Autonom-europäischer
Unternehmerbegriff (§ 14 BGB) beim Verbrauchsgüterkauf: Kein Erfordernis der
Gewinnerzielungsabsicht; Anwendbarkeit von § 476 BGB
(Mängelzeitpunktvermutung beim Verbrauchsgüterkauf) beim Tierkauf;
Reichweite der Vermutung; Widerlegung der Vermutung
BGH, Urteil vom 29. März
2006- VIII ZR 173/05
Fundstelle:
NJW 2006, 2250
BGHZ 167, 40
Amtl. Leitsatz:
a) Beim
Verbrauchsgüterkauf (§ 474 BGB) setzt das Vorliegen eines Gewerbes und damit
die Unternehmerstellung des Verkäufers nicht voraus, dass dieser mit seiner
Geschäftstätigkeit die Absicht verfolgt, Gewinn zu erzielen.
b) Die Vermutung des § 476 BGB ist grundsätzlich auch auf den Tierkauf
anzuwenden. Sie kann jedoch wegen der Art des Mangels bei bestimmten
Tierkrankheiten ausgeschlossen sein; bei einer saisonal sichtbaren Allergie
- hier: Sommerekzem eines Pferdes - ist dies nicht der Fall.
c) Zur Widerlegung der Vermutung des § 476 BGB bei einer Tierkrankheit.
Zentrale Probleme:
Eine grundlegende und deshalb zu recht für BGHZ
vorgesehene Entscheidung zu wichtigen Fragen des Verbrauchsgüterkaufsrechts,
welche die bisherige Rspr. des Senats fortführt und präzisiert. Es geht um
die Vermutung des § 476 BGB beim Tierkauf (hier eines Reitpferdes, das
innerhalb von 6 Monaten nach Gefahrübergang Allergiesymptome zeigte; zum
Sachmangelbegriff beim Tierkauf s. auch
BGH NJW 2007,
1351):
- Für die Anwendbarkeit der §§ 474 ff BGB muss ein Kaufvertrag zwischen einem
Unternehmer (§ 14 BGB) und einem Verbraucher (§ 13 BGB) vorliegen. Der BGH
stellt in richtlinienkonformer Auslegung fest, dass für den
Unternehmerbegriff anders als für den Begriff des Kaufmanns (§ 1 HGB) kein
Erfordernis der Gewinnerzielungsabsicht besteht (und lässt offen, ob dies für
den Kaufmannsbegriff weiterhin gelten soll). Anknüpfungspunkt ist dabei der
Begriff des "Gewerbes", der traditionell eigentlich als jede erlaubte, auf
Gewinn gerichtete und auf gewisse Dauer angelegte, selbständige Tätigkeit,
ausgenommen die Urproduktion und die freien Berufe beschrieben wird. Für das
Verbrauchsgüterkaufrecht jedenfalls setze der Begriff - ebenso wie für den
Verbraucherkredit - keine Gewinnerzielungsabsicht voraus. Nichts spreche
dafür, das Schutzbedürfnis des Verbrauchers, auf das für den
Anwendungsbereich des Gesetzes wesentlich abzustellen ist, für geringer zu
erachten, wenn dem Verkäufer, der am Markt - nach seinem gesamten
Erscheinungsbild - als Unternehmer auftritt, die Absicht der Gewinnerzielung
fehlt. Zum Unternehmerbegriff s. auch
KG v. 11.09.2006, Az. 12 U 186/05
(keine Vermutung des geschäftlichen Zwecks des Rechtsgeschäfts). S. dazu
auch BGH v. 18.10.2017 -
VIII ZR 32/16.
- Weiter stellt der BGH fest, dass bei § 476 BGB auch beim Tierkauf anwendbar
ist und bei Tierkrankheiten nicht generell von einem Ausschluss der Vermutung
wegen "der Art der Sache" oder der "Art des Mangels" ausgegangen werden
kann.
- Zu § 476 BGB stellt der BGH zum wiederholten Male fest, daß sich die
Vermutung nur auf den Zeitpunkt des Mangels, nicht aber auf den Mangel
selbst bezieht (s. dazu erstmals BGHZ 159, 215
sowie NJW 2005, 3490
und NJW 2006, 434). Damit wäre die Vermutung
hier bereits widerlegt, wenn der Verkäufer (vollen!) Beweis führt, dass die
Allergie bei Gefahrübergang noch nicht vorgelegen hat. Eine bereits vorher
vorliegende genetisch bedingte Allergieanlage, die ihrerseits einen
Sachmangel iSv §§ 90a, 434 BGB darstellen würde, wird nach § 476 BGB nicht
vermutet, sondern wäre vom Käufer zu beweisen. Da ein solcher Beweis hier
nicht ausgeschlossen war, hat der Senat den Fall an das OLG zurückverwiesen.
Der konkrete Sachverhalt ist sicherlich richtig entschieden. Dennoch bleibt
die enge Auffassung des BGH von der Reichweite der Vermutung des § 476 BGB
weiterhin zu kritisieren. Nicht nur nach seinem Regelungszweck, sondern auch
nach seinem Wortlaut enthält § 476 BGB entgegen der Ansicht des BGH sehr
wohl auch eine Vermutung, dass ein nachweislich erst nach Gefahrübergang,
aber innerhalb von 6 Monaten aufgetretener Mangel auf einen anderen, bereits
bei Gefahrübergang bestehenden Grundmangel zurückzuführen ist (s. dazu
eingehend S. Lorenz NJW 2004, 3020 ff;
Roth ZIP 2004, 2025; a.A. etwa Gsell JuS 2005, 967, Witt NJW 2005, 3468).
Fälle, in welchen keine hinreichende Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen
eines solchen Grundmangels bestehen, sind über den Vermutungsausschluss des §
476 BGB befriedigend zu lösen. Auch im vorliegenden Fall lässt nämlich der
jederzeit schicksalhaft mögliche Ausbruch einer Allergie keinen hinreichend
wahrscheinlichen Rückschluss auf das Vorliegen einer ihrerseits einen
Sachmangel begründenden pathologischen Allergieanfälligkeit zur Zeit des
Gefahrübergangs zu. Denn sicherlich zutreffend ist die Aussage des Senats,
dass § 476 BGB jedenfalls keine Garantie für den Fortbestand der Gesundheit
eines Tieres über den Zeitpunkt des Gefahrübergangs hinaus enthält.
S. auch BGH v. 11.7.2007 -
VIII ZR 110/06 sowie
BGH v. 13.3.2013 - VIII ZR 186/12
und BGH v. 15.1.2014 -
VIII ZR 70/13.
