Keine Anwendbarkeit des CISG bei Privatgeschäft
(Art. 2 lit. a CISG); Abgrenzung von Werkvertrag (§ 631 BGB),
Werklieferungsvertrag (§ 651 BGB) und Kaufvertrag mit Montageverpflichtung
(§ 434 II S. 1 BGB); Voraussetzungen eines Anspruchs auf Schadensersatz
statt der Leistung aus §§ 280 I, III, 281 BGB: Erfordernis eines fälligen
und einredefreien Anspruchs; Entbehrlichkeit einer Fristsetzung bei
ernsthafter und endgültiger Verweigerung der Nacherfüllung; Vertretenmüssen
und Rechtsirrtum: Zurechnung von Verschulden eines Rechtsberaters über § 278
BGB; Ausschluss des Schadensersatzes statt der ganzen Leistung bei
Unerheblichkeit der Pflichtverletzung (§ 281 I S. 3 BGB); Begriff
der AGB; (keine) Vereinbarung von Vorleistungspflichten durch AGB:
Leitbildfunktion von § 641 BGB und § 320 BGB
BGH, Urteil vom 7. März 2013 - VII ZR
162/12
Fundstelle:
NJW 2013, 1431
Amtl. Leitsatz:
a) Eine Klausel in den Allgemeinen
Geschäftsbedingungen des Lieferanten einer von ihm einzubauenden Küche
"Der Kaufpreis ist spätestens bei Anlieferung der Kaufgegenstände ohne Abzug
zu bezahlen."
ist unwirksam.
b) Eine Allgemeine Geschäftsbedingung verliert ihren Charakter als nach §§
305 ff. BGB der Inhaltskontrolle unterliegender Klausel nicht allein
dadurch, dass sie von den Parteien nachträglich geändert wird. Vielmehr muss
die nachträgliche Änderung in einer Weise erfolgen, die es rechtfertigt, sie
wie eine von vornherein getroffene Individualvereinbarung zu behandeln. Das
ist nicht der Fall, wenn der Verwender auch nach Vertragsschluss dem
Vertragspartner keine Gestaltungsfreiheit eingeräumt und den gesetzesfremden
Kerngehalt der Klausel nicht zur Disposition gestellt hat.
Zentrale Probleme:
Ein interessanter und - wie man schon an den vielen
Stichwörtern erkennt - gehaltvoller Fall zum Leistungsstörungs- und
AGB-Recht, der auch deshalb lehrreicht ist, weil Kauf- und Werkvertragsrecht
alternativ geprüft werden. Der Sachverhalt ist klausurtypisch und betrifft
eine Vielzahl von Grundfragen des allgemeinen und besonderen
Leistungsstörungsrechts: Eine bestellte Einbauküche wird falsch montiert,
der "Käufer" tritt nach Fristsetzung zurück bzw. will Schadensersatz statt
der ganzen Leistung. Dazu muss u.a. eine fällige Forderung
(Nacherfüllungsanspruch) bestanden haben. Der Unternehmer beruft sich aber
darauf, dass nach dem Vertrag schon vor der Montage hätte gezahlt werden
müssen und er deshalb auch nicht nacherfüllen muss, bevor nicht vollständig
gezahlt ist. Hier kommt dann das AGB-Recht ins Spiel. Im Zentrum steht dabei
der zunächst AGB-Begriff, nämlich der Ausschlusstatbestand des "Aushandelns"
in § 305 I S. 3 BGB, sodann die Leitbildfunktion von § 641 BGB und § 320 BGB
bei der Inhaltskontrolle nach § 307 I BGB. Für Studierende: Unbedingt
durcharbeiten, geniale Wiederholung zentraler Probleme! S. auch
BGH v. 2.6.2016 - VII ZR 348/13.
S. auch die "klausurmäßige" Aufbereitung des Falles in der Veranstaltung
"Wiederholung und Vertiefung zum Schuldrecht" vom 24.4.2013 (Podcast):
©sl 2013
Tatbestand:
1 Die Parteien streiten über
ihre gegenseitigen Pflichten aus dem Vertrag vom 8. August 2009, der den
Erwerb und den Einbau einer Küche im Haus der Klägerin und ihres Ehemannes,
des Drittwiderbeklagten, in der Schweiz zum "Komplettpreis" von 23.800 € zum
Gegenstand hat. Bestandteil des Vertrags sind die "Teileliste" und
vier "Installationspläne". Der Vertrag sieht eine Anzahlung von 4.750 € vor,
die die Klägerin und der Drittwiderbeklagte am 24. September 2009
erbrachten, und bestimmt im vorgedruckten Vertragsformular:
"Restzahlung ... vorab per Überweisung oder bar bei Lieferung".
2 Zudem ist in den "Allgemeinen Geschäftsbedingungen" der Beklagten, die dem
Vertrag beigefügt waren, in Ziff. VI Abs. 1 bestimmt:
"Der Kaufpreis ist spätestens bei Anlieferung der Kaufgegenstände ohne Abzug
zu bezahlen."
3 Am 11. März 2010 vereinbarten die Parteien, dass die Klägerin und
der Drittwiderbeklagte bis zum mangelfreien Einbau der Küche 2.500 €
zurückbehalten könnten.
4 Lieferung und Einbau der Küche erfolgten Ende März 2010.
Unstreitig erfolgte der Einbau nicht vollständig fachgerecht. Mit
E-Mail vom 23. April 2010 listete die Beklagte die Mängel und notwendigen
Nacharbeiten auf und sicherte umgehende Abhilfe zu, sobald alle benötigten
Teile geliefert worden seien. In der Folgezeit kam es zu mehreren Terminen
in der Wohnung der Klägerin und des Drittwiderbeklagten, in denen die Küche
wiederholt ausgemessen wurde. Zu einer Beseitigung der Mängel kam es nicht.
