Sachmangelbegriff,
Zeitpunkt des Sachmangels, Beweislast, Mängelvermutung nach § 476 BGB und
fahrlässige Beweisvereitelung; Voraussetzungen einer Beschaffenheitsgarantie
BGH, Urteil vom 23.
November 2005 - VIII ZR 43/05
Fundstelle:
NJW 2006, 434
Amtl. Leitsatz:
1. Normaler Verschleiß bei einem
Gebrauchtwagen stellt grundsätzlich keinen Mangel dar.
2. Zur Frage der fahrlässigen Beweisvereitelung durch den Käufer eines
Gebrauchtwagens, der ein angeblich mangelhaftes Teil durch eine Werkstatt
austauschen lässt, die das betreffende Teil nicht aufbewahrt, so dass es im
Gewährleistungsprozess gegen den Verkäufer nicht als Beweismittel zur
Verfügung steht.
Zentrale Probleme:
S. die Anm. zu OLG Stuttgart v. 18.1.2005 - 10 U
179/04 = ZGS 2005, 276 sowie zu
OLG Koblenz NJW 2007, 1828. Zur Vorinstanz s.
OLG Stuttgart v. 31.01.2005 - 5 U
153/04. Zu § 476 BGB s. die Anm. zu
BGH NJW 2004, 2299
sowie
BGH NJW 2005, 3490
und BGH v. 29.3.2006 - VIII
ZR 173/05.
S. auch die
Pressemeldung des BGH Nr. 123/2005. Zur Beweislast für das Fortbestehen
eines Sachmangels nach Nacherfüllung s. die Anm. zu
BGH v. 11.2.2009 - VIII ZR 274/07
sowie zu BGH v. 9.3.2011 - VIII
ZR 266/09 und
BGH v. 15.1.2014 - VIII ZR 70/13.
Zu denselben Problem im Werkvertragsrecht s. BGH,
Urteil vom 23. Oktober 2008 - VII ZR 64/07.
Der BGH hat seine Rspr. zu § 476 BGB aber mittlerweile aufgegeben, s.
BGH v. 12.10.2016 - VIII ZR 103/15.
©sl 2005
Tatbestand:
Der Kläger kaufte am 21. Januar 2003 bei der Beklagten, die einen Handel mit
Gebrauchtwagen betreibt, für seine private Nutzung einen Personenkraftwagen
C. , der im April 1994 erstmals zugelassen worden war und einen
Kilometerstand von 191.347 aufwies, zu einem Preis von 4.500 €. Das Fahrzeug
wurde dem Kläger am gleichen Tag übergeben. In dem Kaufvertragsformular ist
unter der Überschrift "Sondervereinbarungen" handschriftlich eingetragen:
"Gewährleistung ist gegeben".
Bei einem Kilometerstand von 197.223 erlitt das Fahrzeug einen Defekt am
Turbolader. Mit Anwaltsschreiben vom 13. August 2003 forderte der Kläger die
Beklagte unter Fristsetzung zu einer kostenlosen Reparatur auf. Hierzu war
die Beklagte nicht bereit. Der Kläger ließ den Turbolader durch ein anderes
Unternehmen austauschen. Hierfür entstanden ihm Kosten in Höhe von 1.303,38
€.