©sl 2006
Tatbestand:
Die Beklagte betreibt die Zucht von Araber-Pferden. Sie verkaufte dem Kläger
am 18. März 2002 einen 1997 geborenen Hengst zum Preis von 7.100 €. Die
Übergabe des Pferdes erfolgte am selben Tag. Mit Schreiben vom 17. September
2002 trat der Kläger unter Berufung auf gesundheitliche Mängel des Pferdes -
insbesondere eine im August 2002 aufgetretene Allergie (sogenanntes
Sommerekzem) - vom Kauf zurück. Die Beklagte lehnte die Rückabwicklung des
Vertrages ab.
Mit seiner Klage hat der Kläger Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen
Rückgabe des Pferdes und Aufwendungsersatz - insgesamt Zahlung von 13.880,75
€ nebst Zinsen - sowie die Feststellung begehrt, dass sich die Beklagte seit
dem 19. September 2002 in Annahmeverzug befindet und verpflichtet ist, dem
Kläger alle künftigen durch die Haltung des Pferdes entstehenden Kosten zu
erstatten.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat
das Berufungsgericht die Beklagte zur Zahlung von 12.675,54 € nebst Zinsen
Zug um Zug gegen Herausgabe des Pferdes verurteilt und dem
Feststellungsbegehren des Klägers entsprochen. Mit ihrer vom
Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt die Beklagte die
Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.
Entscheidungsgründe:
Die Revision hat Erfolg und führt zur Zurückverweisung der Sache an das
Berufungsgericht.
I. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit für
das Revisionsverfahren von Interesse, im Wesentlichen ausgeführt:
Die Beklagte sei gemäß § 346 Abs. 1 BGB in Verbindung mit §§ 326 Abs. 5, 437
Nr. 2 BGB verpflichtet, den Kaufpreis von 7.100 € an den Kläger
zurückzuzahlen. Die Kaufsache sei mangelhaft, weil das Pferd an einem
Sommerekzem leide und aufgrund dieser allergischen Erkrankung, die den
Aufenthalt eines daran leidenden Pferdes im Freien während der Sommermonate
nicht zulasse, zu der hier vereinbarten Verwendung (Distanzritte), aber auch
zu der gewöhnlichen Verwendung (als Reitpferd) nicht geeignet sei. Dass
dieser für den 30. August 2002 durch tierärztliche Bescheinigung und
Laboruntersuchung nachgewiesene Sachmangel auch bereits am 18. März 2002 -
bei Übergabe und Gefahrübergang - vorgelegen habe, folge aus der Vermutung
des § 476 BGB.
Die Regelungen über den Verbrauchsgüterkauf, darunter auch § 476 BGB, seien
anwendbar, weil der Kläger Verbraucher und die Beklagte Unternehmerin seien.
Die Unternehmereigenschaft der Beklagten ergebe sich daraus, dass sie
planmäßig und dauerhaft Deckhengste und den Verkauf selbst gezogener Fohlen
gegen Entgelt anbiete; unerheblich sei demgegenüber, ob die Beklagte, wie
sie betone, die Pferdezucht ohne Gewinnerzielungsabsicht betreibe.
Die Voraussetzungen für die in § 476 BGB vorgesehene Vermutung seien
erfüllt. Der in der allergischen Erkrankung - Sommerekzem - liegende Mangel
des Pferdes habe sich innerhalb von sechs Monaten seit Gefahrübergang
gezeigt. Die Frage, ob dieser Mangel in Form der Sensibilisierung
dergestalt, dass der nächste Kontakt mit dem Allergen zum Auftreten der
überschießenden Reaktion der Immunabwehr und zu den daraus resultierenden
Symptomen führe, bereits zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs vorgelegen habe,
lasse sich nach dem Gutachten des Sachverständigen nachträglich nicht
aufklären. Die Unaufklärbarkeit des Zeitpunkts, zu dem die Erkrankung
eingetreten sei, gehe gemäß § 476 BGB zu Lasten der Beklagten. Entgegen der
Auffassung des Landgerichts greife eine der gesetzlichen Ausnahmen von der
Vermutung nicht ein; diese sei hier weder mit der Art der Sache noch der des
Mangels unvereinbar. Die Ausnahmetatbestände seien im Interesse des
Verbraucherschutzes eng auszulegen und könnten bei Tierkrankheiten
jedenfalls dann nicht eingreifen, wenn - wie hier - im Zeitpunkt der
Übergabe durch labormäßige Testverfahren hätte festgestellt werden können,
ob die Erkrankung bereits vorgelegen habe.
Da der hier vorliegende Mangel in überschaubarer Zeit nicht heilbar sei und
nicht beseitigt werden könne, liege ein anfänglicher unbehebbarer Mangel
vor, bei dem die Beklagte von der Leistung frei sei (§ 275 Abs. 1 BGB) und
der Kläger zurücktreten könne, ohne zuvor eine Frist zur Nacherfüllung
setzen zu müssen (§ 326 Abs. 5 BGB). Die Beklagte habe dem Kläger auch gemäß
§§ 437 Nr. 2, 347 Abs. 2 BGB die notwendigen Verwendungen zu ersetzen. Es
bestehe jedoch darüber hinaus kein Anspruch des Klägers auf Schadensersatz
statt der Leistung oder Aufwendungsersatz nach § 284 BGB, weil die Beklagte
das Leistungshindernis bei Vertragsschluss nicht gekannt und ihre Unkenntnis
auch nicht zu vertreten gehabt habe (§ 311 a Abs. 2 Satz 2 BGB). Die
Beweisaufnahme vor dem Senat habe insoweit ergeben, dass in der Zeit bis zum
Vertragsschluss - auch im Sommer und Herbst des Jahres 2001, als letztmalig
vor dem Verkauf ein Kontakt mit den als Allergen wirkenden Insekten
aufgetreten sei - bei dem Pferd keine Symptome des Sommerekzems vorgelegen
hätten.
II. Die Ausführungen des Berufungsgerichts halten der revisionsrechtlichen
Nachprüfung nicht in jeder Hinsicht stand. Dem Kläger kann ein Anspruch
aus § 346 Abs. 1 BGB in Verbindung mit §§ 326 Abs. 5, 437 Nr. 2 BGB auf
Rückabwicklung des Kaufvertrages vom 18. März 2002 mit der vom
Berufungsgericht gegebenen Begründung nicht zugebilligt werden. Die Revision
rügt zu Recht, dass die vom Berufungsgericht in Anwendung der Vermutung des
§ 476 BGB zum Nachteil der Beklagten getroffene Beweislastentscheidung auf
einer Beweiswürdigung beruht, bei der das Berufungsgericht unter Verstoß
gegen § 286 ZPO nicht das gesamte Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme
berücksichtigt hat; die insoweit in der Revisionserwiderung erhobene
Gegenrüge aus § 286 ZPO greift ebenfalls durch.
1. Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht aufgrund der im August 2002
erhobenen Befunde festgestellt, dass das verkaufte Pferd zu dieser Zeit an
dem sogenannten Sommerekzem litt. Hierbei handelt es sich nach dem vom
Berufungsgericht zugrunde gelegten Sachverständigengutachten um eine
Allergie, bei der während der Sommermonate durch Mückenstiche eine
(vorübergehende) lokale Entzündungsreaktion der Haut ausgelöst wird, die zu
starkem Juckreiz des Pferdes führt und dadurch Scheuerstellen und Haarbruch
an Mähne und Schweif verursacht. Dass diese Allergie bei dem Pferd im August
2002 aufgetreten ist, greift die Revision ebenso wenig an wie die vom
Berufungsgericht zutreffend vorgenommene Qualifizierung des Sommerekzems als
Sachmangel im Sinne der §§ 433 Abs. 1 Satz 2, 434 Abs. 1 in Verbindung
mit § 90 a Satz 3 BGB.
2. Mit Erfolg rügt die Revision jedoch die mit der Vermutung des § 476 BGB
begründete Feststellung des Berufungsgerichts, dass die Allergie des
Pferdes, wie es § 433 Abs. 1 BGB als Voraussetzung für die Rechte des
Klägers aus § 437 BGB verlangt, bereits bei Gefahrübergang vorgelegen habe.
a) Nicht zu beanstanden ist allerdings, dass das Berufungsgericht die
Regelung des § 476 BGB im vorliegenden Fall für anwendbar gehalten hat.
Denn bei dem Kaufvertrag vom 18. März 2002 handelt es sich um einen
Verbrauchsgüterkauf (§ 474 Abs. 1 BGB), für den § 476 BGB gilt. Die Stellung
des Klägers als Verbraucher (§ 13 BGB) ist nicht im Streit. Auch hat das
Berufungsgericht mit Recht die Beklagte als Unternehmerin angesehen.
Unternehmer ist nach der Legaldefinition des § 14 Abs. 1 BGB eine Person,
die bei Abschluss eines Rechtsgeschäfts in Ausübung ihrer gewerblichen oder
selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt. Eine gewerbliche Tätigkeit
setzt - jedenfalls - ein selbständiges und planmäßiges, auf eine gewisse
Dauer angelegtes Anbieten entgeltlicher Leistungen am Markt voraus (Münch-KommBGB/Micklitz,
4. Aufl., § 14 Rdnr. 12 ff.; Soergel/Pfeiffer, BGB, 13. Aufl., § 14 Rdnr.
11; Palandt/Heinrichs, BGB, 65. Aufl., § 14 Rdnr. 2 m.w.Nachw.) Dies wird
von der Revision ebenso wenig in Zweifel gezogen wie die Feststellung des
Berufungsgerichts, dass die Beklagte diese Voraussetzungen erfüllt, indem
sie - wie sich aus ihrer Anzeigenwerbung in einer Fachzeitschrift für die
Zucht von Araber-Pferden ergibt - unter der Bezeichnung "Araberhof R. "
planmäßig und dauerhaft nicht nur Deckhengste für die Zucht, sondern auch
Pferde aus der eigenen Nachzucht zum Verkauf anbietet.
Die Revision meint jedoch, trotz des insoweit geschäftsmäßigen Auftretens
der Beklagten am Markt liege eine gewerbliche Tätigkeit nicht vor; hierfür
sei weiter erforderlich, dass die Tätigkeit mit der Absicht der
Gewinnerzielung ausgeübt werde. Daran fehle es bei der Beklagten, weil sie
die Pferdezucht nur als Hobby betreibe; die damit einhergehenden Geschäfte
dienten nur dazu, die Verluste etwas zu reduzieren. Dem ist das
Berufungsgericht mit Recht nicht gefolgt.
Beim Verbrauchsgüterkauf setzt das Vorliegen eines Gewerbes und damit die
Unternehmerstellung des Verkäufers nicht voraus, dass dieser mit seiner
Geschäftstätigkeit die Absicht verfolgt, Gewinn zu erzielen. Dies entspricht
der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Verbraucherkreditrecht (BGHZ
155, 240, 246) und auch der ganz herrschenden Auffassung im Schrifttum zur
Auslegung des für § 474 BGB maßgeblichen Unternehmerbegriffs in § 14 Abs. 1
BGB (MünchKommBGB/Micklitz, aaO, § 14 BGB Rdnr. 16 ff.; Soergel/Pfeiffer,
BGB, aaO, § 14 Rdnr. 13; Staudinger/Habermann, BGB (2004) § 14 Rdnr. 35;
Bamberger/Roth/Schmidt-Räntsch, BGB, § 14 Rdnr. 6; Pa-landt/Heinrichs, BGB,
aaO, § 14 Rdnr. 2; Erman/Saenger, BGB, 11. Aufl., § 14 Rdnr. 8 ff., 12).
Zwar ist nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung zum handelsrechtlichen
Kaufmannsbegriff, der ebenfalls an den Gewerbebegriff anknüpft, eine
Gewinnerzielungsabsicht des Kaufmanns oder selbständigen Unternehmers im
Bereich des Handels- bzw. Unternehmensrechts grundsätzlich unverzichtbar (BGHZ
aaO, 245 m.w.Nachw.). Ob das Merkmal der Gewinnerzielungsabsicht im
Handels- und Unternehmensrecht inzwischen überholt ist, hat der
Bundesgerichtshof (aaO, 246) offen gelassen und bedarf auch hier keiner
Entscheidung. Jedenfalls ist beim Verbrauchsgüterkauf - ebenso wie beim
Verbraucherkredit (BGHZ aaO) - die Unternehmerstellung des Vertragspartners
des Verbrauchers nicht von der Motivation, Gewinn zu erzielen, abhängig.
