Der Bürge kann die Vollstreckungsabwehrklage
(§ 767 ZPO) darauf stützen, die verbürgte Hauptforderung
sei nach seiner rechtskräftigen Verurteilung verjährt (Bestätigung
von BGH NJW 1998, 2972 ff)
NJW 1999, 278 f
ZIP 1999, 19 ff
Vgl. Anmerkung zu BGH NJW 1998, 2972 ff
Sachverhalt:
Der Kläger wendet sich mit der Klage (§
767 ZPO) gegen die Vollstreckung aus einem rechtskräftigen Titel der
Beklagten über eine Bürgschaftsforderung. Die Beklagte überließ
einem eingetragenen Verein aufgrund eines Leasingvertrages vom Februar
1992 einen PKW. Der Kläger übernahm am 13.2.1992 die selbstschuldnerische
Bürgschaft für alle Verbindlichkeiten des Leasingnehmers aus
diesem Vertrag. Die Beklagte kündigte im Juni 1993 den Leasingvertrag
wegen Zahlungsrückstands und machte im September 1993 eine restliche
Forderung von 10678,49 DM geltend. Der Leasingnehmers teilte der Beklagten
am 27. 9. 1993 mit, daß die Eröffnung des Konkursverfahrens
über sein Vermögen beantragt und ein Sequester eingesetzt worden
sei. In dem Verfahren, in dem die Beklagte den Kläger als Bürgen
in Anspruch nahm, verkündete diese dem Leasingnehmer am 20. 10. 1994
den Streit. Die Klägerin wurde am 8. 11. 1994 rechtskräftig verurteilt,
an die Beklagte 10591,53 DM nebst Zinsen zu zahlen. Auf Bitte des Klägers
vom 20. 1. 1995 einigten sich die Parteien auf eine monatliche Ratenzahlungen,
die bis November 1995 eingehalten wurde. Mit Schreiben vom 2. 1. 1996 machte
der Kläger geltend, die verbürgte Forderung sei verjährt.
Landgericht und Oberlandesgericht haben die Zwangsvollstreckung
aus dem Titel der Beklagten für unzulässig erklärt. Mit
der - zugelassenen - Revision erstrebte die Beklagte die Abweisung der
Klage. Die Revision hatte keinen Erfolg.
Aus den Gründen:
I. Sie machte erfolglos geltend, die er Kläger
dürfe gegenüber der Titelforderung die Beklagten nicht die Verjährung
der verbürgten Hauptforderung gegen den Leasingnehmer einwenden. Dazu
hat das Berufungsgericht ausgeführt:
Die verbürgte Forderung gemäß
§ 196 I Nr. 6 BGB Ende 1995 verjährt; die Fähre hier. Sei
weder durch die Bürgschaftsklage und die Streitverkündung im
Vorprozeß unterbrochen noch gem. § 55 VerglO gehemmt worden.
Die er Kläger dürfe sich auf die nach seiner Verurteilung eingetretene
Verjährung der verbürgten Forderung berufen (§ § 768
BGB, 767 I, II ZPO). Als Bürge stehe der Kläger nicht einem Gesellschafter
gleich, deren demnächst § 128 HGB Weg in einer Gesellschaft Schuld
rechtskräftig verurteilt worden sei und eine Vollstreckungsabwehrklage
nicht auf eine Verjährung der Forderungen gegen die Gesellschaft stützen
dürfe. Die unmittelbare Haftung der Gesellschafter für Verbindlichkeiten
der Gesellschaft stehe gleichwertig neben diejenigen des Gesellschaft Vermögens;
jedenfalls bei Verjährung einer Gesellschaft Schuld, die in unveränderter
Zeit gegen einen Gesellschafter geltend gemacht werde, sei § 425 BGB
anzuwenden. Dagegen sei die Verpflichtung des Bürgen - auch bei selbstschuldnerischer
Haftung - eine Hilfsschuld, die nur Sicherheit für eine fremde Verbindlichkeit
biete; insoweit gelte § 425 BGB bezüglich deren Verjährung
nicht.
Diese Erwägungen halten einer rechtlichen Nachprüfung stand.
