Widerruf einer gemischten Schenkung
BGH, Urt. v. 23.5.1959, V ZR 140/58
Fundstelle:
BGHZ 30, 120
Vgl. dazu auch Köhler, PDW SchuldR
II Fall 62
s. auch BGH, Urteil vom 18. Oktober
2011 - X ZR 45/10
Amtl. Leitsatz:
Hat der Schenker eine gemischte Schenkung wegen
groben Undanks des Beschenkten widerrufen, so geht der ihm in § 531
Abs. 2 BGB eingeräumte Anspruch nur dann auf Herausgabe des »geschenkten«
Gegenstandes, wenn der unentgeltliche Charakter des Geschäfts überwiegt.
Aus den Gründen:
Eine gemischte Schenkung kann zwar ebenso wie eine
Schenkung unter Auflage wegen groben Undanks widerrufen werden (BGHZ 3,
206, 211). Der aus dem Widerruf sich ergebende Herausgabeanspruch des §
531 Abs. 2 BGB geht aber nur bei einer Schenkung unter Auflage, da diese
den Umfang der Zuwendung als Geschenk nicht beeinträchtigt (RGZ 60,
238, 242; BGB-RGRK 11. Aufl. § 516 Anm. 24 und § 525 Anm. 7),
grundsätzlich auf Rückgabe des geschenkten Gegenstandes (OGHZ
1, 258, 261; Staudinger, BGB 11. Aufl. § 531 Randnote 7). Bei der
gemischten Schenkung trifft dies nicht im selben Umfang zu. Das Reichsgericht
hat in ständiger Rechtsprechung die Auffassung vertreten, daß
die gemischte Schenkung ihrer Eigenart entsprechend in einen entgeltlichen
und in einen unentgeltlichen Bestandteil zu zerlegen sei, daß sie
nur hinsichtlich des letzteren dem Widerruf wegen groben Undanks unterliege
und daß deshalb der Beschenkte nur den seine Gegenleistung übersteigenden
Mehrwert des ihm überlassenen Gegenstandes zu erstatten, nicht aber
diesen selbst herauszugeben habe (RGZ 68, 326, 328/329; 148, 236, 238 ff;
163, 257, 260/ 261; in RGZ 101, 99, 100 hat das Reichsgericht allerdings
die Auslegung einer gemischten Schenkung als einheitliches, nicht in einen
entgeltlichen und in einen unentgeltlichen Teil zerlegbares Geschäft
gebilligt). Demgegenüber hat der Oberste Gerichtshof für die
Britische Zone entschieden, daß auch bei einer gemischten Schenkung
sich der Anspruch des Schenkers aus Widerruf wegen groben Undanks auf den
geschenkten Gegenstand selbst richte, wenn festzustellen sei, daß
der Gegenstand ohne die teilweise Schenkung dem Beschenkten überhaupt
nicht, auch nicht zu einem höheren Preis, zugefallen wäre (OGHZ
1, 258, 261/262; 2, 160, 165) Zu der hiernach verschieden beantworteten
Frage hat der Senat in seinem Urteil vom 2. Oktober 1951 (BGHZ 3, 206)
nicht Stellung genommen, sondern lediglich dahin entschieden, daß
ein Übergabevertrag in aller Regel eine - wenigstens teilweise - unentgeltliche
Zuwendung in das Vermögen des Übernehmers enthalte und deshalb
eine Schenkung unter Auflage oder eine gemischte Schenkung vorliege, die
der Übergeber im Falle groben Undanks des Übernehmers nach §§
530 ff BGB widerrufen könne.
Die Entscheidung der Frage, ob der aus dem Widerruf
einer gemischten Schenkung sich ergebende Anspruch aus § 531 Abs.
