IPR: Qualifikation der Morgengabe; Durchsetzbarkeit des Anspruchs


OLG Köln, Beschluss vom 5.11.2015 - 21 UF 32/15


Fundstelle:

NJW 2016, 649


Amtl. Leitsatz:

1. Vor deutschen Gerichten ist die von einem (auch) deutschen Staatsbürger seiner iranischen Braut bei der Eheschließung im Iran versprochene Morgengabe nach deutschem Recht zu beurteilen.
2. Das Versprechen einer Morgengabe von 414 Bahaar-Azadi-Goldmünzen im Wert von umgerechnet mehr als 94.000 € ist nicht sittenwidrig, wenn es den Ehemann nach seinen Einkommens- und Vermögensverhältnissen nicht krass überfordert.
3. Die Geschäftsgrundlage eines solchen Versprechens ändert sich nicht allein durch den Umzug der Eheleute nach Deutschland und ihre Scheidung nach nicht mehr kurzer Ehedauer.
4. Das Versprechen hält auch der Ausübungskontrolle stand, wenn die Morgenga-be bei den Ansprüchen auf Zugewinnausgleich und nachehelichen Unterhalt berücksichtigt und dadurch eine einseitige Belastung des Ehemannes durch Kumulation wirtschaftlicher Scheidungsfolgen vermieden werden kann.
5. Minderungs- oder Anpassungsgründe des fremden Rechts, die in der ehevertraglichen Vereinbarung keinen Ausdruck gefunden haben, können nicht herangezogen werden, um den Umfang einer nach deutschem Recht eingeforderten Morgengabe zu korrigieren.


Zentrale Probleme:

Es geht um eine Klage auf Auszahlung der Morgengabe. Dieses schwer einzuordnende Rechtsinstitut, das Heldrich in IPRax 1983, 64 als das "juristische Kuckucksei aus dem Morgenland" bezeichnet hat, wird hier im Anschluss an BGHZ 183, 287 als allgemeine Ehewirkung i.S.v. Art. 14 EGBGB qualifiziert. Damit kommt das OLG Köln zur Anwendbarkeit deutschen (Vertrags-)Rechts und bejaht einen solchen Anspruch (s. dazu insbesondere Wurmnest, FamRZ 2005, 1878 sowie dens. RabelsZ 2007, 527). Problematisch ist, dass das OLG den Einwand des Beklagten, das iranische Recht sehe eine Morgengabe nicht bei einer Scheidung auf Antrag der Ehefrau vor, so einfach verneint: Sollte das wirklich so sein, wird man das wohl bei der Vertragsauslegung unter deutschem Recht (§§ 133, 157 BGB) nach den Grundsätzen des "Handelns unter falschem Recht" berücksichtigen müssen.

©sl 2016


Gründe:

I.

3 Die am 00.00.1977 geborene Antragstellerin besitzt die iranische, der am 00.00.1958 geborene Antragsgegner, der seit 1980 in Deutschland lebt, hier Elektrotechnik studiert und eine Ausbildung zum EDV-Kaufmann und Kommunikationselektroniker abgeschlossen hat, die iranische und seit 2006 die deutsche Staatsangehörigkeit. Am 01.04.2009 schlossen die Beteiligten vor einem Heiratsnotariat in Teheran die Ehe. Urkundlich wurde, von beiden unterzeichnet, eine Morgengabe von (einem Band des heiligen Koran, einem Spiegel und einem Paar Kerzenständern sowie) 414 Goldmünzen der Sorte Bahaar-Azadi vereinbart. Die Antragstellerin war im Iran bereits einmal verheiratet; auf die Morgengabe von 214 Goldmünzen hatte sie bei der Scheidung im Oktober 2008 verzichtet. Im September 2009 übersiedelte sie, wie beabsichtigt, zum Antragsgegner nach Deutschland.

4 Anfang 2013 trennten sich die Beteiligten. Im Oktober 2013 verlangte die Antragstellerin, die mit der am 02.07.2010 geborenen gemeinsamen Tochter S weiterhin in dem vom Antragsgegner 2004 zu Alleineigentum erworbenen Einfamilienhaus (Reihenhaus) in K lebt, die Aushändigung der Goldmünzen. Im Januar 2014 leitete sie das vorliegende Verfahren ein. Ende März 2014 trat der Antragsgegner nach halbjähriger Arbeitslosigkeit eine neue Arbeitsstelle als Systemadministrator in G an. Im Juni (zugestellt im August) 2014 beantragte die Antragstellerin die Scheidung. Seit dem 02.03.2015 sind die Beteiligten rechtskräftig geschieden (301 F 192/14 AG Köln).

