Wolfgang Vogelsang, LL.M (London)
wissenschaftlicher Assistent
Lehrstuhl Prof. Dr Stephan Lorenz


Arbeitsgemeinschaft Zivilrecht IV

ZPO-Erkenntnisverfahren

3. Arbeitsgemeinschaft

Zulässigkeit der Klage II
Partei-, Prozeß- und Postulationsfähigkeit
(Prozessualer) Anspruch und Streitgegenstand
Rechtshängigkeit und Rechtskraft


Fall 1:          "Es kann der beste nicht in Frieden..."

(vgl. BGH NJW 1990, 186 und BGH NJW 2001, 1056)

Die "Vereinigung der Spielplatzfreunde" (K) ist eine Untergliederung des Vereins "S Landesverband Niedersachsen e.V."; sie besitzt keine eigene Satzung, versteht sich aber als nicht rechtsfähiger Verein. Aufgrund eines zwischen ihr, vertreten durch den derzeitigen ersten Vorsitzenden, und der Stadt Oldenburg geschlossenen "Gestattungsvertrags" nutzt die K ein im Eigentum der Stadt stehendes Gelände als Spiel- und Festplatz. Das Grundstück des B grenzt an das von der K genutzte Gelände. Er muß dieses überqueren, wenn er den rückwärtigen Teil seines Grundstücks mit Fahrzeugen erreichen will. Den Zugang verschafft er sich - auch gewaltsam - gegen den Willen der K. Die K, vertreten durch ihren Vorstand, erhebt Klage und beantragt, dem B bei Meidung von Ordnungsgeld, ersatzweise Ordnungshaft, das Betreten und Befahren des von der K benutzten Geländes zu verbieten.

Ist die Klage zulässig?


Lösung:

Die Klage könnte unzulässig sein, weil die K nicht parteifähig ist.

Nach § 50 I ZPO hängt die Parteifähigkeit von der Rechtsfähigkeit ab.

  1. Daß eine unselbständige Untergliederung eines rechtsfähigen Vereins keine eigene Rechtsfähigkeit hat, steht außer Frage (1).
  2. Sollte es sich bei den "Spielplatzfreunden" jedoch um einen nicht rechtsfähigen Verein handeln, auf den nach § 54 S. 1 BGB die Vorschriften der Gesellschaft Anwendung finden, besäße sie nach dem Wortlaut von § 50 Abs. 2 ZPO nur die passive Parteifähigkeit.
    Dennoch wurde von einem Teil des Schrifttums die Auffassung vertreten, die weitgehende Angleichung des nicht rechtsfähigen an den rechtsfähigen Verein im materiellen Recht verlange als Konsequenz die aktive Parteifähigkeit für nicht rechtsfähige Vereine (2).
    Die Rspr. und er andere Teil Teils des Schrifttums haben dies jedoch stets abgelehnt. (3). So führte der BGH noch 1990 aus (vgl. NJW 1990, 186, 187):

    "Die gesetzliche Regelung mit der Versagung der aktiven Parteifähigkeit für nicht rechtsfähige Vereine ist klar und eindeutig. Bloße Zweckmäßigkeitserwägungen würden zu einer Gewährung der aktiven Parteifähigkeit contra legem nicht ausreichen. Auch eine - wie die Revision meint - an Art. 5 und 9 GG orientierte verfassungskonforme Auslegung des § 50 ZPO muß hier nicht zur aktiven Parteifähigkeit führen. Weder das Recht der freien Meinungsäußerung noch der Vereinigungsfreiheit werden durch wortgetreue Anwendung des § 50 ZPO eingeschränkt. Den Mitgliedern der Kl. würde der Rechtsschutz weder versagt noch in unzumutbarer Weise erschwert. Sie haben die Möglichkeit, in ihrer Gesamtheit Klage zu erheben. Aufgrund der verhältnismäßig geringen Mitgliederzahl der Kl. bestehen auch keine großen Schwierigkeiten zur Individualisierung der Mitglieder im Rechtsstreit. Aus diesem Grunde kann offenbleiben, ob einer vermittelnden Ansicht (vgl. Steffen, in: RGRK, 12. Aufl., § 54 Rdnr. 19) gefolgt werden könnte, die den nicht rechtsfähigen Vereinen die aktive Parteifähigkeit zuerkennen will, die wegen der großen Mitgliederzahl oder des raschen Mitgliederwechsels zur Individualisierung ihrer Mitglieder im Rechtsstreit nicht oder nur unter großen Schwierigkeiten in der Lage sind. Im übrigen darf auch nicht außer acht gelassen werden, daß der Gesetzgeber seit der Gewährung der aktiven Parteifähigkeit für Gewerkschaften (4) die ZPO mehrfach geändert und es dabei offensichtlich nicht für nötig gehalten hat, allen nicht rechtsfähigen Vereinen die aktive Parteifähigkeit zuzuerkennen. Bei dieser Situation folgt aus den Grundsätzen der Rechts- und Gesetzesbindung der rechtsprechenden Gewalt (Art. 20 III GG), daß eine - im Grundsatz anerkannte - richterliche Rechtsfortbildung (vgl. BVerfGE 34, 269 (287 f.) = NJW 1973, 1221; BVerfGE 49, 304 (318) = NJW 1979, 305) in bezug auf die aktive Parteifähigkeit anormaler nicht rechtsfähiger Vereine nicht in Betracht kommt."