Ab Juni 2010 verhandelten die erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten über
die Abwicklung des Vertrages. Im Zuge dieser Verhandlungen zahlten die
Klägerin und der Drittwiderbeklagte weitere 13.550 € ohne Anerkennung einer
Rechtspflicht und erwarteten die Mängelbeseitigung bis 6. August 2010.
5 Mit Schreiben vom 31. Juli 2010 lehnte der Bevollmächtigte der
Beklagten eine Mängelbeseitigung bis 6. August 2010 ab. Aufgrund der
"Verzögerungen bei Leistung der Teilzahlung" und weiterer Umstände bestünden
"Zweifel an der Zahlungsfähigkeit und -willigkeit". Deshalb werde ein nach
dem 6. August 2010 liegender Termin von den Mitarbeitern nur wahrgenommen,
"wenn ihnen der noch offene Restbetrag der Gesamtsumme des Vertrags vorab in
bar übergeben werde". Das Schreiben endet mit dem Hinweis des
Bevollmächtigten, im Klagefalle zustellungsbevollmächtigt zu sein.
6 Nachdem im August 2010 eine weitere Kommunikation zwischen den Parteien
nicht stattgefunden hatte, forderte der Bevollmächtigte der Beklagten unter
Hinweis auf sein Schreiben vom 31. Juli 2010 die Klägerin und den
Drittwiderbeklagten mit Schreiben vom 3. September 2010 auf, bis spätestens
9. September 2010 einen Mängelbeseitigungstermin zu vereinbaren.
7 Mit beim Landgericht am 13. September 2010 eingegangenem Schriftsatz hat
die Klägerin das Klageverfahren eingeleitet, mit dem sie die
Rückzahlung der geleisteten Anzahlungen Zug um Zug gegen Rückgabe der
eingebauten Küchenmöbel und Küchengeräte, die Feststellung des
Annahmeverzugs der Beklagten hinsichtlich der Rücknahme und Schadensersatz
für Arbeiten, die notwendig seien, um beim Ausbau der vorhandenen Küche und
dem Einbau einer neuen, gleichartigen Küche einen ordnungsgemäßen Zustand
herzustellen, geltend gemacht hat.
8 Die Beklagte hat widerklagend die Zahlung der noch ausstehenden Vergütung
begehrt.
9 Das Landgericht hat der Klage mit Ausnahme des
Schadensersatzanspruchs für zusätzlich notwendige Arbeiten stattgegeben und
die Widerklage abgewiesen. Die gegen dieses Urteil gerichtete
Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht zurückgewiesen. Auf die
Anschlussberufung der Klägerin hat das Berufungsgericht ihr des Weiteren
einen Schadensersatz für zusätzliche notwendige Arbeiten im Umfang von 2.000
€ zugesprochen.
10 Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision beantragt die Beklagte
die Abweisung der Klage und verfolgt weiterhin ihr Widerklagebegehren.
Entscheidungsgründe:
11 Die zulässige Revision der Beklagten hat in der Sache keinen Erfolg.
I.
12 Das Berufungsgericht billigt der Klägerin einen
Schadensersatzanspruch aus §§ 633, 281, 280 Abs. 1, Abs. 3 BGB zu.
Die eingebaute Küche weise unstreitig Mängel auf. Zusätzlich sei sie schief
eingebaut. Dieser Mangel sei erheblich, ausgehend von den vorgelegten
Lichtbildern mit bloßem Auge erkennbar und von der Beklagten zu
verantworten. Es könne dahingestellt bleiben, ob die Klägerin und der
Drittwiderbeklagte der Beklagten eine den Anforderungen des § 281 Abs. 1
Satz 1 BGB genügende Frist gesetzt hätten. Jedenfalls habe die Beklagte mit
dem Schreiben ihres Bevollmächtigten vom 31. Juli 2010 eine Beseitigung der
Mängel endgültig verweigert. Die Beklagte sei nicht berechtigt gewesen, die
Mängelbeseitigung von der vorherigen Zahlung der Vergütung abhängig zu
machen. Die in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten
enthaltenen Zahlungsbedingungen seien nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam.
Auf die am 11. März 2010 getroffene Vereinbarung könne sich die Beklagte
nach § 311 Abs. 2 Nr. 1, § 280 Abs. 1, § 249 Abs. 1 BGB nicht berufen. Die
Vereinbarung beruhe auf den unwirksamen Klauseln, deren Verwendung eine zum
Schadensersatz führende Pflichtverletzung darstelle. Die Beklagte müsse
deshalb die Klägerin so stellen, als wenn sie die unwirksamen Klauseln nicht
verwendet hätte. Dann wäre es nicht zu der Vereinbarung vom 11. März 2010
gekommen.
13 Die Klägerin sei durch den geltend gemachten großen
Schadensersatz so zu stellen, wie sie bei Lieferung einer mangelfreien Küche
stünde. Deshalb könne die Klägerin auch die Mehrkosten erstattet verlangen,
die ihr bei dem Einbau einer anderen, gleichwertigen Küche entstehen werden.
Der Klägerin seien daher weitere 2.000 € zuzusprechen, auf die sich die
Parteien der Höhe nach verständigt hätten.
II.
14 Das hält der rechtlichen Nachprüfung stand.
15 Das Berufungsgericht geht zu Recht davon aus, dass die Klägerin
von der Beklagten Schadensersatz statt der Leistung nach § 280 Abs. 1 und 3,
§ 281 BGB aus eigenem und vom Drittwiderbeklagten abgetretenem Recht
verlangen kann.
