1. Die Rechtsprechung des BGH, nach der ein
für eine Gesellschaftsschuld in Anspruch genommener persönlich
haftender Gesellschafter sich auf eine Verjährung der Forderung gegen
die Gesellschaft nicht berufen kann, wenn die Verjährung ihm gegenüber
unterbrochen wurde (BGHZ 104, 76 = NJW 1988, 1976 = LM § 129 HGB Nr.
13), ist auf die Bürgschaft nicht zu übertragen (Bestätigung
von BGHZ 76, 222 = NJW 1980, 1460 = LM § 767 BGB Nr. 14).
2. Eine Partei kann Einwendungen, welche auf
Gründen beruhen, die nach Schluß der letzten mündlichen
Verhandlung in der Tatsacheninstanz eingetreten sind, auch dann im Wege
der Vollstreckungsgegenklage geltend machen, wenn sie im Revisionsrechtszug
hätten berücksichtigt werden können.
NJW 1998, 2972 ff
ZIP 1998, 1478
WM 1998, 1766
Bestätigt durch BGH
ZIP 1999, 19 ff = NJW 1999, 278 f
Gem. § 768 I S. 1 BGB kann der Bürge
die Einreden erheben, die dem Hauptschuldner gegen die gesicherte Hauptforderung
zustehen. Dies ist Ausdruck der Akzessorietät der Bürgschaft.
Damit kann der Bürge auch die Verjährung der Hauptforderung geltend
machen. Klagt der Gläubigers gegen den Bürgen den Anspruch
aus der Bürgschaft (Anspruchsgrundlage: § 765 I BGB) ein, so
stellt sich die Frage, ob diese Klage auch die Verjährung der Hauptforderung
unterbricht (§ 209 I BGB).
Ist dies nicht der Fall und tritt die Verjährung
der Hauptforderung ein, nachdem der Hauptschuldner den Bürgen verklagt
hat, stellt sich die Frage, in welchem Verfahren der Bürge dies einwenden
kann oder muß, um die Präklusion der Einrede zu verhindern.
Die an der Nahtstelle zwischen materiellem Recht
und Prozeßrecht bzw. Zwangsvollstreckungsrecht stehende Entscheidung
ist in jeder Hinsicht lehrreich.
Zum Sachverhalt:
Der Vater des Kl. nahm in den Jahren 1983 und 1984 die Dienste der verklagten Steuerberater und Wirtschaftsprüfer in Anspruch. Am 31.3.1984 erkannte er in zwei Urkunden an, den Bekl. für 1983 ein Honorar in Höhe von 115700 DM und für weitere Tätigkeiten bis Ende März 1984 eine Vergütung von 89020 DM zu schulden. Am 25.5.1984 verbürgte der Kl. sich auf den Anerkenntnisurkunden für die Verbindlichkeiten seines Vaters. Er wurde durch Urteil des LG Bonn vom 13. 8. 1985 verurteilt, an die Bekl. 204 720 DM nebst Zinsen zu zahlen. Die Berufung des Kl. wurde aufgrund mündlicher Verhandlung vom 5.3.1986 zurückgewiesen. Seine Revision, über die am 4.11.1987 mündlich verhandelt wurde, blieb ohne Erfolg. Weitere Schritte zur Unterbrechung der Verjährung ihrer Ansprüche gegen den Vater des Kl., über dessen Vermögen das Konkursverfahren eröffnet wurde, unternahmen die Bekl. nicht. Sie erhoben gegen ihren jetzigen Streithelfer - einen Rechtsanwalt - Klage auf Schadensersatz, weil er sie nicht darauf hingewiesen habe, daß zur Sicherung der Bürgschaftsforderungen die Verjährung der Hauptforderung zu unterbrechen sei. Gegen den Streithelfer erging ein rechtskräftig gewordenes Grundurteil. Die Vollstreckungsgegenklage, mit welcher der Kl. unter Berufung auf die Verjährung der Hauptforderung die Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung aus dem Urteil vom 13. 8. 1985 geltend macht, hatte vor dem LG Erfolg. Auf die Berufung des Streithelfers hat das OLG die Klage abgewiesen. Die Revision des Kl. war erfolgreich.
Aus den Gründen:
I. Im Ergebnis zutreffend hat das BerGer. angenommen,
die Honorarforderungen der Bekl. gegen den Vater des Kl. seien nach der
letzten mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren des Bürgschaftsprozesses
(5.3.1986) und vor Schluß der Revisionsverhandlung (4.11.1987) verjährt.