Zum Verbraucherkreditgesetz hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass
es für das Abgrenzungskriterium "in Ausübung ihrer gewerblichen oder
beruflichen Tätigkeit" in § 1 Abs. 1 VerbrKrG (a.F.) auf ein dauerhaftes
Gewinnstreben des Kreditgebers nach dem Willen des Gesetzgebers im Interesse
eines wirksamen Verbraucherschutzes nicht ankommt (aaO, 246 f.). Dies gilt
nicht nur für das Verbraucherkreditrecht, das hinsichtlich des
Unternehmerbegriffs ohne sachliche Änderung in das Bürgerliche Gesetzbuch
(§§ 491 ff. BGB) übernommen worden ist (Staudinger/Kessal-Wulf, BGB (2004),
§ 491 Rdnr. 3, 7), sondern gleichermaßen für den Verbrauchsgüterkauf (§§ 474
ff. BGB). Auch hier steht das Interesse des Gesetzgebers an einem
wirksamen Verbraucherschutz, dessen Umsetzung in nationales Recht dem
Gesetzgeber durch die Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und
des Rates vom 25. Mai 1999 zu bestimmten Aspekten des Verbrauchsgüterkaufs
und der Garantien für Verbrauchsgüter (ABl. EG Nr. L 171/12) aufgegeben
worden war, im Vordergrund und nicht die Anknüpfung an den traditionellen
Gewerbebegriff des deutschen Handelsrechts. Dementsprechend wird in der
Begründung zum Schuldrechtsmodernisierungsgesetz (BT-Drucks. 14/6040, S.
243) zur Erläuterung des Unternehmerbegriffs in § 474 BGB nicht auf den
traditionellen Gewerbebegriff des deutschen Handelsrechts Bezug genommen,
sondern darauf hingewiesen, dass der für § 474 BGB maßgebliche
Unternehmerbegriff in § 14 BGB der Definition des Verkäufers in Art. 1 Abs.
2 Buchst. c der Verbrauchsgü-terkaufrichtlinie entspreche. Aus dieser
Bezugnahme auf die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie wird deutlich, dass dem
Unternehmerbegriff in § 474 BGB der europäisch-autonome Unternehmerbegriff
zugrunde liegt (Soergel/Pfeiffer, aaO, Rdnr. 11), der vom Gedanken des
Verbraucherschutzes geprägt ist. Die überkommene Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofs zum handelsrechtlichen Gewerbebegriff hindert deshalb -
wie bereits für den Verbraucherkredit entschieden (BGHZ 155, 240) - auch
beim Verbrauchsgüterkauf nicht daran, für das Vorliegen einer gewerblichen
Tätigkeit des Verkäufers auf das Merkmal der Gewinnerzielungsabsicht zu
verzichten. Dies ist im Interesse eines wirksamen Verbraucherschutzes auch
hier geboten, weil eine Gewinnerzielungsabsicht des Verkäufers als rein
unternehmensinterne Tatsache dem Verbraucher beim Vertragsschluss häufig
verborgen bleiben wird (vgl. BGHZ aaO, 246) und auch kein überzeugender
Grund dafür ersichtlich ist, den Verbraucherschutz beim Verbrauchsgüterkauf
davon abhängig zu machen, ob der Verkäufer mit einer in professioneller
Weise betriebenen Geschäftstätigkeit Gewinn erzielen oder - wie die Beklagte
für sich geltend macht - damit lediglich Verluste reduzieren will. Nichts
spricht dafür, das Schutzbedürfnis des Verbrauchers, auf das für den
Anwendungsbereich des Gesetzes wesentlich abzustellen ist, für geringer zu
erachten, wenn dem Verkäufer, der am Markt - nach seinem gesamten
Erscheinungsbild - als Unternehmer auftritt, die Absicht der Gewinnerzielung
fehlt.
Diesem für das Verbraucherschutzrecht maßgeblichen, allein auf die
objektiven Gegebenheiten abstellenden Unternehmer- und Gewerbebegriff hat
sich im Übrigen auch bereits die ältere Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofs zum handelsrechtlichen Gewerbebegriff angenähert, soweit
sie den Zweck der Gewinnerzielung dahin verstanden hat, dass der
Geschäftsbetrieb auf Erzielung "dauernder Einnahmen" gerichtet ist (vgl.
BGHZ 33, 321, 324 und 95, 155, 157, jeweils unter Bezugnahme auf das
Senatsurteil vom 2. Dezember 1958 - VIII ZR 154/57, WM 1959, 161). Dass die
von der Beklagten betriebene Pferdezucht zur Deckung der damit verbundenen
Kosten auf die Erzielung wiederkehrender Einnahmen durch Deckgelder und
Verkaufserlöse ausgerichtet ist, stellt die Beklagte selbst nicht in Abrede.
b) Die Vorschrift des § 476 BGB ist entgegen der Auffassung der Revision
auch nicht unwirksam. Es kann dahingestellt bleiben, ob die
gemeinschaftsrechtliche Verbrauchsgüterkaufrichtlinie, wie die Revision
unter Bezugnahme auf den zweitinstanzlichen Vortrag der Beklagten meint,
etwa formunwirksam ist, weil der mit Beschluss 77/505/EWG vom 25. Juli 1977
(ABl. EG Nr. L 206 vom 12. August 1977, S. 11) eingesetzte
Tierzuchtausschuss am Erlass der Richtlinie nicht beteiligt worden sei. Die
Wirksamkeit der Regelung in § 476 BGB, durch die Art. 5 Abs. 3 der
Richtlinie in deutsches Recht umgesetzt worden ist, bliebe, wie das
Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, von etwaigen formalen Mängeln
der Richtlinie unberührt. Dagegen bringt die Revision nichts vor. Dem Antrag
auf Aussetzung des Verfahrens und Vorlage an den Europäischen Gerichtshof
hat das Berufungsgericht deshalb mit Recht nicht entsprochen. Für den im
Revisionsverfahren wiederholten Antrag gilt nichts anderes.
c) Die tatbestandlichen Voraussetzungen für das Eingreifen der in § 476 BGB
geregelten Vermutung sind erfüllt. Die Allergie hat sich bei dem verkauften
Pferd im August 2002 und damit innerhalb von sechs Monaten seit
Gefahrübergang gezeigt. Das Auftreten dieses Sachmangels begründet nach
der Rechtsprechung des Senats eine - lediglich in zeitlicher Hinsicht
wirkende - Vermutung, dass dieser Mangel bereits im Zeitpunkt des
Gefahrübergangs vorlag (BGHZ 159, 215;
Senatsurteile vom 14. September 2005 - VIII ZR
363/04, NJW 2005, 3490 unter B II 1 b bb (1) und vom
23. November 2005 - VIII ZR 143/05, NJW 2006, 434
unter II 1 b aa). Dies gilt allerdings nach § 476 BGB dann nicht,
wenn die Vermutung mit der Art der Sache oder des Mangels unvereinbar ist.
Ein solcher Ausnahmetatbestand liegt hier jedoch, wie das Berufungsgericht
mit Recht angenommen hat, nicht vor.
aa) Die Vermutung des § 476 BGB ist gemäß der für Tiere maßgeblichen
Verweisung in § 90 a Satz 3 BGB auf die für Sachen geltenden Vorschriften
auch beim Kauf eines Pferdes entsprechend anzuwenden; insoweit ist sie nicht
schon mit der Art des Kaufgegenstandes unvereinbar (ebenso E. v.
