Reichweite der Beweislastumkehr beim
Verbrauchsgüterkauf (§ 476 BGB); maßgeblicher Zeitpunkt für das Vorliegen
eines Sachmangels: Gefahrübergang vor Übergabe: Abdingbarkeit von § 446 BGB
BGH, Urteil vom 15. Januar 2014 -
VIII ZR 70/13 - OLG Frankfurt/Main
Fundstelle:
NJW 2014, 1086
BGHZ 200, 1
Amtl. Leitsatz:
Zur Beweislastumkehr hinsichtlich eines latenten
Mangels beim Verbrauchsgüterkauf (hier: Vorschädigung der Sehnen eines
Pferdes als Ursache einer akuten Verletzung).
Zentrale Probleme:
Es geht – wieder einmal – um die
Reichweite der Vermutung in § 476 BGB (s. dazu zuletzt BGH v. 11.7.2007 -
VIII ZR 110/06 m.w.N.).
Der BGH erläutert hierbei seine bisherige Rechtsprechung, ohne von ihr
abzuweichen: Nach wiederholt geäußerter Auffassung des BGH begründet nämlich
§ 476 BGB eine nur in zeitlicher Hinsicht wirkende Vermutung. Das bedeutet,
dass wenn innerhalb der Sechsmonatsfrist ein Umstand auftritt, die einen
Sachmangel begründen würde, vermutet wird, dass genau dieser Umstand bereits
bei Gefahrübergang vorlag. Nach Auffassung des BGH wird nach § 476 BGB aber
nicht vermutet, dass einem nachweislich erst nach Gefahrübergang
aufgetretenem Phänomen ein Sachmangel zu Grunde liegt (s. dazu die Anm. zu
BGHZ 159, 215) .
Im vorliegenden Fall konnte deshalb die erst nach Gefahrübergang
aufgetretene Sehnenverletzung des gekauften Pferdes keinen Sachmangel
begründen. Wenn diese aber (nachweisbar) auf einer Vorschädigung des Tieres
beruhte, so wird vermutet, dass diese Vorschädigung bereits bei
Gefahrübergang vorlag. Wenn dann eine solche Vorschädigung einen Sachmangel
darstellen würde (was der Senat bejaht), bestehen Gewährleistungsrechte,
sofern nicht der Verkäufer nachweist, dass die Vorschädigung bei
Gefahrübergang noch nicht vorlag.
Die Entscheidung ist auch in einen Nebenaspekt von
Interesse: Die Gewährleistungshaftung
setzt erst mit Gefahrübergang ein. Auch für das vorliegen eines Sachmangels
kommt es nach § 434 Abs. 1 BGB auf diesen Zeitpunkt an. Den Gefahrübergang
(gemeint ist die Preisgefahr) legt § 446 BGB auf den Zeitpunkt der Übergabe
fest. Der Senat führt aber zutreffend aus, dass diese Vorschrift
dispositiven Charakters ist, das heißt die Parteien können – wie hier – auch
einen früheren Zeitpunkt als maßgeblich vereinbaren. Dies gilt auch beim
Verbrauchsgüterkauf, da § 446 BGB nicht vom Verbot abweichender
Vereinbarungen nach § 475 BGB erfasst wird.
©sl 2014
Tatbestand:
1 Der Beklagte kaufte von der Klägerin
mit Vertrag vom 7. Februar 2007das Dressurpferd "L. " zum Preis von 500.000
€ unter Ausschluss der Gewährleistung. Im Kaufvertrag ist vermerkt, dass die
Ankaufsuntersuchung durch die Tierärzte Dr. F. und Dr. S. zufriedenstellend
erfolgt sei. In § 6 des Kaufvertrags ("Gefahrübergang") ist geregelt:
"Kosten und Gefahr gehen auf den Käufer über, sobald das Pferd dem Käufer
oder dessen Beauftragten übergeben (wird) [...]
Der Verkäufer übergibt hiermit das Pferd dem Käufer."