Die Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen des
Vaters steht dem nicht entgegen (vgl. BGHZ 95, 375 [382] = NJW 1986, 310
= LM § 638 BGB Nr. 56). Vergütungsansprüche von Steuerberatern
verjähren gem. § 196 1 Nr. 15 BGB in zwei Jahren (BGH, NJW 1997,
516 = LM H. 3/1997 § 196 BGB Nr. 68 = WM 1997, 330 [3311); gleiches
gilt für Honorarforderungen von Wirtschaftsprüfern (vgl. v. Feldmann,
in: MünchKomm, 3. Aufl., § 196 Rdnr. 36; Palandt/Heinrichs, BGB,
57. Aufl., § 196 Rdnr. 29). Die Verjährung beginnt mit dem Schluß
des Jahres, in dem der Anspruch entsteht (§§ 198, 201 BGB).
1. Danach verjährten die Honoraransprüche
für die im Jahre 1984 erbrachten Leistungen mit Ablauf des 31.12.1986.
Das Schuldanerkenntnis des Vaters hat sich auf den Lauf der Verjährungsfrist
nicht ausgewirkt. Die Voraussetzungen für ein abstraktes Schuldanerkenntnis,
durch das ein eigenständiger vertraglicher Anspruch mit der 3ojährigen
Verjährungsfrist des § 195 BGB begründet worden wäre
(vgl. BGH, NJW 1982, 1809 [1810] = LM § 909 BGB Nr. 27), können
bereits im Bürgschaftsprozeß nicht festgestellt werden; im vorliegenden
Rechtsstreit fehlt dazu jeder Sachvortrag. Das Anerkenntnis vom 31.3.1984
war nicht geeignet, die Verjährung des Honoraranspruchs zu unterbrechen,
weil zu diesem Zeitpunkt die Verjährung noch nicht begonnen hatte
(§ 201 BGB). Wirksam hätte eine nach § 208 BGB mit einem
Anerkenntnis eintretende Unterbrechung erst zu Beginn des Laufs der Verjährungsfrist
am 1. 1. 1985 werden können (vgl. BGHZ 52, 47 [48] = NJW 1969, 1164
= LM § 209 BGB Nr. 20). Zu diesem Zeitpunkt war der verjährungsunterbrechende
Akt indes bereits beendet; denn die Unterbrechung durch ein Anerkenntnis
läßt mit dem darauffolgenden Tag eine neue Verjährungsfrist
beginnen (OLG Köln, VersR 1995, 420 [421]; Palandt/Heinrichs, §
208 Rdnr. 1). Damit blieb es bei dem ursprünglichen Verjährungsbeginn
am 14.1.1985 (vgl. BGHZ 52, 47 [49] = NJW 1969, 1164 LM § 209 BGB
Nr. 20; BGH, NJW 1995, 3380 = LM H. 2/1996 § 209 BGB Nr. 82 = WM 1995,
2107 [2109]).
2. Die Verjährung der Vergütungsansprüche
für Leistungen im Jahre 1983 begann am 1.1.1984. Sie wurde durch das
Schuldanerkenntnis vom 31 3.1984 nach § 208 BGB unterbrochen. Die
neue Verjährung begann am 1. 4. 1984 und endete mit Ablauf des 31.3.1986,
nicht - wie das BerGer. gemeint hat - des 31.12.1986. § 201 BGB ist
auf eine neue Verjährung nach Beendigung der Unterbrechung der ursprünglichen
Verjährung nicht mehr anwendbar (BGHZ 93, 287 [294] = NJW 1985, 1711
= LM § 322 ZPO Nr. 103; BGH, NJW 1998, 1058 = WM 1998, 355 [357]).
Der Kl. als Bürge muß sich die Unterbrechung der Verjährung
durch das Anerkenntnis seines Vaters schon deshalb entgegenhalten lassen,
weil er die Bürgschaft erst nach dieser ihm bekannten Erklärung
übernommen hat.
II. Der Kl. kann sich gem. § 768 I 1 BGB
auf die Verjährung der Hauptforderung berufen.
1. Die Berufung auf die Verjährung der Hauptforderung
ist dem Kl. nicht schon deshalb versagt, weil sie sich erst vollendete,
nachdem er aus der Bürgschaft gerichtlich in Anspruch genommen worden
war. Nach ständiger Rechtsprechung des BGH unterbricht eine Klage
gegen den Bürgen die Verjährung nicht. Der Bürge kann daher,
selbst wenn ihm die Einrede der Vorausklage - etwa gem. § 773 1 Nr.
