezember 1990 erörterten Fallgestaltung, gegenüber einem einzigen
Gläubiger, sondern gegenüber zwei unterschiedlichen. Diese waren zudem in
Bezug auf die von der Klägerin für H. geleisteten Arbeiten als Gläubiger und
Schuldner vertraglich verbunden, weil die Beklagte mit der
Entsorgungsleistung, um deren Erfüllung es hier geht, als Hauptunternehmerin
gegenüber H. in der Pflicht stand.
20 c) Erbringt der Nachunternehmer Teile seiner dem Hauptunternehmer noch
geschuldeten Leistung aufgrund eines gesonderten Vertrages direkt für dessen
Auftraggeber, kann dies entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht
bestimmungsgemäß zugleich dem Nachunternehmer-Vertragsverhältnis zugeordnet
werden. Mit der Fälligkeit des Nachunternehmer-Werklohns würde dann
grundsätzlich - vorbehaltlich etwaiger Gegenrechte bzw.
Schadensersatzansprüche - zugleich die Vergütung des Hauptunternehmers durch
seinen Auftraggeber fällig. Diese Rechtsfolge im Vertragsverhältnis
zwischen Hauptunternehmer und Auftraggeber wollen Nachunternehmer und
Auftraggeber regelmäßig nicht herbeiführen, wenn sie gesondert eine
teilweise Leistungserbringung durch den Nachunternehmer vereinbaren. Ein
Auftraggeber, der sich veranlasst sieht, zur Herbeiführung des ausstehenden
werkvertraglichen Erfolgs einen weiteren Vertrag mit dem Subunternehmer
seines eigentlichen Vertragspartners abzuschließen, will naturgemäß
vermeiden, für die in der Folge vom Subunternehmer für ihn ausgeführte und
diesem vergütete Leistung zugleich dem Hauptunternehmer zur Zahlung
verpflichtet zu sein, und zwar auch dann, wenn das Risiko einer weiteren
Inanspruchnahme wegen möglicher Gegenrechte oder Schadensersatzansprüche
herabgesetzt erscheinen mag. Der Auftraggeber wird insbesondere mit
Blick auf die Voraussetzungen für etwaige Schadensersatzansprüche rechtliche
Unwägbarkeiten sehen, denen er nach den Regeln wirtschaftlicher Vernunft und
unternehmerischer Vorsicht und für seine Vertragspartner erkennbar möglichst
vorbeugen will. Mit Blick auf die vergütungsrechtlichen Konsequenzen der
Erfüllung der Verpflichtungen des Werkunternehmers entspricht es dem - für
die Beteiligten erkennbaren - Willen des Auftraggebers allein, dass der
Nachunternehmer der einen Teil der Leistung direkt für ihn ausführt und
dafür von ihm vergütet wird, diesen Teil nicht zugleich für den
Hauptunternehmer erbringt, um diesem (weiterhin) den Einwand der fehlenden
Leistungserbringung entgegenhalten zu können. Aus der maßgeblichen Sicht
des Auftraggebers erbringt der Nachunternehmer, zumal, wenn es sich dabei,
wie hier, um ein formkaufmännisches Unternehmen (§ 6 Abs. 1 HGB) handelt,
die konkret abgesprochene Leistung deshalb stillschweigend nur für ihn und
nicht auch für den Hauptunternehmer. Ob etwas anderes gelten kann, wenn
der Nachunternehmer Abweichendes gegenüber dem Hauptunternehmer verlautbart,
etwa durch eine zusätzliche Tilgungsbestimmung, oder ob eine solche
Bestimmung unter dem Gesichtspunkt des widersprüchlichen bzw. treuwidrigen
Verhaltens unwirksam wäre, kann dahinstehen, weil die Beklagte im Streitfall
erst im Rahmen der mit H. geführten Auseinandersetzung von der
Teilumlagerung erfahren hat.
21 d) Hat der Nachunternehmer nach den vorstehenden Ausführungen teilweise
nicht an den Hauptunternehmer geleistet, so folgt daraus nicht, dass ihm
gegen den Letzteren überhaupt keine Werklohnansprüche zustehen können.
Der im Streitfall geschlossene Werkvertrag hat teilbare Leistungen zum
Gegenstand. Der Umstand, dass die Klägerin einen Teil des Leistungsprogramms
direkt für den Auftraggeber ihres Vertragspartners erbracht hat, hat, wie
bereits ausgeführt, zur Folge, dass im Ergebnis das gesamte Baggergut
entsorgt und damit die werkunternehmerischen Pflichten erfüllt sind. Deshalb
hat die Klägerin für den Teil, den sie für die Beklagte erbracht hat,
entsprechende Werklohnansprüche gegen diese, während ihr die Erfüllung des
Teils, den sie direkt für H. erbracht hat, im Verhältnis zur Beklagten
unmöglich geworden ist (§ 275 Abs. 1 BGB). Ob sie auch insoweit
Werklohnansprüche gegen die Beklagte hat und sich nur ersparte Aufwendungen
und die von H. erhaltene Vergütung anrechnen lassen muss, hängt davon ab, ob
die Voraussetzungen von § 326 Abs. 2 BGB vorliegen. Zu alledem hat das
Berufungsgericht, worauf zurückzukommen sein wird (vgl. nachstehend unter
4.), keine Feststellungen getroffen.
22 3. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts steht der ausgeurteilte
Betrag der Klägerin auch nicht unter dem Gesichtspunkt der
Durchgriffsfälligkeit (§ 641 Abs. 2 BGB) zu. Der Rechtsstreit ist auch
unter diesem Gesichtspunkt der Höhe nach nicht zur Endentscheidung reif.
