1. Das Verbraucherkreditgesetz ist auf den Schuldbeitritt
zu einem Kreditvertrag entsprechend anwendbar.
2. Ist der Schuldbeitritt zu einem Kreditvertrag
in entsprechender Anwendung des § 6 I VerbrKrG nichtig, so tritt eine
Heilung nach § 6 II 1 VerbrKrG nicht dadurch ein, daß der Kreditnehmer
das Darlehen empfängt oder den Kredit in Anspruch nimmt.
3. Eine Heilung nach § 6 II 1 VerbrKrG
findet auch dann nicht statt, wenn der Beitretende aus der Auszahlung des
Darlehens an den Kreditnehmer mittelbar Vorteile erlangt.
BGHZ 134, 94
NJW 1997, 654
WM 1997, 158
Zentrale Probleme:
s. Anm. zu BGH NJW 2000, 3496
Die Parteien streiten über die Zulässigkeit der Zwangsvollstreckung aus einer notariellen Urkunde wegen Ansprüchen der bekl. Sparkasse aus einer Mithaftungserklärung der Kl. für Kreditverbindlichkeiten ihres Ehemanns. Im Januar 1992 gewährte die Bekl. dem Ehemann der Kl. für dessen seit 1989 bestehenden Garten- und Landschaftsbaubetrieb zwei Investitionskredite über insgesamt 200000 DM. Dafür übernahm die Kl., die neben ihrem Studium an einer Fachhochschule im Betrieb ihres Ehemanns mithalf, am 21. 1. 1992 in einer gesonderten, von der Bekl. vorbereiteten Urkunde die Mithaftung. Angaben über die Art und Weise der Kreditrückzahlung, die Vertragsbeendigung und zu den Zinsen und Kosten des Kredits enthält die Urkunde nicht. Aus Anlaß der Aufnahme eines eigenen Darlehens bestellte die Kl. im September 1993 der Bekl. eine Grundschuld über 350000 DM an ihrer Eigentumswohnung, gab ein Schuldanerkenntnis in gleicher Höhe ab und unterwarf sich in einer notariellen Urkunde der sofortigen Zwangsvollstreckung in ihr gesamtes Vermögen. Nach der getroffenen Sicherungsabrede sichern die Grundschuld und das Schuldanerkenntnis alle bestehenden und künftigen, auch bedingten und befristeten Ansprüche der Bekl. aus ihrer Geschäftsverbindung mit der Kl. Als der Ehemann der Kl. seinen Verpflichtungen aus den Investitionskrediten nicht mehr nachkam, ließ die Bekl. der Kl., die inzwischen von ihrem Ehemann getrennt lebt, eine vollstreckbare Ausfertigung der notariellen Urkunde zustellen und kündigte die Zwangsvollstreckung daraus an. Mit ihrer Vollstreckungsabwehrklage begehrt die Kl., die Vollstreckung der Bekl. aus der notariellen Urkunde wegen aller Ansprüche aus ihrer Mithaftungserklärung vom 21. 1. 1992 für unzulässig zu erklären. Sie ist der Ansicht, die Sicherungsabrede erfasse Ansprüche der Bekl. aus der Mithaftungserklärung nicht. Überdies sei die Mithaftung nach dem Verbraucherkreditgesetz und nach § 138 BGB unwirksam. Das LG hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Kl. ist erfolglos geblieben (BB 1995, 2081). Mit der Revision verfolgte die Kl. ihr Klagebegehren weiter. Die Revision hatte Erfolg und führte zur antragsgemäßen Abänderung des landgerichtlichen Urteils.
Aus den Gründen:
I. Im Ergebnis ohne Erfolg wendet sich die Revision
allerdings dagegen, daß das BerGer. den Einwand der Kl., die Sicherungsabrede
erfasse die Verpflichtungen aus der Mithaftungserklärung vom 21. 1.
1992 nicht, für nicht durchgreifend erachtet hat. Im Berufungsurteil
wird dazu ausgeführt, unbeschadet dessen, daß Auslegungsdivergenzen
ohnehin nicht zu den von § 767 ZPO erfaßten Einwendungen gehörten,
seien Forderungen aus dem Schuldbeitritt der Kl. als "Ansprüche aus
der Geschäftsverbindung" im Sinne der Sicherungsabrede anzusehen.