Westphalen, ZGS 2005, 210, 214; Westermann, ZGS 2005, 342, 347; Adolphsen,
AgrarR 2001, 169, 172; Augenhofer, ZGS 2004, 385, 386 mit Hinweisen auf die
abweichende gesetzliche Regelung in Österreich). Die Revision meint dagegen
unter Berufung auf eine in der Rechtsprechung der Instanzgerichte zum Teil
vertretene Auffassung (LG Verden, RdL 2005, 176; AG Worbis, RdL 2005, 146;
AG Helmstedt, RdL 2005, 65; tendenziell auch OLG Oldenburg - 8. Senat, RdL
2005, 65; OLG Oldenburg - 14. Senat, RdL 2005, 65 und LG Lüneburg, RdL 2005,
66), § 476 BGB sei auf den Tierkauf grundsätzlich nicht anwendbar. Dies
trifft nicht zu.
(1) Durch das am 1. Januar 2002 in Kraft getretene Gesetz zur Modernisierung
des Schuldrechts vom 26. November 2001 (BGBl. I S. 1887) sind die bis dahin
- auch für Pferde - geltenden Bestimmungen über den Viehkauf (§§ 481 bis 492
BGB) aufgehoben worden. Diese Regelungen sahen nur eine - gegenüber §§ 459
ff. BGB a.F. eingeschränkte - Gewährleistung für sogenannte Hauptmängel im
Sinne der Verordnung betreffend die Hauptmängel und Gewährfristen beim
Viehhandel vom 27. März 1899 (RGBl. S. 219) vor. Ziel der Aufhebung des
besonders geregelten Viehgewährleistungsrechts war es, das allgemeine
Kaufrecht (§§ 433 ff. BGB) auf die Gewährleistung bei jeder Art von Tierkauf
anzuwenden (BT-Drucks. 14/6040, S.
207). Schon aus dem seitherigen Fehlen von Spezialvorschriften für die
Gewährleistung beim Tierkauf folgt, dass auch die gesetzliche Vermutung des
§ 476 BGB unter den Voraussetzungen des § 474 BGB auf den Tierkauf
entsprechend anzuwenden ist (§ 90 a Satz 3 ZPO). Dies kommt auch in der
Begründung zu § 476 BGB zum Ausdruck, in welcher der Tierkauf als möglicher
Anwendungsfall der Vermutung besonders angesprochen wird (BT-Drucks.
14/6040, S. 245).
(2) Auch von der Sache her verbietet sich eine rückwirkende Vermutung über
den Zustand des Tieres im Zeitpunkt des Gefahrübergangs nicht in jedem Fall
schon deshalb, weil es sich bei Tieren um Lebewesen handelt, die naturgemäß
einem stetigen Wandel ihres körperlichen und gesundheitlichen Zustandes
unterliegen. Eine derartige Vermutung enthielt bereits das frühere
Viehgewährleistungsrecht in § 484 BGB a.F., wenn auch nur innerhalb
wesentlich kürzerer Gewährfristen als der einheitlichen Frist von sechs
Monaten in § 476 BGB. Entscheidend aber ist, dass der Gesichtspunkt des
Verbraucherschutzes, auf dem die aus Art. 5 Abs. 3 der
Verbrauchsgüterkaufrichtlinie übernommene Bestimmung des § 476 BGB beruht,
für eine Anwendung dieser Regelung auch auf den Tierkauf spricht. Die
Vermutung leitet ihren spezifisch verbraucherschützenden Charakter aus den
schlechteren Beweismöglichkeiten des Verbrauchers und den - jedenfalls in
engem zeitlichen Zusammenhang mit der Übergabe - ungleich besseren
Erkenntnismöglichkeiten des Unternehmers her (BT-Drucks.
14/6040, S. 245). Diese Erwägung trifft auch auf den Tierkauf zwischen
einem Verbraucher und einem Unternehmer zu. Der gewerblich tätige Verkäufer
vermag den Zustand des Tieres im Zeitpunkt der Übergabe im Regelfall besser
zu beurteilen als ein Käufer, der mit dem Erwerb von Tieren nicht beruflich
oder gewerbsmäßig befasst ist. Deshalb ist es gerechtfertigt, die Vermutung
grundsätzlich auch auf den Tierkauf anzuwenden. Ob dies für alle Arten von
Tieren gilt, kann offen bleiben; beim Kauf eines Pferdes ist die Anwendung
der Vermutung jedenfalls nicht von vornherein wegen der Art des Tieres
ausgeschlossen.
bb) Die Vermutung ist im vorliegenden Fall auch nicht mit der Art des
Mangels unvereinbar.
(1) Zu diesem Ausschlusstatbestand hat der Senat - im Hinblick auf die
äußere Beschädigung eines Kraftfahrzeugs - bereits entschieden, dass die
Vermutung, ein Sachmangel habe bereits bei Gefahrübergang vorgelegen, nicht
schon dann mit der Art des Mangels unvereinbar ist, wenn der Mangel
typischerweise jederzeit auftreten kann und deshalb keinen hinreichenden
Rückschluss darauf zulässt, dass er schon bei Gefahrübergang vorlag (Senatsurteil
vom 14. September 2005 aaO, Leitsatz 2). Dies gilt im Grundsatz auch für
den Tierkauf. Auch hier besteht aufgrund der Art des Mangels häufig
Ungewissheit über dessen Entstehungszeitpunkt. Mit dem
Regel-Ausnahmeverhältnis in § 476 BGB und dem verbraucherschützenden
Charakter der Norm wäre es auch beim Tierkauf nicht zu vereinbaren, die
Vermutung ohne weiteres schon daran scheitern zu lassen, dass der
Entstehungszeitpunkt eines Mangels typischerweise nicht zuverlässig
festgestellt werden kann; denn durch eine derartige Einengung der
Beweislastumkehr würde der mit der Regelung intendierte Verbraucherschutz
weitgehend ausgehöhlt (vgl. Senatsurteil aaO unter II 1 b cc (2)).