1. Das Berufungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, daß die verbürgte Hauptforderung der Beklagten gegen den Leasingnehmer Ende 1995 verjährt ist (§ 196 I Nr. 6 BGB; vgl. BGHZ 97,65 [78] = NJW 1986,1335 = LM § 535 BGB Nr. 102; BGH, NJW 1996, 2860 [2861] = LM H. 11/1996 § 535 Nr. 154). Insoweit beanstandet die Revision das Berufungsurteil nicht .
2. Die - der Zulassung der Revision zugrunde liegende
- Rechtsfrage, ob der Bürge sich nach rechtskräftiger Verurteilung
auf die Verjährung der verbürgten Hauptforderung berufen darf,
hat das Berufungsgericht zu Recht bejaht. Der selbstschuldnerische Bürge
kann gegenüber dem Gläubiger die Verjährung des verbürgten
Haupt Anspruchs gem. § 768 I 1 BGB auch dann einwenden, wenn diese
erst nach Erhebung der Bürgschaftsklage - in der Tatsacheninstanz
des Bürgschaftsprozesses - eingetreten ist (BGHZ 76, 222 [225 ff]
= NJW 1980, 1460 = LM § 767 BGB Nr. 14). Dies erfordert die Abhängigkeit
deren Bürgschaft Schuld von der Haupt Verbindlichkeit (§ 767
TV). Das gilt auch dann, wenn die verbürgte Forderung erst während
des Revisionsverfahrens des Bürgschaftsprozesses verjährt ist
und die Verjährungseinrede bereits in dessen Tatsacheninstanz erhoben
worden war (BGH, NJW 1990, 2754 = LM § 561 ZPO Nr. 60 = WM 1990, 1642
[1643]). Hat sich der Bürge im Bürgschaftsprozeß nicht
darauf berufen, daß die verbürgte Forderung während des
Revisionsverfahrens verjährt ist, kann er diese Verjährung im
Wege der Vollstreckungsgegenklage (§ 767 ZPO) geltend machen (BGH,
NJW
1998, 2972 = LM H. 12/1998 § 767 BGB Nr. 33 = WM 1998, 1766 [1768
f.], - zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt).
a) Der das Bürgschaftsrecht beherrschende
Grundsatz der Akzessorietät von Bürgschaftsschuld und verbürgter
Hauptforderung muß auch dann Geltung erlangen, wenn - wie im vorliegenden
Falle - die verbürgte Forderung erst nach rechtskräftiger Verurteilung
des Bürgen verjährt ist (vgl. BGH, NJW
1998, 2972 = LM H. 12/1998 § 767 BGB Nr. 33 = WM 1998,1766
[1767]); der Bürge darf dann die Verjährungseinrede gegenüber
dem titulierten Anspruch gem. § 768 BGB, § 767 ZPO einwenden.
Dadurch wird entgegen der Ansicht der Revision nicht die Rechtskraft der
Entscheidung durchbrochen, sondern nur deren Vollstreckbarkeit in den Grenzen
des § 767 II ZPO eingeschränkt (vgl. BGHZ 100,203 [212] = NJW
1987,1766 = LM § 1378 BGB Nr. 13; BGH, NJW-RR 1990, 48 [49]).
b) Entsprechend der Meinung des Berufungsgerichts
hat der Senat - nach Erlaß des Berufungsurteils - durch Urteil vom
9. 7. 1998 (NJW 1998, 2972 = LM H. 12/1998
§ 767 BGB Nr. 33 = WM 1998,1766 [1767]) entschieden, daß - entgegen
der Ansicht der Revision - die höchstrichterliche Rechtsprechung (BGHZ
104,76 [79 ff] = NJW 1988,1976 = LM § 129 HGB Nr. 13; BGH, NJW 1981,2579
= LM § 767 ZPO Nr. 55), nach der ein persönlich haftender Gesellschafter
einer Handels rechtlichen Personengesellschaft sich nicht auf die Verjährung
der Gesellschaft Schuld berufen darf, wenn die Verjährung des ihm
gegenüber bestehenden Anspruchs unterbrochen wurde, nicht auf die
Bürgschaft zu übertragen ist. Die Unterschiede der Bürgen-und
der Gesellschafterhaftung rechtfertigen eine getrennte Beurteilung der
Verjährung.