16 1. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, dass sich die schuldvertraglichen
Beziehungen der Parteien kraft objektiver Anknüpfung nach deutschem Recht
beurteilen. Dies wird von den Parteien nicht beanstandet und lässt auch
keine Rechtsfehler erkennen.
17 Zutreffend ist das Berufungsgericht auch davon ausgegangen, dass sich die
schuldvertraglichen Beziehungen der Parteien nach dem Bürgerlichen
Gesetzbuch und nicht nach dem UN-Kaufrechtsübereinkommen (CISG) beurteilen.
Dieses Übereinkommen ist im Streitfall jedenfalls nach Art. 2 Buchst. a CISG
nicht anwendbar. Nach Art. 2 Buchst. a CISG findet dieses
Übereinkommen keine Anwendung auf den Kauf von Ware für den persönlichen
Gebrauch oder den Gebrauch in der Familie oder im Haushalt, es sei denn,
dass der Verkäufer vor oder bei Vertragsschluss weder wusste noch wissen
musste, dass die Ware für einen solchen Gebrauch gekauft wurde. Nach den
Feststellungen des Berufungsgerichts geht es bei dem zwischen den Parteien
geschlossenen Vertrag um eine Küche für den persönlichen Bedarf der Klägerin
und des Drittwiderbeklagten, ihres Ehemannes, in ihrer in der Schweiz
befindlichen Wohnung und damit um eine Küche für den persönlichen Gebrauch
im Haushalt der Klägerin und ihres Ehemannes, was die Beklagte bei
Vertragsschluss auch wusste.
18 2. Das Berufungsgericht qualifiziert den zwischen den Parteien
geschlossenen Vertrag über die Lieferung und den Einbau der hier
geschuldeten Einbauküche als Werkvertrag (§ 631 BGB) und nicht als
Kaufvertrag im Sinne von § 651 BGB. Der Senat neigt dazu,
dieser Bewertung zuzustimmen, da es das Ziel des Vertrages war, auf der
Grundlage der handwerklichen Fachkenntnisse der Beklagten durch Einbau und
Einpassung in das Haus der Klägerin und des Drittwiderbeklagten einen
funktionalen Küchenraum zu schaffen und die dazu notwendigen Montage- und
Bauleistungen dem Vertrag die maßgebliche Prägung geben (vgl. auch
Rudolph, BauR 2012, 557, 568). Das kann aber dahingestellt bleiben.
Sowohl bei der Anwendung von Werkvertrags- als auch Kaufrecht steht der
Klägerin der geltend gemachte Anspruch zu und ist die Widerklage
unbegründet. Der Senat hat deshalb davon abgesehen, die Frage der
rechtlichen Einordnung des Vertrages unter Beachtung der
Richtlinie 99/44/EG
zu bestimmten Aspekten des Verbrauchsgüterkaufs und der Garantien für
Verbrauchsgüter (AblEG Nr. L 171 vom 7. Juli
1999, Seite 12, abgedruckt in NJW 1999, 2421) gemäß Art. 267 AEUV dem
Gerichtshof der Europäischen Union vorzulegen.
19 3. Der Anspruch der Klägerin und des Drittwiderbeklagten
auf Beseitigung der Mängel aus § 633 Abs. 1 BGB oder aus § 437 Nr. 1, § 439
Abs. 1 BGB war vollwirksam entstanden und fällig.
20 § 281 Abs. 1, § 280 Abs. 3 BGB setzen voraus, dass dem Gläubiger
ein Anspruch aus dem Schuldverhältnis zusteht, der nicht durch eine dauernde
oder aufschiebende Einrede gehemmt und fällig ist (BGH,
Urteil vom 14. Juni 2012 - VII ZR
148/10, BGHZ 193, 315 Rn. 16 zum inhaltsgleichen § 323
Abs. 1 BGB; Palandt/Grüneberg, BGB, 72. Aufl., § 281 Rn. 8; MünchKommBGB/Ernst,
6. Aufl., § 281 Rn. 19; Erman/H. P. Westermann, BGB, 13. Aufl., § 281 Rn.
6). Die Beklagte beruft sich auf die Einrede des nichterfüllten Vertrages.
Sie hält sich zur Mängelbeseitigung nicht für verpflichtet, solange die
vereinbarte Vergütung nicht bezahlt ist. Die Voraussetzungen des § 320 Abs.
1 Satz 1 Halbsatz 1 BGB und des § 320 Abs. 2 BGB lagen allerdings nicht vor.
Der Beklagten stand zudem kein Leistungsverweigerungsrecht nach § 321 Abs. 1
Satz 1 BGB zu.
21 a) Nach § 320 Abs. 1 Satz 1 BGB kann im Rahmen eines
gegenseitigen Vertrags jede Vertragspartei ihre Leistung bis zum Bewirken
der Gegenleistung verweigern, wenn sie nicht zur Vorleistung verpflichtet
ist. Im Werkvertragsrecht ergibt sich eine Vorleistungspflicht des
Unternehmers aus § 641 Abs. 1 Satz 1 BGB. Danach entsteht der
Werklohnanspruch erst mit der Abnahme des Werkes. Im
Kaufrecht kann der Verkäufer den Kaufpreis Zug um Zug gegen Lieferung und
gegebenenfalls - wie hier - Montage (§ 434 Abs. 2 BGB) einer mangelfreien
Sache (§ 434 Abs. 1 BGB) verlangen. Der Unternehmer bzw. Verkäufer darf
danach eine Mängelbeseitigung nicht von der vorherigen vollständigen
Bezahlung der Vergütung abhängig machen, wenn er diese nicht wirksam mit dem
Besteller bzw. Käufer vereinbart hat.