Der Senat teilt zwar nicht die Bedenken des BerGer. gegen die Zulässigkeit
des Einwands der Kl. im Rahmen des Verfahrens nach § 767 ZPO. Es geht
vorliegend nicht um die Auslegung des vollstreckungsfähigen Inhalts
der Grundschuldbestellungsurkunde, sondern um die Geltendmachung eines
materiellen Einwands aus der Sicherungsabrede. Dem BerGer. ist aber darin
zu folgen, daß die Ansprüche aus der Mithaftungserklärung
der Kl. vom 21. 1. 1992, deretwegen die Bekl. die Vollstreckung aus der
Grundschuldbestellungsurkunde betreibt, von der Sicherungsabrede erfaßt
werden. Durch die Mithaftungserklärung war bereits eine Geschäftsverbindung
zwischen den Parteien begründet worden. Dementsprechend stellen auch
die Ansprüche aus dieser Mithaftungserklärung "Ansprüche
aus der Geschäftsverbindung" im Sinne der Sicherungsabrede dar.
II. Mit Erfolg wendet die Revision sich aber dagegen,
daß das BerGer. die Mithaftungserklärung der Kl. nach den Vorschriften
des Verbraucherkreditgesetzes als wirksam angesehen hat.
1. Im Berufungsurteil wird dazu im wesentlichen
ausgeführt: Für den Schuldbeitritt der Kl. vom 21. 1. 1992 gelte
das Verbraucherkreditgesetz. Dieses knüpfe hinsichtlich seiner Anwendbarkeit
allein an die Person des Verpflichteten sowie die Art der von ihm eingegangenen
Verbindlichkeit an. Deshalb seien auch im Falle der Schuldmitverpflichtung
die tatbestandlichen Voraussetzungen des Verbraucherkreditgesetzes in der
Person des Mitverpflichteten zu prüfen. Denn das Schutzbedürfnis
desjenigen, der keinen eigenen Anspruch auf Kreditgewährung erwerbe,
sondern das Risiko der Belastung mit einer längerfristigen Rückzahlungsverpflichtung
eingehe, sei mindestens so hoch einzuschätzen, wie das Risiko des
Kreditnehmers selbst. Als Studentin sei die Kl. zum Zeitpunkt des Schuldbeitritts
Verbraucherin i.S. des § 1 I VerbrKrG gewesen. Die Anwendbarkeit des
Verbraucherkreditgesetzes habe zur Folge, daß der Schuldbeitritt
als zunächst nichtig angesehen werden müsse. Die Beitrittserklärung
sei nicht auf dem Finanzierungsangebot der Bekl. abgegeben worden. Die
erforderlichen Hinweise nach § 4 I 2 Nr. 1c und d VerbrKrG fehlten.
Durch die Auszahlung der Darlehensmittel an den Ehemann der Kl. sei aber
gem. § 6 II VerbrKrG Heilung eingetreten. Formal betrachtet habe die
Bekl. zwar nur an den Ehemann der Kl. als den alleinigen Darlehensnehmer
geleistet. Diese formale Sicht werde aber den Gegebenheiten des Streitfalls
nicht gerecht. Schon die eindeutige und unmißverständliche Bedingung
der Bekl., daß die Kl. für die Darlehensrückzahlung mit
einstehen müsse, zeige, daß die Kl. in das Finanzierungskonzept
so maßgebend mit einbezogen gewesen sei, daß sie nicht nur
habe mithaften sollen, sondern auch mitempfangsberechtigt gewesen sei.
Zwar möge es vertretbar sein, den Mithaftenden und den formellen Darlehensnehmer
hinsichtlich der Wirkungen von § 6 II VerbrKrG unterschiedlich zu
behandeln, wenn die ausgezahlte Kreditsumme ausschließlich dem Darlehensnehmer
zugute komme. Davon könne im vorliegenden Fall aber keine Rede sein.
Hier liege ein Investitionskredit für den Betrieb des Ehemanns der
Kl. vor, der die Existenz der Familie sicherstelle. Unter diesen Umständen
sei der Kredit zumindest mittelbar auch der Kl. zugeflossen und von ihr
in Anspruch genommen worden.