Die von H. an die Beklagte geleistete Abschlagzahlung bezog sich zwar u. a.
auch auf von der Klägerin erbrachte Entsorgungsleistungen. Im Zeitpunkt der
letzten mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht waren diese auch
vollständig erbracht. Jedoch hatte H. die Abschlagrechnung um rd. 11%
gekürzt, so dass jedenfalls Feststellungen dazu hätten getroffen werden
müssen, ob diese Kürzungen auch die Leistungen der Klägerin betrafen. Im
Übrigen kann nach allgemeinen Grundsätzen (§ 242 BGB) einer Partei auch
unter dem Gesichtspunkt der Durchgriffsfälligkeit nicht etwas zugesprochen
werden, wenn sie es umgehend an die zahlungspflichtige Gegenpartei
zurückerstatten muss. Im Streitfall bestand, wie nachstehend dargelegt,
Anlass, dies zu prüfen.
23 4. Der Rechtsstreit muss nach allem an das Berufungsgericht
zurückverwiesen werden, das auch über die Kosten des Revisionsverfahrens
einschließlich des Verfahrens über die Nichtzulassung der Revision zu
entscheiden haben wird. Für die neue Verhandlung weist der Senat auf
Folgendes hin:
24 Ob bzw. in welcher Höhe der Klägerin Werklohn gegen die Beklagte
zusteht, hängt zum einen davon ab, welchen Teil des gesamten
Leistungsprogramms die Klägerin für H. und welchen sie für die Beklagte
erbracht hat und, wie bereits erwähnt (oben II.2.d), zum anderen davon, ob
die Beklagte die Verzögerung und die Teilbeauftragung der Klägerin durch H.
zu vertreten hat oder umgekehrt.
25 a) Für die Gewichtung der Teile, die die Klägerin für H. bzw. die
Beklagte erbracht hat, liegt es in entsprechender Anwendung von § 441 Abs. 1
Satz 1, 2. Halbs. BGB (vgl. Palandt-Heinrichs, 66. Aufl., § 275 Rdn. 7)
nahe, auf das Mengenverhältnis des umgelagerten Teils des Entsorgungsguts zu
dem in G. verbliebenen abzustellen. Bemessungsgrundlage für die Ermittlung
des verbliebenen und des umgelagerten Teils dürfte nach dem als
Vertragsgrundlage eingereichten Telefax (Anlage BK 1, GA Bl. 197 f.) nicht
das Nettogewicht des abgebaggerten Guts (4.445,11 t), sondern die
Bruttomenge unter Einschluss der zugesetzten Massen sein, weil der
Entsorgungspreis pro Tonne Baggergut die Zusätze ersichtlich einbezog.
26 Ob die Vor- und Nebenleistungen (Baustelleneinrichtung, Einrichtung und
Rückbau des Zwischenlagers, wetterfeste Plane, Pumpleistungen) quotal
umzulegen oder dem Vertragsverhältnis zur Klägerin bzw. dem zu H. zuzuordnen
sind, hängt davon ab, ob diese Leistungen auf das Entsorgungsgut insgesamt
zu beziehen sind oder nur auf Teile davon. Dazu werden Feststellungen zu
treffen sein.
27 b) Steht der Teil fest, den die Klägerin für die Beklagte erbracht
hat, hängt die tatsächliche Höhe ihres Werklohnanspruchs von Folgendem ab:
28 Ist die Beklagte zumindest weit überwiegend dafür verantwortlich, dass
H. die Klägerin selbst beauftragt hat, dann kann die Klägerin im
Ausgangspunkt von der Beklagten den gesamten Werklohn verlangen (§ 326 Abs.
2 Satz 1 BGB). Eine zumindest überwiegende Verantwortung der Beklagten kommt
in Betracht, wenn sie vorleistungspflichtig und die Klägerin infolge der
Nichterfüllung dieser Pflicht nicht in der Lage war, das Baggergut
vertragsgerecht zu entsorgen. Dazu ist der von den Parteien geschlossene
Vertrag auszulegen und dabei ist insbesondere zu prüfen, ob das Schreiben
der Klägerin vom 9. August 2004 Vertragsinhalt geworden ist (vgl. oben
II.1).
29 Auch wenn die Beklagte zumindest überwiegend für die Verzögerung
verantwortlich ist, muss sich die Klägerin bezüglich des Teils, den sie für
H. erbracht hat, den dafür von H. gezahlten Werklohn anrechnen lassen.
Außerdem muss sie sich eventuelle ersparte Aufwendungen anrechnen lassen (§
326 Abs. 2 Satz 2 BGB). Dafür könnten ersparte Kosten für den geplanten
Ausbau der Deponie in G. infrage kommen, sofern diese Ersparnis größer ist,
als der zusätzliche Aufwand, der ihr dadurch entstanden ist, dass sie einen
Teil des Baggerguts umgelagert hat.
30 c) Ist umgekehrt die Klägerin selbst für die Verzögerung und damit dafür
verantwortlich, dass H. sie zum Zwecke der Ersatzvornahme (§ 637 BGB)
beauftragt hat, behält die Klägerin zwar im Ausgangspunkt ihren
Werklohnanspruch für den Teil, den sie für die Beklagte erbracht hat. Es
kommen dann jedoch Schadensersatzansprüche bzw. Gegenrechte der
Beklagten gegen die Klägerin in Betracht (§§ 275, 280, 283 ff. BGB). Diese
können daraus resultieren, dass der Beklagten Gewinn entgangen ist, nachdem
H. ihr über die einmalige Abschlagzahlung von 267.571,20 € hinaus nur noch
eine geringfügige Schlusszahlung geleistet hat. Im Übrigen kann die Beklagte
sich selbst gegenüber H. durch die Verzögerung schadensersatzpflichtig
gemacht und die Klägerin dafür gegenüber der Beklagten einzustehen haben. |