Erstreckung eine Bürgschaft auf Bereicherungsansprüche im Falle der Nichtigkeit eines Darlehns 

BGH, Urteil v. 21.11.1991 - IX ZR 60/91

Amtlicher Leitsatz:

Umfaßt eine Formularbürgschaft neben Ansprüchen aus einem Darlehensvertrag ausdrücklich mit diesem Vertrag in Zusammenhang stehende Bereicherungsansprüche, so ist dies auch dann nicht ohne weiteres überraschend i. S. von § 3 AGB-Gesetz, wenn der Darlehensvertrag wegen überhöhter Zinsforderungen nach § 138 I BGB nichtig ist.  



Fundstellen:

NJW 1992, 1234
LM H. 5/1992 § 3 AGBG Nr. 34
MDR 1992, 866
BB 1992, 167
DB 1992, 731
WM 1992, 135
ZIP 1992, 168



Zentrales Problem:

Vgl. Anm. zu BGH NJW 1987, 2076 sowie zu BGH v. 12.12.2006 - XI ZR 20/06



Zum Sachverhalt:

Aufgrund Antrags vom 10. 12. 1975 gewährte die W-Bank dem Ehemann der Kl. einen Barkredit über 5000 DM netto. Der Gesamtkredit von 6785 DM - abzüglich der Prämie für die Restschuldversicherung von 225 DM - war ab 1. 1. 1976 in 24 Monatsraten von einmal 74 DM und 23 mal 282 DM zurückzuzahlen. Am 21. 9. 1977 unterzeichnete die Kl. eine formularmäßige "Bürgschaftserklärung einschließlich Lohn-/Gehaltsabtretung", mit der sie für alle Ansprüche, die die W gegen den Ehemann der Kl. "aus dem Darlehnsvertrag vom 10. 12. 1975 über 6785 DM oder im Zusammenhang mit diesem Vertrage, etwa aus Rücktritt, Wandlung, Anfechtung, Bereicherung oder aus sonstigen Gründen hat, oder noch erwerben wird, zuzüglich Zinsen, Gebühren und Kosten aller Art, einschließlich der Kosten der Rechtsverfolgung gegen den Hauptschuldner ... zu Gunsten der W-Bank die selbstschuldnerische, auf eine bestimmte Zeit nicht beschränkte Bürgschaft" übernahm. Zugleich trat sie "zur Sicherung des verbürgten Darlehns/der Bürgschaft einschließlich aller Nebenkosten" den pfändbaren Teil ihrer gegenwärtigen und zukünftigen Lohn- und Gehaltsforderungen oder sonstigen Bezüge "für die Dauer der Darlehnsrückzahlung/Bürgschaft" an die W ab. Am 23. 8. 1979 erwirkte diese gegen die Kl. einen Vollstreckungsbescheid. Vollstreckungen daraus erfolgten nicht. Nachdem die Bekl. die Forderungen der W von deren Rechtsnachfolgerin - der P-Bank - übernommen hatte, legte sie die Abtretung der Lohnforderungen mit Schreiben vom 30. 3. 1987 gegenüber der Arbeitgeberin der Kl. offen. Von April 1987 bis Mai 1989 wurden von dem Lohn der Kl. insgesamt 8624 DM an die Bekl. abgeführt. Am 7. 9. 1989 übergab diese der Kl. den Vollstreckungsbescheid und verzichtete auf Ansprüche daraus. Die Kl. hält Darlehen, Bürgschaft und Lohnabtretung für unwirksam. Mit der Klage hat sie Erstattung der an die Bekl. ausgezahlten Lohnteile beantragt. LG und OLG haben dem Begehren entsprochen. Mit der zugelassenen Revision verfolgt die Bekl. ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Aus den Gründen:

I. Das BerGer. meint, der Klageantrag sei aus ungerechtfertigter Bereicherung (§ 812 BGB) begründet. Gegenansprüche aus Bürgschaft stünden der Bekl. nicht zu. Auf den Vollstreckungsbescheid könne die Bekl. sich nicht berufen. Dieser sei im Streitfall ohne Bedeutung, weil die Arbeitgeberin der Kl. die Lohnzahlungen nicht auf den Vollstreckungsbescheid hin geleistet habe. Im übrigen sei der Vollstreckungsbescheid wegen Sittenwidrigkeit der durch die Bürgschaft gesicherten Kreditansprüche objektiv unrichtig. Das habe die W gewußt. Darauf, daß der Titel für die Durchsetzung einer Rückzahlung des Darlehenskapitals hätte dienen können, könne die Kl. sich nicht berufen, weil sie nach dem Verzicht auf die Rechte aus dem Vollstreckungsbescheid daraus nicht mehr vollstrecken könne. Einen Bereicherungsanspruch der W auf Rückzahlung des Darlehenskapitals habe die Bürgschaft ungeachtet des Formulartextes nicht gesichert. Bei nichtigem Kreditvertrag wäre die Bürgschaft ohne die formularmäßige Erstreckung u. a. auf Bereicherungsansprüche gegenstandslos und unwirksam gewesen. In der Erweiterung der Bürgschaft auf Ansprüche im Zusammenhang mit dem Darlehensvertrag liege das unzulässige Bestreben, das gesetzliche Akzessorietätsprinzip mit Hilfe von AGB außer Kraft zu setzen und eine Garantiehaftung zu begründen. Gegenstand der Bürgschaft hätten die Forderungen aus dem genau bezeichneten, formularmäßig hervorgehobenen Darlehensvertrag mit dem Ehemann der Kl. sein sollen. Der "Oder"-Klausel der Bürgschaftserklärung sei auch deshalb keine Bedeutung beizumessen, weil sie nach § 3 AGB-Gesetz nicht Vertragsgegenstand geworden sei. Wer sich für eine höhenmäßig genau bezeichnete Schuld aus einem Bankkredit verbürge, müsse nicht ohne weiteres davon ausgehen, daß er auch für andere Ansprüche - insbesondere für die Bereicherungsschuld aus einem Wucherkredit - haften solle, selbst wenn diese geringer sei als diejenige aus dem Vertrag. Daß die Bürgschaftsansprüche schon im ersten Satz der formularmäßigen Erklärung enthalten seien, hindere ihre Einordnung als Überraschungsklausel nicht. Durch die vorhergehende Hervorhebung der Darlehensschuld und die insgesamt in Fettdruck gehaltene nachfolgende Abtretungsklausel sei der Unterzeichner von dem dazwischenliegenden, ohnehin wegen der Fülle der darin zusammengestellten Ansprüche und Verpflichtungen unübersichtlichen Text abgelenkt worden.
II. Die Erwägungen des BerGer. halten der rechtlichen Überprüfung nicht stand.
1. Der Kl. steht zwar ein Anspruch auf Erstattung des an die Bekl. abgeführten Lohns aus § 816 II BGB zu. Die Arbeitgeberin der Kl. hat mit den Zahlungen an die Bekl. Leistungen an einen Nichtberechtigten bewirkt. Die im Bürgschaftsvertrag enthaltene Abtretungsklausel ist nach § 9 I AGB-Gesetz unwirksam. Sie stellt nicht klar, unter welchen Voraussetzungen die Bekl. berechtigt sein sollte, die Abtretung dem Drittschuldner offenzulegen und Zahlungen an sich zu verlangen. Ferner erfaßt die Abtretung die gesamten pfändbaren Lohn- und Gehaltsansprüche oder sonstige Bezüge ohne betragsmäßige Begrenzung und ohne eine geeignete Freigabeklausel. Sie stellt deshalb eine die Kl. unangemessen benachteiligende (Über-) Sicherung der Bekl. dar, der die Wirksamkeit zu versagen ist (vgl. BGHZ 108, 98 (104, 106 ff.) = NJW 1989, 2383 = LM § 164 BGB Nr. 64; Ulmer-Brandner-Hensen, AGB-Gesetz, 6. Aufl., Anh. §§ 9-11 Rdnr. 753). Die Zahlungen der Arbeitgeberin waren der Kl. gegenüber nach § 409 I 2 BGB wirksam. Die Bekl. ist deshalb gehalten, der Kl. die Beträge herauszugeben.