Der Kläger hat die Beklagte wegen der vorgenannten Reparaturkosten sowie
wegen sonstiger Unkosten von pauschal 25 € zunächst auf Zahlung von
Schadensersatz in Höhe von insgesamt 1.328,38 € nebst Zinsen in Anspruch
genommen. Er hat behauptet, der Turboladerschaden sei am 19. Juli 2003
aufgetreten. Nachdem das Fahrzeug im Dezember 2003 nach Klageerhebung bei
einem Kilometerstand von 209.428 einen Motorschaden erlitten und der Kläger
die Beklagte mit Anwaltsschreiben vom 17. Dezember 2003 vergeblich
aufgefordert hatte, das Fahrzeug zurückzunehmen, hat der Kläger die Klage
erweitert. Neben der Zahlung der Reparaturkosten von 1.303,38 € hat er die
Erstattung des Kaufpreises für das Fahrzeug in Höhe von 4.500 € sowie der
Kosten für den Einbau einer Anhängerkupplung in Höhe von 551,50 € verlangt;
hiervon hat er die durch den Gebrauch des Fahrzeugs gezogenen Nutzungen
abgesetzt, die er auf 382,50 € beziffert. Insgesamt hat der Kläger zuletzt
Zahlung von 5.972,38 € nebst Zinsen Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs
begehrt. Ferner hat er beantragt, festzustellen, dass sich die Beklagte in
Annahmeverzug befindet.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die
Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht
zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Klageanträge weiter.
Entscheidungsgründe:
Die Revision ist nicht begründet.
I. Das Berufungsgericht, dessen Entscheidung unter anderem in
ZGS 2005, 156 veröffentlicht ist, hat zur
Begründung ausgeführt:
Dem Kläger stehe kein Schadensersatzanspruch aus §§ 437 Nr. 3, 440, 281 Abs.
1, 280 Abs. 1 und 3 BGB auf Erstattung der Reparaturkosten für den
Turbolader in Höhe von 1.303,38 € zu, weil er für seine Behauptung, bei dem
Turboladerdefekt handele es sich um einen Sachmangel, der bei Gefahrübergang
bereits vorgelegen habe, beweisfällig geblieben sei. Aufgrund der vom
Landgericht durchgeführten Beweisaufnahme stehe fest, dass der
Turboladerdefekt am 19. Juli 2003 aufgetreten sei. Dahingestellt bleiben
könne, ob dieser Defekt ein Sachmangel sei, was nur dann der Fall sei, wenn
es sich nicht um eine bei Fahrzeugen dieses Typs und dieses Alters mit
entsprechender Laufleistung übliche Verschleißerscheinung handele. Da der
Turboladerdefekt erst nach Gefahrübergang aufgetreten sei, hafte die
Beklagte hierfür nur, wenn er auf einen bereits im Zeitpunkt des
Gefahrübergangs vorhandenen Mangel zurückzuführen sei. Die Mängelursache
bleibe gemäß den bindenden Feststellungen des Landgerichts nach den
Ausführungen der beiden Sachverständigen letztlich offen, da der ausgebaute
Turbolader für eine Begutachtung nicht mehr zur Verfügung stehe. Einerseits
komme danach der (schlagartige) Defekt eines verschlissenen Dichtungsrings
innerhalb des Turboladers als Schadensursache in Betracht. Andererseits
bestehe die Möglichkeit, dass sich Teile einer unfachmännisch eingebauten
Papierdichtung am Ansaugkrümmer gelöst hätten und über den Ölkreislauf in
den Turbolader gelangt sein könnten. Diese Möglichkeit sei aber wenig
wahrscheinlich.
Ob § 476 BGB Anwendung finde, wenn die Ursache für einen unstreitig erst
nach Gefahrübergang aufgetretenen Mangel unsicher sei, sei fraglich, könne
jedoch dahingestellt bleiben. Die nach dieser Vorschrift bestehende
Vermutung sei hier jedenfalls deshalb ausgeschlossen, weil sie mit der Art
des Mangels unvereinbar sei. Dies sei bei einem Mangel der Fall, der
typischerweise jederzeit eintreten könne und aus diesem Grund keinen
hinreichend wahrscheinlichen Rückschluss auf sein Vorliegen bereits zur Zeit
des Gefahrübergangs zulasse. Hierbei müsse der Verkäufer die Art des Mangels
nicht voll beweisen. Vielmehr sei ausreichend, wenn der Unternehmer die
Tatsachen voll beweise, die ernstliche Zweifel daran begründeten, dass der
Mangel bereits bei Gefahrübergang vorhanden gewesen sei. Der
Turboladerdefekt lasse nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auf das
Vorliegen eines Sachmangels bereits bei Gefahrübergang schließen, weil der
Defekt eines Dichtungsrings als in Betracht kommende Mangelursache nach dem
Ergebnis der Beweisaufnahme schlagartig eingetreten sei.
