Verbrauchsgüterkauf:
Keine Vermutung der Unternehmereigenschaft (§ 14 BGB); keine Vermutung des
geschäftlichen/beruflichen Zwecks eines Rechtsgeschäfts; Entbehrlichkeit der
Setzung einer Nacherfüllungsfrist wegen ernsthafter und endgültiger
Erfüllungsverweigerung (§ 323 II Nr. 1 BGB)
KG v. 11.09.2006, Az. 12 U
186/05
Fundstelle:
ZGS 2007, 78
Leitsatz:
Es obliegt grundsätzlich
dem Käufer darzulegen, ob der Verkäufer Unternehmer ist oder nicht. Allein
die Bezeichnung der Tätigkeit als "Fachberater auf dem Gebiet des Vertriebs
von Fertighäusern" macht einen Verkäufer nicht zum Unternehmer im Sinne von
§ 14 Abs. 1 BGB, wenn nicht ausreichend dargelegt wurde, dass der Verkäufer
bei Abschluss des Rechtsgeschäfts tatsächlich in Ausübung der gewerblichen
oder selbständigen beruflichen Tätigkeit gehandelt hat. Maßgeblich ist
allein die tatsächliche Verknüpfung der unternehmerischen Tätigkeit mit dem
Geschäft.
Zentrale Probleme:
Es geht um den Verkauf eines Kfz unter Ausschluß der
Gewährleistung. Dieser Ausschluß ist nach § 475 I BGB unwirksam, wenn ein
Verbrauchsgüterkauf i.S.v. § 474 I BGB vorliegt. Fraglich war hier die
Unternehmereigenschaft der Verkäuferin. Diese war zwar selbständig
beruflich/gewerblich tätig, es war aber nicht klar, ob der Verkauf des Pkw
in dieser Eigenschaft erfolgte. Das KG stellt zu recht fest, daß der Begriff
des Unternehmers (ebenso wie derjenige des Verbrauchers) objektiv zu
bestimmen ist, d.h. daß es grundsätzlich nicht auf die Erkennbarkeit aus dem
Empfängerhorizont ankommt (s. aber
BGH NJW 2005, 1045:
Vorspiegelung der Unternehmereigenschaft durch einen Verbraucher).
Die Beweislast liegt insoweit beim Käufer, der sich auf die Unwirksamkeit
des Haftungsausschlusses beruft. Die Vermutung des § 344 HGB findet insoweit
wegen ihrer abweichenden Zielsetzung keine Anwendung. Zu bemerken ist aber,
daß § 474 BGB auch „atypische“ Geschäfte von Unternehmern erfaßt, sofern sie
nur mit der selbstständigen beruflichen/gewerblichen Tätigkeit in
Zusammenhang stehen. Es ist daher nicht erforderlich, daß ein Verkäufer
„professioneller Verkäufer“ ist, dh. seine selbstständige berufliche oder
gewerbliche Tätigkeit gerade im Abschluss von Kaufverträgen besteht. Auch
der freiberuflich Tätige, der einen betrieblich benutzten Gegenstand (etwa
einen Pkw) verkauft, handelt damit als Unternehmer. Vgl. im übrigen zum
Unternehmerbegriff auch BGH NJW 2006, 2250
(kein Erfordernis der Gewinnerzielungsabsicht).
Im übrigen äußert sich das KG noch zur Entbehrlichkeit der Fristsetzung beim
Rücktritt wegen ernsthafter und endgültiger Verweigerung der Nacherfüllung
(§§ 437 Nr. 2, 323 II Nr. 1 BGB). Es verfolgt hier zu recht eine restriktive
Linie: Solange die Möglichkeit besteht, dass der Schuldner noch -
insbesondere durch Fristsetzung - umgestimmt werden könnte, "muss ein
Versuch in diese Richtung unternommen werden".
©sl 2006
Gründe:
Die Berufung hat keine Aussicht auf Erfolg.
1. Dem aus abgetretenem Recht des Käufers DPB klagenden Kläger stehen die
mit der Berufung weiter verfolgten Ansprüche gegen die Beklagte schon
deshalb nicht zu, weil die Vertragsparteien des streitgegenständlichen
Kaufvertrags über ein gebrauchtes Kraftfahrzeug vom 31. März 2003 die
Gewährleistungshaftung der Beklagten in vollem Umfang ausgeschlossen haben.
Entgegen der Ansicht des Klägers ist der Gewährleistungsausschluss wirksam.
