BGHZ 111, 382
NJW 1990, 3194
S. auch die Anmerkung zu BGH v. 21.1.2010 - IX
ZR 226/08
Amtl. Leitsatz:
Eine Bank, welche eine wegen Geschäftsunfähigkeit
des Anweisenden nichtige Anweisung ausführt, erwirbt damit keinen
Bereicherungsanspruch gegen den Anweisenden.
Sachverhalt:
Der Kläger nahm in den Jahren 1982 und 1983
bei der B.T.Bank (BTB) zwei Darlehen über insgesamt 20000 DM auf.
Hiervon zahlte die BTB 13.000 DM an den Kläger persönlich und
7.000 DM auf dessen Anweisung an die N.-B. aus. Der Kläger zahlte
in der Folgezeit auf diese Darlehen teils persönlich teils über
einen Kreditverein 33922,66 DM an die BTB.
Im Jahre 1986 erhielt der Kläger für
die Vertretung bei der Vermögenssorge einen Gebrechlichkeitspfleger,
der die Rückzahlung von 21291,26 DM von der BTB verlangte. Mit ihm
kam die Beklagte überein, etwaige Verbindlichkeiten der BTB aus den
beiden Kreditverträgen zu übernehmen. Sie zahlte im Oktober 1988
an den Kläger 11383,36 DM.
Der Kläger hat im ersten Rechtszug zuletzt
die Rückzahlung weiterer 9907,90 DM verlangt. Das Landgericht hat
die Klage abgewiesen. Mit der Berufung hat der Kläger zuletzt noch
die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 7000 DM begehrt. Das Oberlandesgericht
hat die Beklagte unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils zur
Zahlung dieses Betrages verurteilt. Die zugelassene Revision der Beklagten
blieb ohne Erfolg.
Aus den Gründen:
1. Das Berufungsgericht hat festgestellt, daß
der Kläger schon geschäftsunfähig war, als er die Darlehen
aufnahm. Diese Feststellung ist von der Revision innerhalb der Frist des
§ 554 Abs. 2 Satz 2 ZPO nicht mit einer Verfahrensrüge angegriffen
worden. Sie ist deshalb für den Senat bindend. Auf die von der Revision
in der Revisionsverhandlung geäußerten Zweifel an der Geschäftsunfähigkeit
des Klägers kann es dabei nicht mehr ankommen.
2. Die Darlehensverträge sind wegen der Geschäftsunfähigkeit
des Klägers nichtig (§§ 104 Nr. 2,105 Abs. 1 BGB). Daher
haben sowohl der Kläger die an ihn ausgezahlten Darlehensbeträge
als auch die BTB die auf die Darlehen geleisteten Zahlungen ohne rechtlichen
Grund erlangt. Sie haben sich deshalb das Empfangene nach den Vorschriften
über ungerechtfertigte Bereicherung zurückzugewähren.
Hier hat der Kläger saldiert. Der Bereicherungsanspruch
geht in diesem Fall auf Herausgabe des Überschusses der Aktiv- über
die Passivposten (BGH, Urteil vom 11. März 1988 - V ZR 27/87 - NJW
1988,3011). Die Entscheidung des Rechtsstreits hängt davon ab, ob
die Beklagte dem Bereicherungsanspruch des Klägers entgegenhalten
kann, daß die BTB mit der Zahlung der 7000 DM an die N.-B. eine Leistung
an ihn erbracht hat, die er als ungerechtfertigte Bereicherung zurückzuzahlen
hat. Das Oberlandesgericht führt hierzu aus: Die BTB habe die Zahlung
in der Annahme einer Anweisung des Klägers geleistet. Bei einem
Anweisungsverhältnis sei die tatsächliche Zahlung des Angewiesenen
an den Dritten rechtlich eine Leistung des Angewiesenen an den Anweisenden
und eine Leistung des Anweisenden an den Dritten. Es gebe daher an sich
das Deckungsverhältnis zwischen dem Kläger als Anweisendem und
der BTB als Angewiesenen sowie das Valutaverhältnis zwischen dem Kläger
und der N.-B. als Zahlungsempfängerin. Grundsätzlich fänden
Rückabwicklungen lediglich innerhalb des jeweiligen Verhältnisses
statt. Anderes müsse jedoch dann gelten, wenn es von vornherein an
einer wirksamen Anweisung sowie an einer wirksamen Zweckbestimmung des
Anweisenden fehle. Dann liege keine »Leistung« des Anweisenden
an den Zahlungsempfänger vor. Da mangels Zweckvereinbarung keine Erfüllung
eintrete, sei unerheblich, ob der Zahlungsempfänger eine Forderung
gegenüber dem Bankkunden habe. Die Rückabwicklung habe dann ausschließlich
zwischen Zahlungsempfänger und Bank zu erfolgen.