Der Kläger, der damit die volle Beweislast für den dem Turboladerdefekt
zugrunde liegenden Mangel trage, habe nicht bewiesen, dass dieser Defekt auf
die nicht fachgerecht eingebaute Papierdichtung am Ansaugkrümmer des
Fahrzeugs zurückzuführen sei. Soweit er in der Berufungsinstanz erstmals
behauptet habe, die reparierte Ölwanne mit groben Verklebungen und die nicht
fachgerecht verbaute Papierdichtung hätten "im Zusammenwirken" zu dem
Turboladerdefekt und dem Motorschaden geführt, handele es sich um ein neues
Angriffsmittel, das gemäß §§ 529 Abs. 1 Nr. 1, 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO
nicht zu berücksichtigen sei. Unabhängig davon habe der Kläger den
Zusammenhang zwischen der Ölwannenreparatur und dem Turboladerschaden nicht
sub-stantiiert und nachvollziehbar dargetan.
Dem Kläger stehe auch kein Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung einer
Haltbarkeitsgarantie aus § 281 Abs. 1 in Verbindung mit § 443 Abs. 1 BGB zu.
Eine solche Garantie könne der Sondervereinbarung im Kaufvertrag
"Gewährleistung ist gegeben" nicht entnommen werden. Sie folge nach dem
Ergebnis der Beweisaufnahme auch nicht aus einer mündlichen Nebenabrede.
Weiter sei der Vortrag des Klägers hierzu bereits unschlüssig, da nicht klar
werde, welchen Inhalt die Garantieerklärung haben solle.
Der Kläger habe auch keinen Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises nach §§
437 Nr. 2, 440, 323 Abs. 1, 326 Abs. 4, 346 Abs. 1 BGB Zug um Zug gegen
Rückgabe des Fahrzeugs unter Anrechnung von Nutzungen. Bei dem im Dezember
2003 aufgetretenen Motorschaden handele es sich nicht um einen Sachmangel,
weil er nach den Ausführungen des Sachverständigen R. mit an Sicherheit
grenzender Wahrscheinlichkeit auf ein Überdrehen des Motors zurückzuführen
sei, das sowohl durch einen Bedienfehler wie Verschalten als auch durch ein
übermäßiges Hochdrehen des Motors entstanden sein könne.
Der Kläger könne seinen Rücktritt auch nicht auf eine unsachgemäße Reparatur
der Ölwanne des Fahrzeugs stützen. Insoweit fehle es an der Fristsetzung zur
Nachbesserung, die hier nicht gemäß §§ 440 Satz 1, 281 Abs. 2, 323 Abs. 2
BGB entbehrlich gewesen sei.
Der Vortrag des Klägers in der Berufungsbegründung, die unsachgemäß
reparierte Ölwanne und die nicht fachgerecht verbaute Papierdichtung hätten
im Zusammenwirken zu dem Motorschaden geführt, sei gemäß §§ 529 Abs. 1 Nr.
2, 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO ausgeschlossen und im Übrigen in technischer
Hinsicht nicht substantiiert.
II. Diese Entscheidung hält der rechtlichen Nachprüfung stand, sodass die
Revision zurückzuweisen ist.
1. Zu Recht hat das Berufungsgericht angenommen, dass dem Kläger kein
Schadensersatzanspruch aus §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1 und 3, 281 Abs. 1 Satz 1
BGB auf Erstattung der Kosten für den Austausch des Turboladers in Höhe von
1.303,38 € zusteht. Nach den genannten Vorschriften kann der Käufer
Schadensersatz statt der Leistung verlangen, wenn die Kaufsache mangelhaft
ist. Davon kann hier nicht ausgegangen werden.