  3. Mittlerweile hat der BGH jedoch entschieden, daß die (Außen-)Gesellschaft bürger-lichen Rechts Rechtsfähigkeit besitzt, soweit sie durch Teilnahme am Rechtsverkehr eigene Rechte und Pflichten begründet, und in diesem Rahmen zugleich im Zivil-prozeß aktiv- und passiv parteifähig ist, vgl BGH NJW 2001, 1056-1060:

    "A. Nach Auffassung des Berufungsgerichts ist die Klage gegen die Beklagte zu 1 unzulässig, weil es sich bei dieser um eine nicht parteifähige Gesellschaft bürgerlichen Rechts handele. Das hält revisionsrecht-licher Prüfung nicht stand. Der Senat hält es unter Aufgabe der bisherigen Rechtsprechung für geboten, die (Außen-)Gesellschaft bürgerlichen Rechts in dem Umfang als im Zivilprozeß parteifähig anzusehen (§§ 50 ZPO), in dem sie als Teilnehmer am Rechtsverkehr Träger von Rechten und Pflichten sein kann.
    I. Nach neuerer Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann die Gesellschaft bürgerlichen Rechts als Gesamthandsgemeinschaft ihrer Gesellschafter im Rechtsverkehr grundsätzlich, das heißt soweit nicht spezielle Gesichtspunkte entgegenstehen, jede Rechtsposition einnehmen (BGHZ 116, 86, 88; 136, 254, 257; im Ansatz auch bereits BGHZ 79, 374, 378 f.). Soweit sie in diesem Rahmen eigene Rechte und Pflichten begründet, ist sie (ohne juristische Person zu sein) rechtsfähig (vgl. §§ 14 Abs. 2 BGB).
    1. Über die Rechtsnatur der Gesellschaft bürgerlichen Rechts finden sich im Gesetz keine umfassenden und abschließenden Regeln. Im ersten Entwurf des BGB war die Gesellschaft nach römischrechtlichem Vorbild als ein ausschließlich schuldrechtliches Rechtsverhältnis unter den Gesellschaftern ohne eigenes, von dem ihrer Gesellschafter verschiedenen, Gesellschaftsvermögen gestaltet (vgl. Mot. II 591 = Mugdan II 330). Die zweite Kommission konstituierte hingegen ein Gesellschaftsvermögen als Gesamthandsver-mögen (vgl. die heutigen §§§§ 718, 719 BGB), ohne jedoch die aus dem Gesamthands-prinzip folgenden Konsequenzen im einzelnen zu regeln. Es ist vielmehr im wesentlichen bei der Regelung des Gesell-schaftsverhältnisses als Schuldverhältnis geblieben, dem in