3 BGB - nicht zusteht, die Verjährung der Hauptforderung auch dann
noch einwenden, wenn diese Verjährung erst nach Erhebung der Bürgschaftsklage
eintritt (BGHZ 76, 222 [225 ff.] = NJW 1980, 1460 = LM § 767 BGB Nr.
14 = NJW 1990, 2754 [2755] = LM § 561 ZPO Nr. 60). Der Senat sieht
keinen Anlaß, von diesen Entscheidungen, die mit dem Willen des historischen
Gesetzgebers übereinstimmen (vgl. BGB-Motive II, 663) und im Schrifttum
Zustimmung gefunden haben (vgl. Rehbein, JR 1980, 506; Tiedtke, ZIP 1986,
69 [75]; Habersack, in: MünchKomm, § 768 Rdnr. 5; Staudinger/Horn,
BGB, 13. Aufl., § 768 Rdnrn. 13, 15; Graf Lambsdorff/Skora, Hdb. des
BürgschaftsR, Rdnr. 147), abzurücken.
2. Dazu nötigt auch nicht die zeitlich nach
der Grundsatz-entscheidung BGHZ 76, 222 = NJW 1980, 1460 = LM § 767
BGB Nr. 14 ergangene Rechtsprechung des BGH, die es dem persönlich
haftenden Gesellschafter einer handelsrechtlichen Personengesellschaft
untersagt, sich auf eine Verjährung der Gesellschaftsschuld zu berufen,
wenn die Verjährung des ihm gegenüber bestehenden Anspruchs unterbrochen
wurde (BGHZ 104, 76 [79 ff.] = NJW 1988; 1976 = LM § 129 HGB Nr. 13
= NJW1981, 2579 = LM § 767 ZP0 Nr. 55 = WM 1981, 875). Die zwischen
dem Verhältnis von Hauptschuldner und Bürgen einerseits und demjenigen
von handelsrechtlicher Personengesellschaft und persönlich haftendem
Gesellschafter andererseits bestehenden Unterschiede rechtfertigen eine
unterschiedliche Behandlung der Verjährungsfrage.
a) Die Bürgschaft begründet eine von
der Verbindlichkeit des Hauptschuldners verschiedene, einseitig übernommene
Verbindlichkeit des Bürgen (BGHZ 113, 287 [288] = NJW 1991, 975 =
LM HWiG Nr. 6; BGH, NJW 1998, 2356 = LM H. 9/1998 HWiG Nr. 31 = WM 1998,
1388 [1389], z. V. best. in BGHZ). Ihr Rechtscharakter bestimmt sich nicht
aus der Natur der Hauptschuld, und ihre Abhängigkeit von der gesicherten
Hauptschuld (Akzessorietät) soll nur sicherstellen, daß der
Gläubiger vom Bürgen das bekommt, was er vom Hauptschuldner nach
dem jeweiligen Bestand der Hauptschuld zu bekommen hat (BGHZ 90, 187 [190]
= NJW 1984, 1622 = LM § 13 GVG Nr. 163 a). Eine Verschlechterung seiner
Rechtsstellung durch eine Erweiterung der Hauptschuld, die nicht auf die
Zahlungsunfähigkeit oder -unwilligkeit des Hauptschuldners zurückzuführen
ist (vgl. § 767 1 2, II BGB), muß sich der Bürge ebensowenig
zurechnen lassen (§ 767 I 3 BGB) wie einen Einredeverzicht des Hauptschuldners
(§ 768 II BGB). Demgegenüber besteht zwischen der Haftung des
Gesellschafters nach § 128 HGB und der Gesellschaftsschuld eine engere
Verbindung, die sich grundsätzlich nach dem jeweiligen Stand der Gesellschaftsschuld
richtet (§ 129 I HGB). Erweiterungen der Gesellschaftsschuld gehen
ohne weiteres zu Lasten des Gesellschafters, und dieser kann Einwendungen
und Einreden nicht mehr erheben, wenn sie der Gesellschaft nicht mehr zustehen
(vgl. BGHZ 73, 217 [224 f.] = NJW 1979, 1361 = LM § 128 HGB Nr. 25
[L]; BGHZ 104, 76 [78] = NJW 1988, 1976 = LM § 129 HGB Nr. 13). Insbesondere
wirkt eine Unterbrechung der Verjährung der Gesellschaftsschuld zu
Lasten des Gesellschafters (BGHZ 73, 217 [232 f.] NJW 1979, 1361 = LM §
128 HGB Nr. 25 [L]). Ferner muß ein persönlich haftender Gesellschafter
auch ein ihm nachteiliges rechtskräftiges Urteil gegen die Gesellschaft
regelmäßig gegen sich gelten lassen (BGHZ 73,217 [224] = NJW
1979, 1361 = LM § 128 HGB Nr. 25 [L]; BGH, NJW 1996, 658 = LM H. 4/1996
§ 161 HGB Nr. 123 = WM 1996, 204). Die Unterbrechung der Verjährung
der Hauptschuld hat hingegen auf die Verjährung der Bürgenschuld
