BGHZ 138, 49
NJW 1998, 981
Zentrales Problem:
s. Anm. zu BGH NJW 2000,
1331
a) Haben die Parteien eines Miet- oder Pachtvertrages
vereinbart, daß eine Mietsicherheit in Form einer Bürgschaft
zu leisten ist, sind der Bürge und der Mieter oder Pächter nicht
gehindert, sich auf die Verjährung der durch die Bürgschaft gesicherten
Ansprüche zu berufen.
b) Daß der Vermieter oder Verpächter
gegenüber dem Anspruch auf Rückzahlung einer Barkaution auch
mit verjährten Forderungen hätte aufrechnen können, rechtfertigt
keine analoge Anwendung des § 390 Satz 2 BGB. Auch § 223 Abs.
1 BGB und die zu § 17 Nr. 8 VOB/B entwickelte Rechtsprechung (BGHZ
121, 168 ff. und 173 ff.) sind nicht entsprechend anwendbar.
Die Klägerin begehrt von dem Beklagten die
Zustimmung zur Auszahlung einer Bürgschaftssumme.
Mit "Untermietvertrag/Unterpachtvertrag" vom 25./28.
September 1990 überließ die Klägerin dem Beklagten die
Nutzung einer von ihr gemieteten Gaststätte. § 5 des Vertrages
lautet:
"Der Kunde (= Beklagter) entrichtet an die B.
(=Klägerin) eine Kaution in Höhe von DM 20000,00
...
Die Kaution ist wie folgt zu entrichten:
Der Kunde bringt eine Bankbürgschaft über
DM 20000,00 bei. ..."
Entsprechend dieser Vereinbarung brachte der Beklagte
eine unbefristete Bankbürgschaft bei, in der die Bürgin auf die
Einreden der Anfechtung, der Aufrechnung und der Vorausklage (§§
770, 771 BGB) verzichtete. Die Urkunde enthält den einleitenden Hinweis:
"Der Mieter ist verpflichtet, eine Kaution in
Höhe von DM 20000 zu hinterlegen. Der Sicherheitsbetrag kann auch
in Form einer Bankbürgschaft hinterlegt werden.
Am 29. Juni 1992, einen Tag vor Beendigung des
Vertragsverhältnisses der Parteien, gab der Beklagte die Gaststätte
an die Klägerin zurück. Nachdem der Hauptvermieter die Klägerin
und diese ihrerseits den Beklagten (mit Schreiben vom 15. Juli 1992 unter
Fristsetzung zum 27. Juli 1992 und Ablehnungsandrohung) vergeblich zur
Vornahme unterlassener Schönheitsreparaturen aufgefordert hatten,
wurde die Gaststätte zum 1. Oktober 1992 einem neuen Betreiber überlassen.
Auf die Klage des Hauptvermieters wurde die Klägerin
unter anderem rechtskräftig verurteilt, 17852,40 DM Schadensersatz
wegen unterlassener Schönheitsreparaturen sowie 14737,88 DM Nutzungsentschädigung
für Juli und August 1992 zu zahlen; der Anspruch auf Nutzungsentschädigung
für September 1992 wurde abgewiesen. In jenem Rechtsstreit hatte die
Klägerin dem Beklagten mit am 19. Februar 1993 bei Gericht eingegangenem
und dem Beklagten am 1. März 1993 zugestelltem Schriftsatz den Streit
verkündet.
Gegenüber dem Verlangen der Klägerin,
ihr diese Beträge zu erstatten, erhob der Beklagte die Einrede der
Verjährung. Die Bürgin lehnte die Zahlung ebenfalls ab, erklärte
sich aber bereit, aus der von ihr übernommenen Bürgschaft Zahlung
zu leisten, soweit der Beklagte rechtskräftig verurteilt werde, der
Auszahlung eines Bürgschaftsbetrages zuzustimmen.
Soweit die Klägerin diese Zustimmung begehrt,
blieben ihre Klage, Berufung und Revision ohne Erfolg.