(2) Jedoch sind beim Tierkauf
die Besonderheiten zu berücksichtigen, die sich aus der Natur des Tieres als
Lebewesen ergeben. Deshalb sind Rechtsprechung und Schrifttum zum
Anwendungsbereich der Vermutung bei beweglichen Sachen (§ 90 BGB) nicht
unbesehen auf Tiere zu übertragen. Dies folgt schon daraus, dass Tiere keine
Sachen sind (§ 90 a Satz 1 BGB) und auf sie die für Sachen geltenden
Vorschriften daher nur entsprechende Anwendung finden können (§ 90 a Satz 3
BGB). Anders als bewegliche Sachen unterliegen Tiere während ihrer gesamten
Lebenszeit einer ständigen Entwicklung und Veränderung ihrer körperlichen
und gesundheitlichen Verfassung, die nicht nur von den natürlichen
Gegebenheiten des Tieres (Anlagen, Alter), sondern auch von seiner Haltung
(Ernährung, Pflege, Belastung) beeinflusst wird. Darin lag der Grund für das
Viehgewährleistungsrecht in §§ 481 ff. BGB a.F., das den Besonderheiten des
Handels mit lebenden Organismen Rechnung tragen sollte (BT-Drucks.
14/6040, S. 206). Der wesensmäßige Unterschied zwischen Tieren und
Sachen, der in der Bestimmung des § 90 a BGB zum Ausdruck kommt, ist nach
der Aufhebung der §§ 481 ff. BGB a.F. im Zuge der Schuldrechtsreform nicht
gegenstandslos geworden, sondern weiterhin von Bedeutung insbesondere für
die Frage, inwieweit die Vermutung des § 476 BGB mit der Art des Mangels
unvereinbar ist. In den Gesetzesmaterialien zu § 476 BGB wird insoweit
ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Vermutung mit der Art des Mangels
jedenfalls bei Tierkrankheiten häufig unvereinbar sein werde, weil wegen der
Ungewissheiten über den Zeitraum zwischen Infektion und Ausbruch der
Krankheit nicht selten ungewiss bleiben werde, ob eine Ansteckung bereits
vor oder erst nach Lieferung des Tieres an den Käufer erfolgt sei; eine
Vermutung, dass der Mangel zu einem bestimmten Zeitpunkt vorgelegen habe,
lasse sich dann nicht rechtfertigen, was aber nicht unbedingt auch für
andere Fehler eines Tieres gelten müsse (BT-Drucks.
14/6040, S. 245).
Aus dieser Erläuterung zur Anwendung des § 476 BGB auf den Tierkauf geht
hervor, dass sich die Frage, ob die Vermutung des § 476 BGB mit der Art des
Mangels unvereinbar ist, nach der Vorstellung des Gesetzgebers nicht für
alle erdenklichen Erkrankungen und sonstigen Mängel von Tieren einheitlich
bejahen oder verneinen lässt, sondern differenzierter Beurteilung je nach
der Art der Erkrankung oder des sonstigen Mangels bedarf. Maßgeblich dafür
sind einerseits der Sinn und Zweck des § 476 BGB - Privilegierung des
Verbrauchers aufgrund besserer Erkenntnismöglichkeiten des Unternehmers über
den Zustand des Tieres bei Gefahrübergang (vgl.
BT-Drucks. 14/6040, S. 245) -
und andererseits die dabei auch zu berücksichtigenden Besonderheiten
bestimmter Tierkrankheiten oder sonstiger Mängel, aus denen sich aufgrund
der spezifischen Natur des Tieres die in der Begründung zu § 476 BGB (aaO)
beispielhaft aufgezeigten Grenzen für eine Beweislastumkehr ergeben können.
Eine nach der spezifischen Art der Tierkrankheit oder des sonstigen Mangels
differenzierende Beurteilung wird auch im rechtswissenschaftlichen
Schrifttum befürwortet (vgl. Staudinger/Matusche-Beckmann, aaO, § 476 Rdnr.
33; MünchKommBGB/ S.Lorenz, aaO, § 476 Rdnr. 17; Palandt/Heinrichs, aaO, §
476 Rdnr. 11; Bamberger/Roth/Faust, aaO, § 476 Rdnr. 4; Westermann, aaO,
347; E. v. Westphalen, aaO, 214; Augenhofer, aaO, 387) und hat bereits zu
einer umfangreichen Judikatur der Instanzgerichte zum Anwendungsbereich der
Vermutung bei bestimmten Mängeln von Tieren, insbesondere von Pferden,
geführt (vgl. LG Aurich, ZGS 2005, 40 und OLG Oldenburg - 14. Senat, RdL
2005, 65 zum "Weben" eines Pferdes; OLG Oldenburg - 8. Senat, RdL 2005, 65
zur mangelnden "Rittigkeit"; OLG Hamm, RdL 2005, 66, LG Lüneburg, RdL 2005,
66 und AG Bad Gandersheim, RdL 2005, 66, jeweils zum "Spat"; OLG Düsseldorf,
ZGS 2004, 271 zu einer Knochen- und Knorpelentzündung und LG Verden, RdL
2005, 176 zur Borreliose; AG Herne, ZGS 2005, 199 zu "Kreuzgalopp" und
Rückenproblemen eines Pferdes; LG Essen, ZGS 2004, 399 zur Parvovirose eines
Welpen).
(3) Das Berufungsgericht hat die vorliegende Allergie des Pferdes zutreffend
als nicht mit der Vermutung des § 476 BGB unvereinbar angesehen. Das
Sommerekzem ist nach dem vom Berufungsgericht zugrunde gelegten
Sachverständigengutachten keine versteckte Krankheit, sondern eine saisonal
sichtbare Allergie, bei der eine überschießende Reaktion des Immunsystems
auf Mückenstiche zu dem vom Sachverständigen beschriebenen klinischen
Erscheinungsbild (Entzündung der Haut, Juckreiz) führt. Auch das
Berufungsgericht geht davon aus, dass die durch Kontakt mit dem Reizstoff
hervorgerufenen Symptome des Sommerekzems (Scheuerstellen, Haarbruch) nicht
übersehen werden können. Es ist deshalb durchaus feststellbar, ob das Pferd
unter dieser Allergie bereits vor Gefahrübergang einmal gelitten hat, auch
wenn die Allergie im Zeitpunkt des Vertragschlusses selbst wegen des
saisonbedingt fehlenden Kontaktes mit Mücken nicht sichtbar sein konnte. Für
einen Ausschluss der Vermutung unter dem in der Gesetzesbegründung zu § 476
BGB (aaO) hervorgehobenen Gesichtspunkt einer der Aufklärung nicht
zugänglichen Ungewiss-heit über den Zeitpunkt der Entstehung einer später
ausgebrochenen Infektionskrankheit (BT-Drucks.