2. Die Bekl. hat aber möglicherweise mit einer Gegenforderung aus Bürgschaft wirksam aufgerechnet.
a) Das setzt zunächst voraus, daß die Bekl. Inhaberin einer Bürgschaftsforderung gegen die Kl. geworden ist. Dafür genügt grundsätzlich nicht, daß ihr die Ansprüche aus der Bürgschaft von der Rechtsnachfolgerin der W - der P-Bank - abgetreten wurden. Erforderlich ist vielmehr auch, daß sowohl die P-Bank als auch die Bekl. Inhaber der Ansprüche gegen den Ehemann der Kl. geworden sind, für welche diese die Bürgschaft übernommen hat. Eine isolierte Abtretung der Rechte aus der Bürgschaft ohne eine Abtretung der Hauptforderung ist nicht möglich; in diesem Fall verbleiben die Gläubigerrechte aus der Bürgschaft dem Gläubiger der Hauptforderung (vgl. BGH, NJW 1991, 3025 = WM 1991, 1869 (1870)). Die Parteien haben sich zu dieser Frage - abgesehen von einem Hinweis der Bekl. in ihrem Schriftsatz vom 29. 11. 1990, wonach eine "Abtretung der Ansprüche der P-Bank aus Darlehen und Vollstreckungsbescheid erfolgte" - bislang nicht hinreichend deutlich geäußert. Im folgenden wird unterstellt, daß die Bekl. auch Gläubigerin der Hauptforderung ist.
b) Dann ergibt sich eine zur Aufrechnung geeignete Gegenforderung der Bekl. aus dem Vollstreckungsbescheid. Freilich haben die Parteien diesen nicht zu den Akten gereicht, seinen Inhalt nicht näher vorgetragen und insbesondere die Höhe des titulierten Anspruchs nicht angegeben. Geht man davon aus, daß - was naheliegt - der Vollstreckungsbescheid über Forderungen aus Bürgschaft für Ansprüche der Bekl. aus dem Darlehensvertrag ergangen ist, so steht in Höhe des titulierten Betrages rechtskräftig fest, daß der Bekl. gegen die Kl. Ansprüche aus Bürgschaft für Forderungen aus dem Darlehensvertrag zustehen. Daran ändert nichts, daß die Bekl. den Vollstreckungsbescheid der Kl. ausgehändigt und auf Ansprüche daraus verzichtet hat. Mangels anderweitiger Anhaltspunkte ist davon auszugehen, daß der Verzicht sich nur auf eine Vollstreckung aus dem Titel bezieht, nicht aber auf in ihm festgestellte materielle Ansprüche. Etwas anderes hat auch das BerGer. nicht festgestellt. Der in dem Vollstreckungsbescheid titulierte Anspruch ist jedoch nur insoweit zur Aufrechnung gegen die Klageforderung geeignet, als der Bekl. gegen die Kl. Forderungen aus Bürgschaft für Bereicherungsansprüche der Bekl. gegen den Ehemann der Kl. zustehen. Sollten die titulierten Ansprüche der Höhe nach hinter solchen Forderungen zurückbleiben, kann die Bekl. den zur Aufrechnung gestellten Gegenanspruch in Höhe der Differenz unmittelbar aus dem Bürgschaftsvertrag herleiten.
aa) Zwischen den Parteien ist unstreitig, daß der (nach der Uniformmethode berechnete) vertragliche Effektivzins von 29,95 % den damals üblichen Marktzins von 9,52 % absolut um 20,43 % und relativ um 214,6 % überstieg. Daraus hat das BerGer. ohne Rechtsverstoß gefolgert, daß der Darlehensvertrag wegen Verstoßes gegen die guten Sitten nach § 138 I BGB nichtig sei (vgl. BGHZ 104, 102 (104 ff.) = NJW 1988, 1659 = LM § 138 (Bc) BGB Nr. 55; BGHZ 110, 336 (338 ff.) = NJW 1990, 1595 = LM § 138 (Bc) BGB Nr. 62; BGHZ 112, 54 (56) = NJW 1991, 30 = LM § 607 BGB Nr. 124; BGH, NJW 1990, 1597 = LM § 138 (Bc) BGB Nr. 61 = WM 1990, 534 f.). Auch die Revision geht davon aus. Das BerGer. hat ferner angenommen, daß einer Vollstreckung aus dem Vollstreckungsbescheid grundsätzlich § 826 BGB entgegen gestanden habe, weil zur Zeit