5 Mit dem angefochtenen Beschluss, auf den Bezug genommen wird, hat das Familiengericht den Antragsgegner verpflichtet, der Antragstellerin 414 Bahaar-Azadi-Goldmünzen zu übergeben bzw. nach fruchtlosem Ablauf einer dreiwöchigen Frist ab Rechtskraft zur Erfüllung dieser Verpflichtung an die Antragstellerin 94.338,18 € nebst Zinsen zu zahlen, was dem Wert der Münzen zum 15.10.2013 entspricht.

6 Dagegen richtet sich die Beschwerde des Antragsgegners. Er meint, die Einbeziehung der Morgengabe in das deutsche Recht führe dazu, dass die Antragstellerin hinsichtlich der Scheidungsfolgen ungerechtfertigt bereichert, er selbst – obwohl deutscher Staatsangehöriger – dagegen gleichheitswidrig benachteiligt werde. Zu berücksichtigen sei auch, dass der Antragstellerin nach iranischem Recht keine Morgengabe zustehe, weil sie die Scheidung beantragt habe.

7 Die Antragstellerin verteidigt die angefochtene Entscheidung.

II.

9 Die zulässige Beschwerde bleibt in der Sache ohne Erfolg. Zu Recht und mit sorgfältiger Begründung, auf die der Senat zustimmend Bezug nimmt, hat das Familiengericht den verfahrensgegenständlichen Anspruch nach deutschem Sachrecht beurteilt und den Antragsgegner zur Übergabe der versprochenen 414 Bahaar-Azadi-Goldmünzen sowie für den Fall des fruchtlosem Ablaufs der antragsgemäß gesetzten Erfüllungsfrist zum Schadensersatz (§§ 280, 281 BGB, § 113 Abs. 1 S. 2 FamFG, §§ 255, 259, 260 ZPO) verpflichtet. Das Beschwerdevorbringen rechtfertigt keine andere Entscheidung.

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1. Die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte ergibt sich aus dem gewöhnlichen Aufenthalt der Beteiligten in L (§§ 98 Abs. 1 Nr. 2, 105, 267 FamFG, § 13 ZPO).

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2. Die von der Antragstellerin verlangte Entrichtung einer im Iran vereinbarten Morgengabe unterliegt – wie vom Familiengericht richtig ausgeführt – deutschem Sachrecht.

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a) Das tief im islamischen Recht verwurzelte Rechtsinstitut der Morgen- oder Brautgabe ist kollisionsrechtlich als allgemeine Wirkung der Ehe gemäß Art. 14 EGBGB zu qualifizieren (vgl.
BGHZ 183, 287 = FamRZ 2010, 533 [Rn. 14 ff.]; ebenso Senat, FamRZ 2006, 1380; OLG Zweibrücken, FamRZ 2007, 1555; OLG Stuttgart, FamRZ 2009, 1580; OLG Hamm, NJOZ 2013, 1006; OLG Köln, FamRZ 2015, 1605; KG, FamRZ 2015; Johannsen / Henrich, Familienrecht, 6. Aufl., EGBGB Art. 14 Rn. 6; Palandt / Thorn, BGB, 74. Aufl., EGBGB Art. 13 Rn. 9). In der Regel – so auch im Streitfall – beruht sie auf einer ehevertraglichen Zusage.

13 Das führt gemäß Art. 14 Abs. 1 Nr. 2 EGBGB zur Anknüpfung an den derzeitigen gewöhnlichen Aufenthalt der Eheleute und zur Anwendung deutschen Rechts; eine Anknüpfung nach der gemeinsamen Staatsangehörigkeit gemäß Art. 3 Abs. 2 EGBGB in Verbindung mit Art. 8 Abs. 3 des Niederlassungsabkommens zwischen dem Deutschen Reich und dem Kaiserreich Persien vom 17.02.1929 (RGBl 1930 II, S. 1006; vgl. BGH, FamRZ 2004, 1952) oder Art. 14 Abs. 1 Nr. 1 EGBGB scheidet aus, weil bei dem Antragsgegner gemäß Art. 5 Abs. 1 S. 2 EGBGB seine deutsche der iranischen Staatsangehörigkeit vorgeht (vgl. OLG Hamm, a.a.O.; OLG Köln, FamRZ 2015, 1605; Johannsen / Henrich, a.a.O., Art. 15 Rn. 4; Palandt / Thorn, a.a.O., Art. 14 Rn. 7).