§ 475 Absatz 1 BGB ist vorliegend nicht anzuwenden, da der insoweit
darlegungs- und beweispflichtige Kläger (vgl. OLG Celle, OLGR 2004, 525) die
in § 474 Absatz 1 BGB geregelten Voraussetzungen eines Verbrauchsgüterkaufs
nicht dargelegt hat. Zwar kann davon ausgegangen werden, dass der Käufer DPB
Verbraucher im Sinne von § 13 BGB ist. Die Beklagte ist aber trotz ihrer
Tätigkeit als „Fachberaterin auf dem Gebiet des Vertriebs von Fertighäusern“
nicht Unternehmer im Sinne von § 14 Absatz 1 BGB, da der Kläger nicht
ausreichend dargelegt hat, dass die Beklagte bei Abschluss des
Rechtsgeschäfts tatsächlich in Ausübung ihrer gewerblichen oder
selbständigen beruflichen Tätigkeit gehandelt hat (vgl. zu den näheren
Voraussetzungen OLG Celle a.a.O.).
a) Entgegen der vom Landgericht in der mündlichen Verhandlung vom 8. Juli
2005 vertretenen Rechtsansicht obliegt die Darlegungs- und Beweislast in
Bezug auf die Unternehmensbezogenheit des Rechtsgeschäftes nicht unter dem
Gesichtspunkt des § 344 Absatz 1 HGB der Beklagten. Die §§ 13, 14 BGB
bezwecken den Ausgleich vermuteter wirtschaftlicher Ungleichheit und sind
damit im Unterschied zu den handelsrechtlichen Regelungen gerade nicht auf
Publizität und Vertrauensschutz gerichtet (OLG Celle, a.a.O.; vgl. Ehrman/Saenger/Westermann,
BGB, 11. Auflage § 14 Rdnr. 17 m.w.N.)
b) Entgegen der Ansicht des Klägers kommt es auf die steuerliche Zuordnung
des Fahrzeuges nicht an (OLG Celle a.a.O.). Die Geltendmachung von
steuerlichen Vorteilen als Selbständige sagt nichts über die tatsächliche
Nutzung des PKW.
c) Unerheblich ist auch, ob die Beklagte im Zusammenhang mit dem Abschluss
des Kaufvertrages geäußert hat, sie sei „Geschäftsfrau“, maßgeblich ist
allein die tatsächliche Verknüpfung der unternehmerischen Tätigkeit mit dem
Geschäft. Durch die Formulierung „in Ausübung ihrer gewerblichen oder
selbständigen beruflichen Tätigkeit“ in § 14 BGB hat der Gesetzgeber
deutlich zum Ausdruck gebracht, dass auch ein Gewerbetreibender nicht bei
jedem Geschäft als Unternehmer handelt, sondern dass es einer engeren
Verknüpfung zum Unternehmenszweck bedarf (LG Frankfurt a. M. NJW-RR 2004,
1208). Hierzu hat der Kläger ausreichendes nicht vorgetragen.
2. Der Senat folgt auch den zutreffenden Ausführungen der angefochtenen
Entscheidung zur Frage der nicht entbehrlichen Fristsetzung. Die
Ausführungen des Klägers überzeugen insoweit nicht.
Von einer Erfüllungsverweigerung kann nur dann die Rede sein, wenn der
Schuldner wirklich die Erfüllung in bestimmter Weise endgültig verweigert.
Die Weigerung muss als das letzte Wort des Schuldners aufzufassen sein, so
dass eine Änderung des Entschlusses ausgeschlossen erscheint (BGH, NJW 1984,
48 [49]). An die Annahme, der Schuldner verweigere die Leistung endgültig,
sind strenge Anforderungen zu stellen (BGH, NJW-RR 1993, 139 [140]). Solange
die Möglichkeit besteht, dass der Schuldner noch - insbesondere durch
Fristsetzung - umgestimmt werden könnte, muss ein Versuch in diese Richtung
unternommen werden (BGH, WM 1957, 1344). Eine Erfüllungsverweigerung lässt
sich aus der Erklärung, dass der Schuldner nicht leisten will, dann nicht
ableiten, wenn nicht Erfüllung gefordert wird, sondern Rechte aus einem
erklärten Rücktritt geltend gemacht werden (BGH, NJW 1996, 1814). Eine
endgültige Nachbesserungsverweigerung liegt auch nicht ohne weiteres in dem
Bestreiten von Mängeln; denn das Bestreiten ist prozessuales Recht des
Schuldners (BGH, NJW-RR 1993, 882).
3. Im Übrigen hat die Sache keine grundsätzliche Bedeutung, und eine
Entscheidung des Senats zur Fortbildung des Rechts oder der Sicherung einer
einheitlichen Rechtsprechung ist nicht erforderlich.
Es wird daher angeregt, die Fortführung der Berufung zu überdenken.
4. Die Parteien erhalten Gelegenheit, zur Frage des Streitwertes Stellung zu
nehmen. Das Landgericht hat den erstinstanzlichen Streitwert auf 25.858,84 €
festgesetzt. Nach Ansicht des Senats dürfte der Hilfsantrag aber bei
wirtschaftlicher Betrachtungsweise im Hauptantrag enthalten sein, so dass
der Streitwert für beide Instanzen richtigerweise 17.358,40 € + 500,00 € =
17.858,84 € betragen dürfte.
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