a) Gemäß § 434 Abs. 1 Satz 1 BGB ist die Sache frei von Sachmängeln, wenn
sie bei Gefahrübergang die vereinbarte Beschaffenheit hat. Nach Satz 2
dieser Bestimmung ist die Sache, soweit ihre Beschaffenheit nicht vereinbart
ist, frei von Sachmängeln, wenn sie sich für die nach dem Vertrag
vorausgesetzte Verwendung eignet (Nr. 1), sonst, wenn sie sich für die
gewöhnliche Verwendung eignet und eine Beschaffenheit aufweist, die bei
Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach der Art der Sache
erwarten kann (Nr. 2). Nach § 446 Satz 1 BGB geht die Gefahr mit Übergabe
der verkauften Sache über. Der hier in Rede stehende Turboladerdefekt, der
dazu führte, dass das Fahrzeug nicht mehr fahrbereit war und abgeschleppt
werden musste, ist zwar eine dem Kläger nachteilige Abweichung der
sogenannten Istbeschaffenheit von der Sollbeschaffenheit. Dieser Defekt lag
jedoch bei Übergabe des Fahrzeugs am 21. Januar 2003 noch nicht vor. Nach
den Feststellungen des Berufungsgerichts ist er am 19. Juli 2003
eingetreten. Eine Sachmängelhaftung der Beklagten kommt daher insoweit nur
in Betracht, wenn der Turboladerdefekt seinerseits auf eine Ursache
zurückzuführen ist, die eine vertragswidrige Beschaffenheit des Fahrzeugs
darstellt und die bei Gefahrübergang bereits vorhanden war (vgl.
Senatsurteil BGHZ 159, 215, 218).
aa) Das Berufungsgericht ist aufgrund der in erster Instanz erstatteten
Gutachten der Sachverständigen W. und R. davon ausgegangen, dass zwei
Schadensursachen in Betracht zu ziehen seien. Zum einen könne ein
schlagartiger Defekt eines Dichtungsrings innerhalb des Turboladers
eingetreten sein. Zum anderen bestehe die - allerdings wenig wahrscheinliche
- Möglichkeit, dass sich Teile einer unfachmännisch eingebauten
Papierdichtung am Ansaugkrümmer des Motors gelöst hätten und über den
Ölkreislauf in den Turbolader gelangt sein könnten. Welche dieser beiden
möglichen Schadensursachen gegeben sei, bleibe letztlich offen, da der
ausgebaute Turbolader für eine Begutachtung nicht mehr zur Verfügung stehe.
Dies greift die Revision nicht an.
Die Revision rügt vielmehr, das Berufungsgericht habe den Vortrag des
Klägers in der Berufungsbegründung verfahrensfehlerhaft nicht
berücksichtigt, der Defekt am Turbolader könne auch durch die unsachgemäße
Reparatur an der Ölwanne mit Verklebungen "im Zusammenwirken" mit der nicht
fachgerecht eingebauten Papierdichtung am Ansaugkrümmer hervorgerufen worden
sein. Diese Rüge ist nicht berechtigt. Die Revision wendet sich insoweit
nicht gegen die - zutreffende - Auffassung des Berufungsgerichts, die
Voraussetzungen für eine Zulassung des neuen Vorbringens des Klägers nach §
531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO hätten nicht vorgelegen. Sie meint jedoch, der
neue Vortrag des Klägers habe gemäß § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO zugelassen
werden müssen, weil das Landgericht den Kläger entgegen § 139 Abs. 1 Satz 2,
Abs. 2 Satz 1 ZPO nicht darauf hingewiesen habe, dass sich aus dem Gutachten
des Sachverständigen R. ein Mangel des Fahrzeugs in Bezug auf die Ölwanne
ergebe, worauf der Kläger den betreffenden Vortrag bereits in der ersten
Instanz gehalten hätte. Das ist nicht richtig. Bei der materiellen
Prozessleitung nach § 139 ZPO hat das Gericht das Verfügungsrecht der
Parteien über das Streitverhältnis und deren alleinige Befugnis zur
Beibringung des Prozessstoffs zu beachten. Es ist ihm deshalb verwehrt, auf
die Einführung selbständiger, einen gesetzlichen Tatbestand eigenständig
ausfüllender Angriffs- und Verteidigungsmittel in den Prozess hinzuwirken (BGHZ
156, 269, 270 f. m.w.Nachw.). Das Landgericht war daher weder berechtigt
noch verpflichtet, den Kläger auf die Möglichkeit hinzuweisen, dass er sein
Klagebegehren im Hinblick auf die Befunde des Sachverständigen
gegebenenfalls auf das Vorliegen weiterer Sachmängel stützen könne. Danach
kann dahingestellt bleiben, ob das Berufungsgericht nicht auch zu Recht
angenommen hat, der Kläger habe den Zusammenhang zwischen der
Ölwannenreparatur und dem Turboladerschaden nicht substantiiert und
nachvollziehbar dargelegt.