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b) Deutsches Recht wäre in gleicher Weise anwendbar, wenn die vereinbarte Morgengabe mit der Beschwerdebegründung als vermögensrechtliche Folge der Scheidung qualifiziert würde. Art. 17 Abs. 1 EGBGB (in seiner seit dem 29.01.2013 geltenden Fassung) in Verbindung mit Art. 8 lit. a der Verordnung (EU) Nr. 1259/2010 des Rates (Rom-III-VO) verweist insoweit auf das Recht des gewöhnlichen Aufenthalts der Eheleute bei Stellung des Scheidungsantrags.

15 Eine güterrechtliche Qualifikation und Zuordnung der Morgengabe zum unwandelbaren, auf das Recht der allgemeinen Ehewirkungen zur Zeit der Eheschließung verweisenden Güterrechtsstatut des Art. 15 Abs. 1 EGBGB (dafür: Andrae, Internationales Familienrecht, 3. Aufl., Kap. 3 Rn. 183 ff.; Yassari, Die Brautgabe im Familienvermögensrecht, 2014, S. 303 ff.; weitere Nachweise bei BGHZ 183, 287 [Rn. 13]), die nach dem Wechsel der Eheleute in ein anderes soziokulturelles und rechtliches Umfeld zu unzuträglichen Friktionen führen würde, ist abzulehnen (vgl. BGH, a.a.O. [Rn. 21 f.]).

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3. Entgegen dem Beschwerdevorbringen kann der Antragsgegner die Erfüllung seiner Zusage nicht mit der Begründung verweigern, dass die Antragstellerin bei Anwendung deutschen Rechts auf die Scheidung und deren Folgen um den Anspruch auf Leistung der Morgengabe ungerechtfertigt bereichert sei (§§ 812, 821 BGB). Die den Rechtsgrund seiner Verbindlichkeit bildenden ehevertraglichen Absprachen sind weder nichtig noch mit dem Umzug der Antragstellerin nach Deutschland hinfällig geworden.

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a) Bedenken gegen die Formwirksamkeit (§ 125 BGB) des im Iran vor einem Notar unter Zeugen abgegebenen und von den Beteiligten unterschriebenen ehevertraglichen Versprechens hat der Senat ebenso wenig wie das Familiengericht. Mangels konkreter Rügen des Beschwerdeführers erübrigen sich zur Einhaltung der gehörigen Form (Art. 11 Abs. 1 EGBGB, § 1410 BGB, § 1081 iran. ZGB) weitere Ausführungen.

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b) Gleiches gilt für den vom Familiengericht zu Recht als unerheblich angesehenen Einwand des Antragsgegners, dass er die Heiratsurkunde vor Eintragung der Zahl der Goldmünzen blanko unterschrieben und das beurkundete Versprechen erkennbar nicht ernst gemeint habe (§ 118 BGB). Soweit er sich in diesem Zusammenhang auf den in einer Verfahrenskostenhilfesache ergangenen Beschluss des Amtsgerichts Brühl vom 12.10. 2010 – 32 F 353/10 – bezogen hat, wonach alles Gold der Welt nicht die Zahl der von iranischen Ehemännern als Morgengabe versprochenen Goldmünzen abdecke, hat das Familiengericht bereits zutreffend darauf hingewiesen, dass es bei (vom Amtsgericht Brühl durchaus als verbindlich angesehenen) Versprechen dieser Art vor allem auf die Anzahl und den (vergleichsweise stabilen) Wert der Münzen als Rechengrößen ankommt.