2. Diese Ausführungen halten, soweit sie
die Frage einer Heilung gem. § 6 II VerbrKrG betreffen, der rechtlichen
Nachprüfung nicht stand. Der Schuldbeitritt der Kl. vom 21. 1. 1992
ist gem. § 6 I VerbrKrG nichtig.
a) Nicht zu beanstanden und von der Revision als
ihr günstig auch nicht angegriffen ist allerdings der Ausgangspunkt
des BerGer., auf den Schuldbeitritt der Kl. sei das Verbraucherkreditgesetz
anwendbar. Der BGH hat bereits entschieden, daß das Verbraucherkreditgesetz
auf den Schuldbeitritt zu einem Kreditvertrag entsprechend anwendbar ist
und die entsprechende Anwendung nicht voraussetzt, daß neben dem
Beitretenden auch der Kreditnehmer Verbraucher ist (vgl. BGH, NJW 1996,
2156 = WM 1996, 1258, m. zust. Anm. Bülow, EWiR 1996, 813f., und Pfeiffer,
LM H. 10/1996 § 1 VerbrKrG Nr. 5, sowie BGH, NJW 1996, 2865 = LM H.
1/1997 § 1 VerbrKrG Nr. 6 = WM 1996, 1781 (1782), beide z. Veröff.
in BGHZ vorgesehen). Danach ist das Verbraucherkreditgesetz auf den hier
in Rede stehenden Schuldbeitritt entsprechend anzuwenden, da die persönlichen
Voraussetzungen des § 1 I VerbrKrG nach den Feststellungen des BerGer.
bei der Kl. erfüllt sind.
b) Das BerGer. hat daher zu Recht die Beitrittsvereinbarung
vom 21. 1. 1992 an den Voraussetzungen dieser Bestimmung gemessen und ist
auch zutreffend zu dem Ergebnis gelangt, daß sie dem Formerfordernis
des § 4 I 1 VerbrKrG in der damals gültigen Fassung vom 17. 12.
1990 (BGBl I, 2840) nicht genügt. Denn nach § 4 I 1 VerbrKrG
a.F. war die Schriftform i.S. des § 126 BGB einzuhalten. Gem. §
126 II BGB muß bei einem Vertrag die Unterzeichnung der Parteien
auf derselben Urkunde erfolgen; bei Aufnahme mehrerer gleichlautender Vertragsurkunden
genügt es, wenn jede Partei die für die andere Partei bestimmte
Urkunde unterzeichnet. Schon diesen Anforderungen ist hier nicht genügt.
Überdies enthält die von der Kl. unterzeichnete Mithaftungserklärung
nicht alle in § 4 I 2 Nr. 1 VerbrKrG a.F. geforderten Angaben. Insbesondere
fehlen die Angaben nach Nr. 12c zur Art und Weise der Kreditrückzahlung
oder zur Regelung der Vertragsbeendigung und die Angaben nach Nr. 1d zu
Zinsen und Kosten des Kredits. Bei dieser Sachlage kann offenbleiben, ob
bei einem Schuldbeitritt, auf den das Verbraucherkreditgesetz entsprechende
Anwendung findet, von den in § 4 I VerbrKrG genannten Angaben alle
oder nur diejenigen erforderlich sind, die geeignet sind, dem Beitretenden
über die Höhe seiner Mitverpflichtung und über die Zahlungsweise
Aufschluß zu geben (für eine solche Einschränkung Ulmer/Timmann,
in: Festschr. f. Heinz Rowedder, S. 503 (520f.); Ulmer, in: MünchKomm,
3. Aufl., § 4 VerbrKrG Rdnr. 16; a.M. etwa Scholz, Verbraucherkreditverträge,
2. Aufl., Rdnr. 258; Münstermann/Hannes, VerbrKrG, Rdnr. 201; Hagena,
Drittschutz im VerbraucherkreditR, S. 39ff.).
c) Rechtsfolge der Nichteinhaltung der Form des
§ 4 I VerbrKrG ist nach dem entsprechend anzuwendenden § 6 I
VerbrKrG die Nichtigkeit des Schuldbeitritts. Entgegen der Auffassung des
BerGer. ist der Formfehler nicht durch Auszahlung der Darlehensmittel an
den Ehemann der Kl. nach § 6 II VerbrKrG geheilt worden.