2 BGB entsprechend der Rechtsprechung des Reichsgerichts grundsätzlich
nur als Geldanspruch auf den Differenzbetrag gegeben ist oder bei Vorliegen
der vom Obersten Gerichtshof für die Britische Zone aufgeführten
oder anderer Voraussetzungen auch auf den geschenkten Gegenstand selbst
gerichtet sein kann, kann nicht unmittelbar dem Gesetz entnommen werden,
da diesem der Begriff der gemischten Schenkung fremd ist. Die Lösung
muß deshalb auf andere Weise gesucht werden. Hierzu bietet sich neben
dem wirtschaftlichen Zweck des Rechtsgeschäfts in erster Linie die
Berücksichtigung der beiderseitigen Interessen an. Unter diesem Gesichtspunkt
betrachtet ist aber die Beschränkung des Widerrufs auf den unentgeltlichen
Teil eines sich als gemischte Schenkung darstellenden Rechtsgeschäfts
nur dann gerechtfertigt, wenn es sich um einen teilbaren Gegenstand des
Rechtsgeschäfts (z. B. Zahlung einer Geldsumme, RGZ 148, 236, 240)
handelt, nicht aber auch, wenn das Rechtsgeschäft einen Einzelgegenstand
betrifft und dieser teils entgeltlich und teils unentgeltlich zugewendet
wird. Die Auffassung des Reichsgerichts, es bestünden auch in diesem
Fall gegen die Zerlegung des Rechtsgeschäfts in einen entgeltlichen
und in einen unentgeltlichen Teil keine Bedenken und es stehe deshalb,
da nur der unentgeltliche Teil widerrufen werden könne, dem Schenker
nur ein Geldanspruch in Höhe der Differenz zwischen dem Wert des zugewendeten
Gegenstandes und der Gegenleistung zu, wird dem berechtigten Interesse
des Schenkers dann nicht gerecht, wenn die Gegenleistung gegenüber
dem zugewendeten Gegenstand nur geringfügig ist. Andererseits wäre,
was der Oberste Gerichtshof für die Britische Zone nicht berücksichtigt
hat, das berechtigte Interesse des Beschenkten nicht gewahrt, wenn die
ihm obliegende Gegenleistung einen erheblichen Teil des Wertes des zugewendeten
Gegenstandes ausmachen würde. Gegen die Auffassung des Obersten Gerichtshofs
für die Britische Zone, der aus dem Widerruf des Schenkers sich ergebende
Anspruch richte sich auf den geschenkten Gegenstand selbst, wenn festzustellen
sei, daß der Gegenstand ohne die teilweise Schenkung dem Beschenkten
überhaupt nicht, auch nicht zu einem höheren Preis, zugefallen
wäre, spricht, daß, von Ausnahmefällen vielleicht abgesehen,
nicht wird festgestellt werden können, welche Vorstellungen und Absichten
die Vertragsparteien bei Vertragsabschluß über den Fall eines
voll entgeltlichen Vertrags hatten. Aus diesen Erwägungen heraus hat
der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs in seinem Urteil vom 27. November
1952 - IV ZR 146/52 - (LM § 2287 BGB Nr. 2 = NJW 1953, 501) hinsichtlich
des ebenfalls aus einer Schenkung sich ergebenden Anspruchs des Vertragserben
nach § 2287 BGB auf Herausgabe des Geschenks nach den Vorschriften
über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung entschieden,
daß der Anspruch nur dann auf Herausgabe des zugewendeten Gegenstandes
selbst gehe, wenn der unentgeltliche Charakter des Geschäfts überwiege,
wobei ein Vergleich des Wertes des überlassenen Gegenstandes mit dem
Wert der Gegenleistung einen Anhaltspunkt geben werde. Darin wird vom IV.
Zivilsenat mit Recht eine Lösung gesehen, die der Sachlage am meisten
gerecht wird. Der erkennende Senat hat deshalb keine Bedenken, diese Lösung
auch auf den Herausgabeanspruch des § 531 Abs. 2 BGB, der sich von
dem des § 2287 BGB nur hinsichtlich seiner Voraussetzungen, nicht
aber in seinem Inhalt unterscheidet, anzuwenden und damit auch bei der
Beurteilung der Frage, ob im Falle des § 531 Abs. 2 BGB der übertragene
Gegenstand herauszugeben oder lediglich der die Gegenleistung übersteigende
Mehrwert zu erstatten ist, darauf abzustellen, ob der unentgeltliche oder
aber der entgeltliche Charakter des Vertrages überwiegt (ebenso Erman,
BGB 2. Aufl. § 516 Anm. 10).
|