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    unvollständiger Weise das Gesamthandsprinzip "darüber gestülpt" wurde (Flume, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts Bd. I/1 1977, S. 3 f.; vgl. auch Ulmer, FS Robert Fischer 1979, S. 785, 788 f.). Zum Inhalt des Gesamthandsprinzips heißt es in den Protokollen lediglich, die Meinungen "darüber, wie die Rechtsgemeinschaft der gesamten Hand theoretisch zu konstruiren sei und was man als das charakteristische Merkmal derselben anzusehen habe, (gingen) auseinander" (Prot. II 429 = Mugdan II 990). "Die Kom. glaubte, zu der wissenschaftlichen Streitfrage über das Wesen der gesamten Hand nicht Stellung nehmen zu sollen, vielmehr nur entscheiden zu müssen, welche Bestimmungen sachlich den Vorzug verdienen" (Prot. II 430 = Mugdan II 990).
    2. Die Unvollständigkeit der gesetzlichen Regelung und das erkennbare Bestreben des historischen Gesetzgebers, eine konkrete Festlegung zu vermeiden, lassen Raum für eine an den praktischen Bedürf-nissen der Verwirklichung des Gesamthandsprinzips orientierte Beurteilung der Rechtsnatur der Gesell-schaft bürgerlichen Rechts. Danach verdient die Auffassung von der nach außen bestehenden beschränkten Rechtssubjektivität der bürgerlich-rechtlichen Gesellschaft den Vorzug. Diese Auffassung geht auf die deutsch-rechtliche Gesamthandslehre des 19. Jahrhunderts zurück (vgl. Otto Gierke, Deutsches Privatrecht Bd. 1 1895, S. 663 ff., 682). Sie wurde maßgeblich von Flume (aaO S. 50 ff.; ZHR 136 [1972], 177 ff.) in die moderne Diskussion eingeführt und hat sich im neueren Schrifttum weitgehend durchgesetzt (vgl. vor allem MünchKommBGB/Ulmer, 3. Aufl. §§ 705 Rdn. 130 ff. m.w.N. in Fn. 373; ders. AcP 198 [1998], 113 ff.; ebenso K. Schmidt, Gesellschaftsrecht 3. Aufl. §§ 8 III, S. 203 ff.; Wiedemann, WM 1994 Sonderbeilage 4, S. 6 ff.; Huber, FS Lutter 2000, 107, 122 ff.; Hüffer, Gesellschaftsrecht 5. Aufl. S. 47 ff.; Dauner-Lieb, Die BGB-Gesellschaft im System der Personengesellschaften, in: Die Reform des Handels-standes und der Personengesellschaften [Schriftenreihe der Bayer-Stiftung für deutsches und interna-tionales Arbeits- und Wirtschaftsrecht] 1999, S. 95, 99 ff.; Reiff, ZIP 1999, 517, 518; Mülbert, AcP 1999, 39, 43 ff.; Wertenbruch, Die Haftung von Gesellschaften und Gesellschaftsanteilen in der Zwangsvoll-streckung 2000, S. 211 ff.).
    a) Dieses Verständnis der Rechtsnatur der gesellschaftsrechtlichen Gesamthandsgemeinschaft bietet ein praktikables und weitgehend widerspruchsfreies Modell für die vom Gesetz (§§§§ 718-720 BGB) gewollte rechtliche Absonderung des Gesellschaftsvermögens vom Privatvermögen der Gesellschafter. Die sogenannte traditionelle Auffassung, die ausschließlich die einzelnen Gesellschafter als Zuordnungs-subjekte der die Gesellschaft betreffenden Rechte und Pflichten ansieht (vgl. Zöllner, FS Gernhuber 1993, S. 563 ff.; ders. FS Kraft 1998, S. 701 ff.; Hueck, FS Zöllner 1998, S. 275 ff.) weist demgegenüber konzeptionelle Schwächen auf. Betrachtet man die Gesellschaftsverbindlichkeiten lediglich als gemein-schaftliche Verbindlichkeiten der Gesellschafter gemäß §§ 427 BGB, widerspricht dies dem Gesamthand-sprinzip. Der einzelne Gesellschafter kann, wenn sich der geschuldete Gegenstand im Gesellschaftsver-mögen befindet, die Leistung wegen §§ 719 BGB nicht als Gesamtschuldner allein erbringen. Dies führt dazu, daß auch die Vertreter der traditionellen Auffassung zwischen der Gesellschaftsschuld und der Gesellschafterschuld differenzieren müssen. Bei der für die "Gesellschaft" abgeschlossenen Verbindlich-keit handele es sich um eine "einheitliche Verpflichtung mit doppelter Wirkung" in Bezug auf einerseits das Gesamthandsvermögen, andererseits das persönliche Vermögen der Gesellschafter (vgl. Hueck, FS Zöllner, S. 293; Zöllner, FS Gernhuber, S. 573). Dies verwischt aber die Grenzen zwischen Schuld und Haftung, denn eine Schuld kann immer nur Subjekte, nicht aber Vermögensmassen treffen (Aderhold, Das Schuldmodell der BGB-Gesellschaft 1981, S. 110 f.; Dauner-Lieb aaO, S. 100 ff.).
    b) Ein für die Praxis bedeutsamer Vorzug der nach außen bestehenden Rechtssubjektivität der Gesellschaft bürgerlichen Rechts im oben beschriebenen Sinne besteht darin, daß danach ein Wechsel im Mitglieder-bestand keinen Einfluß auf den Fortbestand der mit der Gesellschaft bestehenden Rechtsverhältnisse hat (vgl. Senat, BGHZ 79, 374, 378 f.). Bei strikter Anwendung der traditionellen Auffassung müßten Dauerschuldverhältnisse mit der "Gesellschaft" bei jedem Wechsel im Mitgliederbestand von den Vertragsparteien neu geschlossen bzw. bestätigt werden. Wenn die Gesellschaft im Außenverhältnis nur ein Schuldverhältnis darstellt, können zwei aus verschiedenen Mitgliedern bestehende Schuldverhältnisse nicht identisch sein. Das Erfordernis von Neuabschlüssen von Dauerschuldverhältnissen bei einem Gesellschafterwechsel ist aber ohne innere Rechtfertigung und würde die Handlungsfäähigkeit der Gesellschaft im Rechtsverkehr erheblich beeinträchtigen. Die traditionelle Auffassung vermag im übrigen keine befriedigende Erklärung dafür zu liefern, warum auch ein neu in die Gesellschaft eintretender Gesellschafter mit dem Gesellschaftsvermögen für Altschulden haften sollte. Die dafür angebotene Begründung, wonach der neue Gesellschafter in einer Art Gesamtrechtsnachfolge "in alle bestehenden Rechts- und Vertragspositionen hineinwachse" (Zöllner, FS Kraft, S. 715), läßt sich mit der Auffassung der Gesellschaft als reines Schuldverhältnis der Gesellschafter im Grunde nicht vereinbaren (dazu auch Ulmer, AcP 198 [1998], 113, 142).
    c) Die hier vertretene Auffassung ist zudem eher in der Lage, identitätswahrende Umwandlungen von Gesellschaften bürgerlichen Rechts in andere Rechtsformen und aus anderen Rechtsformen zu erklären. Betreibt eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts ein Gewerbe, dann wird sie von Gesetzes wegen ohne jeden Publizitätsakt zu einer personen- und strukturgleichen OHG, sobald das Unternehmen nach Art und Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert (§§ 105 Abs. 1 in Verbindung mit §§ 1 HGB). Da der OHG jedenfalls Rechtssubjektivität im oben beschriebenen Sinne zukommt (vgl. §§ 124 Abs. 1 HGB), würden sich bei konsequenter Anwendung der traditionellen Auffassung die Eigentumsverhältnisse an den zum Gesellschaftsvermögen gehörenden Gegenständen mit der Umwandlung zur OHG ändern. Dies würde für die Praxis insbesondere deshalb schwierige Probleme bereiten (vgl. Reiff, ZIP 1999, 517, 518 f.), weil für den Übergang von der Gesellschaft bürgerlichen Rechts zur OHG infolge des wertungsabhängigen Kriteriums des Erfordernisses eines kaufmännischen Geschäftsbetriebs ein genauer Zeitpunkt der Umwandlung kaum ausgemacht werden kann. Auch der Umstand, daß im neuen Umwandlungsrecht (§§§§ 190 ff., 226 ff. UmwG) Kapitalgesellschaften im Wege des identitätswahrenden Formwechsels in Personengesellschaften - auch in Gesellschaften bürgerlichen Rechts, vgl. §§ 191 Abs. 2 Nr. 1 UmwG - umgewandelt werden können, läßt sich auf der Grundlage der hier vertretenen Auffassung ohne weiteres, aus Sicht der traditionellen Auffassung aber - wenn überhaupt -nur mit Mühe erklären (vgl. dazu Wiedemann, ZGR 1996, 286, 289 f.; Mülbert, AcP 199 [1999], 38, 60 ff.; Timm, NJW 1995, 3209 ff.; Hueck, FS Zöllner, S. 280 ff.; Zöllner, FS Claussen 1997, 423, 429 ff.).
    d) Schließlich unterstützt die Tatsache, daß der Gesetzgeber mittlerweile die Insolvenzfähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts anerkannt hat (§§ 11 Abs. 2 Nr. 1 InsO wie auch schon §§ 1 Abs. 1 GesO), die Gesellschaft mithin als Träger der Insolvenzmasse ansieht, ebenfalls die Annahme der Rechtssubjektivität.