keinen Einfluß (BGHZ 95, 375 [384] = NJW 1986, 310 = LM § 638
BGB Nr. 56; v. Feldmann, in: MünchKomm, § 208 Rdnr. 2; vgl. auch
Staudinger/Horn, § 765 Rdnr. 238, § 768 Rdnr. 15). Auch wirkt
die Rechtskraft einer dem Gläubiger günstigen Entscheidung gegen
den Hauptschuldner nicht zu Lasten des Bürgen (BGHZ 107, 92 [96] =
NJW 1989, 1276 = LM § 138 [Aa] BGB Nr. 38; BGH, NJW 1993, 1594 = LM
H. 7/1993 HWiG Nr. 12 = WM 1993, 683; BGH, NJW 1995, 2161 = LM H. 10/1995
§ 767 BGB Nr. 28 = WM 1995, 11229 [1,230]). Dies würde dem Rechtsgedanken
des § 767 I 3 BGB widersprechen (vgl. RGZ 56, 109 [111]).
b) Auch der Sinn der Verjährungsvorschriften
vermag einen Ausschluß des Bürgen mit der Einrede, die Hauptschuld
sei nach seiner gerichtlichen Inanspruchnahme verjährt, nicht zu rechtfertigen.
In den Entscheidungen BGHZ 104, 76 [80 f.] = NJW 1988, 1976 = LM §
129 HGB Nr. 13, und vom 27.4.1981 (NJW 1981, 2579 = LM § 767 ZPO Nr.
55) wird maßgeblich darauf abgestellt, daß der verklagte Gesellschafter
des Schutzes der Verjährung, deren Zweck darin liege, dem Schuldner
nach Ablauf einer bestimmten Frist die Gewißheit zu geben, nicht
mehr in Anspruch genommen zu werden, nicht mehr bedürfe, weil er zeitgerecht
in seinem Prozeß alle Möglichkeiten (gehabt) habe, sich sachgerecht
zu verteidigen. Dieser Gedanke mag für die Gesellschafterhaftung zutreffen.
Für den (nicht ausgeschiedenen) Gesellschafter läuft grundsätzlich
keine besondere Verjährungsfrist (vgl. Schlegelberger/Karsten Schmidt,
HGB, 5. Aufl., § 128 Rdnr. 6, § 129 Rdnr. 7). Bis zu einer gerichtlichen
Inanspruchnahme des Gesellschafters kann die Gesellschaftsschuld daher
grundsätzlich nicht verjährt sein. Deshalb ist es - da die persönliche
Haftung des Gesellschafters "gleichwertig neben der Haftung des Gesellschaftsvermögens
steht" (BGH, NJW 1981, 2579 = LM § 767 ZPO Nr. 55) - auch aus Gründen
des Gläubigerschutzes zu rechtfertigen, den Gesellschafter nach seiner
gerichtlichen Inanspruchnahme mit der Einrede einer Verjährung der
Gesellschaftsschuld auszuschließen. Für den Bürgen kann
dies nicht gelten. Die Verjährungsfrist für Hauptschuld und Bürgenschuld
ist nicht notwendig gleich. Insbesondere kann die Hauptschuld vor der Bürgenschuld
verjähren. Darauf darf sich der Bürge bei einer späteren
Inanspruchnahme berufen. Es besteht regelmäßig kein Grund, dem
Bürgen diese Einrede zu versagen, wenn die Hauptschuld erst im Laufe
oder nach rechtskräftigem Abschluß des Bürgenprozesses
verjährt. Insbesondere erscheint eine derartige Einschränkung
des Akzessorietätsprinzips nicht deshalb geboten, weil der Bürge
häufig erst bei einer Insolvenz des Hauptschuldners in Anspruch genommen
und ihm neben dem gem. § 774 I 1 BGB auf ihn übergehenden - verjährten
- Anspruch in aller Regel ein Aufwendungsersatzanspruch aus dem Innenverhältnis
zum Hauptschuldner zustehen wird. Bereits in der Entscheidung BGHZ 76,
222 (226 f.) =NJW 1980, 1460 = LM § 767 BGB Nr. 14, wurde darauf hingewiesen
und im einzelnen begründet, daß die Notwendigkeit einer Klageerhebung
gegen den Hauptschuldner zum Zwecke der Verjährungsunterbrechung in
ihren Auswirkungen auch bei einer selbstschuldnerischen Bürgschaft
nicht so tief in dieses Institut eingreift, daß schon deshalb dem
Interesse des Gläubigers an der einfacheren Durchsetzung des Bürgschaftsanspruchs
nachgegeben werden müßte. Das gleiche gilt, wenn die Einrede
der Vorausklage gem. § 773 I Nr. 3 BGB wegen Eröffnung des Konkurses
über das Vermögen des Hauptschuldners ausgeschlossen ist (vgl.