2 Ebenfalls am 7. Februar 2007 schloss der Beklagte mit der B., die von
derselben Person vertreten wurde wie die Klägerin beim Abschluss des
Kaufvertrags, einen Ausbildungs- und Einstellvertrag, aufgrund dessen das
Pferd weiterhin im Reitstall H. in K. verblieb.
3 Im April 2007 lahmte das Pferd. Der Tierarzt Dr. F. stellte am 13. April
2007 mittels einer Ultraschalluntersuchung einen "frischen isolierten
Faserschaden mit einer akuten Einblutung" im lateralen Fesselträgerast
hinten rechts fest. Am 17. April 2007 diagnostizierte auch der Tierarzt Dr.
S. einen "Fesselträgerschenkelschaden hinten rechts lateral". Nach seinem
Attest vom 22. Dezember 2010 war das Pferd seinerzeit "gering-mittelgradig
lahm und zeigte eine über der betroffenen Fesselträgerregion erhöhte Wärme,
deutliche Umfangsvermehrung des Sehnenschenkels verbunden mit hochgradigem
Druckschmerz". Der Fesselträgerschenkelschaden wurde über mehrere Monate
behandelt und war danach ausgeheilt. Seit 2008 wurde das Pferd auf Turnieren
geritten; Komplikationen in der betreffenden Region traten nicht wieder auf.
4 Die Klägerin hat im Urkundenprozess einen Restkaufpreisanspruch in Höhe
vom 50.000 € nebst Zinsen geltend gemacht. Durch rechtskräftiges
Vorbehaltsurteil des Landgerichts ist der Beklagte antragsgemäß verurteilt
worden. Der Beklagte macht seine Rechte im Nachverfahren geltend. Er
beansprucht, soweit im Revisionsverfahren noch von Interesse,
Minderung des Kaufpreises in Höhe eines die Klageforderung
übersteigenden Betrages wegen des im April 2007 aufgetretenen
Fesselträgerschenkelschadens.
5 Das Landgericht hat das Vorbehaltsurteil - mit Ausnahme eines Teils der
Zinsen - aufrechterhalten. Das Oberlandesgericht hat die Berufung des
Beklagten zurückgewiesen. Dagegen wendet sich der Beklagte mit der vom
Berufungsgericht zugelassenen Revision, mit der er weiterhin Klageabweisung
begehrt.
Entscheidungsgründe:
6 Die Revision hat Erfolg.
I.
7 Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit im
Revisionsverfahren von Interesse, im Wesentlichen ausgeführt:
8 Dem Beklagten stehe gegenüber dem Restkaufanspruch nicht die Einrede der
Minderung des Kaufpreises wegen eines Mangels des Pferdes zu. Einer
Minderung stehe allerdings nicht der vereinbarte Gewährleistungsausschluss
entgegen, denn dieser sei in Bezug auf die Rechte auf Rücktritt und
Minderung nach § 475 Abs. 1 BGB unwirksam, weil es sich bei dem zwischen den
Parteien geschlossenen Kaufvertrag um einen Verbrauchsgüterkauf im Sinne von
§ 474 BGB gehandelt habe. Ein Minderungsanspruch des Beklagten
bestehe jedoch deshalb nicht, weil das verkaufte Pferd bei Gefahrübergang
nicht mangelbehaftet im Sinne des § 434 Abs. 1 BGB gewesen sei.
9 Maßgebend für die Beurteilung der Mangelhaftigkeit des Pferdes sei der
Zeitpunkt des Vertragsschlusses (7. Februar 2007) und nicht erst der
Zeitpunkt der Verbringung des Pferdes zum Beklagten und in die Obhut des von
ihm beauftragten Tierarztes Dr. S. Anfang Mai 2007. Der Gefahrübergang trete
nach § 446 BGB zwar grundsätzlich mit der Übergabe der Kaufsache an den
Käufer ein. Dies erfordere aber nicht notwendig die Einräumung des
unmittelbaren Besitzes. Eine Übergabe könne auch dadurch erfolgen, dass dem
Käufer auf Veranlassung des Verkäufers der mittelbare Besitz an dem
Kaufgegenstand verschafft werde, sofern dies beim Kauf oder später
vereinbart werde. Die Parteien hätten hier durch die in § 6 des Vertrages
abgegebene Erklärung, der Verkäufer übergebe hiermit das Pferd dem Käufer,
in Verbindung mit dem am gleichen Tag vom Beklagten geschlossenen
Ausbildungs- und Einstellvertrag, der in der Folgezeit auch durchgeführt
worden sei, dem Beklagten zumindest konkludent mittelbaren Besitz an dem
Pferd eingeräumt.