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c) Die Vereinbarung der Morgengabe ist auch nicht sittenwidrig (§ 138 Abs. 1 BGB). Ob ein Rechtsgeschäft gegen die guten Sitten verstößt, mithin von den ethischen Grundlagen der Rechtsgemeinschaft abweicht, deshalb für sie unerträglich ist und verhindert werden muss, hängt von seiner Gesamtwürdigung ab, in die Inhalt, Beweggrund und Zweck des Geschäfts einzubeziehen sind (vgl. BGH, FamRZ 1990, 372 [373]; Palandt / Ellenberger, a.a.O., § 138 Rn. 8). Soweit es sich um Scheidungsfolgenregelungen handelt, wird im Rahmen der Inhaltskontrolle nach § 138 Abs. 1 BGB insbesondere geprüft, ob die Vereinbarung schon im Zeitpunkt ihres Zustandekommens offenkundig zu einer einseitigen Lastenverteilung führen musste (vgl. BGHZ 158, 81 = FamRZ 2004, 601; BGH, FamRZ 2014, 629 [Rn. 16 f.]). Bei der Würdigung von im Ausland abgeschlossenen, nach deutschem Recht zu beurteilenden Verträgen sind insoweit auch die Wertungen des fremden Rechts zu berücksichtigen; die Berücksichtigung darf aber nicht so weit gehen, den Normen des verdrängten Rechts Geltung zu verschaffen (Wurmnest, FamRZ 2005, 1878 [1882]; Yassari, a.a.O., S. 355; zum Schutz des „ordre public“ durch § 138 Abs. 1 BGB vgl. BGHZ 106, 336 [338]; Palandt / Ellenberger, a.a.O., § 138 Rn. 3).

20 Die im Streitfall vereinbarte Morgengabe entspricht, wie im angefochtenen Beschluss zutreffend ausgeführt, geläufigen iranischen Wertvorstellungen, wobei die Funktion solcher Brautgaben heute vorrangig im Aufbau eines Vermögens für die Ehefrau für den Fall der Scheidung gesehen wird (vgl.
BGHZ 183, 287 [Rn. 12]). Soweit sie daneben auch weiteren Zwecken dienen, begründet dies nicht das Verdikt der Sittenwidrigkeit: Weder wird die Frau zur bloßen Ware herabgewürdigt (zu dem an die Familie der Braut zu entrichtenden Brautgeld nach yezidischem Brauch vgl. dagegen OLG Hamm, NJW-RR 2011, 1197 [1199]) noch ist es mit deutschen rechtsethischen Prinzipien schlechthin unvereinbar, dass mit der Morgengabe auch die verminderte Wiederverheiratungschance der verstoßenen Frau abgegolten und ihre sexuelle Hingabe in der Ehe gewürdigt wird (vgl. OLG Hamm, NJOZ 2013, 1006 [1009]; OLG Stuttgart, FamRZ 2009, 1580; gegen OLG Hamburg, FamRZ 2004, 459 [460], das die Brautgabe vorwiegend als Preis für die Sexualität der Frau versteht, vgl. Wurmnest, a.a.O. [1879]; Yassari, a.a.O., S. 330).

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Auch eine für die Antragstellerin bei der Eheschließung erkennbare krasse Überforderung des Antragsgegners durch die Morgengabe, die als Indiz für eine sittlich anstößige Ausnutzung einer emotionalen oder sozialen Zwangslage anzusehen sein (vgl. Palandt / Ellenberger, a.a.O., Rn. 38b m.w.N.; zurückhaltender OLG Hamm, a.a.O.) oder zusammen mit weiteren Umständen für eine Erschwerung der Scheidung als einzigen Zweck dieses Geschäfts sprechen könnte (vgl. BGH, FamRZ 1990, 372 [373 f.]; OLG Oldenburg, FamRZ 1994, 1454 [1455]), hat das Familiengericht zu Recht verneint. Brautgaben von 300 bis 450 (bei Hochschulabsolventinnen 400 bis 500) Bahaar-Azadi-Goldmünzen waren bei iranischen Eheschließungen im Jahr 2009 üblich (vgl. Yassari, S. 184). Ruinösen Brautgabeversprechen begegnet das im April 2013 in Kraft getretene Gesetz zum Schutz der Familie zwar inzwischen dadurch, dass die säumigen Schuldnern im Iran – anders als in Deutschland – drohende Haft nur bei Brautgaben bis zur Höhe von 110 Bahaar-Azadi- Goldmünzen angeordnet werden darf; höhere Brautgabeversprechen sind jedoch zulässig, lediglich ihre Durchsetzbarkeit hängt von der Leistungsfähigkeit des Ehemannes ab (vgl. Yassari, a.a.O., S. 193 f.; dies., in: Kaiser / Schnitzler / Friederici / Schilling, BGB, 3. Aufl., Länderbericht Iran, Rn. 17).