14/6040, S. 245) ist deshalb hier jedenfalls kein Raum.
cc) Die vom Berufungsgericht aufgrund der Vermutung des § 476 BGB getroffene
Beweislastentscheidung zum Nachteil der Beklagten kann jedoch mit der vom
Berufungsgericht gegebenen Begründung keinen Bestand haben. Sie beruht auf
der rechtsfehlerhaften Annahme des Berufungsgerichts, es sei im vorliegenden
Fall unaufklärbar, ob die Allergie des Pferdes im Zeitpunkt des
Gefahrübergangs bereits vorgelegen habe. Zur Begründung hat sich das
Berufungsgericht insoweit allein auf das im ersten Rechtszug erstattete
schriftliche Gutachten des Sachverständigen gestützt, nach dem die
übermäßige Sensibili-sierung des Pferdes im Nachhinein allenfalls für eine
Zeit von vier bis sechs Wochen vor der am 30. August 2002 entnommenen
Blutprobe gesichert feststellbar sei, während für die weiter zurückliegende
Zeit eine Aufklärung rückschauend nicht möglich sei. Mit dieser Beschränkung
auf die Ausführungen im schriftlichen Sachverständigengutachten hat jedoch
das Berufungsgericht verfahrensfehlerhaft nicht das gesamte Ergebnis der
Beweisaufnahme gewürdigt. Sowohl die Revision als auch die
Revisionserwiderung rügen zu Recht, dass das Berufungsgericht aufgrund
dieses Verstoßes gegen § 286 ZPO nicht hinreichend geprüft hat, ob die
Beklagte, wie die Revision meint, die Vermutung widerlegt hat oder ob im
Gegenteil, wie die Revisionserwiderung geltend macht, das Vorliegen eines
Sachmangels im Zeitpunkt des Gefahrübergangs nachgewiesen ist.
(1) Die Vermutung des § 476 BGB ist widerleglich. Greift sie ein, so
obliegt dem Verkäufer der Beweis des Gegenteils (§ 292 ZPO;
Senatsurteil vom 23. November 2005 - VIII ZR 43/05,
zur Veröffentlichung bestimmt unter II 1 b bb). Hierfür ist auch bei §
476 BGB eine Erschütterung der Vermutung nicht ausreichend; erforderlich ist
vielmehr der volle Beweis des Gegenteils der vermuteten Tatsache (ebenso
OLG Celle, NJW 2004, 3566; Münch Komm BGB/ S. Lorenz, aaO, § 476 Rdnr. 22;
Palandt/Putzo, aaO, § 476 Rdnr. 8 a; Westermann, aaO, 347; E. v. Westphalen,
aaO, 102, 213; allgemein zu § 292 ZPO: Zöller/Greger, ZPO, 25. Aufl., § 292
Rdnr. 2).
(2) Da sich die Beweislastumkehr des § 476 BGB, wie dargelegt (oben unter II
2 c), auf die in zeitlicher Hinsicht wirkende Vermutung beschränkt, dass der
binnen sechs Monaten seit Gefahrübergang aufgetretene Sachmangel bereits im
Zeitpunkt des Gefahrübergangs vorlag, ist zur Widerlegung der Vermutung
voller Beweis dafür zu erbringen, dass dieser Mangel - hier: die Allergie
Sommerekzem - bei Gefahrübergang noch nicht bestand. Nach dem Ergebnis der
im zweiten Rechtszug ergänzend durchgeführten Beweisaufnahme, das vom
Berufungsgericht im Zusammenhang mit § 476 BGB nicht berücksichtigt worden
ist, könnte der Beklagten dieser Beweis gelungen sein.
Das Berufungsgericht ist ersichtlich davon ausgegangen, dass die Vermutung
nur durch einen Laborbefund widerlegt werden könne, der nachweist, dass die
den Sachmangel begründende, mit pathologischen Symptomen verbundene
Sensibilisierung des Pferdes gegen Mückenstiche bei Vertragsschluss noch
nicht bestand. Einen derartigen Befund kann die Beklagte nachträglich nicht
vorlegen, weil bei Gefahrübergang eine Blutprobe nicht entnommen worden ist.
Rückschlüsse auf den Grad der Sensibilisierung des Pferdes im Zeitpunkt des
Gefahrübergangs sind nach dem schriftlichen Gutachten des Sachverständigen
aus dem Befund vom 30. August 2002, der nach dem Auftreten der klinischen
Symptomatik des Sommerekzems erhoben worden ist, nicht zu ziehen.
Ein immunologischer Befund ist jedoch nicht das einzige Beweismittel zur
Widerlegung der Vermutung. Da die Allergie Sommerekzem nach dem
Sachverständigengutachten untrennbar mit bestimmten pathologischen Symptomen
verbunden ist, lässt sich die Vermutung, dass das Pferd bereits vor
Gefahrübergang unter dieser Allergie litt und deshalb mangelhaft war, auch
durch den Nachweis widerlegen, dass die Symptome des Sommerekzems bei dem
Pferd bis zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs - trotz Aufenthalt des Pferdes
im Freien und dadurch bedingtem Kontakt mit Mücken - noch nicht in
Erscheinung getreten waren. Das Berufungsgericht hat hierüber auch Beweis
erhoben durch Vernehmung mehrerer Zeugen und hat aufgrund des Ergebnisses
seiner Beweisaufnahme die Feststellung getroffen, dass bei dem Pferd bis zum
Vertragsschluss - insbesondere im Sommer/Herbst 2001, als letztmalig vor dem
Verkauf ein Kontakt mit den als Allergen wirkenden Insekten auftrat - keine
Symptome des Sommerekzems vorgelegen hätten. Diese - von der
Revisionserwiderung nicht beanstandete - Feststellung, die dem
Sachverständigen bei seinem bereits im ersten Rechtszug erstatteten
Gutachten nicht bekannt war, berücksichtigt des Berufungsgericht jedoch
nicht bei seiner Annahme, es sei unaufklärbar, ob das Pferd vor
Gefahrübergang bereits unter der im Sommer 2002 aufgetretenen Allergie
gelitten habe, und ist damit auch nicht ohne weiteres vereinbar. Wenn das
Pferd bis zum Vertragsschluss, das heißt auch noch bei dem letzten Kontakt
mit dem Allergen im Sommer/Herbst 2001, nicht allergisch auf den Kontakt mit
dem Reizstoff reagierte, dann spricht dies dafür, dass die den Sachmangel
begründende Allergie Sommerekzem bis zum Vertragsschluss (Gefahrübergang)
noch nicht bestanden hatte, sondern erstmals im Sommer 2002 aufgetreten ist
und dass deshalb die Tauglichkeit des Pferdes, im Sommer geritten zu werden,
bis zum Vertragsschluss noch nicht beeinträchtigt war.