    3. Gegen diese Auffassung läßt sich nicht mit dem Gesetzeswortlaut insbesondere des §§ 714 BGB argumentieren. Zwar zeigt der Umstand, daß dort nur von einer Vertretungsmacht für die Gesellschafter, nicht aber für die "Gesellschaft" die Rede ist, daß bei der Formulierung der Norm an eine Verselb-ständigung der Gesellschaft bürgerlichen Rechts zu einer verpflichtungsfähigen Organisation nicht gedacht worden ist (Senat, BGHZ 142, 315, 319 f.). Bedenkt man aber, daß die Vorschrift im Kern unverändert aus §§ 640 Abs. 1 des ersten Entwurfs (abgedruckt bei Mug[1058]dan II CVI) in das BGB übernommen wurde und dieser erste Entwurf das Gesamthandsprinzip noch nicht kannte, gibt der Wortlaut für eine Deutung der Rechtsnatur der bürgerlichrechtlichen Gesellschaft nichts her. Der Senat braucht insoweit nicht der Frage nachzugehen, ob bereits der historische Gesetzgeber in Ansehung der deutschrechtlichen Gesamthandslehre des 19. Jahrhunderts die Rechtsfähigkeit der Gesellschaft als ungeschriebenes geltendes Recht angesehen hat (dazu Wertenbruch aaO, S. 34 ff.). Entscheidend ist, daß er jedenfalls eine solche Annahme nicht hat ausschließen wollen.
    4. In der Anerkennung der Rechtsfähigkeit der Gesellschaft liegt kein Widerspruch zu den §§§§ 21, 22, 54 BGB, wo mit Rechtsfähigkeit offensichtlich die Fähigkeit der Gesellschaft gemeint ist, Träger von Rechten und Pflichten aufgrund eigener Rechtspersönlichkeit und damit "als solcher" und nicht als Gruppe ihrer gesamthänderisch verbundenen Mitglieder zu sein. Wie §§ 14 Abs. 2 BGB zeigt, geht aber das Gesetz davon aus, daß es auch Personengesellschaften gibt, die Rechtsfähigkeit besitzen. So ist es praktisch unbestritten, daß OHG und KG Träger von Rechten und Pflichten sein können und damit rechtsfähig sind, ohne als Gesamthandsgemeinschaften den Status einer juristischen Person zu besitzen. Entsprechendes gilt nach ständiger Rechtsprechung (BGHZ 80, 129, 132; 117, 323, 326) für die Vor-gesellschaften von Kapitalgesellschaften.
    II. Erkennt man die Fähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts an, Träger von Rechten und Pflichten zu sein, kann ihr die Parteifähigkeit im Zivilprozeß, die gemäß §§ 50 ZPO mit der Rechtsfähigkeit korrespondiert, nicht abgesprochen werden.
    1. Die Parteifähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts ist die notwendige prozeßrechtliche Konse-quenz der Anerkennung der Rechtssubjektivität der Gesellschaft im Verhältnis zu Dritten (bejahend auch Wiedemann aaO, S. 9 f.; Hüffer, FS Stimpel 1985, S. 165, 168 ff.; Soergel/Hadding, BGB 11. Aufl. §§ 714 BGB Rdn. 52; Wertenbruch aaO, S. 213 ff.; MüünchKomm ZPO/Lindacher, §§ 50 Rdn. 23 ff.; Musielak/Weth, ZPO 2. Aufl. §§ 50 Rdn. 22; für die Mitunternehmer-Gesellschaft auch K. Schmidt aaO, §§ 60 IV 1, S. 1805 ff.). Im Zivilprozeß ist aktivlegitimiert, das heißt "richtige" Partei, wer Inhaber des geltend gemachten Rechts ist; derjenige ist passivlegitimiert, also "richtiger" Beklagter, der Verpflichteter aus dem geltend gemachten Recht ist. Dieser Sachbefugnis entspricht - von den Fällen der Prozeßstand-schaft abgesehen - grundsätzlich auch die Prozeßführungsbefugnis. Da nicht die einzelnen Gesellschafter, sondern die Gesellschaft materiell Rechtsinhaberin oder Verpflichtete ist, ist diese "richtige" Partei eines Rechtsstreits um eine Gesellschaftsforderung oder -verpflichtung und insoweit parteifähig und prozeßfüh-rungsbefugt.
    2. Die Anerkennung der Parteifähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts ist dem bisher praktizierten Modell, wonach die aktive und passive Prozeßführungsbefugnis hinsichtlich das Gesellschaftsvermögen betreffender Forderungen und Verbindlichkeiten bei den eine notwendige Streitgenossenschaft im Sinne des §§ 62 Abs. 1 ZPO bildenden Gesellschaftern liegt (vgl. Senat, BGHZ 30, 195, 197; Urt. v. 12. März 1990 - II ZR 312/88, ZIP 1990, 715, 716; MüünchKommBGB/Ulmer aaO, §§ 718 Rdn. 42 f.; Stein/Jonas/Bork, ZPO 21. Aufl. §§ 50 Rdn. 17; Heller, Der Zivilprozeß der Gesellschaft bürgerlichen Rechts 1989, S. 56 ff., 110 ff.), in mehrfacher Hinsicht vorzuziehen.
    a) Die notwendige Streitgenossenschaft der Gesellschafter kann nicht als adäquater Ersatz für die An-erkennung der Parteifähigkeit der Gesellschaft angesehen werden, weil das Instrument der notwendigen Streitgenossenschaft nicht die angemessenen prozessualen Konsequenzen aus den gesellschaftsrechtlichen Gesamthandsregeln zieht. Zwar stimmen notwendige Streitgenossenschaft und Gesamthandsprinzip insoweit überein, als die Klage nur gegen alle Gesamthänder erhoben werden kann und das Urteil einheitlich ergehen muß. Im übrigen gewährleistet aber die notwendige Streitgenossenschaft keine den Besonderheiten der gesellschaftsrechtlichen Gesamthand entsprechende Prozeßführung, denn bei der notwendigen Streitgenossenschaft betreibt jeder Streitgenosse seinen eigenen Prozeß (§§ 63 ZPO). Die Verbindung mit den anderen Streitgenossen besteht lediglich in der erforderlichen Einheitlichkeit des Urteils und der Zurechnung des Verhandelns der anderen Streitgenossen im Falle der Säumnis eines Teils der Streitgenossen (§§ 62 Abs. 1 ZPO). Es gibt bei der notwendigen Streitgenossenschaft aber keine Verpflichtung zur gemeinschaftlichen Vornahme von Prozeßhandlungen. Vielmehr kann jeder Streitgenos-se unabhängig von den anderen Prozeßhandlungen mit Wirkung für sein Prozeßrechtsverhältnis vorneh-men (BGHZ 131, 376, 379) und kann jeder Streitgenosse auch einen eigenen Prozeßbevollmächtigten bestellen. Sich widersprechenden Vortrag verschiedener Streitgenossen kann das Gericht gemäßß §§ 286 ZPO frei würdigen (MünchKommZPO/Schilken, §§ 62 Rdn. 48; Heller aaO, S. 159). Jeder der Streitge-nossen kann gesondert Rechtsmittel mit der Folge einlegen, daß das Urteil auch gegenüber den anderen Streitgenossen nicht rechtskräftig wird (BGHZ 131, 376, 382).
    Es bestehen somit wesentliche Unterschiede zur materiellrechtlichen Vertretungs- und Verfügungsbefugnis bei der Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Wenn beispielsweise nur ein Gesellschafter geschäftsführungs-befugt ist, können die anderen Gesellschafter materiellrechtlich für die Gesellschaft keine wirksamen Erklärungen abgeben; wenn zwei nur gemeinschaftlich geschäftsführungsbefugte Gesellschafter sich widersprechende materiellrechtliche Erklärungen abgeben, kann keine davon wirksam sein. Das Modell der notwendigen Streitgenossenschaft ist also nicht in der Lage, eine den materiellrechtlichen Verhält-nissen adäquate Prozeßführung zu gewährleisten, weil die Prozeßführung bei einer notwendigen Streitge-nossenschaft anderen Regeln unterliegt als sie für die Vertretung der Gesellschaft gelten.