bb) Bleibt es mithin bei den beiden vom Berufungsgericht in Betracht
gezogenen Ursachen für den hier in Rede stehenden Turboladerdefekt, wäre die
Unaufklärbarkeit, welche dieser Ursachen tatsächlich gegeben ist,
unerheblich, wenn beiden möglichen Schadensursachen eine vertragswidrige
Beschaffenheit des Fahrzeugs zugrunde liegen würde und jeweils davon
auszugehen wäre, dass der betreffende Mangel bereits bei Gefahrübergang
bestanden hätte. Das ist indessen nicht der Fall. Hier fehlt es bereits
an ersterem. Zwar stellt eine unfachmännisch eingebaute Papierdichtung am
Ansaugkrümmer des Motors eine vertragswidrige Beschaffenheit dar. Dagegen
muss jedoch der schlagartige Defekt eines Dichtungsrings im Turbolader nicht
notwendigerweise auf einem Mangel beruhen. Das Berufungsgericht hat dies
ausdrücklich offen gelassen. Angesichts des hohen Alters des gebraucht
gekauften Fahrzeugs von rund neun Jahren und seiner großen Laufleistung von
über 190.000 Kilometern liegt insoweit vielmehr ein normaler Verschleiß
nahe, der, sofern wie hier keine besonderen Umstände gegeben sind, nach der
zutreffenden Ansicht des Berufungsgerichts keinen Mangel darstellt (vgl.
zum alten Recht OLG Karlsruhe, NJW-RR 1988, 1138, 1139; zum neuen Recht
OLG Köln, ZGS 2004, 40; KG ZGS 2005, 76;
OLG Celle, NJW 2004, 3566; Reinking/Eggert, Der Autokauf, 9. Aufl.,
Rdnrn. 1228 ff.; MünchKommBGB/Westermann, 4. Aufl. § 434 Rdnr. 58, jew.
m.w.Nachw.; ferner Senatsurteil vom 14. September
2005 - VIII ZR 363/04, zur Veröffentlichung bestimmt, unter B II 2).
b) Der Umstand, dass nicht mehr zu klären ist, ob der Turboladerdefekt
auf einem Mangel beruht, geht zu Lasten des Klägers. Macht der Käufer - wie
hier der Kläger - Rechte nach § 437 BGB geltend, nachdem er die Kaufsache
entgegengenommen hat, trifft ihn die Darlegungs- und Beweislast für die
einen Sachmangel begründenden Tatsachen (Senatsurteil
BGHZ 159, 215, 217 f. m.w.Nachw.). Das folgt
aus § 363 BGB, wonach den Gläubiger, der eine ihm als Erfüllung angebotene
Leistung als Erfüllung angenommen hat, die Beweislast trifft, wenn er die
Leistung deshalb nicht als Erfüllung gelten lassen will, weil sie eine
andere als die geschuldete Leistung oder weil sie unvollständig gewesen sei.
aa) Aus § 476 BGB, der auf den - hier gegebenen - Verbrauchsgüterkauf (§ 474
BGB) Anwendung findet, ergibt sich vorliegend nichts anderes. Nach dieser
Vorschrift wird dann, wenn sich innerhalb von sechs Monaten seit
Gefahrübergang ein Sachmangel zeigt, vermutet, dass die Sache bereits bei
Gefahrübergang mangelhaft war, es sei denn, diese Vermutung ist mit der Art
der Sache oder des Mangels unvereinbar. Nach der Rechtsprechung des Senats
gilt die in § 476 BGB vorgesehene Beweislastumkehr zugunsten des Käufers
nicht für die - hier offene - Frage, ob überhaupt ein Sachmangel vorliegt.