10 Die Klägerin treffe nach § 476 BGB die Beweislast dafür, dass der bei den
tierärztlichen Untersuchungen am 13. und 17. April 2007 offenbar gewordene
Fesselträgerschenkelschaden am 7. Februar 2007 noch nicht vorgelegen habe.
Sie habe diesen Beweis geführt. Nach den überzeugenden Ausführungen des
Sachverständigen habe dieser Befund mit an Sicherheit grenzender
Wahrscheinlichkeit am 7. Februar 2007 noch nicht vorgelegen, weil die damit
verbundene Lahmheit des Pferdes auch für Laien erkennbar gewesen wäre.
11 Allerdings habe der Sachverständige ausgeführt, dass der Fesselträger wie
auch die Fesselträgerschenkel sowohl durch ein akutes Trauma bei einem
Unfall oder einer Überdehnung geschädigt werden könnten als auch - besonders
bei Sportpferden - durch eine chronische Überbeanspruchung und allmähliche
Schädigung der dortigen Sehnenfasern. Es sei nach den Befunden durchaus
möglich, sogar wahrscheinlich, dass der äußere Fesselträgerschenkel des
Pferdes bereits länger, zumindest subklinisch oder inapparent, geschädigt
gewesen sei, ehe es zu der akuten Symptomatik gekommen sei. Der
Sachverständige habe jedoch keine Feststellung dazu treffen können, dass
dieser Zustand bereits bei Übergabe am 7. Februar 2007 vorhanden gewesen
sei. Er habe ausgeführt, dass eine sichere Rückdatierung der eventuellen
chronischen Veränderung des Fesselträgerschenkels nicht möglich sei.
12 In dieser Situation, dass eine chronische Vorschädigung zum
Übergabezeitpunkt zwar möglich oder sogar wahrscheinlich, aber nicht sicher
feststellbar sei, greife zugunsten des Beklagten nicht die Vermutung des §
476 BGB ein. Die Vermutung beziehe sich ausschließlich auf den konkreten
Mangel, der sich innerhalb der Sechsmonatsfrist gezeigt habe. Das sei hier
die im April 2007 aufgetretene Lahmheit durch Läsion am Fesselträger. Die
Vermutung beziehe sich nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht
auch darauf, dass die Mangelursache, auf der der aufgetretene Mangel beruhe,
schon bei Gefahrübergang vorhanden gewesen sei. Wenn die Ursache des Mangels
ihrerseits eine vertragswidrige Beschaffenheit darstelle, müsse deshalb
festgestellt werden können, dass diese bei Gefahrübergang schon vorgelegen
habe.
13 Der Beklagte habe nicht beweisen können, dass die Verletzung des Pferdes
auf einer schon bei Gefahrübergang vorhandenen Vorschädigung beruht habe.
Über die Behauptung, der Fesselträgerschenkelschaden sei im Februar 2007 "im
Sinne einer morphologisch irreversiblen Veränderung" schon latent vorhanden
gewesen, sei kein weiterer Beweis zu erheben. Dies gelte zunächst für die
vom Beklagten angebotene Vernehmung des Zeugen Dr. S. für die Behauptung,
dass es sich bei dem Fesselträgerschaden um ein altes Geschehnis handele.
Der Zeuge habe solche Tatsachen in seinem Attest vom 22. Dezember 2010 nicht
bekundet. Konkrete über dieses Attest hinausgehende Kenntnisse und
Feststellungen des Zeugen habe der Beklagte nicht behauptet. Ebenso wenig
sei über die - nach wechselndem Vortrag - zuletzt aufgestellte Behauptung
Beweis zu erheben, die Betreuerin H. habe das Training mit der Tochter des
Beklagten nach dem 7. Februar 2007 drei- bis viermal abgesagt, weil das
Pferd "etwas am Huf habe".