BGHZ 95, 375 [384 f.] = NJW 1986, 310 = LM § 638 BGB Nr. 56). Der
Anspruchsübergang nach § 774 I 1 BGB ist für den Bürgen
zumindest in den Fällen von Bedeutung, in denen ein Anspruch aus dem
Innenverhältnis aus tatsächlichen Gründen nur schwer nachweisbar
ist. Gerade davor soll der Forderungsübergang den Bürgen schützen;
der Übergang soll ihm eine klare Anspruchsgrundlage verschaffen und
ihm so den Rückgriff erleichtern (vgl. Habersack, in: MünchKomm,
§ 774 Rdnr. 1; Staudinger/Horn, § 774 Rdnr. 3).
c) Ob sich der Bürge auf eine Verjährung
der Hauptschuld auch dann mit Erfolg berufen kann, wenn eine juristische
Person als Hauptschuldnerin vor Ablauf der Verjährungsfrist vermögenslos
geworden, im Handelsregister gelöscht und deshalb nicht mehr parteifähig
ist, bedarf im Streitfall keiner Entscheidung.
III. Allerdings hat der Kl. sich während
des Bürgschaftsprozesses auf den Eintritt der Verjährung der
Hauptforderung nicht berufen. Das BerGer. meint deswegen, er könne
diese Einrede mit der Vollstreckungsgegenklage nicht mehr erheben, sondern
sei mit ihr ZPO ausgeschlossen, weil er die Einrede in der Revisionsinstanz
des Bürgschaftsprozesses hätte geltend machen können und
müssen. Neue Tatsachen seien vom Rev.Ger. aus prozeßökonomischen
Gründen zu berücksichtigen, wenn sie unstreitig seien oder wegen
Offenkundigkeit keines Beweises bedürften, ihre Beachtung einer schnellen
und endgültigen Streitbereinigung diene und keine schutzwürdigen
Belange der Gegenpartei entgegenstünden. Seien diese Voraussetzungen
- wie hier - erfüllt, verschiebe sich der für die Berücksichtigung
des Vorbringens maßgebliche Präklusionszeitpunkt auf den Schluß
der mündlichen Verhandlung vor dem BerGer. Da die Einrede der Verjährung
der Hauptforderung objektiv im Laufe des Revisionsverfahrens habe geltend
gemacht werden können, sei Präklusion gem. § 767 II ZPO
eingetreten. Dieser auch im Schrifttum teilweise vertretenen Ansicht (vgl.
insbesondere Stein/Jonas/Grunsky, ZPO, 21. Aufl., § 561 Rdnr. 29;
ferner Stein/Jonas/Leipold, ZPO, 20. Aufl., § 322 Rdnr. 237; Rimmelspacher,
Materiellrechtlicher Anspruch und Streitgegenstandsprobleme im Zivilprozeß,
5. 255 Fußn. 115) vermag sich der Senat nicht anzuschließen.
Eine solche Konsequenz wird weder von dem Grundgedanken, der die Rechtsprechung
zur Zulassung neuen Vorbringens im Revisionsverfahren bewogen hat, noch
von Sinn und Zweck des § 767 II ZPO gefordert.