Aus den Gründen:
Zu Recht hat das Berufungsgericht offen gelassen,
ob der Klägerin Schadensersatzansprüche wegen unterlassener Schönheitsreparaturen
zustehen. Denn seine Auffassung, daß dem geltend gemachten Anspruch
auf Zustimmung zur Auszahlung der Bürgschaftssumme jedenfalls die
vom Beklagten auch insoweit erhobene Einrede der Verjährung entgegensteht,
läßt Rechtsfehler nicht erkennen.
1. Die Ansprüche, wegen derer die Klägerin
die Bürgin in Anspruch nimmt, sind, wie auch die Revision nicht in
Abrede stellt, verjährt. Ersatzansprüche des Vermieters oder
Verpächters wegen unterlassener Schönheitsreparaturen verjähren
gemäß §§ 581 Abs. 2, 558 Abs. 1 und 2 BGB in sechs
Monaten, beginnend mit dem Zeitpunkt, in dem sich der auf Vornahme der
Schönheitsreparaturen gerichtete Erfüllungsanspruch gemäß
§ 326 Abs. 1 Satz 2 BGB in einen Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung
umgewandelt hat (vgl. BGHZ 107, 179, 184). Dies gilt auch, soweit wegen
unterlassener Schönheitsreparaturen Ersatz eines darauf beruhenden
Miet- oder Pachtzinsausfalls verlangt wird (vgl. Senatsurteil vom 10. Juli
1991 - XII ZR 105/90 - NJW 1991, 2416, 2417; BGH, Urteil vom 11. November
1964 - VIII ZR 149/63 - NJW 1965, 151).
Die sechsmonatige Verjährungsfrist, deren
Lauf hier spätestens mit Ablauf der zum 27. Juli 1992 gesetzten Frist
zur Vornahme der Schönheitsreparaturen begonnen hatte, war am 19.
Februar 1993 bereits verstrichen und konnte durch die an diesem Tage eingegangene
Streitverkündung nicht mehr nach §§ 209 Abs. 1, Abs. 2 Nr.
4 BGB, 270 Abs. 3 ZPO unterbrochen werden. Dies gilt auch für den
Pachtausfallschaden für die Zeiträume, die zu diesem Zeitpunkt
weniger als sechs Monate zurücklagen. Denn der Beginn der Verjährungsfrist
gilt einheitlich für alle voraussehbaren künftigen Mietausfälle,
die aus der Verletzung der vertraglichen Instandsetzungspflichten folgen,
ohne daß es auf den jeweiligen monatlichen Entstehungszeitpunkt der
Mietausfälle ankommt (vgl. BGHZ 50, 21, 23 f.; Senatsurteil vom 19.
November 1997 - XII ZR 281/95 - WM 1998, 566, 567).
2. Da die Klägerin sich aus der Bürgschaft
wegen verjährter Ansprüche befriedigen will, läßt
das Berufungsgericht die Verjährungseinrede auch gegenüber der
Nebenpflicht des Beklagten durchgreifen, der Klägerin die Inanspruchnahme
der Bürgin durch Zustimmung zur Auszahlung der Bürgschaftssumme
zu ermöglichen.
Die dagegen gerichteten Angriffe der Revision
verhelfen ihr nicht zum Erfolg. Die Parteien haben weder vereinbart, daß
die zu erbringende Bürgschaft ausnahmsweise auch verjährte Ansprüche
sichern solle, noch hat die Bürgin darauf verzichtet, sich gemäß
§ 768 Abs. 1 BGB auf die Einrede der Verjährung des zu sichernden
Anspruchs zu berufen. Die Einrede der Verjährung ist auch nicht in
entsprechender Anwendung von § 223 Abs. 1 BGB, von § 390 Satz
2 BGB oder der zu § 17 Nr. 8 VOB/B ergangenen Rechtsprechung ausgeschlossen.
a) Es bedarf keiner Entscheidung, ob der Sicherungszweck
der Bürgschaft der nach § 768 BGB an sich zulässigen Einrede
der Verjährung entgegensteht, wenn der Vermieter dem Mieter die Befugnis
einräumt, eine vereinbarte Barkaution durch eine Bankbürgschaft
zu ersetzen. Denn die Auslegung des Berufungsgerichts, der Vertrag der
Parteien sehe allein eine Sicherheit in Form einer Bankbürgschaft
vor, hält den Angriffen der Revision stand.