II.
14 Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung nicht in jeder Hinsicht
stand. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann ein
Minderungsrecht des Beklagten nach dem revisionsrechtlich zugrunde zu
legenden Sachvortrag des Beklagten nicht verneint werden.
15 1. Ohne Erfolg beanstandet die Revision allerdings die Ausführungen des
Berufungsgerichts zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs (§ 446 BGB).
Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht aus der Bestimmung über den
Gefahrübergang in § 6 des Kaufvertrags hergeleitet, dass die Gefahr mit
Abschluss des Kaufvertrags am 7. Februar 2007 auf den Beklagten übergegangen
ist und nicht erst, wie die Revision meint, Ende April/Anfang Mai 2007, als
das Pferd in die Klinik des Tierarztes Dr. S. gebracht wurde.
16 Aus der Vereinbarung über den Gefahrübergang in § 6 des Vertrages ergibt
sich bereits unmittelbar, dass die Übergabe gemäß § 6 Abs. 2 "hiermit" -das
heißt mit Abschluss des Kaufvertrages - erfolgt ist und damit nach § 6 Abs.
1 die Gefahr übergegangen ist. Gegen eine solche Vereinbarung, die
Gefahr mit Vertragsschluss übergehen zu lassen, bestehen keine Bedenken.
Denn die Vorschrift des § 446 BGB ist abdingbar; dies gilt auch für den
Verbrauchsgüterkauf (§ 475 BGB; OLG Celle, NJW-RR 2011, 132 f.;
Schmidt in Prütting/ Wegen/Weinrich, BGB, 8. Aufl., § 446 Rn. 5;
MünchKommBGB/ Westermann, 6. Aufl., § 446 Rn. 14; Faust in Bamberger/Roth,
BGB, 3. Aufl., § 446 Rn. 24).
17 2. Auch die Feststellung des Berufungsgerichts, dass der im April 2007
aufgetretene Fesselträgerschenkelschaden bei Gefahrübergang am 7. Februar
2007 in seiner akuten Ausprägung noch nicht vorgelegen hatte, ist nicht zu
beanstanden. Zwar wird bei dem hier vorliegenden Verbrauchsgüterkauf
nach § 476 BGB vermutet, dass dieser Mangel, der sich innerhalb von sechs
Monaten nach Gefahrübergang gezeigt hat, bereits bei Gefahrübergang
vorhanden war. Der Klägerin ist es jedoch nach der rechtsfehlerfreien
Beweiswürdigung des Berufungsgerichts gelungen, die insoweit gegen sie
sprechende Vermutung zu widerlegen. Dagegen bringt die Revision
nichts vor.
18 3. Mit Recht beanstandet die Revision jedoch die Annahme des
Berufungsgerichts, dass die Vermutung des § 476 BGB nicht zum Zuge komme,
wenn der im April 2007 festgestellte akute Fesselträgerschenkelschaden auf
einer zu diesem Zeitpunkt bereits vorhandenen Vorschädigung des
Fesselträgerschenkels beruhte, die ihrerseits eine vertragswidrige
Beschaffenheit des Pferdes darstellt. Das Berufungsgericht hat
verkannt, dass die Beweislastumkehr des § 476 BGB bezüglich des vom
Sachverständigen näher beschriebenen "Vorschädigungsmusters" zu Gunsten des
Beklagten eingreift, sofern der Beklagte beweist, dass eine solche -
vertragswidrige - Vorschädigung im April 2007 vorlag und für den Eintritt
der akuten Verletzung zu diesem Zeitpunkt mitursächlich war.