    Dieses Ergebnis ließe sich allenfalls dadurch umgehen, daß man die materiellrechtliche Vertretungs-befugnis auf die Prozeßführungsbefugnis der Gesamthänder als Streitgenossen überträgt, die Gesell-schafter prozessual als "Gruppe", vertreten durch ihren Geschäftsfüührer, behandelt und nur vom Geschäftsführer vorgenommene Prozeßhandlungen als wirksam anerkennt. Eine solche Lösung wäre jedoch mit den Grundprinzipien der notwendigen Streitgenossenschaft nicht vereinbar. Die Bevollmächtigung des Geschäftsführers im Gesellschaftsvertrag kann dem einzelnen als Streitgenossen verklagten Gesellschafter nicht die Prozeßführungsbefugnis in einem Prozeß nehmen, in dem er selbst Partei ist. Im Ergebnis liefe ein derartiger Korrekturversuch auf eine verschleierte Anerkennung der Parteifähigkeit der Gesellschaft hinaus. Geht man hingegen offen von der Parteifähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts aus, läßt sich die gewünschte Übereinstimmung von Prozeßführungs- und gesellschaftsrechtlicher Vertretungs-befugnis zwanglos und ohne Verletzung prozessualer Grundsätze erreichen. Es sind dann von vornherein nur diejenigen Prozeßhandlungen wirksam, die in Übereinstimmung mit den gesellschaftsrechtlichen Vertretungsregeln erfolgen.
    b) Gegen das Modell der notwendigen Streitgenossenschaft der Gesellschafter spricht des weiteren, daß unter seiner Geltung sowohl im Aktiv- als auch im Passivprozeß immer sämtliche gegenwärtigen Mit-glieder der Gesellschaft verklagt werden und klagen müssen, um einen Titel gegen und für die Gesamt-hand zu erhalten. Das kann den Gesellschaftsgläubigern bei größeren Gesellschaften und bei solchen mit häufigem Mitgliederwechsel erfahrungsgemäß erhebliche Probleme bereiten. Als Beispiele hierfür sei auf die den Urteilen des Bundesgerichtshofs vom 12. März 1990 (Senat aaO, ZIP 1990, 715) und vom 15. Oktober 1999 (V ZR 141/98, ZIP 1999, 2009) zu
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    grundeliegenden Sachverhalte verwiesen. Der Senat ist im erstgenannten Fall dem klagenden Gesellschaftsgläubiger, der aus eigener Kenntnis nicht über die Namen der inzwischen mehr als 70 Gesellschafter verfügte, dadurch entgegengekommen, daß er die korrekte Einbeziehung aller Gesellschafter in die Klage lediglich als einen Akt der Rubrumsberichtigung aufgefaßt hat (Senat aaO, ZIP 1990, 715, 716). Diese Lösung verläßt im Grunde bereits die Auffassung von den Gesellschaftern als notwendigen Streitgenossen, denn die unterbliebene Benennung aller aus materiellrechtlichen Gründen notwendigen Streitgenossen hätte zur Unzulässigkeit der Klage führen müssen (vgl. BGH, Urt. v. 25. Oktober 1991 - V ZR 196/90, WM 1992, 313, 315; Stein/Jonas/Bork aaO, §§ 62 Rdn. 20 f., 25; Musielak/Weth aaO, §§ 62 Rdn. 11). Im Ergebnis ist dieser Fall bereits so behandelt worden, als sei die Gesellschaft selbst die beklagte Partei und mithin parteifähig. Vor ähnlichen Schwierig-keiten stehen die Beteiligten auf der Grundlage der Streitgenossenschaftslösung auch in den nicht seltenen Fällen, in denen die Mitgliedschaft eines Gesellschafters unklar und streitig ist. In diesen Fällen muß - sei es im Aktivverfahren oder im Passivverfahren - vor einer Entscheidung in der Sache zunächst die mit dem Kern des Rechtsstreits in keiner Weise zusammenhängende Frage geklärt werden, inwiefern die fragliche Person wirksam Mitglied geworden ist, bzw. inwiefern sie wirksam ausgeschieden ist. Auch hier hat sich die Rechtsprechung damit zu behelfen versucht, daß bei irrtümlich unterbliebener Aufführung eines Gesellschafters lediglich das Rubrum unrichtig sei (BGH, Beschl. v. 10. Oktober 1996 - IX ZR 135/95, NJW 1997, 1236; vgl. auch OLG Hamburg LZ 1917, 78). Diese Hilfskonstruktionen der bisherigen Rechtsprechung, die es im Interesse der Sachgerechtigkeit ermöglichen sollten, trotz formalen Festhaltens am Streitgenossenschaftsmodell die Gesellschaft bürgerlichen Rechts als parteifähig zu behandeln, können aber letztlich nicht überzeugen. Insbesondere versagen sie im Stadium der Zwangsvollstreckung, denn der Gerichtsvollzieher hat in Zweifelsfällen nicht die Möglichkeit zu prüfen, ob es sich bei den in einem Titel aufgeführten Gesellschaftern um sämtliche Gesellschafter handelt. Die Anerkennung der Parteifähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts ist demgegenüber sowohl im Erkenntnis-, als auch im Vollstrek-kungsverfahren die einfachere und konsequentere Lösung.
    c) Zu erheblichen Problemen, die praktisch nicht befriedigend gelöst werden können, kommt die Streitge-nossenschaftslösung auch im Falle des Neueintritts und des Mitgliederwechsels während des Erkenntnis-und des Vollstreckungsverfahrens im Gesamthandsschuldprozeß. Die Vertreter der Streitgenossenschafts-lösung gehen bei einem während des Erkenntnisverfahrens eingetretenen Parteiwechsel analog §§§§ 239, 241, 246 ZPO von einem gesetzlichen Parteiwechsel aus (MünchKommBGB/Ulmer aaO, §§ 718 Rdn. 60 ff.; Heller aaO, S. 200 f.): Auf Antrag sei der Prozeß in diesem Fall analog §§ 246 ZPO bis zur Aufnahme des Verfahrens durch den neuen Gesellschafter zu unterbrechen; das Rubrum sei vom Gericht zu be-richtigen; bleibe ein nach Rechtshängigkeit erfolgter Neueintritt oder Mitgliederwechsel bis zum Abschluß des Erkenntnisverfahrens unbekannt, könne der Titel nachträglich analog §§ 727 ZPO auf den neu-eingetretenen Gesellschafter umgeschrieben werden; gleiches gelte für den nach Abschluß des Erkenntnis-verfahrens und vor Beginn der Zwangsvollstreckung neu eingetretenen Gesellschafter.