der Erwirkung des Vollstreckungsbescheids im August 1979 die höchstrichterliche Rechtsprechung zur Nichtigkeit von Ratenkrediten (vgl. insbesondere BGH, NJW 1979, 805 = LM § 138 (Bc) BGB Nr. 18 = WM 1979, 225; NJW 1979, 808 = LM § 138 (Bc) BGB Nr. 19 = WM 1979, 270) bereits soweit fortgeschritten gewesen sei, daß sich der Bank bei einer Gesamtwürdigung die Einsicht habe aufdrängen müssen, eine gerichtliche Schlüssigkeitsprüfung im Klageverfahren müsse zu einer Anwendung des § 138 I BGB auf den Darlehensvertrag führen und daher auch die Bürgschaft insoweit gegenstandslos machen. Auch dies ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden (vgl. BGHZ 101, 380 (388 f.) = NJW 1987, 3256 = LM § 700 ZPO Nr. 5; BGHZ 112, 54 (56 f.) = NJW 1991, 30 = LM § 607 BGB Nr. 124; BGH, NJW-RR 1990, 434 = WM 1990, 421 (422)) und wird von der Revision nicht angegriffen. Dann ist es der Bekl. verwehrt, die titulierte Forderung im Umfang der Sittenwidrigkeit einer Vollstreckung zur Aufrechnung gegen die Klageforderung zu verwenden. Auch darin läge eine sittenwidrige Schädigung der Kl. i. S. von § 826 BGB, die diese nicht hinzunehmen braucht.
bb) Allerdings hindert § 826 BGB die Durchsetzung eines rechtskräftigen Vollstreckungsbescheids über Ansprüche aus einem nichtigen Ratenkreditvertrag nur insoweit, als dem Titelinhaber nicht Bereicherungsansprüche auf Rückzahlung des Darlehensnettokapitals und der halben Restschuldversicherungsprämie sowie Ansprüche auf Ersatz eines insoweit entstandenen Verzugsschadens zustehen (vgl. BGH, NJW-RR 1989, 622 = LM § 826 (Fa) BGB Nr. 33 = WM 1989, 170 (172)). Für den Streitfall bedeutet dies, daß die Bekl. mit dem titulierten Anspruch aufrechnen kann, soweit sie derartige Bereicherungs- und daraus abzuleitende Schadensersatzansprüche aus Verzug gegen den Ehemann der Kl. hat und wenn deren Bürgschaft solche Ansprüche mit umfaßt. Auch Ansprüche aus Verzug der Kl. mit der Erfüllung ihrer Bürgenschuld können zu berücksichtigen sein. Die Kl. hat sich wirksam für Bereicherungsansprüche der Bekl. gegen den Ehemann der Kl. verbürgt. Der anderen Meinung des BerGer. ist nicht zu folgen. Das Bürgschaftsformular ist - wie der Ausstellungsort der Bürgschaftsurkunde in F. und der Umstand zeigen, daß die W ihren Sitz in O. hatte - über den Bezirk des BerGer. (Schleswig-Holstein) hinaus verbreitet. Der BGH kann deshalb die vorformulierten Vertragsbestimmungen frei auslegen (vgl. BGHZ 105, 24 (27) = NJW 1988, 2536 = LM § 9 (Bf) AGBG Nr. 14). Der Wortlaut des Vertrages läßt keinen Zweifel daran zu, daß die Bürgschaft sich auch auf solche Bereicherungsansprüche der Gläubigerin gegen den Ehemann der Kl. erstreckt, die im Zusammenhang mit dem Darlehensvertrag stehen. Dies trifft für Ansprüche gegen den Ehemann auf Rückzahlung der Darlehensvaluta und gegebenenfalls der halben Restschuldversicherungsprämie aus § 812 BGB wegen Nichtigkeit des Darlehensvertrages und eventuelle Schadensersatzansprüche wegen Verzuges mit der Erfüllung solcher Ansprüche zu. Eine überraschende Klausel i. S. von § 3 AGB-Gesetz ist darin, daß die Bürgschaft über Ansprüche aus dem Darlehensvertrag hinaus auf alle Ansprüche der W gegen den Ehemann der Bekl. "im Zusammenhang mit" dem Darlehensvertrag, "etwa aus ... Bereicherung" ausgedehnt wurde, nicht zu sehen. Eine Bestimmung in AGB unterfällt § 3 AGB-Gesetz, wenn ihr ein Überrumpelungseffekt innewohnt. Sie muß eine Regelung enthalten, die von den Erwartungen des Vertragspartners deutlich abweicht