19 a) Das Berufungsgericht meint unter Berufung auf das
Senatsurteil vom 23. November 2005 (VIII ZR 43/05,
NJW 2006, 434 Rn. 19 ff.), dass die Vermutung des § 476 BGB nicht
eingreife, wenn die Ursache eines innerhalb von sechs Monaten nach
Gefahrübergang aufgetretenen Mangels ihrerseits eine vertragswidrige
Beschaffenheit darstelle; deshalb müsse der Käufer beweisen, dass diese
Ursache schon bei Gefahrübergang vorgelegen habe. Das trifft nicht zu und
ergibt sich entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts auch nicht aus dem
genannten Senatsurteil.
20 Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats muss der Käufer beim
Verbrauchsgüterkauf beweisen, dass binnen sechs Monaten seit Gefahrübergang
ein Sachmangel aufgetreten ist; gelingt ihm der Beweis, greift die Vermutung
des § 476 BGB ein, dass dieser Mangel im Zeitpunkt des Gefahrübergangs
bereits vorlag (vgl. Senatsurteile vom
2. Juni 2004 - VIII ZR 329/03, BGHZ 159, 215, 217 f.; vom
23. November 2005 - VIII ZR 43/05, aaO Rn. 21;
vom 29. März 2006 - VIII ZR 173/05, BGHZ 167, 40
Rn. 21). Diese Vermutung kann der Verkäufer widerlegen. Dies ist der
Klägerin nach den rechtsfehlerfreien Feststellungen des Berufungsgerichts
hinsichtlich des im April 2007 akut aufgetretenen
Fesselträgerschenkelschadens gelungen.
21 Beruft sich der Käufer - wie hier der Beklagte - in einem solchen
Fall darauf, dass der nach Gefahrübergang sichtbar gewordene - akute -
Mangel auf einer Ursache beruhe, die ihrerseits einen vertragswidrigen
Zustand darstelle, so muss er dies beweisen. Denn die in § 476 BGB
vorgesehene Beweislastumkehr zugunsten des Käufers gilt nicht dafür, dass
der sichtbar gewordene Sachmangel auf einer Ursache beruht, die ihrerseits
eine vertragswidrige Beschaffenheit darstellt; ob hinsichtlich einer
solchen Ursache ein Sachmangel vorliegt, hat vielmehr der Käufer darzulegen
und zu beweisen (Senatsurteil vom 29.
März 2006 - VIII ZR 173/05, aaO Rn. 35 mwN). Beweist der Käufer,
dass der sichtbar gewordene Mangel auf einem - latenten - Mangel beruht, so
greift zu Gunsten des Käufers auch insoweit die Vermutung des § 476 BGB ein,
dass dieser - latente - Mangel bereits bei Gefahrübergang bestand
(vgl. Senatsurteil vom 23. November 2005 - VIII ZR
43/05, aaO Rn. 19).
22 Wenn dagegen mehrere Ursachen für den akut aufgetretenen Mangel
in Betracht kommen, von denen die eine eine vertragswidrige Beschaffenheit
begründet, die andere dagegen nicht, und nicht aufklärbar ist, worauf der
aufgetretene Mangel beruht, so geht dies zu Lasten des Käufers (Senatsurteil
vom 23. November 2005 - VIII ZR 43/05, aaO Rn. 20). Nur wenn beide
möglichen Ursachen eine vertragswidrige Beschaffenheit darstellen würden,
wäre jeweils davon auszugehen, dass der betreffende Mangel bereits bei
Gefahrübergang bestanden hätte, und käme es deshalb auf eine
Unaufklärbarkeit, worauf der sichtbar gewordene Mangel beruhte, nicht an (Senatsurteil
vom 23. November 2005 - VIII ZR 43/05, aaO Rn. 19).
23 b) Danach obliegt dem Beklagten der Beweis für seine Behauptung, dass für
den im April 2007 aufgetretenen, akuten Fesselträgerschenkelschaden eine zu
diesem Zeitpunkt bereits vorhandene Vorschädigung des Fesselträgerschenkels
ursächlich war, die ihrerseits einen vertragswidrigen Zustand und damit
einen (latenten) Mangel darstellte. Kann der Beklagte diesen Beweis
erbringen, so ist entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts zu Gunsten
des Beklagten gemäß § 476 BGB zu vermuten, dass der latente Mangel - die
vertragswidrige Vorschädigung des Fesselträgerschenkels - bereits bei
Gefahrübergang vorhanden war (Senatsbeschluss vom 5. Februar 2008 -
VIII ZR 94/07, RdL 2009, 118 Rn. 3 f.).