22

Danach stellt sich das vom Antragsgegner im April 2009 abgegebene Versprechen, an seine Ehefrau auf deren Anforderung 414 Bahaar-Azadi-Goldmünzen als Morgengabe zu entrichten, keineswegs als eine die Grenzen privatautonomer Vertragsgestaltung grob missachtende Vereinbarung dar. Auch aus den damals vorhandenen und (bei Anforderung der Brautgabe im Fall der Trennung) zu erwartenden Einkommens- und Vermögensverhältnissen des Antragsgegners ergibt sich keine krasse Überforderung. Dieser verfügte in Deutschland, wo er mit der Antragstellerin nach der Heirat zu leben beabsichtigte, über Wohneigentum und nicht ganz unbeträchtliche Einkünfte als ausgebildeter Kommunikationselektroniker und EDV-Kaufmann. Das Versprechen einer Brautgabe in einer im Iran üblichen Höhe stand dazu nicht erkennbar außer Verhältnis.

23

d) Dass die Eheleute nach der Heirat einen gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland begründet haben, führte ersichtlich nicht zum Wegfall des ehevertraglichen Rechtsgrundes der Brautgabe (§ 812 Abs. 1 S. 2 BGB).

24

4. Ebenso wenig ist mit der nach Eheschließung durch den Wechsel des Ehewirkungsstatuts eingetretenen Änderung des Rechtsrahmens oder aus anderen Gründen die Geschäftsgrundlage des Morgengabeversprechens entfallen oder nachhaltig gestört worden, so dass es den geänderten Bedingungen anzupassen wäre (§ 313 BGB; vgl. für Brautgaben Yassari, a.a.O., S. 369 m.w.N.; Ülker, FamFR 2010, 142; zur Geschäftsgrundlage familienrechtlicher Vereinbarungen im Übrigen vgl. nur BGH, FamRZ 2012, 309 [Rn. 16 ff.]; FamRZ 2012, 525 [Rn. 28, 39]).

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a) Die Beteiligten beabsichtigten von Anfang an, gemeinsam in Deutschland zu leben. Von einem für sie überraschenden Wechsel des anwendbaren Rechts kann schon deshalb keine Rede sein. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass insbesondere der Antragsgegner, der in Deutschland gelebt, studiert und gearbeitet hat, bevor er in Teheran die Antragstellerin heiratete, eine spätere Anwendung des deutschen Scheidungsfolgenrechts nicht in seine Vorstellung aufgenommen und nur deshalb seiner Braut eine Morgengabe in dieser Höhe versprochen hat, konnte das Familiengericht zu Recht nicht feststellen und legt auch die Beschwerde nicht dar. Erst recht ist nicht ersichtlich, dass die Antragstellerin eine solche Fehlvorstellung des Antragsgegners hätte erkennen und sich redlicherweise auf die Vereinbarung eines geringeren Brautgeldes hätte einlassen müssen.

26

b) Eine Störung der Geschäftsgrundlage durch andere, bei der Eheschließung nicht vorhersehbare Umstände scheidet nach Lage der Dinge ebenfalls aus. Soweit das Versprechen einer Morgengabe nach den Vorstellungen der Beteiligten und dem Zweck eines solchen Versprechens im iranischen Recht teilweise auch als eine Vereinbarung zur Abfindung nachehelicher Unterhaltsansprüche (§ 1585c BGB) zu interpretieren sein mag, könnte zwar eine Herabsetzung der versprochenen Leistung nach kurzer Ehe (gemäß dem Rechtsgedanken des § 1579 Nr. 1 BGB) in Betracht zu ziehen sein (vgl. BGH, FamRZ 1987, 463 [466]). Im Streitfall liegt jedoch schon keine kurze Ehe in diesem Sinne vor. Eine Ehedauer von zwei bis drei Jahren zwischen der Heirat und der Zustellung des Scheidungsantrags betrachtet die deutsche Rechtsprechung in der Regel als kurz (vgl. BGH, FamRZ 2011, 791 [Rn. 37]; OLG Köln, FamRZ 2008, 523). Hier waren die Eheleute bei Zustellung des Scheidungsantrags durch die Antragstellerin dagegen mehr als fünf Jahre miteinander verheiratet (April 2009 bis August 2014). Hinzu kommt, dass das gemeinsame Kind der Beteiligten von der Antragstellerin betreut wird, was im Rahmen der Billigkeitsabwägung zusätzlich gegen eine Beschränkung ihres nachehelichen Unterhaltsanspruchs sprechen würde.