Insoweit kann dahinstehen, ob es sich bei dem
Vertrag der Parteien um über den Bezirk des Berufungsgerichts hinaus
verwendete Allgemeine Geschäftsbedingungen der Klägerin handelt,
oder ob zumindest § 5 des Vertrages einer nur eingeschränkten
Nachprüfung durch das Revisionsgericht unterliege, weil es sich um
eine individuell ausgehandelte Klausel handelt, wofür der Zusatz spricht,
daß der namentlich benannte Vorpächter, der den Vertrag mit
unterzeichnet hat, bis zum Eintreffen der neuen Bürgschaft selbstschuldnerisch
für den Mietzinsanspruch haftet. Denn auch nach der Auffassung des
Senats kommt eine andere Auslegung als die des Berufungsgerichts nicht
in Betracht:
§ 5 Satz 1 des Vertrages, der bestimmt, daß
der Beklagte eine Kaution in Höhe von 20000 DM zu entrichten hat,
kann entgegen der Auffassung der Revision nicht als vorrangige Vereinbarung
einer Barkaution verstanden werden. Denn in welcher Form die Kaution zu
"entrichten" ist, bestimmen die folgenden Sätze, in denen allein die
Beibringung einer Bankbürgschaft vereinbart ist.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Formulierung
in der Bürgschaftserklärung der Bank, daß der Sicherheitsbetrag
"auch" in Form einer Bürgschaft "hinterlegt" werden könne. Insoweit
handelt es sich um eine ersichtlich ungenaue Wiedergabe der vertraglichen
Vereinbarung der Parteien durch die Bürgin, die nicht auf eine entsprechende
authentische Interpretation der Parteien schließen läßt.
Die Klägerin hat auch nicht etwa vorgetragen, die Parteien hätten
der Bürgin den Inhalt des Vertrages in dieser Weise mitgeteilt. Nur
ein solches nachträgliches Verhalten der Parteien hätte aber
einen Anhaltspunkt für eine vom Wortlaut des Vertrages abweichende
Vereinbarung darstellen können.
Auch die Ansicht der Revision, die Parteien seien
davon ausgegangen, daß die Klägerin aus der Bürgschaft
solange vorgehen könne, wie sie im Besitze der Bürgschaftsurkunde
sei, findet im Wortlaut der Bürgschaftsurkunde keine Stütze.
Dort heißt es nämlich, daß die Verpflichtung aus der Bürgschaft
"spätestens" mit auflagenfreier Rückgabe der Urkunde erlösche.
Auch die insoweit erhobene Rüge übergangenen
Beweisantritts greift nicht durch (wird ausgeführt).
b) Auch die Bürgschaftserklärung enthält
keinen Verzicht auf die Einrede der Verjährung des zu sichernden Hauptanspruchs.
Es bedarf keiner Entscheidung, ob der Bürge
vor Eintritt der Verjährung der Hauptschuld auf die (abgeleitete)
Einrede der Verjährung wirksam verzichten kann, oder ob einem solchen
Verzicht § 225 Abs. 1 BGB entgegensteht (vgl. MünchKomm/Habersack
3. Aufl. § 768 Rdn. 3 m.Nachw.; Walther NJW 1994, 2337, 2338 m.Nachw.).
Denn nach dem Wortlaut der Urkunde hat die Bürgin allein auf die ihr
selbst zustehenden Einreden nach §§ 770 und 771 BGB verzichtet.