22 Die Parteien haben durch die Einbeziehung der Allgemeinen
Geschäftsbedingungen der Beklagten und durch die Vereinbarung vom 11. März
2010 abweichende Regelungen getroffen, die der Klägerin und dem
Drittwiderbeklagten die Verpflichtung auferlegten, zumindest den
wesentlichen Teil des Kaufpreises bzw. Werklohns spätestens bei Lieferung zu
zahlen. Der Beklagten stand die Einrede des § 320 Abs. 1 Satz 1 BGB
gleichwohl nicht zu. Die Vereinbarungen haben die gesetzliche Regelung nicht
wirksam abbedungen. Sie halten als Allgemeine Geschäftsbedingungen der
Beklagten einer Wirksamkeitskontrolle nicht stand.
23 b) Nach der "Zahlungsvereinbarung" im vorgedruckten Vertragsformular
sowie der Regelung in Ziff. VI Absatz 1 der AGB waren die Klägerin und der
Drittwiderbeklagte verpflichtet, spätestens bei Anlieferung der Küche den
"Komplettpreis" bzw. "Kaufpreis" zu entrichten. Diese Regelungen sind nach §
307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam, weil sie mit wesentlichen
Grundgedanken des Gesetzes nicht zu vereinbaren sind und für diese Art der
Abweichung unter Berücksichtigung der Interessen der Klägerin und des
Drittwiderbeklagten kein sachlicher Grund besteht.
24 aa) Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind nicht mit § 641
Abs. 1 Satz 1 BGB zu vereinbaren. § 641 Abs. 1 Satz 1 BGB kommt
Leitbildfunktion zu (BGH, Urteil vom 6. Dezember 1984 - VII ZR 227/83, BauR
1985, 192, 194 = ZfBR 1985, 134, 136; Urteil vom 10. Juli 1986 - III ZR
19/85, BauR 1986, 694, 695 = ZfBR 1986, 224, 225; Urteil vom 24. September
2002 - KZR 38/99, NJW-RR 2003, 834). Die Regelung ist Ausdruck eines
formularmäßig nicht abänderbaren Gerechtigkeitsgebots. Der
Besteller soll grundsätzlich erst zur Zahlung verpflichtet sein, wenn das
Werk vollständig hergestellt ist.
25 bb) Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind zudem nicht mit § 320 Abs.
1 Satz 1 BGB zu vereinbaren. Dieser Regelung kommt ebenfalls
Leitbildfunktion zu (BGH, Urteil vom 10. März 1999 - VIII ZR 204/98, BGHZ
141, 108). Die Vereinbarung der vollständigen Zahlung, bevor der Verkäufer
mit der von ihm geschuldeten Montage als Hauptleistungspflicht begonnen hat,
führt zu einer Vorleistungspflicht des Käufers, die mit der
synallagmatischen Verknüpfung der kaufrechtlichen Hauptleistungspflichten
nicht zu vereinbaren ist (BGH, Urteil vom 10. März 1999 - VIII ZR 204/98,
aaO).
26 cc) Der Verstoß der Allgemeinen Geschäftsbedingungen gegen das
gesetzliche Leitbild führt im Zweifel zu deren Unwirksamkeit.
Anderes gilt, wenn die Leitbildabweichung sachlich gerechtfertigt ist und
der gesetzliche Schutzzweck auf andere Weise sichergestellt wird (BGH,
Urteil vom 24. September 2002 - KZR 38/99, aaO; Urteil vom 10. März 1999 -
VIII ZR 204/98, aaO; A. Fuchs in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, 11.
Aufl., § 307 Rn. 230 f.; Wolf in Wolf/Lindacher/Pfeifer, AGB-Recht, 5.
Aufl., § 307 Rn. 119).
27 Die Beklagte mag ein sachliches Interesse daran haben, in ihren
Allgemeinen Geschäftsbedingungen von § 641 Abs. 1 Satz 1 BGB und § 320 Abs.
1 Satz 1 BGB abweichende Regelungen zu vereinbaren, um den ihr zustehenden
Anspruch auf Zahlung der Vergütung vor dem Einbau der gelieferten Möbel
abzusichern. Die "Zahlungsvereinbarung" und Ziff. VI Abs. 1 der AGB
sind gleichwohl unwirksam, weil die Beklagte die berechtigten Interessen
ihrer Kunden in keiner Weise berücksichtigt hat. Der Schutz
des § 641 Abs. 1 Satz 1 BGB und des § 320 Abs. 1 Satz 1 BGB entfällt
ersatzlos und ohne Kompensation. Die Kunden werden verpflichtet,
vor dem Einbau der anzuliefernden Gegenstände die volle Vergütung zu zahlen.
Sie verlieren auf diese Weise jedes Druckmittel, falls der Einbau
mangelhaft ist. Das ist eine unangemessene Benachteiligung des
Kunden, mit der die Beklagte ihre Absichten einseitig durchgesetzt und nicht
für einen sachgerechten Interessenausgleich Sorge getragen hat.
28 c) Die Vereinbarung vom 11. März 2010 führt zu keiner anderen Bewertung.
29 Es kann dahin stehen, ob die Auffassung des Berufungsgerichts zutrifft,
die Beklagte habe sich durch die Verwendung der unwirksamen Allgemeinen
Geschäftsbedingungen schadensersatzpflichtig gemacht und müsse die Klägerin
deshalb so stellen, als wenn die Vereinbarung vom 11. März 2010 nicht
getroffen worden wäre. Denn auf der Grundlage der vom Berufungsgericht
getroffenen Feststellungen liegt keine wirksame Abänderung der unwirksamen
Vertragsbedingungen vor, was der Senat selbst entscheiden kann, weil weitere
Feststellungen nicht zu erwarten sind.