Einen weitergehenden Beweis hätte die Beklagte zur Widerlegung der
Vermutung des § 476 BGB, soweit es um die Allergie Sommerekzem geht, nicht
zu führen. Die Vermutung des § 476 BGB bezieht sich auf den nach
Gefahrübergang in Erscheinung getretenen Sachmangel, das heißt die Allergie,
durch deren pathologische Symptomatik die Tauglichkeit des Pferdes, sich zur
Sommerzeit im Freien aufzuhalten, eingeschränkt ist. Wenn dagegen
nachgewiesen ist, dass eine allergiebedingte Einschränkung der Tauglichkeit
des Pferdes bis zum Gefahrübergang noch nicht gegeben war, sondern erstmals
im Sommer 2002 aufgetreten ist, so kommt eine Sachmängelhaftung nur dann
noch in Betracht, wenn der Sachmangel - hier: die Allergie Sommerekzem - auf
eine Ursache zurückzuführen ist, die ihrerseits eine vertragswidrige
Beschaffenheit darstellt (vgl. Senatsurteil
vom 23. November 2005, aaO, unter II 1a). Hierfür gilt die in § 476
BGB vorgesehene Beweislastumkehr zugunsten des Käufers nicht; ob
hinsichtlich einer solchen Ursache ein Sachmangel vorliegt, hat vielmehr der
Käufer darzulegen und zu beweisen (BGHZ aaO,
217 f.; Senatsurteil vom 23. November 2005,
aaO, unter II 1 b aa).
(3) Insoweit rügt der Kläger in der Revisionserwiderung allerdings zu Recht,
dass das Berufungsgericht unter Verstoß gegen § 286 ZPO nicht geprüft hat,
ob dem Kläger - unabhängig von der Vermutung des § 476 BGB - der Beweis
gelungen ist, dass sich das Pferd im Zeitpunkt des Gefahrübergangs bereits
in einem vertragswidrigen Zustand befand. Der Kläger macht geltend, dass die
nach Gefahrübergang in Erscheinung getretene Allergie Sommerekzem auch dann,
wenn sie erst im Sommer 2002 zum ersten Mal aufgetreten sein sollte,
jedenfalls "in der Anlage" bei Gefahrübergang bereits vorhanden gewesen sei.
Sie beruhe auf einer entsprechenden "Disposition" des Pferdes, die zwar -
als Vorstufe der Allergie Sommerekzem - noch nicht mit einer pathologischen
Symptomatik verbunden sei, die aber die Gefahr in sich berge, dass das Pferd
später die Allergie ausbilden werde; schon darin liege ein Sachmangel.
Die zunächst pauschale Behauptung des Klägers in den Vorinstanzen, die im
Sommer 2002 ausgebrochene Allergie Sommerekzem habe sich aufgrund einer
"genetisch bedingten" Disposition des Pferdes im Laufe des Lebens allmählich
entwickelt, reicht allerdings zur substantiierten Darlegung eines
vertragswidrigen Zustands des Pferdes im Zeitpunkt des Gefahrübergangs nicht
aus. Der Käufer eines Tieres haftet nach § 434 BGB nur dafür, dass das
Tier (bei Gefahrübergang) nicht krank ist und sich auch nicht in einem -
ebenfalls vertragswidrigen - Zustand befindet, aufgrund dessen bereits die
Sicherheit oder zumindest hohe Wahrscheinlichkeit besteht, dass es alsbald
erkranken wird. Insoweit gilt beim Verbrauchsgüterkauf nichts anderes. § 476
BGB enthält keine Garantie für den Fortbestand der Gesundheit eines Tieres
und bürdet dem Verkäufer eines Tieres, das innerhalb von sechs Monaten nach
Gefahrübergang erkrankt, nur den Gegenbeweis auf, dass die betreffende
Krankheit noch nicht vorlag, nicht aber den Gegenbeweis, dass im Zeitpunkt
des Gefahrübergangs keine denkbare Ursache oder genetisch bedingte
"Disposition" für die später ausgebrochene Krankheit vorlag. Die
substantiierte Darlegung und der Nachweis einer konkreten Ursache, die
bereits für sich genommen einen Sachmangel darstellt, obliegt vielmehr, wie
ausgeführt (unter (2)), auch beim Verbrauchsgüterkauf dem Käufer.
Jedoch beanstandet der Kläger in der Revisionserwiderung zu Recht, dass das
Berufungsgericht verfahrensfehlerhaft nicht die Äußerung des
Sachverständigen bei dessen mündlicher Anhörung vor dem Landgericht
gewürdigt habe, die er, der Kläger, sich im Berufungsrechtszug zu eigen
gemacht habe; aus ihr ergebe sich, dass sich das Pferd bereits im Zeitpunkt
des Gefahrübergangs in einem vertragswidrigen Zustand befunden habe, auch
wenn eine allergiebedingte Einschränkung seiner Verwendungsfähigkeit in der
Sommerzeit nach dem Ergebnis der Zeugenvernehmung bis dahin noch nicht
aufgetreten sei. Nach dem Sitzungsprotokoll hat der Sachverständige
bekundet, dass in dem hier vorliegenden Fall "am 18. März 2002 bereits eine
solche Disposition vorhanden war, die bei Kontakt mit Reizstoffen bereits zu
diesem Zeitpunkt zu pathologischen Erscheinungen geführt hätte". Diese
Äußerung gab Anlass zu der Prüfung, ob damit - unabhängig von der Vermutung
des § 476 BGB - der Nachweis erbracht ist, dass sich das Pferd im Zeitpunkt
des Gefahrübergangs bereits in einem vertragswidrigen Zustand befand.
Allerdings scheint die mündliche Äußerung des Sachverständigen in gewissem
Widerspruch zu seinem schriftlichen Gutachten zu stehen, demzufolge eine
medizinische Schlussfolgerung über das Vorhandensein von Antikörpern aus dem
Ergebnis der Blutprobe vom 30. August 2002 rückwirkend über sechs bis acht
Wochen hinaus nicht möglich sei. Das Berufungsgericht wird daher -
gegebenenfalls durch Befragung des Sachverständigen - zu klären haben, wie
die mündliche Äußerung des Sachverständigen im Verhältnis zum schriftlichen
Gutachten zu verstehen ist und welche Schlussfolgerungen sich für den
Sachverständigen daraus und auch aus den Zeugenaussagen, die im ersten
Rechtszug noch nicht vorlagen, für die Frage ergeben, ob sich das Pferd
bereits bei Gefahrübergang in einem Zustand befand, aufgrund dessen damit zu
rechnen war, dass das Pferd alsbald unter der Allergie Sommerekzem leiden
werde.
III. Nach alledem ist das angefochtene Urteil aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO).
Der Rechtsstreit ist nicht zur Endentscheidung reif, da es noch weiterer
tatsächlicher Feststellungen bedarf. Daher ist die Sache an das
Berufungsgericht zurückzuweisen (§ 563 Abs. 1 und 3 ZPO).
|