1. § 561 II ZPO bestimmt, daß lediglich
dasjenige Vorbringen der Beurteilung des Rev.Ger. unterliegt, das aus dem
Tatbestand des Berufungsurteils oder dem Sitzungsprotokoll ersichtlich
ist. Die Urteilsgrundlage wird durch das Ende der Berufungsverhandlung
abgeschlossen (BGHZ 104, 215 [220] = NJW 1988, 3092 = LM SeeVertO Nr. 2);
neue Tatsachen dürfen im Revisionsverfahren grundsätzlich nicht
berücksichtigt werden. Nach ständiger Rechtsprechung des BGH
ist § 561 II ZPO jedoch einschränkend dahin auszulegen, daß
in bestimmtem Umfang auch Tatsachen, die sich erst während des Revisionsverfahrens
ereignen, in die Urteilsfindung einfließen können, sofern sie
unstreitig sind und schützenswerte Belange der Gegenpartei nicht
entgegenstehen (vgl. BGHZ 53, 128 [130ff.] = NJW 1970, 1007 = LM §
561 ZPO Nr. 38; BGHZ 85, 288 [290] = NJW 1983, 8671 = LM Art. 103 GrundG
Nr. 25; BGHZ 104, 215 [221] = NJW 1988, 3092 = LM SeeVertO Nr. 2; BGH,
NJW 1996, 3006 = LM H. 11/1996 § 611 AnfG Nr. 4 = WM 1996, 1599 [1601];
vgl. auch BAG, NJW 1990, 2641 f.). Ob dies auch für die erstmalige
Geltendmachung der Verjährung gilt, deren tatsächliche Grundlage
erst nach Schluß der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz
entstanden ist, bedarf hier keiner Entscheidung.