30 aa) Eine Allgemeine Geschäftsbedingung verliert ihren Charakter
als nach §§ 305 ff. BGB der Inhaltskontrolle unterliegender Klausel nicht
allein dadurch, dass sie von den Parteien nachträglich geändert wird.
Vielmehr muss die nachträgliche Änderung in einer Weise erfolgen, die es
rechtfertigt, sie wie eine von vornherein getroffene Individualvereinbarung
zu behandeln. Das ist nicht der Fall, wenn der Verwender auch nach
Vertragsschluss dem Vertragspartner keine Gestaltungsfreiheit eingeräumt und
den gesetzesfremden Kerngehalt der Klausel nicht zur Disposition gestellt
hat und die Parteien auf dieser Grundlage eine Einigung finden, mit der die
nachteilige Wirkung der Klausel lediglich abgeschwächt wird (vgl. OLG Köln,
NJW-RR 2002, 1487; Staudinger/Schlosser, BGB, 13. Bearb. 2006, § 305 Rn. 49;
MünchKommBGB/ Basedow, aaO, § 305 Rn. 42, 44; A. Fuchs in
Ulmer/Brandner/Hensen, aaO, § 305 BGB Rn. 46, 48; Pfeifer in
Wolf/Lindacher/Pfeifer, aaO, § 305 Rn. 45; Palandt/Grüneberg, aaO, § 305 Rn.
20). Denn in diesem Fall wirkt die zum Nachteil des Vertragspartners
unangemessen ausgeübte Gestaltungsmacht des Verwenders fort. Hat
der Verwender in seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen in ungemessener
Weise eine Vorleistungspflicht des Kunden vorgesehen, besteht er auf die
Bitte des Kunden, diese zu ändern, darauf, dass dieser vorzuleisten hat, und
ist er lediglich bereit, den Umfang der Vorleistungspflicht zu reduzieren,
so wirkt die unwirksame Vereinbarung der Vorleistungspflicht jedenfalls dann
fort, wenn weiterhin eine unangemessene Vorleistung gefordert wird.
31 bb) Nach diesen Grundsätzen sind die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der
Beklagten zur Zahlungspflicht der Klägerin und des Drittwiderbeklagten durch
die Vereinbarung vom 11. März 2010 nicht ausgehandelt worden. Aus dem
E-Mail-Verkehr der Parteien vom 11. März 2010 folgt, dass die Parteien vor
dem 11. März 2010 telefonisch erörtert hatten, inwieweit die Klägerin und
der Drittwiderbeklagte berechtigt sein sollten, einen Teilbetrag
zurückzubehalten. Darauf nimmt die E-Mail des Drittwiderbeklagten vom 11.
März 2010, 9.15 Uhr, Bezug, wonach ein Betrag von 2.500 € bis zum
mangelfreien Einbau der Küche zurückgehalten werden sollte. Diesen Vorschlag
hat die Beklagte mit E-Mail vom 11. März 2010, 15.45 Uhr, unter Hinweis auf
die Regelungen im "Kaufvertrag" abgelehnt. Wörtlich heißt es: "Bitte haben
Sie Verständnis, dass wir auf die Einhaltung der vereinbarten
Zahlungsbedingungen bestehen müssen." Damit stellte die Beklagte den
Kerngehalt ihrer Klauseln nicht in Frage. Anderes ergibt sich nicht aus dem
Angebot der Beklagten, zur Absicherung der Klägerin und des
Drittwiderbeklagten eine Bankbürgschaft zu stellen. Dieses Angebot bezog
sich auf "Bedenken, die komplette Summe zu überweisen", d.h. auf den
Teilbetrag von 2.500 €, den der Drittwiderbeklagte zurückhalten wollte. Im
Anschluss an diese E-Mail einigten sich die Parteien telefonisch auf den
Vorschlag des Drittwiderbeklagten, der dies mit E-Mail vom 11. März 2010,
18.19 Uhr, bestätigte. Es ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass die
Beklagte über den Teilbetrag von 2.500 € hinaus bereit war, in den am 11.
März 2010 nachmittags geführten Gesprächen ihre Zahlungsbedingungen
grundlegend zur Disposition zu stellen. Es verblieb im Wesentlichen bei der
ungleichen Verhandlungssituation, in der die Beklagte ihre
Vertragsbedingungen einseitig durchsetzte.
32 Auch die veränderte Zahlungsbedingung genügt den oben
dargestellten Anforderungen des § 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB nicht.
Zwar waren die Klägerin und der Drittwiderbeklagte nunmehr berechtigt, 10,5
% des Kaufpreises bzw. des Werklohns zurückzubehalten. Das reicht aber für
einen sachgerechten Ausgleich der jeweiligen Sicherungsinteressen der
Parteien nicht aus (vgl. BGH, Urteil vom 6. Dezember 1984 - VII ZR 227/83,
aaO, wo das Zurückbehaltungsrecht auf 10 % der Werklohnforderung beschränkt
wurde).
33 d) Die Voraussetzungen des § 320 Abs. 2 BGB liegen angesichts der
festgestellten Mängel und des Umstandes, dass die Beklagte bereits den ganz
überwiegenden Teil der Vergütung erhalten hat, ersichtlich nicht vor.