    Dieser Lösungsvorschlag ist in praktischer Hinsicht unzulänglich. So ist eine Titelumschreibung gemäß §§ 727 ZPO jedenfalls dann nicht mehr möglich, wenn der unerkannte Neueintritt oder Mitgliederwechsel vor Rechtshängigkeit der Klage erfolgt ist. Die Vorschrift ist nur auf nach Rechtshängigkeit eingetretene Rechtsänderungen anwendbar (BGHZ 120, 387, 392). Die Möglichkeit der Titelumschreibung versagt zudem, wenn der Gläubiger den Neueintritt nicht in der gemäß §§ 727 ZPO erforderlichen Art und Weise (Offenkundigkeit bei Gericht oder öffentliche bzw. öffentlich beglaubigte Urkunden) nachweisen kann. Er müßte dann erst Klage auf Klauselerteilung gemäß §§ 731 ZPO erheben. Im übrigen ist zu bedenken, daß bei Bekanntwerden eines vom Titel abweichenden Bestandes der Gesellschafter zunächst in jedem Fall erst einmal das Zwangsvollstreckungsverfahren eingestellt werden müßte. Etwa bereits eingeleitete Forderungspfändungen und andere Zwangsmaßnahmen gingen ins Leere und die Gesellschaft könnte inzwischen anderweitig über die zur Zwangsvollstreckung ausersehenen Gegenstände verfügen. Im übrigen könnte die Gesellschaft - die Gefahr ist insbesondere bei Publikumsgesellschaften gegeben - die Vollstreckung durch sukzessive Bekanntgabe immer weiterer Veränderungen im Gesellschafterbestand nahezu gänzlich unmöglich machen (vgl. Wiedemann aaO, S. 5). Die Streitgenossenschaftslösung kann demnach die infolge des Auseinanderfallens von materieller Berechtigung (die der Gesellschaft zukommt) und Prozeßführungsbefugnis (die bei den Gesellschaftern liegen soll) unweigerlich auftretenden Probleme nicht befriedigend lösen, sondern verlagert sie lediglich vom Erkenntnis- in das Vollstreckungsverfahren. Bei Anerkennung der Parteifähigkeit der Gesellschaft hindert eine Veränderung im Gesellschafterbestand -sei sie vor, während oder nach dem Prozeß erfolgt - die Rechtsdurchsetzung hingegen in keiner Weise. 3. Die Regelung des §§ 736 ZPO, wonach zur Zwangsvollstreckung in das Vermögen der Gesellschaft bürgerlichen Rechts ein gegen alle Gesellschafter ergangenes Urteil erforderlich ist, steht der Anerkennung der Parteifähigkeit nicht entgegen. Ein gegen die Gesamtheit der gesamthänderisch verbundenen Gesell-schafter als Partei ergangenes Urteil ist ein Urteil "gegen alle Gesellschafter" im Sinne des §§ 736 ZPO. Die Vorschrift verlangt weder vom Wortlaut noch vom Zweck her ein Urteil gegen jeden einzelnen Gesellschafter.
    a) Aus der Entstehungsgeschichte des §§ 736 ZPO folgt, daß Zweck dieser Regelung die Verhinderung der Vollstreckung von Privatgläubigern einzelner Gesellschafter in das Gesellschaftsvermögen, nicht aber der Ausschluß der Parteifähigkeit der Gesellschaft ist (ausführlich Wertenbruch aaO, S. 122 ff.; vgl. auch Wiedemann aaO, S. 10). Nach §§ 645 des ersten Entwurfs (E I) zum BGB (abgedruckt bei Mugdan II CVII), der die Gesellschaft als römischrechtliche Bruchteilsgemeinschaft gestaltete, war die Verfügung des Gesellschafters über seinen Anteil nicht dinglich, sondern nur schuldrechtlich ausgeschlossen. Privatgläubiger einzelner Gesellschafter hätten im Rahmen der Zwangsvollstreckung also direkt Zugriff auf deren Anteile am Gesellschaftsvermögen gehabt. Um eine solche Vollstreckung von Privatgläubigern einzelner Gesellschafter in das Gesellschaftsvermögen zu verhindern, beschloß die zweite Kommission zunächst "in eventueller Abstimmung, für den Fall der Beibehaltung des §§ 645 des Entwurfs" (Prot. II 428 = Mugdan II 989) folgenden §§ 645 a:
    "Die Zwangsvollstreckung in die gemeinschaftlichen Gegenstände findet nur aufgrund eines gegen sämmtliche Gesellschafter vollstreckbaren Schuldtitels statt. Aufgrund eines nur gegen einen Gesell-schafter vollstreckbaren Schuldtitels findet die Zwangsvollstreckung nur in dasjenige statt, was dem Gesellschafter als Gewinnantheil oder bei der Auseinandersetzung zukommt. ..." (Prot. II 426 = Mugdan II 988).
    Im weiteren Verlauf der Beratungen entschied sich die zweite Kommission, an Stelle des §§ 645 E I das Prinzip der gesamten Hand zu setzen (Prot. II 428 ff. = Mugdan II 990 ff.), welches in §§ 658 des zweiten Entwurfs (abgedruckt bei Jakobs/Schubert, Die Beratung des Bürgerlichen Gesetzbuchs Bd. III 1983, S. 296) seinen Ausdruck fand. §§ 658 E II entspricht dem heutigen §§ 719 BGB und enthielt zunächst zusätzlich folgenden Absatz 3:
    "Die Zwangsvollstreckung in das Gesellschaftsvermögen findet nur aufgrund eines gegen sämtliche Gesellschafter vollstreckbaren Schuldtitels statt."
    Später wurde dieser Abs. 3 aus dem zweiten Entwurf zum BGB gestrichen. "Als Ersatz" sollte "im Art. 11 des
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    Einführungsgesetzes vor dem §§ 671 a folgender §§ 671 in die Civilprozeßßordnung eingestellt werden" (Jakobs/Schubert aaO, S. 297 Fn. 20):
    "Zur Zwangsvollstreckung in das Gesellschaftsvermögen einer nach §§ 745 des Bürgerlichen Gesetzbuchs eingegangenen Gesellschaft ist ein gegen alle Gesellschafter vollstreckbares Urtheil erforderlich." Hieraus wurde schließlich die Bestimmung des §§ 736 ZPO.
    Diese Entwicklung zeigt, daß die Regelung eine Ausprägung des Prinzips der gesamthänderischen Bindung des Gesellschaftsvermögens darstellt, mit dessen Übernahme der historische Gesetzgeber erreichen wollte, daß der einzelne Gesellschafter nicht über seinen Anteil am Gesellschaftsvermögen verfügen (§§ 719 Abs. 1 BGB), daß er sich nicht durch Aufrechnung mit einer ihm nur gegen einen der anderen Gesellschafter zustehenden Forderung aus einer Verpflichtung gegenüber der Gesellschaft befreien (§§ 719 Abs. 2 BGB) und daß nicht ein Gläubiger nur eines Gesellschafters in das Gesamthands-vermögen vollstrecken können soll (§§ 736 ZPO). Diese Zielsetzung ist in der dem Reichstag mit dem Gesetzentwurf des BGB vom Reichsjustizamt vorgelegten Denkschrift (Denkschrift zum Entwurf eines Büürgerlichen Gesetzbuchs 1896, S. 87 f.) ausdrücklich in diesem Sinne formuliert worden. Die Regelung in §§ 736 ZPO stellt mithin als Ausdruck der gesamthänderischen Vermögensbindung das vollstreckungs-rechtliche Pendant zu §§ 719 Abs. 1 BGB dar und wird treffend auch als "§§ 719 Abs. 3 BGB" (Wertenbruch aaO, S. 124, 129) bezeichnet.