a) Der grundsätzliche Ausschluß neuer
tatsächlicher Umstände gem. § 561 II ZPO trägt dem
Charakter der Revisionsinstanz Rechnung, die keine Tatsachen-, sondern
eine Rechtsinstanz ist (vgl. Mattern, JZ 1963, 649 [653]), und dient zugleich
der Entlastung des RevGer. von dem mit der Feststellung von Tatsachen,
insbesondere einer Beweiserhebung verbundenen zusätzlichen Arbeitsaufwand
(BAG, NJW 1990, 2641 f.; Stein/Jonas/Grunsky, § 561 Rdnr. 24; Gottwald,
Die Revisionsinstanz als Tatsacheninstanz, S. 314). Daß als Folge
des Ausschlusses ein der materiellen Rechtslage nicht entsprechendes Urteil
ergehen und ein neuer Rechtsstreit notwendig werden kann, nimmt das Gesetz
in Kauf. Der Gedanke der Konzentration der Revisionsinstanz auf die rechtliche
Bewertung eines festgestellten Sachverhalts verliert aber an Gewicht, wenn
die Berücksichtigung von neuen tatsächlichen Umständen keine
nennenswerte Mehrarbeit verursacht und die Belange des Prozeßgegners
gewahrt bleiben. Dann ist Raum für die Überlegung, daß
es aus prozeßökonomischen Gründen nicht zu verantworten
ist, die vom Tatsachenausschluß betroffene Partei auf einen weiteren,
gegebenenfalls durch mehrere Instanzen zu führenden Prozeß zu
verweisen. Vielmehr ist in einem solchen Fall durch die Zulassung neuen
Vorbringens im Revisionsverfahren eine rasche und endgültige Streitbereinigung
herbeizuführen (BGHZ 53, 128 [130] = NJW 1970, 1007 = LM § 561
ZPO Nr. 38; BGH, WM 1985, 263 (264]; NJW 1990, 2754 [2755] = LM §
561 ZPO Nr. 60; vgl. auch Gottwald, S. 289 ff., 313).
b) Der die Einschränkung des § 561 I
1 ZPO tragende Gesichtspunkt der Prozeßwirtschaftlichkeit zwingt
indes nicht zu der Annahme, die insoweit begünstigte Partei sei zur
Vermeidung endgültigen Rechtsverlustes von Gesetzes wegen gehalten,
den ihr eingeräumten Handlungsspielraum auch zu nutzen. Mit dem Recht,
ausnahmsweise entgegen der Grundkonzeption des § 561 I 1 ZPO neue
Tatsachen vorzutragen und ihre Berücksichtigung unter bestimmten Umständen
erwarten zu dürfen, korrespondiert nicht notwendig die Pflicht, solche
Tatsachen noch im Revisionsrechtszug vorbringen zu müssen. Die allgemeine
Prozeßförderungspflicht nach § 282 I ZPO ist auf die Förderung
des Verfahrens in den Tatsacheninstanzen zugeschnitten. Sie verpflichtet
eine Partei, ihre Angriffs- und Verteidigungsmittel so zeitig vorzubringen,
wie es nach der Prozeßlage einer sorgfältigen, auf Förderung
des Verfahrens bedachten Prozeßführung entspricht. Demgegenüber
soll das Revisionsverfahren grundsätzlich von neuem Tatsachenvortrag
freigehalten werden. Es kann daher einer Partei nicht zu einem über
den Prozeßverlust hinausgehenden Nachteil gereichen, wenn sie neue
Tatsachen nicht in das Revisionsverfahren einführt. Sie kann nicht
sicher davon ausgehen, daß das Vorbringen vom RevGer. berücksichtigt
wird, weil häufig nicht abzusehen ist, ob die neue Tatsache unstreitig
bleibt oder ihrer Berücksichtigung schützenswerte Belange der
Gegenpartei entgegenstehen. Wollte man sich auf den gegenteiligen Standpunkt
stellen, könnte sich eine Partei gehalten sehen, alle möglichen
neuen Tatsachen in der Revisionsinstanz vorzutragen, um die Rechtsfolge
des § 767 II ZPO zu vermeiden. Hierdurch auftretende Streitfragen
könnten das Revisionsverfahren nicht unerheblich verzögern. Bringt
eine Partei neue Tatsachen nicht vor, sondern nimmt sie insoweit einen
zweiten Rechtsstreit in Kauf, trägt sie mithin der besonderen Prozeßlage
in der Revisionsinstanz Rechnung. Dann aber erscheint es nicht geboten,
ihr im Zweitprozeß die Berufung auf neue Tatsachen mit dem Hinweis
auf eine möglich gewesene Berücksichtigung im Revisionsverfahren
des Erstprozesses zu versagen. Dagegen läßt sich nicht anführen,
es komme für den Umfang der Präklusion nicht darauf an, ob eine
Partei die neuen Tatsachen vorgetragen habe oder nicht (so Stein/Jonas/Grunsky,
§ 561 Rdnr. 29). Dies trifft zwar grundsätzlich zu (vgl. BGHZ
61,25 [26 f.] = NJW 1973, 1328 = LM § 767 ZPO Nr. 41; BGH, NJW 1995,
1757 = LM H. 8/1995 § 322 ZPO Nr. 142 = WM 1995, 1204 [1206]), wird
aber den Besonderheiten des Revisionsverfahrens, das eine Partei nicht
zum Vorbringen neuer Tatsachen verpflichtet, sondern ihr neuen Tatsachenvortrag
nur unter engen Voraussetzungen ausnahmsweise erlaubt, nicht gerecht (Gottwald,
S. 358 spricht insoweit treffend von einer ,,außerordentlichen Befugnis";
im Ergebnis ebenso Mattern JZ 1963, 654; Ankermann, in: AK-ZPO, §
561 Rdnr. 10).
2. Auch § 767 II ZPO schließt es nicht
aus, bei einer Vollstreckungsgegenklage tatsächliche Umstände
zu berücksichtigen, die erst nach Schluß der letzten mündlichen
Verhandlung in der Tatsacheninstanz entstanden, aber im Revisionsverfahren
nicht vorgetragen worden sind. Nach dieser Norm sind Einwendungen, die
den durch das Urteil festgestellten Anspruch selbst betreffen, nur insoweit
zulässig, als die Gründe, auf denen sie beruhen, erst nach dem
Schluß der mündlichen Verhandlung, in der sie nach den Vorschriften
der Zivilprozeßordnung hätten geltend gemacht werden müssen,
entstanden sind. Bereits der Wortlaut der Bestimmung spricht dagegen, daß
solche Tatsachen, die nach Schluß der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung
im Erstprozeß eingetreten und im Revisionsverfahren nicht vorgebracht
worden sind, durch § 767 II ZPO präkludiert werden; denn ein
Zwang zum Vortrag neuer Tatsachen in der Revisionsinstanz besteht - wie
dargelegt - angesichts des grundsätzlichen Ausschlusses neuen Tatsachenvortrag
gem. § 561 I 1 ZPO nicht. Neue Tatsachen hätten daher im Revisionsverfahren
nicht geltend gemacht werden müssen (so auch Gottwald, S. 358).