So liege es hier: Zwar liege eine Anweisung
des Klägers vor. Diese sei jedoch wegen seiner Geschäftsunfähigkeit
nichtig. Die nichtige Handlung eines Geschäftsunfähigen werde
diesem überhaupt nicht zugerechnet. Sie sei daher dem Fehlen einer
Anweisung gleichzusetzen.
Gegen diese Ausführungen wendet sich die
Revision ohne Erfolg.
Der Bundesgerichtshof hat es bisher offengelassen,
wie der Bereicherungsausgleich vorzunehmen ist, wenn von vornherein eine
wirksame Anweisung fehlt (vgl. BGHZ 89,376,379,380).
a) Zutreffend geht das Berufungsgericht davon
aus, daß sich ein Bereicherungsausgleich in Fällen der Leistung
kraft Anweisung grundsätzlich innerhalb des jeweiligen Leistungsverhältnisses
vollzieht. Bei Fehlern im Deckungsverhältnis zwischen dem Anweisenden
und dem Angewiesenen ist der Bereicherungsausgleich deshalb in diesem Verhältnis
vorzunehmen. Weist dagegen das Valutaverhältnis zwischen dem Anweisenden
und dem Anweisungsempfänger Fehler auf, ist der Ausgleich der Bereicherung
in diesem Verhältnis abzuwickeln.
Allerdings hat der Bundesgerichtshof wiederholt
zum Ausdruck gebracht, daß sich bei der bereicherungsrechtlichen
Behandlung von Vorgängen, an denen mehr als zwei Personen beteiligt
sind, jede schematische Lösung verbietet. Es komme stets auf die Besonderheiten
des Einzelfalles an, die für die sachgerechte bereicherungsrechtliche
Abwicklung derartiger Vorgänge zu beachten sind (BGH aaO S. 378 m.
w.Nachw.). So hat der Bundesgerichtshof in einem Fall, in dem eine Anweisung
zunächst wirksam erteilt und dem Empfänger durch Übergabe
eines Schecks bekannt gemacht, dann aber noch vor Gutschrift oder Auszahlung
ohne Kenntnis des Empfängers widerrufen worden war, entschieden, daß
die Bank, die den Scheck gleichwohl eingelöst hat, keinen unmittelbaren
Bereicherungsanspruch gegen den Scheckinhaber hat, sondern einen etwaigen
Bereicherungsausgleich bei ihrem Kunden suchen muß (BGHZ 61,289;
vgl. auch BGHZ 87,246). Ebenso hat der Bundesgerichtshof angenommen, daß
einer Bank, die einen ihr erteilten, vom Auftraggeber später widerrufenen
oder geänderten Dauerauftrag versehentlich unverändert weiter
ausführt, kein unmittelbarer Bereicherungsanspruch gegen den Zahlungsempfänger
zusteht, wenn dieser den Widerruf oder die Änderung des Dauerauftrages
nicht kannte (BGHZ 89,376; Urteil vom 3. Mai 1984 - VII ZR 166/83 - NJW
1984,2205). Andererseits hat der Bundesgerichtshof in Fällen, in denen
der Anweisungsempfänger bei Empfang der Zahlung das Fehlen einer wirksamen
Anweisung oder den Widerruf der Anweisung kannte, einen unmittelbaren Bereicherungsanspruch
des Angewiesenen gegen den Anweisungsempfänger bejaht (BGHZ 66,362;
66,372; 67,75; 87,393; 88,232,235; vgl. auch BGH NJW 1987,185). Maßgebend
für diese Rechtsprechung war, daß sich in derartigen Fällen
die Zahlung des Angewiesenen aus der Sicht des Zahlungsempfängers
nicht als Leistung des Anweisenden darstellte (BGHZ 88,232,236).
b) Fehlen von vornherein eine wirksame Anweisung
sowie eine wirksame Zweckbestimmung wegen Geschäftsunfähigkeit
des Anweisenden, so kommt es nicht zu einer »Leistung« des
Anweisenden, da ihm die Zahlung des Angewiesenen nicht zugerechnet werden
kann. Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist unter
einer Leistung im Sinne des § 812 Abs. 1 BGB eine bewußte und
zweckgerichtete Vermehrung fremden Vermögens zu verstehen (BGH, Urteil
vom
24. Februar 1972 - VII ZR 207/70 - BGHZ 58,184,188
m. w.Nachw.). Besteht diese Vermehrung fremden Vermögens in der Überweisung
von Geld, so ist dazu wegen des rechtsgeschäftlichen Charakters der
Anweisung sowie des zumindest rechtsgeschäftsähnlichen Charakters
der Zweckbestimmung (vgl. zu letzterer BGH, Urteil vom 6. Dezember 1988
BGHZ 106,163,166) Geschäftsfähigkeit des Anweisenden erforderlich.