    Das Ziel der Verhinderung einer Vollstreckung in das Gesellschaftsvermögen durch Gläubiger nur einzelner Gesellschafter wird bei Anerkennung der Parteifähigkeit der Gesellschaft mindestens ebenso gut erreicht wie bei Zulassung von Klagen nur gegen die einzelnen Gesellschafter. Es kann deshalb nicht festgestellt werden, daß die Regelung des §§ 736 ZPO zum Ziel hat, die Parteifähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts im Zivilprozeß auszuschließen. Die Parteifähigkeit der Gesellschaft ist vom Gesetz-geber ebensowenig abschließend geregelt worden wie das "Wesen der Gesamthand" allgemein. Dement-sprechend hat Gottlieb Planck, Generalreferent der zweiten Kommission, bereits in der im Jahre 1900 erschienenen ersten Auflage seines Kommentars zum BGB trotz Ablehnung der Parteifähigkeit ausgeführt, die §§ 736, 859 ZPO berührten die Parteifähigkeit der Gesellschaft nicht, sie seien lediglich mit Rücksicht auf das Gesamthandsprinzip in das Gesetz aufgenommen worden (vor §§ 705 Anm. II 2, S. 453).
    b) Kein durchgreifendes Argument gegen die Anerkennung einer Parteifähigkeit kann auch der amtlichen Begründung der CPO-Novelle zu §§ 670 b CPO (spääter §§ 736 ZPO) aus dem Jahre 1897 (Hahn/Mugdan, Die gesammten Materialien zu den Reichs-Justizgesetzen, 8. Band, 1898, S. 138 f.) entnommen werden. Soweit es darin heißt, die Gesellschaft könne nicht "als solche" verklagt werden, muß das nicht im Sinne einer Ablehnung der Parteifähigkeit gemeint sein. Im 19. und beginnenden 20. Jahr-hundert galt der Begriff "Gesellschaft als solche" - wie Wertenbruch (aaO S. 9 ff.; 46 ff.; 132) nach-gewiesen hat - als Umschreibung für juristische Person. So hieß es in Art. 231 ADHGB zur Aktiengesell-schaft, diese könne "als solche" klagen und verklagt werden (vgl. auch den heutigen §§ 41 Abs. 1 AktG). Bei der OHG hingegen wurde der Zusatz, die Gesellschaft habe "als solche" ihre Rechte und Pflichten und ihr besonderes Vermögen, wie er noch in Art. 87 des preußischen Entwurfs zum ADHGB aus dem Jahre 1857 enthalten war, nicht in den späteren Art. 111 ADHGB (heute §§ 124 HGB) übernommen, weil darin eine Definition der juristischen Person zu sehen sei (vgl. Lutz, Protokolle der Kommission zur Berathung eines allgemeinen deutschen Handelsgesetzbuches 1858, S. 156). Daß die Formulierung "als solche" in bezug auf die Aktiengesellschaft die Gestaltung als juristische Person zum Ausdruck bringen soll, geht auch aus den Ausführungen von Makower (HGB Band I 13. Aufl. 1906, §§ 210 Anm. I a) und Flechtheim (in Düüringer/Hachenburg, HGB 3. Aufl. 1934, §§ 210 Anm. 2) hervor.
    c) Die Bestimmung des §§ 736 ZPO wird durch die Anerkennung der Parteifähigkeit der Gesellschaft nicht üüberflüssig. Versteht man die Bestimmung so, daß der Gläubiger nicht nur mit einem Titel gegen die Gesellschaft als Partei in das Gesellschaftsvermögen vollstrecken kann, sondern auch mit einem Titel gegen alle einzelnen Gesellschafter aus ihrer persönlichen Mithaftung (vgl. auch MüünchKommBGB/Ulmer aaO, §§ 718 Rdn. 54), behält sie durchaus einen eigenständigen Regelungs-gehalt. Die Rechtslage bei der Gesellschaft bürgerlichen Rechts ist insoweit anders als bei der OHG, wo gemäß §§ 124 Abs. 2 HGB eine Vollstreckung in das Gesellschaftsvermögen ausschließlich mit einem gegen die Gesellschaft lautenden Titel möglich ist.
    4. Auch der Umstand der fehlenden Registerpublizität der Gesellschaft bürgerlichen Rechts hindert nicht die Anerkennung ihrer Parteifähigkeit. Der Senat verkennt zwar nicht, daß es wegen der fehlenden Publizität in einigen Fällen schwierig werden könnte, eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts im Prozeß so klar zu bezeichnen, daß eine eindeutige Identifizierung - vor allem auch im Vollstreckungsverfahren -möglich ist. Auch ist von außen nicht immer leicht zu ermitteln, inwieweit ein Zusammenschluß mehrerer tatsächlich als (Außßen-)Gesellschaft bürgerlichen Rechts organisiert ist (vgl. K. Schmidt aaO, §§ 60 IV 1, S. 1806 f.). Diese Schwierigkeiten wiegen aber nicht so schwer, daß daran die Anerkennung der Parteifähigkeit scheitern müßte.
    Im Aktivprozeß der Gesellschaft ist es den für die Gesellschaft auftretenden Personen ohne weiteres zumutbar, die Gesellschaft - beispielsweise durch die möglichst exakte Bezeichnung der Gesellschafter, der gesetzlichen Vertreter und der Bezeichnung, unter der die Gesellschaft im Verkehr auftritt - identifi-zierbar zu beschreiben. Sollte sich im Verlauf des Prozesses herausstellen, daß tatsächlich keine Außenge-sellschaft existiert, müßte zumindest derjenige für die Prozeßßkosten aufkommen, der im Namen der vermeintlichen Gesellschaft den Prozeß als deren Vertreter ausgelöst hat. Im Falle des Auftretens für eine nicht existierende Partei trägt der in deren Namen auftretende und die Existenz der Partei behauptende Vertreter als Veranlasser des unzulässigen Verfahrens die Prozeßßkosten (Sen.Urt. v. 25. Januar 1999 - II ZR 383/96, ZIP 1999, 489, 491 m.w.N.). Es ist also immer zumindest eine natürliche Person als Kosten-schuldner vorhanden.
    Im Passivprozeß ist es wegen der persönlichen Gesellschafterhaftung für den Kläger - wie bei der OHG (vgl. Behr, NJW 2000, 1137, 1139) - praktisch immer ratsam, neben der Gesellschaft auch die Gesell-schafter persönlich zu verklagen. Das kommt insbesondere dann in Betracht, wenn nicht sicher ist, ob eine wirkliche Außengesellschaft mit Gesamthandsvermögen existiert. Stellt sich während des Prozesses heraus, daß die Gesellschafter nicht als Gesamthandsgemeinschaft verpflichtet sind, sondern nur einzeln als Gesamtschuldner aus einer gemeinschaftlichen Verpflichtung schulden (§§ 427 BGB), wird nur die Klage gegen die Gesellschaft - nicht aber die gegen die Gesellschafter persönlich - abgewiesen. Stellt sich erst während der Zwangsvollstreckung heraus, daß überhaupt kein Gesellschaftsvermögen vorhanden ist, bleiben dem Gläubiger noch die Titel gegen die einzelnen Gesellschafter. Es besteht also bei Annahme einer Parteifähigkeit der Gesellschaft kein Unterschied zur Situation, wie sie sich auf der Grundlage der Streitgenossenschaftslösung darstellt, denn auch hier wird zwischen der Klage gegen die Gesamthand (Gesamthandsschuldklage) und gegen die Gesellschafter (Gesamtschuldklage) unterschieden (Müünch-KommBGB/ Ulmer aaO, §§ 718 Rdn. 47 ff.; Heller aaO, S. 73 ff.). Im übrigen bleibt es dem Gesellschafts-gläubiger auch bei Anerkennung der Parteifähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts unbenommen, ausschließlich die Gesellschafter persönlich in Anspruch zu nehmen. Dem Gesellschaftsgläubiger wird die Rechtsverfolgung demnach durch die Anerkennung der Parteifähigkeit in keiner Weise erschwert.