Ein Verzicht auf die Geltendmachung der dem Hauptschuldner zustehenden
Einreden (§ 768 Abs. 1 Satz 1 BGB) ist in der Urkunde nicht erklärt
worden. Anhaltspunkte, die die Vermutung der Richtigkeit und Vollständigkeit
dieser Urkunde erschüttern könnten, sind nicht gegeben.
c) Die Einrede der Verjährung ist auch nicht
in entsprechender Anwendung des § 223 Abs. 1 BGB, des § 390 Satz
2 BGB oder der zu § 17 Nr. 8 VOB/B ergangenen Rechtsprechung ausgeschlossen.
Für eine analoge Anwendung des § 223
Abs. 1 BGB auf eine Bürgschaft ist auch dann kein Raum, wenn diese
an die Stelle einer Mietkaution tritt (vgl. OLG Hamm NJW-RR 1995, 939 m.Anm.
Blesch WuB I F 1a. - 5.96; Staudinger/Horn, BGB [1997] § 768 Rdn.
13). Denn abgesehen davon, daß § 223 Abs. 1 BGB einen Ausnahmekatalog
enthält und die Bürgschaft gerade nicht erwähnt, gilt diese
Vorschrift nur für dingliche Sicherheiten (vgl. Staudinger/Peters
[1995] § 223 Rdn. 5),wie sich bereits daraus ergibt, daß sie
dem Gläubiger die Befriedigung "aus dem verhafteten Gegenstande" gestattet.
Die Bürgschaft ist aber Personal-, nicht Realsicherheit. Als rein
schuldrechtlicher Vertrag weist sie dem Gläubiger - anders als die
dinglichen Sicherheiten wie Grund- und Mobiliarpfandrechte, Sicherungsübereignung
und Sicherungszession - nicht einen bestimmten Gegenstand zu vorrangiger
Befriedigung zu (Larenz/Canaris, Lehrbuch des Schuldrechts Bd. II/2 13.
Aufl. § 60 I 1).
Auch eine entsprechende Anwendung des § 390
Satz 2 BGB kommt nicht in Betracht. Der Revision ist zwar einzuräumen,
daß die Klägerin, wenn der Beklagte eine Barkaution geleistet
hätte, nach dieser Vorschrift gegenüber dem Anspruch auf Rückzahlung
der Barkaution auch mit verjährten Ansprüchen hätte aufrechnen
können (vgl. BGHZ 101, 244, 252). Im vorliegenden Fall war eine Barkaution
aber gerade nicht vereinbart worden; der Vertrag sah vielmehr von vornherein
nur die vom Beklagten dann beigebrachte Bankbürgschaft vor. Auch fehlt
es an einer dem Normtatbestand des § 390 Satz 2 BGB vergleichbaren
Konstellation; der Beklagte war der Klägerin gegenüber nicht
mit eigenen Gegenansprüchen, etwa auf Rückgabe der Bürgschaftsurkunde,
hervorgetreten, so daß sich seine Stellung auf die eines Schuldners
beschränkte und eine der Aufrechnungslage entsprechende Situation
schon aus diesem Grunde nicht bestand (vgl. Blesch aaO; vgl. auch LG Wiesbaden
WuM 1986, 253).
Ohne Erfolg beruft die Revision sich schließlich
auf die Rechtsprechung zur Gewährleìstungsbürgschaft als
Sicherheit im Sinne des § 17 Nr. 8 VOB/B (vgl. BGHZ 121, 168, 171
und BGHZ 121, 173, 178; OLG Köln NJW-RR 1994, 16 f.). Daß der
Besteller beim VOB-Vertrag auch nach Verjährung seiner Gewährleistungsansprüche
wegen rechtzeitig geltend gemachter Mängel auf die Gewährleistungsbürgschaft
zurückgreifen darf, beruht auf der besonderen Regelung des §
17 Nr. 8 VOB/B, die ihm eine Zurückhaltung der Sicherheit wegen noch
nicht erfüllter Gewährleistungsansprüche unter der Voraussetzung
gestattet, daß er die Mängel, auf denen diese Ansprüche
beruhen, in unverjährter Zeit gerügt hat (vgl. BGHZ aaO 175;
Staudinger/Horn aaO § 768 Rdn. 14). Eine vergleichbare, letztlich
den § 768 BGB abändernde Bestimmung findet sich hier aber weder
im Vertrag der Parteien noch in der Bürgschaftsurkunde (vgl. OLG Hamm
aaO).