Fehlt diese, so ist die Zahlung des Angewiesenen an den Dritten keine Leistung
des Anweisenden. Der Anweisende kann daher durch die Zahlung weder wegen
Erfüllung einer im Valutaverhältnis etwa bestehenden Verbindlichkeit
bereichert werden, noch einen Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung
gegen den Dritten erwerben. Der bereicherungsrechtliche Ausgleich ist hier
vielmehr im Verhältnis zwischen Angewiesenem und Zahlungsempfänger
zu suchen.
Diese Auffassung wird auch im Schrifttum geteilt
(E. Ulmer AcP 126,129,163; v. Caemmerer JZ 1962,385,387; Lorenz JuS 1968,441,448;
Mühl NJW 1968,1868,1869; Schwark WM 1970,1334,1335; Canaris BB 1972,774,778;
Wilhelm, Rechtsverletzung und Vermögensentscheidung als Grundlagen
und Grenzen des Anspruchs aus ungerechtfertigter Bereicherung [1973] S.
158 ff.; Meyer, Bereicherungsausgleich in Dreiecksverhältnissen [1979]
S. 117 ff.; Hassold, Zur Leistung im Dreipersonenverhältnis [1981]
S. 187 f.; Reuter/Martinek; Ungerechtfertigte Bereicherung [1983] S. 429
ff.; Erman/Westermann, BGB 8. Aufl. § 812 Rdn. 22,22 a; Heimann-Trosien
in BGB-RGRK 12. Aufl. § 812 Rdn. 27; Soergel/Mühl, BGB 11. Aufl.
§ 812 Rdn. 72; Staudinger/Lorenz, BGB 12. Aufl. § 812 Rdn. 51;
MünchKomm/Lieb 2. Aufl. § 812 Rdn. 74; Canaris in Großkommentar
HGB 4. Aufl. Bankvertragsrecht Erster Teil Rdn. 433).
Soweit hiervon abweichend die Meinung vertreten
wird, auch in Fällen fehlender Geschäftsfähigkeit des Anweisenden
sei der Ausgleich nur im Verhältnis zwischen Anweisendem und Angewiesenem
zu suchen (Möschel JuS 1972,297,301; E.- L. Putzo, Erfüllung
mit Buchgeld und die Haftung der Beteiligten wegen ungerechtfertigter Bereicherung
[1977] S. 161; Palandt/ Thomas, BGB 49. Aufl. § 812 Anm. 5 B c cc;
differenzierend Wieling JuS 1978,801,809 f.), kann sich der Senat dieser
Auffassung nicht anschließen. Sie läßt sich mit dem vom
Gesetz vorgesehenen Schutz des Geschäftsunfähigen nicht vereinbaren.
Aus demselben Grund kann es in diesen Fällen nicht auf die Sicht des
Empfängers ankommen. Ein etwaiger Vertrauensschutz des Zahlungsempfängers
muß hier dem Schutz des Geschäftsunfähigen weichen.
Da der Kläger geschäftsunfähig
war, als er die Anweisung zur Zahlung von 7000 DM an die N.-B. erteilte,
wurde er nach der aufgezeigten Rechtslage durch die Ausführung der
Anweisung nicht bereichert. Die Beklagte kann sich deshalb gegenüber
dem Rückgewährsanspruch des Klägers nicht ihrerseits auf
einen Gegenanspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung berufen. Das von
der Revision angeführte Urteil des Bundesgerichtshofs vom 11. März
1988 (V ZR 27/87 - NJW 1988,3011) steht diesem Ergebnis nicht entgegen.
In jenem Fall ging es um die Rückgewähr von Zahlungen, die ein
Notar aufgrund eines wegen Geschäftsunfähigkeit der Grundstücksverkäuferin
unwirksamen Auftrags an deren Grundpfandgläubigerin aus einem hinterlegten
Kaufpreis geleistet hatte. Die Zahlung des Notars kam somit unmittelbar
aus dem Vermögen der Verkäuferin, so daß ein Abwicklungsverhältnis
nur zwischen Verkäuferin bzw. deren Erben und der Gläubigerin
bestand. Dieser Sachverhalt ist jedoch mit dem vorliegenden, der durch
eine Dreierbeziehung gekennzeichnet ist, nicht vergleichbar.