und mit der dieser den Umständen nach vernünftigerweise nicht zu rechnen braucht. Diese Erwartungen werden von allgemeinen und besonderen Begleitumständen des Vertragsschlusses bestimmt. Zu den erstgenannten zählen etwa der Grad der Abweichung vom dispositiven Gesetzesrecht und die für den Geschäftskreis übliche Gestaltung, zu den letztgenannten der Gang und der Inhalt der Vertragsverhandlungen und der äußere Zuschnitt des Vertrages (vgl. BGHZ 101, 152 (158 f.) = NJW 1987, 2370 = LM § 826 (Gd) BGB Nr. 42; BGH, NJW 1989, 2255 = LM § 3 AGBG Nr. 27 = WM 1989, 1469 (1470); NJW 1990, 576 = LM § 3 AGBG Nr. 29 = WM 1989, 1926 (1928)). Im Streitfall liegt eine Abweichung vom dispositiven Gesetzesrecht nicht vor. Die Übernahme einer Bürgschaft für mehrere Ansprüche des Gläubigers gegen einen Schuldner unterliegt freier Vereinbarung. Es ist auch nicht ersichtlich, daß die Erstreckung der Bürgschaft auf Bereicherungsansprüche im Zusammenhang mit einer Darlehenshingabe der Kreditpraxis widerspräche. Wer sich für Ansprüche aus einem Darlehensvertrag verbürgt, muß im allgemeinen damit rechnen, daß der Gläubiger für den Fall einer Unwirksamkeit des Vertrages - aus welchen Gründen auch immer - wenigstens für dann gegebene Ansprüche, insbesondere auf Erstattung der Darlehensvaluta, aus ungerechtfertigter Bereicherung gesichert sein will. Für die Annahme, die Kl. habe aus Gang und Inhalt der Vertragsverhandlungen entnehmen können, die Bürgschaft erfasse derartige Bereicherungsansprüche nicht, fehlt jeder Anhalt. Auch das äußere Erscheinungsbild des Bürgschaftsvertrages legte dies nicht nahe. Allein der etwas fettere Druck des Wortes "Darlehnsvertrag" und die in gleichfettem Druck gehaltene Abtretungsklausel lenkten den Blick des Bürgen nicht derart von der dazwischenliegenden Erstreckung der Bürgschaft auf Ansprüche "im Zusammenhang mit diesem Vertrage, etwa aus ... Bereicherung ..." ab, daß er dadurch bewogen wurde, der Erweiterung der Bürgschaft über Ansprüche aus dem Darlehensvertrag hinaus keine Beachtung zu schenken. Die Regelung findet sich an sachlich zutreffender Stelle im ersten Satz der Bürgschaftserklärung in unmittelbarem Anschluß an die Ansprüche aus dem Darlehensvertrag. Die Größe der Schrifttype entspricht im wesentlichen derjenigen der im Druck hervorgehobenen Passagen. Die mühelos lesbare Klausel muß daher einem durchschnittlich aufmerksamen Bürgen ins Auge fallen, sofern er - was von ihm zu erwarten ist - den Text seiner Bürgschaftserklärung zumindest überfliegt, bevor er sie unterschreibt (vgl. BGH, NJW 1987, 3126 = WM 1987, 924 (925)). Darin, daß sie außer dem pauschalen Hinweis auf alle Ansprüche "im Zusammenhang mit diesem Vertrage" eine nähere, nach verbreiteter Ansicht notwendige (vgl. OLG Hamm, NJW 1987, 2521 (2522); Wolf-Horn-Lindacher, AGB-Gesetz, 2. Aufl., § 9 Rdnr. B 12) Spezifizierung solcher Ansprüche enthält, ist ein Überraschungsmerkmal ebenfalls nicht zu sehen, auch wenn dadurch der Text verlängert wird. Die Klausel ist auch nicht wegen treuwidriger unangemessener Benachteiligung des Bürgen nach § 9 AGB-Gesetz unwirksam. In der Rechtsprechung wird es unter bestimmten Voraussetzungen, namentlich dann, wenn der Bürge an dem Kredit des Hauptschuldners ein eigenes wirtschaftliches Interesse hat, für möglich gehalten, eine Bürgschaft für Ansprüche aus Darlehen auch ohne ausdrückliche Regelung dahin auszulegen, sie solle sich im Fall der Unwirksamkeit des Darlehensvertrages auf Ansprüche des Gläubigers auf