aa) Nach dieser Vorschrift tritt Heilung ein,
"soweit der Verbraucher das Darlehen empfängt oder den Kredit in Anspruch
nimmt". Die als Verbraucherin zu schützende Kl. hat das Darlehen nicht
empfangen oder in Anspruch genommen. Sie hatte als lediglich Mithaftende
auch keinen Anspruch auf Gewährung des Darlehens. Die Auffassung der
BerGer., die Kl. habe als mittelbar Begünstigte das Darlehen empfangen
und in Anspruch genommen, schafft Feststellungs- und Abgrenzungsschwierigkeiten,
die vom Verbraucherkreditgesetz vermieden werden sollen.
bb) Eine entsprechende Anwendung des § 6
II VerbrKrG auf den Schuldbeitritt in der Weise, daß mit Auszahlung
der Darlehensmittel an den Darlehensnehmer Heilung eintritt (dafür
Ulmer/Timman, 503 (523f.); Ulmer, in: MünchKomm § 6 VerbrKrG
Rdnr. 15), ist vom Sinn und Zweck dieser Vorschrift her nicht gerechtfertigt.
Nach der Gesetzesbegründung (BT-Dr 11/5462, S. 21) soll § 6 II
VerbrKrG (§ 5 II) den Verbraucherkreditnehmer, der sich auf die Nutzung
des Darlehenskapitals eingestellt hat, davor schützen, gem. §
812 BGB das Darlehenskapital sofort zurückzahlen zu müssen. Dem
Kreditgeber soll dabei - anders als bei einer Lösung nach dem Modell
des § 1a III AbzG - nicht auferlegt werden, das Darlehen für
die vereinbarte Laufzeit zinslos zur Verfügung zu stellen; vielmehr
soll auch seinem Interesse an dem Erhalt von Zinsen und sonstigen Kreditkosten
angemessen Rechnung getragen werden. Dieser Gesetzeszweck paßt für
Fälle der vorliegenden Art nicht. Der Mithaftende soll nach den vertraglichen
Vereinbarungen kein Darlehen erhalten. Für ihn kommt im Falle der
Formnichtigkeit seines Schuldbeitritts eine Verpflichtung zur Rückzahlung
der an den Darlehensnehmer ausgezahlten Darlehensmittel nicht in Betracht.
cc) Schließlich würde dem mithaftenden
Verbraucher der Schutz, den man ihm durch die entsprechende Anwendung des
Verbraucherkreditgesetzes auf seinen Schuldbeitritt gewähren will,
weitgehend wieder entzogen, wenn man davon ausginge, Formfehler i.S. des
§ 6 I VerbrKrG würden entsprechend § 6 II VerbrKrG durch
Auszahlung der Darlehensmittel an den Darlehensnehmer geheilt. Dabei ist
zu berücksichtigen, daß dann konsequenterweise bei Auszahlung
des Darlehens an den Darlehensnehmer auch die in § 7 III VerbrKrG
getroffene, das Widerrufsrecht nach § 7 VerbrKrG einschränkende
Regelung auf den Beitretenden entsprechend angewandt werden müßte.
Die Wirksamkeit des Widerrufs wäre danach von der Rückzahlung
des Darlehens binnen einer zweiwöchigen Frist abhängig, so daß
der Beitretende sein Widerrufsrecht praktisch kaum durchsetzen könnte.
III. Nach alledem kann die Bekl. aus der Mithaftungserklärung
der Kl. vom 21. 1. 1992 keinerlei Ansprüche herleiten. Da es insoweit
an einer durch die Grundschuld und das in der notariellen Grundschuldbestellungsurkunde
enthaltene Schuldanerkenntnis gesicherten Forderung fehlt, ist die Zwangsvollstreckung
aus dieser Urkunde unzulässig, soweit sie von der Bekl. zur Befriedigung
von Ansprüchen aus der vorgenannten Mithaftungserklärung betrieben
wird. Dementsprechend waren auf die Revision der Kl. das Berufungsurteil
aufzuheben und das landgerichtliche Urteil antragsgemäß abzuändern.