34 e) Schließlich stand der Beklagten kein
Leistungsverweigerungsrecht nach § 321 Abs. 1 Satz 1 BGB zu. Danach kann der
vorleistungspflichtige Schuldner die ihm obliegende Leistung verweigern,
wenn nach Vertragsabschluss erkennbar wird, dass der Anspruch auf die
Gegenleistung durch die mangelnde Leistungsfähigkeit des Vertragspartners
gefährdet wird (Unsicherheitseinrede). Die Voraussetzungen dieses
Leistungsverweigerungsrechts lagen ersichtlich nicht vor. Die Klägerin und
der Drittwiderbeklagte hatten zum 20. Juli 2010 bereits 80 % der
vereinbarten Vergütung gezahlt und verlangten zu Recht die Beseitigung der
Mängel. Soweit die Revision darauf abhebt, dass die Klägerin und der
Drittwiderbeklagte die im Vertrag und der Vereinbarung vom 11. März 2010
vorgesehenen Zahlungsziele nicht einhielten, belegt das nicht eine mangelnde
Leistungsfähigkeit.
35 4. Die Beklagte hat ihre Verpflichtung, der Klägerin und dem
Drittwiderbeklagten ein mangelfreies Werk zu verschaffen bzw. die Mängel der
eingebauten Küche zu beseitigen, durch das Schreiben vom 31. Juli 2010
ernsthaft und endgültig verweigert (§ 281 Abs. 2 1. Fall BGB), so dass es
einer Fristsetzung der Klägerin und des Drittwiderbeklagten zur mängelfreien
Vertragserfüllung (§ 281 Abs. 1 Satz 1 BGB) nicht bedurfte.
36 a) Die nach § 281 Abs. 1 BGB zu setzende Frist ist entbehrlich,
wenn der Schuldner die Erfüllung ernsthaft und endgültig verweigert. Diese
Voraussetzung ist nur erfüllt, wenn der Schuldner insbesondere durch seine
Erklärungen und sein Verhalten eindeutig zum Ausdruck bringt, er werde
seinen Verpflichtungen nicht nachkommen, und es damit ausgeschlossen
erscheint, dass er sich durch eine Aufforderung zur Leistung umstimmen
ließe. Die Erfüllungsweigerung muss das letzte Wort des Schuldners zu seiner
Leistungsbereitschaft sein (BGH,
Urteil vom 14. Juni 2012 - VII ZR
148/10, aaO; Urteil vom 17. Oktober 2008 - V ZR 31/08,
NJW 2009, 1813, 1816).
37 b) Diese Voraussetzungen sind rechtsfehlerfrei festgestellt. Durch das
Schreiben vom 31. Juli 2010 in Verbindung mit den dem Schreiben
vorhergehenden Verhandlungen hat die Beklagte eindeutig zum Ausdruck
gebracht, zur Mängelbeseitigung nicht bereit zu sein. Die Beklagte hat in
dem Schreiben mitgeteilt, die Mängelbeseitigungsarbeiten nur durchzuführen,
wenn der noch ausstehende Restbetrag bar an ihre Mitarbeiter vor Beginn der
Arbeiten gezahlt werde. Ansonsten würden die Mitarbeiter wieder abreisen. Da
der Beklagten, wie ausgeführt, nicht das Recht zustand, die
Mängelbeseitigung an die Bezahlung des Werklohns oder Kaufpreises zu
knüpfen, hat sie die Mängelbeseitigung zu Unrecht verweigert. Diese
Verweigerung mussten die Klägerin und der Drittwiderbeklagte als endgültig
verstehen. Denn über die Frage der Mängelbeseitigung in Verknüpfung mit der
Bezahlung hatten die Parteien umfassend korrespondiert und verhandelt. Die
Mängel waren seit dem Einbau der Küche Ende März 2010 im Wesentlichen
bekannt und unstreitig. Die Parteien hatten über eine weitere Zahlung der
Klägerin und des Drittwiderbeklagten verhandelt, die - ohne Anerkennung
einer Rechtspflicht - im Umfang von 13.550 € am 20. Juli 2010 erfolgte. Weil
diese mit Schreiben vom 14. Juli 2010 angekündigte Zahlung aus Sicht der
Beklagten nicht "unmittelbar" nach Versand des Schreibens vom 14. Juli 2010
erfolgt war, die Bevollmächtigten der Klägerin und des Drittwiderbeklagten
am Mängelbeseitigungstermin vom 6. August 2010 festhielten und auf den
Umfang der Mängelbeseitigungsarbeiten hinwiesen, verlangte die Beklagte - zu
Unrecht und angesichts der soeben erfolgten Zahlung von 13.550 € für die
Klägerin und den Drittwiderbeklagten nicht nachvollziehbar - vollständige
Zahlung vor Mängelbeseitigungsbeginn wegen "Zweifeln an der
Zahlungsfähigkeit und -willigkeit". Zugleich wies der Bevollmächtigte der
Beklagten am Ende des Schreibens vom 31. Juli 2010 darauf hin, im Klagefalle
zustellungsbevollmächtigt zu sein. Damit hat die Beklagte eindeutig
zum Ausdruck gebracht, nicht länger verhandlungsbereit zu sein. Die Klägerin
und der Drittwiderbeklagte durften deshalb sicher davon ausgehen, dass die
Setzung einer Nachfrist keinen Eindruck auf die Beklagte machen würde.
38 c) Die Auffassung der Revision, eine endgültige Erfüllungsverweigerung
liege nicht vor, weil sich die Beklagte lediglich in einem Rechtsirrtum
befunden habe, teilt der Senat nicht. Es kann dahingestellt bleiben,
ob eine Fristsetzung entbehrlich ist, wenn die Leistungsverweigerung
erkennbar nur auf einem Rechtsirrtum wie der Erhebung einer nicht gegebenen
Einrede beruht (MünchKommBGB/Ernst, aaO, § 323 Rn. 100).