Erstattung des hingegebenen Kapitals aus ungerechtfertigter Bereicherung beziehen (vgl. BGH, NJW 1987, 2076 = LM § 765 BGB Nr. 49 = WM 1987, 616 (617 f.) m. w. Nachw.; auch Koziol, ZBB 1989, 16 (23)). Auch wenn diese Voraussetzungen nicht vorliegen, kann einem Darlehensgeber in aller Regel ein schutzwürdiges Interesse daran, bei Unwirksamkeit des Darlehensvertrages Ansprüche auf Rückgewähr ausgezahlter Beträge aus ungerechtfertigter Bereicherung durch Bürgschaft zu sichern, nicht abgesprochen werden. Das gilt grundsätzlich auch dann, wenn die Unwirksamkeit des Kreditvertrages - wie hier - auf einer sittenwidrig überhöhten Zinsvereinbarung beruht. Die Interessen des Bürgen werden dadurch nicht in unangemessener Weise zurückgesetzt. Sein Haftungsrisiko wird bei Bereicherungsansprüchen in der Regel geringer sein. Allein durch die Übernahme einer solchen Bürgschaft wird er nicht "im Widerspruch zu § 767 I 2 BGB ... zum Komplizen der wucherischen Bank" (Reifner, Hdb. d. KreditR, § 42 Rdnr. 132). Er fördert durch seine Bürgschaft nicht das sittenwidrige Verhalten des Kreditgebers, und dieser nimmt ihn nicht "für die sittenwidrigen Folgen seines Verhaltens in Anspruch" (Wolf-Horn-Lindacher, § 9 Rdnr. B 14). Zutreffend hat bereits der III. Zivilsenat unter Zurückweisung anderer Meinungen der Literatur hervorgehoben, die Erstreckung der zur Darlehenssicherung bestellten Bürgschaft auf einen Bereicherungsanspruch könne nicht allgemein mit der Begründung abgelehnt werden, der Gläubiger habe sich durch Statuierung sittenwidriger Bedingungen bewußt oder zumindest leichtfertig außerhalb der Rechtsordnung gestellt und verdiene deswegen auch gegenüber dem Bürgen keinen Schutz (NJW 1987, 2076 = LM § 765 BGB Nr. 49 = WM 1987, 616 (617 f.)). Dieser sichert lediglich die dem Kreditgeber von Gesetzes wegen zustehenden Ansprüche auf Rückgewähr einer dem Schuldner ohne Rechtsgrund zugute gekommenen Leistung. Dies ist auch dann nicht zu beanstanden, wenn die Erstreckung der Bürgschaft auf derartige Ansprüche formularmäßig erfolgt. Die strenge Akzessorietät zwischen Hauptschuld und Bürgschaftsverpflichtung (vgl. BGH, NJW 1991, 3025 = WM 1991, 1869 (1870)) wird durch die Klausel entgegen der Auffassung des BerGer. nicht in Frage gestellt. Die Hauptschuld, für die gebürgt wird, ist der Bürgschaftsurkunde mit hinreichender Deutlichkeit zu entnehmen.
III. Das Berufungsurteil kann danach keinen Bestand haben. Die Zurückverweisung gibt dem BerGer. Gelegenheit festzustellen, ob die Bekl. auch Inhaberin der verbürgten Hauptschuld geworden ist. Wenn die im Vollstreckungsbescheid titulierte Forderung der Höhe nach nicht hinter der Klageforderung zurückbleibt, sind Hauptschuld allein die Verpflichtungen des Ehemanns der Kl. aus dem Darlehensvertrag. Soweit die titulierte Forderung geringer ist als die Klageforderung, können Hauptschuld nur die Verpflichtungen des Ehemanns aus § 812 BGB und gegebenenfalls aus Verzug sein. Ferner wird das BerGer. die notwendigen Feststellungen zur Höhe der zur Aufrechnung gestellten Forderung der Bekl. zu treffen und dabei auch zu prüfen haben, welche Leistungen der Hauptschuldner bereits erbracht hat, ob dieser oder die Kl. mit der Erfüllung ihrer Verbindlichkeiten in Verzug geraten sind und welcher Schaden der Bekl. aus einem Verzug entstanden ist (vgl. BGH, NJW-RR 1989, 622 = LM § 826 (Fa) BGB Nr. 33 = WM 1989, 170 (172) m. w. Nachw.; NJW 1992, 109 = ZIP 1991, 1479).  


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