    Da auf den "nicht rechtsfähigen" Verein gem. § 54 S. 1 BGB die Vorschriften über die Gesellschaft Anwendung finden und der nicht rechtsfähige Verein stets Auß engesellschaft ist, muß folglich nunmehr auch der nicht rechtsfähige Verein als rechtsfähige BGB-Gesellschaft behandelt werden. § 54 BGB liest sich auf Grund der Entscheidung BGH NJW 2001, 1056 nunmehr widersprüchlich: Vereine die "nicht rechtsfähig" sind, sind kraft dieser Verweisung jetzt gerade rechtsfähig. M.a.W.: Auch der nicht eingetragene Verein ist rechtsfähig und damit gem. § 50 Abs. 1 ZPO auch parteifähig: § 50 Abs. 2 ZPO ist auf Grund richterlicher Rechtsfortbildung gegenstandslos. (5)

  4. Die Klage ist daher zulässig.


FN 1: BGH NJW 1990, 186 (zurück).

FN 2: vgl. Palandt/Heinrichs, § 54 Rdnr. 11; MünchKomm (BGB)/Reuter, § 54 Rdnr. 12; Staudinger/Coing, BGB (12.Aufl.), § 54 Rdnr. 19; Soergel/Hadding, § 54 Rdnr. 33. jew.m.w.N. (zurück).

FN 3: vgl. RGZ 78, 101, 106; BGH NJW 1965, 865; BGH NJW 1990, 186; OLG München, NJW 1969, 617, 618; Rosenberg/Schwab/Gottwald, § 43 II 3 a; Thomas/Putzo,, § 50 .Rdnr. 8;; Stein/Jonas/Leipold, ZPO, 20, § 50 Rdnr. 20; K. Schmidt NJW 1984, 2249 (zurück).

FN 4: dazu unten Fall 2. In einer mit den Gewerkschaften vergleichbaren Situation befindet sich K nicht. Ihr sind keine öffentlichen Funktionen übertragen, deren Schutz die aktive Anrufung der Gerichte verlangte. (zurück).

FN 5: vgl. K. Schmidt, NJW 2001, 993, 1002, 1003. (zurück).