Entscheidend ist, ob aus der Sicht des Vertragspartners unter
Berücksichtigung sämtlicher Umstände die Erfüllungsbereitschaft endgültig
fehlt. Das ist auch bei einem bloßen Rechtsirrtum der Fall, wenn weitere
Umstände hinzukommen, insbesondere der Vertragspartner sich uneinsichtig
zeigt. So liegt der Fall hier. Zum Zeitpunkt des Schreibens vom 31.
Juli 2010 war den anwaltlich vertretenen Parteien der rechtliche Streit über
die Vorleistungspflicht der Klägerin und des Drittwiderbeklagten bekannt.
Die Zahlung vom 20. Juli 2010 erfolgte ausdrücklich ohne Anerkennung einer
Rechtspflicht. Gleichwohl hat die Beklagte in der bereits dargelegten Weise
die Mängelbeseitigung von der vorherigen Bezahlung des vollständigen
Werklohns bzw. Kaufpreises abhängig gemacht. Trotz der damit verbundenen
Rechtsirrtümer durften die Klägerin und der Drittwiderbeklagte davon
ausgehen, die Ablehnung der Beklagten sei endgültig.
39 d) Soweit die Revision zu bedenken gibt, dass die Beklagte mit Schreiben
vom 3. September 2010 von einer endgültigen Erfüllungsverweigerung abgerückt
sei, weshalb sich die Klägerin treuwidrig verhalte, wenn sie aus einer
einmaligen verbalen Zuspitzung Rechtsfolgen ableite, bedarf dies ebenfalls
keiner rechtlichen Klärung. Denn die Beklagte ist im Schreiben vom 3.
September 2010 nicht von der im Schreiben vom 31. Juli 2010 aufgestellten
Bedingung abgerückt, sondern hat auf dieses Schreiben Bezug genommen.
40 5. Der Schadensersatzanspruch der Klägerin ist nicht nach § 281
Abs. 1 Satz 3 BGB ausgeschlossen, weil die Pflichtverletzung der Beklagten
als unerheblich zu bewerten wäre.
41 a) Die Beurteilung, ob eine Pflichtverletzung unerheblich im
Sinne des § 281 Abs. 1 Satz 3 BGB ist, erfordert eine umfassende
Interessenabwägung (BGH,
Urteil vom 17. Februar 2010 - VIII ZR 70/07, NJW-RR 2010, 1289 Rn. 23
zum inhaltsgleichen § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB; Palandt/Grüneberg, aaO, § 281
Rn. 47, § 323 Rn. 32; MünchKommBGB/Ernst, aaO, § 281 Rn. 147 f., § 323 Rn.
243 ff.).
42 b) Auf dieser Grundlage hat das Berufungsgericht festgestellt, dass die
optischen Beeinträchtigungen der Küche erheblich sind, die gesamte Küche
deutlich wahrnehmbar schief eingebaut ist, die einzelnen Küchenteile nicht
bündig schließen, die Arbeitsplatte auf der frei im Raum stehenden
Küchenzeile unterschiedlich weit über dem Unterbau steht. Ob der Schiefstand
auf Bodenunebenheiten zurückzuführen ist, hat das Berufungsgericht nicht
aufgeklärt, da die Beklagte verpflichtet gewesen sei, auf Bodenunebenheiten
hinzuweisen.
43 c) Diese Feststellungen hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei
getroffen.
44 aa) Das Berufungsgericht hat seine Feststellungen in verfahrensrechtlich
ordnungsgemäßer Weise auf der Grundlage der vorgelegten Lichtbilder
getroffen. Soweit die Beklagte bereits erstinstanzlich beantragt hat,
hinsichtlich der Sichtbarkeit der Mängel ein Sachverständigengutachten
einzuholen und die Küche in Augenschein zu nehmen, musste das
Berufungsgericht dem nach Vorlage der aussagekräftigen Lichtbilder nicht
nachgehen. Die Revision legt nicht dar, welche zusätzlichen Erkenntnisse
sich durch eine Inaugenscheinnahme vor Ort zugunsten der Beklagten ergeben
hätten (vgl. BGH, Urteil vom 23. Juni 1987 - VI ZR 296/86, MDR 1988, 42;
MünchKommZPO/ Zimmermann, 4. Aufl., § 371 Rn. 2; Musielak/Huber, ZPO, 9.
Aufl., § 371 Rn. 3; Hk-ZPO/Eichele, 5. Aufl., § 371 Rn. 5).
45 bb) Die Beklagte kann sich
nicht auf eine Verantwortlichkeit der Klägerin und des Drittwiderbeklagten
hinsichtlich des Schiefstands der eingebauten Küche berufen. Nach der
Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist ein Unternehmer dann nicht für den
Mangel seines Werks verantwortlich, wenn dieser auf verbindliche Vorgaben
des Bestellers oder von diesem gelieferte Stoffe oder Bauteile oder
Vorleistungen anderer Unternehmer zurückzuführen ist und der Unternehmer
seine Prüfungs- und Hinweispflicht erfüllt hat (BGH,
Urteil vom 8. November 2007 - VII ZR 183/05, BGHZ 174, 110 Rn. 21;
Urteil vom 12. Mai 2005 - VII ZR 45/04, BauR 2005, 1314, 1316 = NZBau 2005,
456 = ZfBR 2005, 667). Das gilt entsprechend, wenn die Vereinbarung
der Parteien als Kaufvertrag bewertet wird. Dann hätte die Beklagte
ebenfalls die Verpflichtung übernommen, die Küche in den dazu vorgesehenen
Raum einzupassen. Der Beklagten oblag es deshalb in jedem Fall, die Klägerin
und den Drittwiderbeklagten auf den - möglicherweise - nicht geeigneten
Untergrund hinzuweisen und Lösungsmöglichkeiten zu entwickeln. Dieser
Pflicht ist die Beklagte nicht nachgekommen.