Die Vorschrift setzt vielmehr einen binnen sechs Monaten seit Gefahrübergang
aufgetretenen Sachmangel voraus und enthält eine lediglich in zeitlicher
Hinsicht wirkende Vermutung, dass dieser Mangel bereits im Zeitpunkt des
Gefahrübergangs vorhanden war (BGHZ aaO, 218;
Urteil vom 14. September 2005, aaO, unter B
II 1 b bb (1)).
bb) Aber auch wenn man dieser Meinung nicht folgen und die
Beweislastumkehr des § 476 BGB entgegen dem Wortlaut der Vorschrift und dem
Wortlaut des durch sie umgesetzten (Begründung
in BT-Drucks. 14/6040 S. 245) Art. 5 Abs. 3 der
Verbrauchsgüterkaufrichtlinie (Richtlinie
1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Mai 1999 zu
bestimmten Aspekten des Verbrauchsgüterkaufs und der Garantien für
Verbrauchsgüter, ABl. EG Nr. L 171 S. 12) aus Gründen des
Verbraucherschutzes auf die Ursache eines sich innerhalb von sechs Monaten
seit Gefahrübergang zeigenden Sachmangels erstrecken würde, würde sich hier
letztlich nichts anderes ergeben, weil der Kläger den der Beklagten dann
obliegenden Beweis des Gegenteils fahrlässig vereitelt hat.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs liegt in
Anwendung des Rechtsgedankens aus §§ 427, 441 Abs. 3 Satz 3, 444, 446, 453
Abs. 2, 454 Abs. 1 ZPO und § 242 BGB eine Beweisvereitelung vor, wenn eine
Partei ihrem beweispflichtigen Gegner die Beweisführung schuldhaft erschwert
oder unmöglich macht. Dies kann vorprozessual oder während des Prozesses
durch gezielte oder fahrlässige Handlungen geschehen, mit denen bereits
vorhandene Beweismittel vernichtet oder vorenthalten werden. Das Verschulden
muss sich dabei sowohl auf die Zerstörung oder Entziehung des Beweisobjekts
als auch auf die Beseitigung seiner Beweisfunktion beziehen, also darauf,
die Beweislage des Gegners in einem gegenwärtigen oder künftigen Prozess
nachteilig zu beeinflussen. Als Folge der Beweisvereitelung kommen in
solchen Fällen Beweiserleichterungen in Betracht, die unter Umständen bis
zur Umkehr der Beweislast gehen können (z.B. Urteil vom 9. November 1995
- III ZR 226/94, WM 1996, 208 unter B II 2, insoweit in BGHZ 131, 163 nicht
abgedruckt; Urteil vom 17. Juni 1997 - X ZR 119/94, WM 1998, 204 unter I 4
b; Urteil vom 27. September 2001 - IX ZR 281/00, WM 2001, 2450 unter II 2 a;
Urteil vom 23. September 2003 - XI ZR 380/00, WM 2003, 2325 unter II 1 a,
jew. m.w.Nachw.).
Hier erfüllt das Verhalten des Klägers die Voraussetzungen einer
fahrlässigen Beweisvereitelung. Der Kläger hätte erkennen können und durch
eine entsprechende Anweisung verhindern müssen, dass die von ihm mit dem
Austausch des defekten Turboladers beauftragte Werkstatt diesen nicht
aufbewahrt. Soweit die Revision nach Schluss der Revisionsverhandlung durch
nicht nachgelassenen Schriftsatz geltend macht, der defekte Turbolader habe
gegen Lieferung eines Austauschteils in das Werk des Herstellers geschickt
werden "müssen", handelt es sich um in der Revisionsinstanz nach § 559 ZPO
unzulässigen neuen Tatsachenvortrag, der zudem nicht einsichtig ist. Der
Kläger hätte bedenken müssen, dass der defekte Turbolader in dem von ihm zum
Zeitpunkt des Austausches bereits erwogenen Schadensersatzprozess gegen die
Beklagte als Beweismittel benötigt werden würde und deswegen aufbewahrt
werden musste. In dem Schreiben seines Anwalts vom 13. August 2003, mit dem
er die Beklagte unter Fristsetzung zu einer kostenlosen Reparatur
aufforderte, kündigte der Kläger nämlich bereits an, dass er das Fahrzeug
nach fruchtlosem Fristablauf in einer anderen Werkstatt reparieren lassen,
der Beklagten die dadurch entstehenden Kosten in Rechnung stellen und diesen
Anspruch notfalls gerichtlich geltend machen werde.
Keiner Entscheidung bedarf es, ob die lediglich fahrlässige
Beweisvereitelung des Klägers als Rechtsfolge eine - im Hinblick auf die
hier unterstellte Anwendung des § 476 BGB erneute - Beweislastumkehr
rechtfertigt, die also wieder zur Beweislast des Klägers für die
Verursachung des Turboladerdefekts durch einen Mangel zurückführt. Zumindest
ist der durch die Beweisvereitelung des Klägers am Vollbeweis gehinderten
Beklagten eine Beweiserleichterung in der Form zu gewähren, dass der nach
dem vom Berufungsgericht in Übereinstimmung mit dem Landgericht
festgestellten Ergebnis der Beweisaufnahme wahrscheinlichste
Geschehensablauf als von der Beklagten bewiesen angesehen wird. Das ist die
Verursachung des Turboladerdefekts durch einen schlagartigen Defekt eines
Dichtungsrings innerhalb des Turboladers infolge eines normalen
Verschleißes, der angesichts des hohen Alters und der großen Laufleistung
des Fahrzeugs keinen Mangel darstellt (vgl. oben unter II 1 a).
Nach alledem kann dahingestellt bleiben, ob das Berufungsgericht zu Recht
angenommen hat, dass eine etwaige Beweislastumkehr nach § 476 BGB hier nach
der Art des Mangels ausgeschlossen ist.
2. Zu Recht hat das Berufungsgericht weiter den vom Kläger geltend gemachten
Anspruch aus §§ 437 Nr. 2, 323 Abs. 1, 346 Abs. 1 BGB auf Rückgewähr des
Kaufpreises für das von ihm erworbene Fahrzeug in Höhe von 4.500 € wegen
Rücktritts vom Kaufvertrag verneint. Wie der vorstehend behandelte
Schadensersatzanspruch aus § 437 Nr. 3 BGB setzt der Rücktritt vom
Kaufvertrag nach § 437 Nr. 2 BGB voraus, dass die Kaufsache gemäß § 434 BGB
mangelhaft ist. Davon kann auch im vorliegenden Zusammenhang nicht
ausgegangen werden.
a) Der Motorschaden hat zum Zeitpunkt der Übergabe des Fahrzeugs am 21.
Januar 2003 noch nicht vorgelegen, sondern ist erst lange danach im Dezember
2003 aufgetreten. Eine Sachmängelhaftung der Beklagten kommt daher insoweit
nur in Betracht, wenn der Motorschaden seinerseits auf eine Ursache
zurückzuführen ist, die eine vertragswidrige Beschaffenheit des Fahrzeugs
darstellt und die bereits bei Gefahrübergang vorhanden war (vgl.