Zweck des § 767 II ZPO ist es, die materielle
Rechtskraft des im Vorprozeß ergangenen Urteils gegenüber nachträglichen
Einwendungen abzusichern und dessen Vollstreckung vor Verzögerungen
zu schützen (BGHZ 125, 351 [353] = NJW 1994, 2769 = LM H. 9/1 994
§ 767 ZPO Nr. 92; BGH, NJW 1997, 743 = LM H. 4/1 997 § 322 ZPO
Nr. 147 = WM 1997, 324 [325]). Ist eine neue Tatsache im Revisionsverfahren
des Vorprozesses vorgetragen und bei der Entscheidung berücksichtigt
worden, tritt die Präklusionswirkung des § 767 II ZPO ein, weil
diese Vorschrift eine Doppelberücksichtigung von Neutatsachen verhindern
soll (vgl. Mattern, JZ 1963, 654; Gottwald, 5. 356). Ob hingegen eine neue
Tatsache, die in der Revisionsinstanz nicht vorgetragen worden ist, eine
Präklusion nach § 767 II ZPO zur Folge hätte, ließe
sich häufig nur mit Mühe bestimmen. Die Klärung dieser Frage
würde nicht selten erhebliche tatsächliche Schwierigkeiten bereiten,
zu Verfahrensverzögerungen führen und Rechtsunsicherheit hervorrufen.
Sie machte Ermittlungen darüber notwendig, ob die neue Tatsache in
der Revisionsinstanz des Vorprozesses unstreitig geworden wäre und
Belange der Gegenseite ihrer Berücksichtigung nicht entgegengestanden
hätten. Diese Belastung des Vollstreckungsgegenklageverfahrens wird
vermieden, wenn der Partei die Berufung auf ein solches Vorbringen in der
Revisionsinstanz des Erstprozesses zur Vermeidung eines endgültigen
Rechtsverlustes nicht aufgezwungen wird. Unzumutbare Nachteile für
den Prozeßgegner sind damit nicht verbunden. Er kann vorbehaltlich
gerichtlicher Anordnungen nach § 769 ZPO aus dem rechtskräftigen
Urteil vollstrecken. Ist eine neue Tatsache unstreitig und hat sie die
Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung zur Folge, ist der Prozeßgegner
nicht deshalb schützenswert, weil die Partei es - zu ihrem Nachteile
- unterlassen hat, die Tatsachen noch in der Revisionsinstanz des Vorprozesses
vorzubringen. Bleibt die neue Tatsache streitig, wäre die Partei ohnehin
auf die Vollstreckungsgegenklage verwiesen worden; die damit verbundenen
Verzögerungen bei der Vollstreckung hätte der Prozeßgegner
in jedem Fall hinnehmen müssen.
3. Das Ergebnis stimmt überein mit der höchstrichterlichen
Rechtsprechung zu neuem tatsächlichen Vorbringen zu Restitutionsgründen
in der Revisionsinstanz. Auch wenn das RevGer. die neuen Tatsachen hätte
berücksichtigen können (vgl. dazu BGHZ 3, 65 [67ff.] = NJW 1951,
923 = LM § 580 ZPO Nr. 1 a; BGHZ 15, 59f.; BGH, NJW 1977,498 [499]
=
LM § 580 ZPO Nr. 7), gereicht es der Partei
nicht zum Verschulden i. S. von § 582 ZPO, wenn sie dieses Vorbringen
im Revisionsverfahren unterlassen hat (vgl. BGH, NJW 1977, 498 [499] =
LM § 580 ZPO Nr. 7; Zöller/Greger, ZPO, 20. Aufl., Vorb. §
578 Rdnr. 16).
IV. Das Berufungsurteil ist somit aufzuheben (§
5641 ZPO). Da es Weiterer tatsächlicher Feststellungen nicht bedarf,
hat der Senat in der Sache selbst zu entscheiden (§ 565 III Nr. 1
ZPO). Die Hauptforderung ist - wie unter 1 dargelegt - verjährt; hierauf
kann sich der Kl. gem. § 768 I 1 BGB berufen. Daher ist die landgerichtliche
Entscheidung unter Aufhebung des Berufungsurteils wiederherzustellen. Die
Kosten der Rechtsmittelzüge hat der Streithelfer zu tragen, weil er
allein Berufung eingelegt hat und im Revisionsverfahren unterlegen ist
(vgl. BGH, LM § 857 Nr. 4 = WM 1959, 724 [727] = MDR 1959, 571).