c) Entgegen der Ansicht der Revision ist es nicht
gerechtfertigt, § 768 BGB zugunsten des Gläubigers dann einzuschränken,
wenn die Akzessorietät der Bürgschaft und die berechtigten Interessen
des Gläubigers in Widerstreit treten. Liegende enge Verbindung zwischen
Gesellschaft-und Gesellschafterhaftung mag es zutreffend, daß die
Belange des Gläubigers schutzwürdiges sind, wenn der Gesellschafter
vor Ablauf der Verjährungsfrist verklagt und verurteilt worden ist
(vgl. BGHZ 104, 76 [81] = NJW 1988,1976 = LM § 129 HGB Nr. 13; BGH,
NJW 1981,2579 = LM § 767 ZPO Nr. 55). Dies kann aber auf die Bürgenhaftung
liegen des Grundsatzes der Akzessorietät nicht übertragen werden.
Insoweit wird der Sicherungszweck der Bürgschaft noch nicht aufgehoben
(vgl. dazu Staudinger/Horn, BGB, 13. Bearb., § 768 Rn. 5).
d) An der unterschiedlichen Beurteilung der Verjährung
in der Bürgen-und Gesellschafterhaftung kann entgegen der Ansicht
der Revision der Verjährungszweck auch dann nichts ändern denn
- wie hier - ein selbstschuldnerischer Bürge bereits rechtskräftig
beurteilt worden ist (BGH NJW 1998, 2972
= LM H.12/1998 § 767 BGB Nr. 33 = WM 1998,1766 [1767]). Da für
die Forderungen gegen den (nicht ausgeschiedenen) Gesellschafter grundsätzlich
keine besondere Verjährungsfrist läuft, kann der Gläubigerschutz
es rechtfertigen, den Gesellschafter nach seiner gerichtlichen Inanspruchnahme
mit der Einrede der Verjährung des Anspruchs gegen die Gesellschaft
auszuschließen. Dies kann für den Bürgen aber nicht gelten,
weil die Verjährungsfristen für Bürgschafts- und Hauptschuld
nicht notwendig gleich sind.
II. 1. Die Revision rügt erfolglos, daß
das Berufungsgericht einen Verzicht des Klägers auf die Einrede der
Verjährung der verbürgten Forderung - vor Eintritt der Verjährung
Ende 1995 - verneint hat. Das Berufungsgericht hat zugunsten der Beklagten
unterstellt, daß ein solcher Verzicht trotz § 225 Satz 1 BGB
wirksam wäre. Es hat jedoch rechtsfehlerfrei festgestellt, daß
die Ankündigungen des Klägers, bei dem Hauptschuldner und anderen
Personen Rückgriff zu nehmen, sowie die Ratenzahlungsvereinbarung
der Parteien aufgrund des Schreibens des Klägers vom 20. 1. 1995 keinen
schlüssigen Verzicht enthalten (vgl. BGH, NJW 1996, 661 [663] = LM
Heft 4/1996 § 51 BRAO Nr. 25; NJW 1997,516 = LM Heft 3/1997 §
196 BGB Nr. 68 = WM 1997,330 [332]). Die Verfahrensrügen der Revision
wurden geprüft, greifen aber nicht durch (§§ Zeichen 565a
ZPO).
2. Vergeblich beanstandet die Revision auch die
rechtsfehlerfreie Feststellung des Berufungsgerichts, der Kläger habe
durch sein - dargelegtes - Verhalten die Beklagte nicht treuwidrig von
der rechtzeitigen Einklagung der verbürgten Hauptforderung abgehalten
oder nach objektiven Maßstäben das Vertrauen der Beklagten erweckt,
deren Bürgschaftsforderung werde ohne ein solches Vorgehen gegen den
Hauptschuldner und deswegen ohne die Einrede der Verjährung des verbürgten
Hauptanspruchs erfüllt werden (vgl. BGH, NJW 1996,1895 = LM Heft 7/1996
StBerG Nr. 57 = WM 1996,1106 [1108] m. w. N.). Auch die entsprechende tatrichterliche
Würdigung derer Ratenzahlungsvereinbarung läßt entgegen
der Revisionsrüge keinen Rechtsfehler erkennen.