46 cc) Der Schiefstand der Küche ist nicht nach Ziff. XII Abs. 5 Nr. 2 der
Allgemeinen Geschäftsbedingungen unbeachtlich. Nach dieser Klausel erlöschen
Gewährleistungsansprüche wegen offensichtlicher Mängel, wenn sie nicht
binnen zwei Wochen nach Übergabe gerügt werden. Das Berufungsgericht hat
diese Klausel in nicht zu beanstandender Weise dahingehend ausgelegt, dass
diese sich nur auf die Lieferung der Einzelteile und nicht auf die Montage-
und Anpassungsleistung beziehen. Dabei ist auf die Regelung unter Ziff. II
Abs. 2 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen hinzuweisen, wonach
Montagearbeiten zusätzlich in Rechnung gestellt werden, sofern nicht
kostenlose Ausführung ausdrücklich vereinbart wurde. Das legt nahe, dass die
Bedingungen unter Ziff. XII Abs. 5 Nr. 2 nur den Fall im Auge haben, dass
lediglich die Lieferung vereinbart ist. Es kann daher dahin stehen, ob eine
gegenüber einem Verbraucher verwendete Klausel wirksam ist, mit der der
Verlust des Gewährleistungsanspruchs bewirkt werden soll, wenn
offensichtliche Mängel nicht binnen zwei Wochen seit Übergabe gerügt werden.
Dagegen könnten Bedenken bestehen, weil nach Art. 5 Abs. 2 der Richtlinie
99/44/EG zu bestimmten Aspekten des Verbrauchsgüterkaufs und der Garantien
für Verbrauchsgüter die Mitgliedstaaten lediglich vorsehen können, dass der
Verbraucher den Verkäufer zur Inanspruchnahme seiner Rechte über die
Vertragswidrigkeit binnen zwei Monaten nach dem Zeitpunkt, zu dem er die
Vertragswidrigkeit festgestellt hat, unterrichten muss. Eine Frist von zwei
Wochen dürfte mit der Richtlinie nicht in Übereinstimmung zu bringen sein
(vgl. von Westphalen, ZGS 2005, 173). Im Übrigen dürfte eine
derartige Regelung auch nicht mit § 475 Abs. 1 und 2 BGB in Einklang stehen
(Erman/Roloff, BGB, 13. Aufl., § 309 Rn. 115).
47 6. Die Beklagte hat ihre Pflichtverletzung zu vertreten (§ 280
Abs. 1 Satz 2 BGB). Soweit die Revision darauf abhebt, die Beklagte
habe davon ausgehen dürfen, ihr stehe ein Zurückbehaltungsrecht zu, vermag
dies die Beklagte nicht zu entlasten.
48 Die Beklagte hat nach § 276 Abs. 2 BGB die
Außerachtlassung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt zu vertreten. Für
einen Rechtsirrtum muss die Beklagte deshalb nur dann nicht einstehen, wenn
sie trotz sorgfältiger Prüfung der Rechtslage ihren Irrtum nicht vermeiden
konnte. Soweit die Beklagte mit der Prüfung der Rechtslage einen
Rechtsanwalt beauftragte, entlastet sie das allein nicht, da sie sich ein
Verschulden ihres Rechtsanwaltes über § 278 BGB zurechnen lassen muss
(BGH, Urteil vom 25.
Oktober 2006 - VIII ZR 102/06, NJW 2007, 428, 430).
Wesentlich ist deshalb, ob der bevollmächtigte Rechtsanwalt der
Beklagten bei sorgfältiger Prüfung erkennen konnte, dass der Anspruch der
Klägerin und des Drittwiderbeklagten auf Verschaffung eines mangelfreien
Werks einredefrei bestand und fällig war (BGH, Urteil vom 18.
Januar 2011 - XI ZR 356/09, NJW 2011, 1063, 1065).
49 Dies ist zu bejahen. Im Juli 2010 waren die Fragen zur
Leitbildfunktion des § 641 BGB und des § 320 Abs. 1 Satz 1 BGB sowie zu den
Voraussetzungen einer Individualvereinbarung hinreichend geklärt. Das hätte
der bevollmächtigte Rechtsanwalt erkennen können.
50 7. Die Klägerin kann entsprechend ihrem Begehren als großen
Schadensersatz die Rückabwicklung des Vertrages mit der Beklagten und
zusätzlich (§ 325 BGB) die Erstattung von (Folge-)Kosten verlangen, die mit
dem Einbau einer gleichwertigen Küche zusammenhängen
(Palandt/Grüneberg, aaO, § 281 Rn. 18, 21). Im Termin vor dem
Berufungsgericht haben die Parteien sich darauf verständigt, diese Kosten
mit 2.000 € anzusetzen. Die Revision macht geltend, die Vereinbarung beziehe
sich ausschließlich auf die Schadenshöhe, sage aber noch nichts darüber aus,
ob ein haftungsbegründender Ursachenzusammenhang bestehe, da noch nicht
feststehe, ob die der Schadensfestlegung zugrunde liegenden Arbeiten
tatsächlich durchgeführt würden. Dem vermag der Senat nicht zu folgen. Mit
der Festlegung der Folgeschadenshöhe auf 2.000 € haben die Parteien
notwendigerweise ihren Streit über die Frage beigelegt, ob und in welchem
Umfang Folgekosten anfallen. Das Berufungsgericht sollte - offensichtlich
zur Vermeidung weiterer Kosten - davon entbunden werden, die Berechtigung
der Schadenspositionen aufzuklären. Auf die von der Revision aufgeworfene
Frage kommt es deshalb für die Entscheidung dieses Falles nicht an.
III.
51 Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
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