24 aa) Nach den Ausführungen des Sachverständigen, die das Berufungsgericht
seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat, kann eine Fesselträgerverletzung
wie die vorliegende durch ein akutes Unfallgeschehen hervorgerufen werden,
indem das Pferd etwa in ein Loch im Boden tritt. Häufiger ist jedoch bei
Sportpferden eine chronische Überbeanspruchung mit allmählicher Schädigung
der Sehnenfasern mit der Folge, dass das Sehnengewebe irgendwann so
geschwächt ist, dass schon bei verhältnismäßig normaler Belastung eine
Verletzung entstehen kann, wie sie im April 2007 aufgetreten ist.
25 bb) Ein solches Vorschädigungsmuster, wie es der Sachverständige
beschrieben hat, das schon bei verhältnismäßig normaler Belastung mit
ständiger Verletzungsgefahr einhergeht, stellt, wie das Berufungsgericht
zutreffend angenommen hat, einen Sachmangel dar. Das
Berufungsgericht hat aber - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - keine
Feststellung dazu getroffen, ob der Fesselträger des Pferdes im April 2007
tatsächlich bereits in einer solchen Weise vorgeschädigt war, die einen
Mangel begründete. Es hat dies aufgrund der Ausführungen des
Sachverständigen zwar für möglich und auch wahrscheinlich gehalten, jedoch
nicht festgestellt, dass dies bewiesen wäre.
26 Revisionsrechtlich ist deshalb zu Gunsten des Beklagten zu unterstellen,
dass eine entsprechende Vorschädigung im April 2007 bereits vorlag und
ursächlich für den akuten Fesselträgerschaden war, nicht dagegen ein
traumatisches Unfallgeschehen, das ebenfalls - auch ohne Vorschädigung des
Fesselträgerschenkels - zu einem derartigen Fesselträgerschenkelschaden
führen kann. Auf dieser Grundlage greift die Vermutung des § 476 BGB
entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts zu Gunsten des Beklagten ein.
III.
27 Da die Revision begründet ist, ist das Berufungsurteil aufzuheben (§ 562
Abs. 1 ZPO). Die nicht entscheidungsreife Sache ist an das Berufungsgericht
zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 und 3 ZPO), damit das Berufungsgericht die
erforderlichen Feststellungen dazu treffen kann, ob die revisionsrechtlich
unterstellten tatsächlichen Voraussetzungen für das Eingreifen der Vermutung
des § 476 BGB bewiesen sind. Der Beklagte muss danach seine Behauptung
beweisen, dass eine vertragswidrige Vorschädigung im April 2007 bereits
vorlag und ursächlich für den akuten Fesselträgerschaden war. Eine solche
Beweisführung ist nach den Ausführungen des Sachverständigen zwar schwierig,
weil eine eventuelle Vorschädigung durch die akute Verletzung überdeckt
wird, aber nicht ausgeschlossen. Der Sachverständige hat sich dazu nicht
abschließend geäußert, weil ihm die im April 2007 angefertigten
Ultraschallbilder des Dr. F. nicht vorlagen. Das Berufungsgericht wird dem
Vorbringen in der Revisionserwiderung nachzugehen haben, demzufolge die
Ultraschallbilder des Dr. F. - entgegen der Annahme des Berufungsgerichts -
bis zum Verhandlungstermin und damit innerhalb der vom Berufungsgericht mit
Schreiben vom 25. Januar 2013 gesetzten Frist beim Sachverständigen
eingegangen seien, so dass die vom Berufungsgericht mit Schreiben vom 19.
Dezember 2012 angeordnete ergänzende Stellungnahme des Sachverständigen
unter Berücksichtigung dieser Bilder durchaus möglich sei und noch ausstehe.
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