Senatsurteil BGHZ 159, 215, 218 und oben
unter II 1 a). Dafür hat der Kläger weder etwas vorgetragen noch den ihm
nach § 363 BGB obliegenden (vgl. BGHZ aaO, 217 f.
sowie oben unter II 1 b) Beweis erbracht. Das gilt auch dann, wenn das
Berufungsgericht, wie die Revision rügt, zu Unrecht gemäß den Ausführungen
des Sachverständigen R. angenommen hätte, dass der Motorschaden nicht auf
einem Mangel des Fahrzeugs, sondern auf einem Überdrehen des Motors infolge
eines Bedienungsfehlers beruht. § 476 BGB hilft dem Kläger insoweit schon
deswegen nicht weiter, weil sich der Motorschaden nicht innerhalb von sechs
Monaten seit Gefahrübergang, sondern erst mehr als zehn Monate danach
gezeigt hat.
b) Die fehlerhaft verbaute Papierdichtung am Ansaugkrümmer stellt zwar einen
Mangel dar. Der Kläger hat jedoch auch insoweit nicht den ihm obliegenden
Beweis erbracht, dass dieser Mangel bereits bei Übergabe des Fahrzeugs
vorgelegen hat. § 476 BGB hilft dem Kläger wiederum nicht weiter, weil sich
die fehlerhaft verbaute Papierdichtung nicht innerhalb von sechs Monaten
nach Übergabe des Fahrzeugs gezeigt hat, sondern erst von dem
Sachverständigen R. bei der Untersuchung des Fahrzeugs am 11. Mai 2004
entdeckt worden ist, wie die Revisionserwiderung zu Recht geltend macht.
Darüber hinaus scheitert ein Rücktritt des Klägers wegen der fehlerhaft
verbauten Papierdichtung auch daran, dass der Kläger der Beklagten insoweit
nicht gemäß §§ 437 Nr. 2, 323 Abs. 1 BGB eine Frist zur Nacherfüllung
gesetzt hat. Dies war entgegen der Ansicht der Revision nicht deswegen nach
§ 323 Abs. 2 Nr. 1 oder § 440 Satz 1 BGB entbehrlich, weil die Beklagte den
Austausch des Turboladers abgelehnt hatte. Darin liegt keine ernsthafte und
endgültige Verweigerung der Reparatur der Papierdichtung, weil davon zum
Zeitpunkt des Turboladerdefekts noch keine Rede war.
c) Soweit sich die Revision für den Rücktritt des Klägers vom Kaufvertrag
erstmals in dem vorliegenden Rechtsstreit auf den Turboladerdefekt beruft,
ist der Rücktritt schon deswegen nicht gerechtfertigt, weil aus den oben
(unter II 1) dargelegten Gründen kein Mangel gegeben ist.
3. Aus den vorgenannten Gründen (unter II 2) steht dem Kläger auch kein
Anspruch aus §§ 437 Nr. 3, 284 BGB auf Ersatz vergeblicher Aufwendungen für
den Einbau einer Anhängerkupplung zu (vgl.
insoweit Senatsurteil vom 20. Juli 2005 - VIII ZR 275/04, zur
Veröffentlichung in BGHZ bestimmt).
4. Zu Recht hat das Berufungsgericht schließlich einen
Schadensersatzanspruch des Klägers aus §§ 281 Abs. 1, 443 Abs. 1 BGB wegen
Nichterfüllung einer Garantie verneint. Ohne Erfolg rügt die Revision, das
Berufungsgericht habe gegen § 286 ZPO verstoßen, weil es den vom Kläger zum
Beweis für die Abgabe einer Garantieerklärung benannten Gesellschafter der
Beklagten nicht vernommen habe. Die Voraussetzungen für eine Vernehmung des
vertretungsberechtigten Gesellschafters als Partei (§§ 445, 448 ZPO) lagen
nicht vor, weil das Berufungsgericht die Behauptung des Klägers, die
Beklagte habe die Mangelfreiheit des verkauften Fahrzeugs "garantiert",
zutreffend und von der Revision unbeanstandet als nicht schlüssig angesehen
hat. |