27

5. Schließlich hält der von der Antragstellerin (vor ihrem Scheidungsantrag, nach Trennung vom Antragsgegner innerhalb des Hauses) geltend gemachte Anspruch auf die Morgengabe auch einer dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) Rechnung tragenden Ausübungskontrolle (vgl. BGH, FamRZ 2011, 1377 [Rn. 16]; Yassari, a.a.O., S. 364, 366 f. m.w.N.) stand.

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Nach Lage der Dinge kann es der Antragstellerin nicht verwehrt werden, sich auf die sie begünstigende ehevertragliche Zusage zu berufen. Zwar stehen ihr nach Scheidung der Ehe nunmehr grundsätzlich auch die gesetzlichen Folgeansprüche des deutschen Rechts (Zugewinn- und Versorgungsausgleich, nachehelicher Unterhalt) zu. Zu einer grob unbilligen Kumulation dieser Ansprüche mit dem der iranischen Tradition entstammenden Anspruch auf Leistung der Morgengabe, die zu einer einseitigen Überbürdung sämtlicher wirtschaftlicher Scheidungsrisiken auf den Ehemann und zu einer nicht mehr hinzunehmenden unverhältnismäßigen Belastung des Antragsgegners führen müsste, kommt es damit jedoch nicht. Die im Wege des Versorgungsausgleichs erfolgte Übertragung geringer Rentenanwartschaften auf die Ehefrau fällt hier schon nicht entscheidend ins Gewicht. Statt denkbare Ansprüche der Antragstellerin auf nachehelichen Unterhalt oder Zugewinnausgleich ohne Weiteres auf ihren Morgengabeanspruch anzurechnen (vgl. Ülker, FamFR 2010, 142), genügt es, dass sich der Antragsgegner gegenüber solchen Ansprüchen auf die fehlende Bedürftigkeit seiner geschiedenen Ehefrau berufen könnte, soweit diese sich aus dem ihr mit der Morgengabe zugewendeten Vermögen selbst unterhalten kann (§ 1577 BGB), und einer Zugewinnausgleichsforderung der Antragstellerin die Brautgabe als Vorausempfang (§ 1380 BGB) entgegengehalten werden könnte (zum Ganzen vgl. Wurmnest, FamRZ 2005, 1878 [1880 ff.]; Yassari, a.a.O., S. 368, 380 ff.).

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6. Ohne Erfolg rügt die Beschwerde, dass bei Auslegung der streitbefangenen Zusage des Antragsgegners auch berücksichtigt werden müsse, dass nach iranischem Recht die Ehefrau den Anspruch auf die Morgengabe verliere, wenn sie die Scheidung beantragt.

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Abgesehen davon, dass eine Scheidung auf begründeten Antrag der Ehefrau, bei der ihr Anspruch auf Zahlung der Brautgabe in voller Höhe bestehen bleibt (vgl. Senat, FamRZ 2006, 1380 [Rn. 44 bei juris]), dem iranischen Recht keineswegs fremd ist (vgl. hierzu nur die zwölf in der streitgegenständlichen Heiratsurkunde aufgeführten, von den Eheleuten unterzeichneten Scheidungsgründe), kommt es auf angebliche Grundsätze des iranischen Rechts, die im Wortlaut des Ehevertrages oder in den bei den Vertragsverhandlungen offen zu Tage getretenen Vorstellungen der Beteiligten keinen unmissverständlichen Ausdruck gefunden haben (§§ 133, 157 BGB), hier nicht an. Denn ein Rückgriff auf das durch die Anwendung deutschen Sachrechts verdrängte ausländische Recht als solches findet nicht statt, weshalb gesetzliche Minderungs- oder Anpassungsgründe des fremden Rechts mangels tatsächlicher Anhaltspunkte für eine entsprechende Auslegung auch nicht herangezogen werden können, um den Umfang der versprochenen Brautgabe zu korrigieren (vgl. BGHZ 183, 287 [Rn. 23, 27]; Wurmnest, a.a.O. [1882]; Yassari, a.a.O., S. 355).

31

III.

32

Die Kostenentscheidung folgt aus § 84 FamFG, die Wertfestsetzung aus §§ 35, 39, 40 FamGKG.

33

Anlass für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde (§ 70 FamFG) besteht nicht. Die Sache hat keine grundsätzliche Bedeutung und eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts ist weder zur Fortbildung des Rechts noch zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich.